Orientierungssätze zur Anmerkung
1. Für die Verwahrung von Einlagen auf Girokonten dürfen Banken kein gesondertes Entgelt berechnen.
2. Die vereinbarten Zahlungsdienstleistungen setzen die dem Girovertrag immanente Geldverwahrung voraus, weshalb es sich nicht um eine zusätzlich angebotene Sonderleistung der Bank handelt. Da die Bank für ihre Girokonten bereits eine Kontoführungsgebühr berechnet, müssen die Kunden durch das zusätzliche Verwahrentgelt für eine einheitliche Leistung eine doppelte Gegenleistung erbringen.
A. Einleitung
In der Instanzenrechtsprechung ist nach wie vor hoch umstritten, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Bank für die Aufbewahrung einer Einlage „Negativzinsen“, die rechtlich als Entgelt für die Verwahrung zu fassen sind, verlangen darf. Für sog. Altverträge – also solche, die vor der „Zinswende“ der EZB vom 11.06.2014 geschlossen wurden – beginnt sich allmählich die Einsicht durchzusetzen, dass die im Bankgeschäft praktisch ausschließlich vorkommende Beanspruchung eines Verwahrentgelts auf der Grundlage Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig ist. Dagegen ist das Meinungsbild für sog. Neuverträge nach wie vor unübersichtlich. Während verbreitet davon ausgegangen wird, AGB-Klauseln, durch die oder auf deren Grundlage ein Verwahrentgelt bzw. ein negativer Zinssatz geltend gemacht wird, enthielten eine der AGB-Kontrolle entzogene Preisnebenabrede (LG Leipzig, Urt. v. 08.07.2021 - 5 O 640/20 - BKR 2021, 499, 501 Rn. 40 ff., bestätigt durch OLG Dresden, Beschl. v. 18.01.2022 - 8 U 1389/21 - BKR 2022, 247, 248 f. Rn. 15 ff.), regeln solche Klauseln nach der Gegenauffassung (LG Berlin, Urt. v. 28.10.2021 - 16 O 43/21 - BKR 2022, 109, 110 f. Rn. 37 ff.; LG Frankfurt, Urt. v. 18.11.2022 - 2-25 O 228/21 Rn. 38 ff.), der sich mit der Besprechungsentscheidung nun auch das LG Düsseldorf angeschlossen hat, kontrollfähige Preis(haupt)abreden und benachteiligten die davon betroffenen Bankkunden unangemessen (§ 307 Abs. 2 BGB). Die Entscheidung des LG Düsseldorf betrifft in dem durch die vorangestellten Orientierungssätze definierten Schwerpunkt die unzulässige Erhebung eines Verwahrentgelts in einem Neuvertrag (dazu insbesondere unten C.). Einen weiteren gegenwärtig umstrittenen Themenkreis greift das Urteil mit der Folgenbeseitigung von „Streuschäden“ auf, ein Thema, das mit diesem Beitrag auch vertiefend thematisiert werden soll (dazu insbesondere unten E.).
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
I. Sachverhalt
Der Kläger, die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., eine qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG, macht gegen das beklagte Kreditinstitut Unterlassungs- und Folgenbeseitigungsansprüche wegen einer von der Beklagten in ihrem Preisaushang verwendeten Klausel geltend. Die Klausel dient dazu, bei Girokonten der Beklagten für „Neuanlagen/Neuvereinbarungen ab 1.4.2020“ ein Verwahrentgelt i.H.v. 0,5% p.a. zu vereinbaren, sofern eine Einlagensumme von 10.000 Euro überschritten wird. Dieses Verwahrentgelt ist von den Kunden neben einem Kontoführungsentgelt zu zahlen. Wörtlich lautet die Klausel:
„Privatkonten
... Entgelt für die Verwahrung von Einlagen über 10.000 Euro Freibetrag*: pro Jahr 0,50% p.a.
* Vom Kunden zu zahlendes Verwahrentgelt bei Neuanlage/Neuvereinbarung ab 1.4.2020 für Einlagen über 10.000 Euro Freibetrag auf das auf dem Konto verwahrte Guthaben, das den aktuellen Freibetrag übersteigt.“
Der Kläger hält die Verwahrentgeltklausel für eine Preisnebenabrede, die AGB-rechtlich unzulässig sei, weil die Verwahrung von Guthaben dem Zahlungsverkehr immanent sei und daher nicht zusätzlich bepreist werden dürfe. Zudem sei die Klausel intransparent. Er hat die Beklagte daher abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Folgenbeseitigung in Form von Auskunft und Rückerstattung der einbehaltenen Verwahrentgelte aufgefordert. Die Beklagte hat weder eine Unterlassungserklärung abgegeben noch hat sie Auskünfte erteilt oder die Verwahrentgelte zurückerstattet. Sie hält der Ansicht des Klägers entgegen, dass sie das Verwahrentgelt sowohl für Bestands- als auch für Neukunden zusätzlich immer auch noch individuell schriftlich vereinbare. Zudem sei die Klausel transparent, da sich die Klausel erkennbar nur auf Neukunden beziehe. Bei Sichteinlagen stehe zudem die Verwahrleistung im Vordergrund.
