Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Parteien stritten um die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Der Kläger, ein pensionierter Oberamtsrat im Bundespresseamt, bewarb sich auf eine Bürosachbearbeiterstelle beim Technischen Hilfswerk (Stufe: TVöD 7). Die Beklagte hatte in ihrer Ausschreibung unter anderem Wert auf Aufgeschlossenheit für IT-Anwendungen, Freundlichkeit sowie gutes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen gelegt. Die Bewerbung sollte online über ein Portal erfolgen.
Der Kläger übersandte eine E-Mail an die Pressestelle der Beklagten mit folgendem Anschreiben:
„Sehr geehrte Damen und Herrn, laut meiner u.a. Kontaktdaten bin ich Facharbeiter in nahezu allen Verwaltungsangelegenheit. Aus meine Zeugnissen ersehen Sie bitte, dass ich sicherlich nicht klüger als meine Mitbewerbe bin habe jedoch einen wertvollen Mehrwert- an Lebens,- und Berufserfahrungen. Ich bin geistig und körperlich sehr fit, fleißig, zuverlässig, seriös, flexibel sowie extrem belastbar. Meine monatliche Höchstverdienstgrenze beträgt pensionsbedingt Brutto 1.600,-?. Zurzeit bin ich ehrenamtlich Bereich der EU tätig. Freuen Sie sich auf ein Vorstellungsgespräch.“
Auf die Bitte der Beklagten, das digitale Bewerbersystem zu nutzten, antwortete der Kläger: „sorry mit Ihnen kann ich nicht arbeiter. Bitte stornieren sie meine Bewerbung“.
Nach manueller Übernahme der Daten in das System durch die Beklagte nahm der Kläger dennoch am Bewerbungsverfahren teil und wurde (etwas blauäugig) wegen Überschreitung der Rentenaltersgrenze und dem Hinweis auf § 33 Abs. 1a TVöD abgelehnt.
Das ArbG Bonn sprach dem Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG i.H.v. 2.500 Euro zu. Das LArbG Köln bestätigte die Entscheidung. Das BAG hingegen hat die Klage vollumfänglich abgewiesen.
Der Senat ließ in der Entscheidung offen, ob die Ablehnung des Klägers ausnahmsweise nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig war, da dieser die Regelaltersgrenze bereits erreicht hat. Zwar zweifelt der Senat nicht an der Rechtmäßigkeit des § 33 TVöD, der eine Vertragsbeendigung mit Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht (vgl. BAG, Urt. v. 08.12.2010 - 7 AZR 438/09; auch EuGH, Urt. v. 28.02.2018 - C-46/17). Allerdings ist umstritten, ob die tarifliche Altersgrenze auch eine Zurückweisung von Personen mit Altersrentenberechtigung rechtfertigt. Der Senat neigt zur Auffassung, dass bei der Prüfung der Rechtfertigung auch in diesem Fall stets zu prüfen ist, ob die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sind (vgl. EuGH, Urt. v. 02.04.2020 - C-670/18 „Comune di Gesturi“). Dabei orientiert sich der Senat in seiner Erforderlichkeitsargumentation an den für § 33 TVöD angestellten Erwägungen.
Die Frage der Rechtfertigung konnte der Senat deshalb offenlassen, da nach seiner Auffassung dem Entschädigungsverlangen der Rechtsmissbrauchseinwand entgegenzusetzen war. Die Gesamtschau des Bewerbungsverfahrens zeige, dass der Kläger eine Absage geradezu provoziert habe, und in Ermangelung von gegenteiligen Anhaltspunkten nur der Schluss gezogen werden könne, dass es dem Kläger gar nicht darum ging, die Stelle zu erhalten, sondern sich für eine Entschädigungsklage in Stellung zu bringen.