II. Entscheidungsgründe
Das LG Düsseldorf hat der Klage zum Unterlassungsanspruch stattgegeben, weil die beanstandete Klausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB i.V.m. den §§ 675f Abs. 5, 700 Abs. 1, 488 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sei. Mit der als AGB zu qualifizierenden Klausel sollten allgemeine Betriebskosten und der Aufwand der Beklagten als Verwenderin auf die Kunden abgewälzt werden. Es handle sich mithin um eine kontrollfähige Preisnebenabrede. Bei der Guthabenverwahrung handle es sich weder um eine bepreisbare Hauptleistung noch um eine Sonderleistung. Vielmehr sei die Verwahrung von Geld notwendige Voraussetzung für die Hauptleistung Zahlungsverkehr und von diesem nicht trennbar oder vom Kunden separat abwählbar. Die Klausel weiche zudem vom gesetzlichen Leitbild der unregelmäßigen Verwahrung mit dem Verweis auf das Darlehensrecht ab, wobei der Kunde Darlehensgeber und das Kreditinstitut Darlehensnehmer seien. Eine Zahlung des Darlehensgebers an den Darlehensnehmer für die Überlassung des Darlehens sehe das Gesetz aber nicht vor. Den mit der Klage geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Verwahrentgelte an die Bankkunden hat das Landgericht wegen fehlender Antragsbestimmtheit als unzulässig abgewiesen, die Beklagte aber zur Erteilung entsprechender Auskünfte verurteilt.
C. Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung des LG Düsseldorf weicht zur Kontrollfähigkeit und Unwirksamkeit von AGB in Neuverträgen, mit denen die Erhebung eines Verwahrentgelts („Negativzinsen“) geregelt ist, von der überwiegenden Rechtsprechung der Instanzgerichte ab. Dabei hat das LG Düsseldorf die Prüffähigkeit solcher Klauseln im Ergebnis ebenso zutreffend bejaht wie die von ihnen ausgehende, in die Unwirksamkeit führende unangemessene Benachteiligung.
I. Kontrollfähigkeit und Unwirksamkeit von Verwahrentgelt-AGB in Neuverträgen
1. AGB-Kontrolle: Verwahrentgelte als kontrollfähige Preisnebenabreden
a) Das LG Düsseldorf hat zur Begründung seines Standpunkts, wonach das auf der Grundlage der inkriminierten Klausel erhobene Verwahrentgelt auf einer der Inhaltskontrolle zugänglichen Preisnebenabrede beruhe (Rn. 25 ff.), einen Begründungsweg beschritten, den zuvor bereits das LG Berlin (Urt. v. 28.10.2021 - 16 O 43/21 - BKR 2022, 109, Rn. 36 ff.) eingeschlagen hatte. Dass es sich bei der Verwahrung der Kontoeinlage um keine bepreisbare Hauptleistung und auch um keine Sonderleistung handle, stützt das Landgericht auf das Wesen des Girovertrages als eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (§ 675f BGB), bei dem die regelmäßig vom Geldinstitut als Zahlungsdienstleister zu erbringenden Zahlungsdienste i.S.d. § 675c Abs. 3 BGB, § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG die Hauptleistungspflicht darstellen. Dabei sei die Verwahrung von Geld notwendige Voraussetzung für die Erbringung der Hauptleistung im Zahlungsverkehr und von dieser nicht trennbar oder vom Kunden separat abwählbar, sondern mache die Erbringung dieser Zahlungsdienste in der Regel überhaupt erst möglich. Auch mit Blick auf die Vorschusspflicht des Kunden aus § 669 BGB stelle die Verwahrung der Sichteinlage eine notwendige Voraussetzung für die Durchführung von Zahlungsdiensten dar und sei deshalb und damit integraler Bestandteil des Zahlungsdienstevertrages (Rn. 37; vgl. auch LG Berlin, Urt. v. 28.10.2021 - 16 O 43/21 - BKR 2022, 109, 110 Rn. 40). Daher handle es sich bei der Verwahrung der Einlage um eine reine Nebenleistung zur Erfüllung zahlungsdienstevertraglicher Pflichten.
Mit dieser Einordnung setzt sich das LG Düsseldorf von der Auffassung des LG Leipzig und des OLG Dresden ab, wonach die Verwahrung von Guthaben auf Girokonten eine neben der Kontoführung gesondert bepreisbare Hauptleistung des Kreditinstituts darstelle (OLG Dresden, Beschl. v. 18.01.2022 - 8 U 1389/21 - BKR 2022, 247, 248 Rn. 13 ff. m. zust. Anm. Rodi, EWiR 2022, 289; LG Leipzig, Urt. v. 08.07.2021 - 5 O 640/20 - BKR 2021, 499, 501 Rn. 40 ff. m. zust. Anm. Omlor, EWiR 2021, 547). Mit den sächsischen Gerichten gehen auch Teile des Schrifttums von einem neben dem Zahlungsdienstevertrag geschlossenen selbstständigen Verwahrungsvertrag über die Einlagensumme aus, aus der sich die Bepreisung der Verwahrungshauptleistungspflicht ergebe (Freitag, ZBB 2018, 269, 272; Rodi, EWiR 2022, 289, 290; Beyer, WuB 2022, 357, 358). Dagegen insistiert das LG Düsseldorf, indem es eine gesondert bepreisbare Hauptleistung der Bank verneint, ungeachtet der daran geäußerten Kritik auf der Argumentation des LG Berlin, die Verwahrfunktion sei für den Girovertrag auch nach Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts charakteristisch. Da Banken für die Zahlungsdienstefunktion des Girovertrages nach § 675f Abs. 5 BGB ein Entgelt verlangen können, die gesonderte Bepreisung der Verwahrfunktion in den Regelungen zu Zahlungsdiensten aber nicht geregelt ist, und weil die Verwahrung des Guthabens als zahlungsdienstfremde Leistung nicht dem Zahlungsdiensterecht unterfalle, seien auf die Verwahrung des Kontoguthabens die allgemeinen Vorschriften anzuwenden. Dabei ergebe sich aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 700, 488 BGB, dass die Zinslast zu den Hauptleistungspflichten der verwahrenden – und qua Verweisung: darlehensnehmenden – Bank zähle und gerade nicht zu den Pflichten des kapitalgebenden Kunden (LG Berlin, Urt. v. 28.10.2021 - 16 O 43/21 - BKR 2022, 109, 110 Rn. 37).
b) Zur Strukturierung der Problematik ist von dem unstreitigen Befund auszugehen, dass es sich bei der Verwahrung, um die es in der fraglichen Klausel geht, nicht um eine Hauptleistung des Zahlungsdienstevertrages handelt; dass Kontoführung und Verwahrung inhaltlich identische Pflichtengegenstände seien, behauptet niemand. Vielmehr entzünden sich die Meinungsverschiedenheiten an der Frage, ob zusätzlich zu den durch § 675f BGB begründeten Pflichten der zahlungsdienstleistenden Bank in der Verwahrung eine weitere Hauptleistungspflicht der Bank besteht, die Einlage zu verwahren. Wollte man es mit dem LG Leipzig und dem OLG Dresden so sehen, dann wäre diese weitere Haupt- oder Sonderleistung selbstständig bepreisbar und die Bepreisung der Inhaltskontrolle entzogen. Verneint man eine solche Verwahrungshauptpflicht mit dem LG Düsseldorf und zuvor auch dem LG Berlin, käme der Klausel nur eine nebenpflichtbegründende Wirkung zu mit der Konsequenz der Kontrollfähigkeit der Klausel.
Hieran gemessen ist der Argumentation des LG Düsseldorf zuzustimmen. Aus § 675f Abs. 2 Satz 1 BGB ergibt sich ein Anspruch des Kunden auf Führung eines Zahlungskontos (bezogen auf den Streitfall: eines Girokontos). Unter anderem für diese Kontoführung entrichtet der Bankkunde das ggf. vereinbarte Entgelt. Auch wenn – was das LG Düsseldorf nicht in Abrede stellt – ein Girovertrag Leistungen umfasst, die nicht notwendigerweise dem Zahlungsdiensterecht unterliegen, ist die Führung eines Girokontos nicht denkbar, ohne dass zugleich das Kontoguthaben im Sinne der inkriminierten Klausel verwahrt wird. Dass, worauf die Gegenauffassung hinweist, nach der Rechtsprechung des BGH die Erbringung mancher Leistungen des Girovertrages an anderen Rechtsregimes zu messen sind als am Zahlungsdienstleistungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.2019 - XI ZR 768/17 - BGHZ 222, 240 Rn. 26: Darlehens- und Verwahrungsrecht), ändert daran nichts. Denn welcher Maßstab an die rechtliche Zulässigkeit einer Entgelterhebung angelegt wird, ist von der vorgelagerten Frage zu trennen, ob überhaupt eine selbstständige (und selbstständig bepreisbare) Pflicht begründet worden ist.
Entgegen der vom LG Düsseldorf und vom LG Berlin wie auch der hier vertretenen Ansicht ist in der Literatur im Anschluss an die Entscheidungen des LG Leipzig und des OLG Dresden bestritten worden, dass sich aus § 675f BGB Rückschlüsse für die Kontrollfähigkeit der Klauseln ziehen lassen. Das OLG Dresden ist davon ausgegangen, weil seine Darlehens- und Verwahrungsfunktion den Girovertrag auch nach Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts charakterisiere, könnten Tätigkeiten, die wie die Aufbewahrung des Guthabens selbst kein Zahlungsdienst sind, nicht als unselbstständige Vertragsbestandteile des Zahlungsdiensterahmenvertrages eingestuft werden, sondern seien Gegenstand eines eigenständigen Verwahrungsverhältnisses, für das auch die Vereinbarung eines Verwahrentgelts möglich sei. Es handle sich bei der Ausführung von Zahlungsdiensten einerseits und dem Verwahren von Buchgeld andererseits um unterschiedliche Leistungen (OLG Dresden, Beschl. v. 18.01.2022 - 8 U 1389/21 - BKR 2022, 247, 249 Rn. 17 ff.). Da die Verwahrung keineswegs notwendiger Bestandteil des Zahlungsdienstes (Freitag, JZ 2022, 132, 134; Strobel, BKR 2022, 96, 97 f.; Wollgarten/Bohne, BKR 2022, 113, 114; Rodi, EWiR 2022, 289, 290) und damit weder Voraussetzung dieser Leistungserbringung noch eine bloße am Grundsatz der Entgeltfreiheit aus § 675f Abs. 5 Satz 2 BGB zu messende Nebenpflicht sei, sondern eine eigenständige – eben verwahrungsvertragliche – Hauptpflicht der Beklagten darstelle, sei die klauselmäßige Erhebung eines Verwahrentgelts AGB-kontrollfrei. Die Unterscheidbarkeit von Kontoführung und Verwahrungsleistung zeige sich schon daran, dass ein Konto auch ohne Guthaben geführt werden kann (Beyer, WuB 2022, 357, 358).
Letzteres Argument verfängt schon deshalb nicht, weil sich ohne ein Guthaben die Frage der „negativverzinsenden“ Verwahrentgelterhebung nicht stellt. Aber auch die übrigen Versuche, eine selbstständige Verwahrungspflicht als Haupt- oder Sonderleistung zu konstruieren, gehen fehl. Dass „unter dem Dach des Giroverhältnisses strikt zwischen dem Zahlungsdienstevertrag und dem Vertrag über die unregelmäßige Verwahrung (§ 700 BGB) zu differenzieren ist“ (Rodi, EWiR 2022, 289, 290), also eine Trennung der Vertragsverhältnisse analytisch möglich sein mag, bedeutet aber entgegen verbreiteter Ansicht noch nicht, dass die Verwahrung der Einlage sich als selbstständige Hauptleistung darstellen würde, die als Preishauptabrede der AGB-Kontrolle entzogen wäre. Träfe es zu, dass die Verwahrung eine durch die Banken zu erbringende selbstständige Hauptleistung wäre, so müsste diese Verwahrung auch außerhalb der „Negativzinsphase“ als Leistung der Bank angesehen werden. Soweit Verwahrungsentgeltklauseln als einer Inhaltskontrolle unzugänglich angesehen werden, berufen sich die Vertreter dieser Sicht – wie offenbar auch die Beklagte im Besprechungsfall – darauf, dass ein Bedürfnis nach der Erhebung eines Verwahrentgelts erst in der Negativzinsphase auftrete und dementsprechend auch erst in dieser Phase von einer Leistung der Bank gegenüber den Kunden die Rede sein könne. Damit ist aber der Stab über der Konstruktion einer selbstständigen, neben der Kontoführung stehenden Verwahrungsleistung gebrochen. Nur vereinzelt wird angenommen, die Bank erbringe stets – also auch in einer Positivzinsphase – gegenüber dem Kunden eine eigenständige Verwahrungsleistung, die aber erst in der Negativzinsphase sichtbar werde. Der auch in der Positivzinsphase an sich bestehende Anspruch des Kreditinstitutes gegen den Kunden auf Zahlung einer Vergütung für die Kapitalverwahrung werde außerhalb der Negativzinsphase durch einen Verzicht des Kunden auf eine noch höhere Verzinsung abgegolten; erst die Negativzinsphase sorge für eine schärfere Interessenkonturierung, weil sich das Problem des Entgelts für die Verwahrungsleistung erst dann stelle (vgl. Vogel, BKR 2018, 45, 53). Mit der Interessenlage ist diese Konstruktion einer durchgängigen Verwahrungsleistung, die nur in einer Negativzinsphase vergütet werde, aber kaum zu vereinbaren, weil ein Bankkunde in einem Positivzinsumfeld an einer solchen Verwahrungsleistung regelmäßig kein Interesse hat. Zudem und wesentlich gravierender lässt sich diese Konstruktion mit den von den Banken – soweit ersichtlich – durchgängig verwendeten Verwahrentgeltklauseln nicht vereinbaren. In Neuverträgen ist ein Verwahrentgelt von vornherein nur als „Negativzins“, nämlich im „Negativzinsumfeld“ vereinbart worden. Dass eine zu vergütende Verwahrung auch im Positivzinsumfeld stattfinden solle und eine entsprechende Vereinbarung bestehe, ist – soweit ersichtlich – bislang nirgendwo seitens der Banken behauptet worden. Damit bieten die Klauseln keine Grundlage für die Bejahung einer Verwahrleistung der Banken auch im Positivzinsumfeld; vielmehr stellt sich in einem solchen Zinsumfeld die Frage des Verwahrentgelts nicht und wird in den entsprechenden AGB der Banken auch nicht thematisiert.
c) Dass eine Verwahrentgeltklausel eine kontrollfähige Preisnebenabrede enthält, weil die Verwahrung dem Girovertragsverhältnis immanent ist, wird zuletzt auch nicht durch den im Schrifttum in jüngster Zeit verbreitet anzutreffenden Verweis auf § 3 Abs. 3 ZAG in Frage gestellt, woraus sich ergeben soll, dass der Gesetzgeber die Geldverwahrung als der Kontoführung und damit auch dem zugrunde liegenden Zahlungsdienstevertrag nicht zwingend immanent ansehe. Dürfen danach E-Geld- und Zahlungsinstitute Geld ausschließlich für die Vornahme von Zahlungsvorgängen und gerade nicht als Einlagen entgegennehmen, so komme eine Nutzung solcher bloßen Zahlungskonten für die allgemeine Geldaufbewahrung nicht in Frage (dazu Ellenberger/Bunte/Langner, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 44 Rn. 15). Daran sei zu ersehen, dass eine Bank, die ihren Kunden nach ihren AGB ausdrücklich die generelle Verwahrung von Geld auf dem Girokonto anbietet und damit über die Zurverfügungstellung eines bloßen Zahlungskontos hinausgeht, eine spezifische (vertragliche) Sonderleistung zur Verfügung stelle (Wollgarten/Bohne, BKR 2022, 113, 114; Beyer, WuB 2022, 357, 359; Zahrte, BKR 2022, 69, 73), wofür der Kunde auf der Basis einer kontrollfreien Preishauptabrede ein Entgelt zahle.
Aufsichtsrechtlich mag eine Trennung von Kontoführung im Rahmen der Zahlungsdiensterbringung einerseits und Verwahrung andererseits möglich sein und der gesetzgeberischen Differenzierung entsprechen. Das besagt aber nichts für die für die Kontrollfähigkeit maßgebliche Frage, ob die Bank mit der Aufbewahrung des Einlagegeldes eine sie treffende Hauptpflicht erfüllt. Deren Beantwortung richtet sich nach dem materiellen Zivilrecht und ist nicht von der „historischen Kontingenz“ der aufsichtsrechtlichen Unterscheidung von Zahlungs- und Einlagenkonten (Keller bei Kunstreich, WM 2022, 1521) abhängig, die eine gänzlich andere Zielsetzung verfolgt als die Statuierung zivilrechtlicher Pflichten und die Regelung ihres Verhältnisses zueinander. Mit Blick auf die unterschiedlichen Zwecksetzungen wäre es gerade nicht „paradox, die Geschäftsfelder Zahlungsdiensterahmenvertrag und Einlage, die (…) unterschiedlichen aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterworfen sind, zivilrechtlich derart zusammenzuziehen, dass nur eine einheitliche Bepreisung in Frage käme“ (so aber ohne Zweckerörterungen Zahrte, BKR 2022, 69, 73). Aber auch unabhängig davon hilft der Verweis auf reine Zahlungskonten für die Kontrollfähigkeit von Verwahrentgeltklauseln nicht weiter; Fragen der AGB-Kontrolle stellen sich solchenfalls gar nicht erst. Niemand käme auf die Idee, für die – gerade nicht zulässige – Verwahrung von Geldern auf solchen Konten ein Verwahrentgelt erheben zu wollen und dies in AGB zu regeln. Dass für die Führung eines reinen Zahlungskontos unstreitig kein Verwahrentgelt erhoben werden darf, bedeutet nicht, dass bei zulässiger Verwahrung einer Einlage diese eigenständige vertragliche Bedeutung als Haupt- oder Sonderleistung Bedeutung hätte. Für einen Schluss von solcher Reichweite fehlt es an jeder normativen Grundlage.
2. Unangemessene Benachteiligung
Zuzustimmen ist dem LG Düsseldorf auch darin, dass die von der beklagten Bank verwandte Verwahrentgeltklausel die Kunden der Bank unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist.
a) Unterbliebene umfassende Interessenabwägung
Zu kritisieren ist aus methodischer Sicht, dass das LG Düsseldorf – nachdem es eine Leitbildabweichung ausgemacht hat, die gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Unangemessenheit indiziert („in der Regel“) – die gebotene umfassende Interessabwägung (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.1996 - XI ZR 217/95 - BGHZ 133, 10, 15 f.; BGH, Urt. v. 28.01.2003 - XI ZR 156/02 - BGHZ 153, 344, 349; BGH, Urt. v. 18.01.2022 - XI ZR 505/21 - NJW 2022, 1086, 1088 Rn. 22; Eckelt in: BeckOGK, Stand 01.07.2022, § 307 Rn. 140) unterlassen hat, aus der sich ergeben kann, dass im Einzelfall trotz der Leitbildabweichung keine unangemessene Benachteiligung vorliegt, was voraussetzt, dass die Leitbildabweichung sachlich gerechtfertigt und der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt ist (BGH, Urt. v. 10.03.1999 - VIII ZR 204/98 - BGHZ 141, 108, 114 f.; BGH, Urt. v. 24.09.2002 - KZR 38/99 - NJW-RR 2003, 834, 836; BGH, Urt. v. 07.03.2013 - VII ZR 162/12 - NJW 2013, 1431, 1432 Rn. 26). Dem Ergebnis des LG Düsseldorf schadet die fehlende Interessenabwägung jedoch nicht: Höherrangige Interessen der klauselverwendenden beklagten Bank, die in der Natur des sie mit ihren Kunden verbindenden Schuldverhältnisses liegen und die die Leitbildabweichung rechtfertigen könnten (vgl. BGH, Urt. v. 09.07.1992 - VII ZR 7/92 - NJW 1992, 3158, 3161; BGH, Urt. v. 24.09.2002 - KZR 38/99 - NJW-RR 2003, 834, 836), sind in Bezug auf die Verwahrentgeltklausel nicht gegeben. Das LG Berlin, auf das sich das LG Düsseldorf an mehreren Stellen bezogen hat, hat eben diejenigen Gründe, mit denen das LG Düsseldorf beinahe wortwörtlich übereinstimmend eine Leitbildabweichung bejaht hat, in eine Gesamtabwägung eingestellt und ausgeführt, ob und wie das der Bank überlassene Kapital gewinnbringend genutzt werden kann, falle grundsätzlich ebenso die Risikosphäre der Beklagten wie die Verarbeitung der durch die Verwahrung etwa verursachten Kosten. Es gebe keinen Grund, der Beklagten die Abwälzung eines Teils ihres Geschäftsrisikos in Form eines Verwahrentgelts auf die Kunden zu gestatten, wobei auch zu sehen sei, dass den Banken von der EZB kostenmindernde Freibeträge gewährt werden (LG Berlin, Urt. v. 28.10.2021 - 16 O 43/21 - BKR 2022, 109, 111 Rn. 44). Mit dem Abwälzungsverbot verwandt ist ein weiterer Aspekt: Gestattete man es den Banken, die sie (angeblich) treffenden Verwahrungskosten an die Kunden weiterzureichen, so würde der Zweck der Niedrigzinspolitik unterlaufen, der einen Anreiz zur Kreditgewährung zu günstigen Konditionen setzen soll; die Banken sind gehalten, sie treffende erhöhte Verwahrungskosten im Aktivgeschäft zu kompensieren. Und schließlich wäre es ein marktchancenmäßig wenig befriedigendes Ergebnis, wenn die Bank – was in der Konsequenz der Zulässigkeit eines Verwahrentgelts läge – „immer gewönne“, indem sie bei Überziehung des Kontos Überziehungszinsen erhält und auf ein Guthaben ein Verwahrentgelt (vgl. Mülbert bei Kunstreich, WM 2022, 1521 und bei Maume, BKR 2022, 515).
b) Leitbildabweichung (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB)
Gegenüber der Begründung, mit der das Landgericht die Kontrollfähigkeit bejaht hat, enthalten die Ausführungen zur Leitbildabweichung und der sich daraus ergebenden unangemessenen Benachteiligung eine Akzentverschiebung. Das Landgericht stellt nämlich nur noch hilfsbegründend („zudem“) darauf ab, dass die beklagte Bank für die Kontoführung bereits ein Entgelt erhält und das Verwahrentgelt daher eine Entgeltverdoppelung mit sich bringt (Rn. 42). Nur zur Absicherung seines Ergebnisses weist das Landgericht auf den darin liegenden Unterschied zu dem den sächsischen Gerichten vorliegenden Fall hin, der darin bestehe, dass die Beklagte – anders als im Fall des LG Leipzig (Urt. v. 08.07.2021 - 5 O 640/20 - BKR 2021, 499, 501 Rn. 55) und des OLG Dresden - für die Hauptleistung der Kontoführung, die die Verwahrung der Einlage voraussetzt, bereits eine Gegenleistung erhält. In der Hauptbegründung taucht der die Bejahung der Kontrollfähigkeit mittragende Gesichtspunkt des Verdoppelungseffekts nicht auf, weshalb man davon ausgehen kann, dass das LG Düsseldorf eine unangemessene Benachteiligung aufgrund einer Leitbildabweichung auch dann annehmen würde, wenn die Beklagte keine Kontoführungsgebühr erhielte. Hauptsächlich stützt das Landgericht die unangemessene Benachteiligung darauf, dass das Gesetz weder in § 675f Abs. 5 Satz 1 BGB noch in § 689 BGB für die Verwahrung eines Guthabens ein Entgelt vorsieht und durch die Vereinbarung eines solchen Entgelts in die rechtlich geschützten Interessen des Bankkunden daher in nicht unerheblichem Maß eingegriffen werde (Rn. 39 ff.).
Die Begründung des Landgerichts verdient Zustimmung. Die klauselmäßige Vereinbarung eines Verwahrentgelts weicht vom gesetzlichen Leitbild der unregelmäßigen Verwahrung mit dem Verweis auf das Darlehensrecht (§ 700 Abs. 1 Satz 1 BGB) ab, wobei der Kunde Darlehensgeber und das Kreditinstitut Darlehensnehmer ist. Besonderer Hervorhebung bedarf, dass das Landgericht zutreffend Bestrebungen in der Literatur zurückgewiesen hat, die Vereinbarung eines Verwahrentgelts unter Bezugnahme auf § 689 BGB als nicht leitbildwidrig einzuordnen und damit eine unangemessene Benachteiligung zu verneinen. Diesem Standpunkt, dem die Rechtsprechung bislang jedenfalls nicht expressis verbis nähergetreten ist (apodiktische Annäherung aber durch OLG Dresden, Beschl. v. 18.01.2022 - 8 U 1389/21 - BKR 2022, 247, 249 Rn. 18, nach dem „auch bei der unregelmäßigen Verwahrung die Vereinbarung eines Verwahrentgelts möglich (ist), auch wenn dies nicht, wie bei der Sachverwahrung, gesetzlich bereits vorgesehen ist“), gründet grob gesprochen auf der Erwägung, die Kunden seien mit der „Negativverzinsung“ primär einverstanden, um eine Verwahrung der Einlage und damit eine sichere Aufbewahrung (Zugang zum Einlagensicherungssystem) zu erhalten (Ellenberger/Bunte/Langner, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 45 Rn. 85 ff.; Edelmann, BB 2018, 394, 398; Tröger, NJW 2015, 657, 658); ein Bankkunde erspare dabei die Kosten für die sichere Bargeldhaltung (Vogel, BKR 2018, 45, 48). Daher sei es gerechtfertigt, die Grundsätze des regelmäßigen Verwahrungsvertrags anzuwenden (vgl. Krepold/Herrle, BKR 2018, 89, 97; Storck/Reul, DB 2015, 115; Tröger, NJW 2015, 657, 658), so dass der Umstand, dass das Recht des unregelmäßigen Verwahrungsrechts kein Verwahrentgelt vorsieht, der Leitbildgemäßheit der Erhebung in AGB nicht entgegenstehe.
Dieser Sicht kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorschrift des § 689 BGB, die weder auf Darlehens- noch gemäß § 700 Abs. 1 Satz 2 BGB auf unregelmäßige Verwahrungsverträge Anwendung findet, kann auch ihrem Rechtsgedanken nach nicht für ein Verwahrentgelt herangezogen werden. Für die leitbildprägende Vertragstypik maßgebend ist der Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 BGB). Dieser geht im Girovertragsrecht nicht dahin, einen regelmäßigen Verwahrungsvertrag zu schließen oder sich auch nur in der Nähe dieses Vertragstypus zu bewegen (wie hier Fest in: MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2019, N. Einlagengeschäft Rn. 432; Vogel, BKR 2018, 45, 49; Strobel, NJW 2021, 881). Insofern hat das LG Düsseldorf zu Recht hervorgehoben, dass bei der regelmäßigen Verwahrung das Einlagegeld – anders als gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB beim unregelmäßigen Verwahrungsvertrag – im Eigentum der Kunden verbleiben müsste (zum Eigentumsübergang als allein maßgeblichem Abgrenzungskriterium vgl. BGH, Urt. v. 14.05.2019 - XI ZR 345/18 - BGHZ 222, 74, 80 ff. Rn. 24 ff., 26; Henssler in: MünchKomm BGB, 9. Aufl. 2023, § 700 Rn. 2 f. m.w.N.). Nach dem Parteiwillen soll aber – und muss zur Erreichung des Zwecks der Teilnahme an der Einlagensicherung – die Bank Eigentümerin der Geldscheine respektive Forderungsinhaberin werden. Mit einer bloßen Inobhutnahme des Einlagegeldes ohne Eigentumserlangung durch die Bank könnten die Kunden das Ziel der Einlagensicherung nicht erreichen, weil lediglich verwahrte Gelder nicht zu den gemäß § 1 Satz 1 EinSiG sicherungspflichtigen („ihre“) Einlagen (§ 2 Abs. 3 EinSiG) gehören. Hinzu kommt, dass es dem Willen der Banken widerspräche, die hinterlegten Sachen (§ 695 Satz 1 BGB) und nicht nur den entsprechenden Geldbetrag zurückgewähren zu müssen (vgl. Fest in: MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2019, N. Einlagengeschäft Rn. 432 mit dem Hinweis, die angenommenen Geldwertzeichen müssten gesondert in einem Schließfach aufbewahrt werden), was aber in der Konsequenz eines regelmäßigen Verwahrungsvertrages läge. In einem solchen Falle könnten die Banken mit eingezahltem Geld nicht arbeiten, sondern müssten sich interessenwidrig auf die reine (sichere) Aufbewahrung beschränken (Behr, Vertragsrechtliche Zulässigkeit negativer Verzinsung im Einlagenbereich, 2018, S. 166 f.; Dehne-Niemann, jurisPR-BKR 5/2022 Anm. 1, unter III. 2.; Guggenberger/Guggenberger, WM 2022, 1469, 1470). Dass es schließlich nicht möglich ist, die Leitbildgemäßheit eines Verwahrentgelts unter Hinweis auf § 689 BGB bei Anwendung des unregelmäßigen Verwahrungsrechts im Übrigen zu bejahen, hat das LG Düsseldorf wünschenswert klar ausgesprochen, indem es darauf hingewiesen hat, dass das Risiko der Nutzung des überlassenen Kapitals ebenso in die Sphäre der Bank fällt wie die durch die Verwahrung verursachten Kosten, wovon abzugehen kein angemessener Grund ersichtlich ist (Rn. 41). Nicht thematisiert hat das Landgericht dagegen – wohl weil es mangels Vorbringens der Beklagten hierzu keinen Anlass sah – einen weiteren Argumentationsansatz, mit dem die Erhebung des Verwahrentgelts als sub specie § 689 BGB leitbildgemäß begründet werden soll: Danach wird die Geltendmachung des Verwahrentgelts für gerechtfertigt gehalten, weil im negativen Zinsumfeld und damit einhergehender fehlender Möglichkeit der Kapitalnutzung durch die verwahrende Bank keine oder keine vollständige Verrechnung des Verwahrentgeltsanspruchs der Bank gegen den Kunden und des Zinsanspruchs des Kunden gegen die Bank erfolgen könne, die sonst aber stillschweigend vereinbart sei und im Positivzinsumfeld lediglich zu einem geminderten Zins führe (vgl. Berger in: MünchKomm BGB, 9. Aufl. 2023, Vorbemerkung vor § 488 Rn. 69; Ellenberger/Bunte/Langner, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl. 2022, § 45 Rn. 85, 87; Langner/Brocker, WM 2017, 1917, 1921; Herresthal, EWiR 2018, 227, 228). Dem kann für die hier in Frage stehende Problematik schon deshalb nicht beigepflichtet werden, weil diese Argumentation voraussetzt, was sie belegen müsste, nämlich dass überhaupt ein verrechnungsfähiger Verwahrentgeltanspruch der Bank gegen den Kunden besteht. Ohnehin wäre eine Klausel, die eine solche Verrechnung voraussetzt, aber nicht offenlegt, intransparent und (auch) aus diesem Grund unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
II. Keine Einschränkung der Kontrollfähigkeit durch Individualvereinbarung
1. Unerheblichkeit individueller Vereinbarungen im Verbandsprozess
Zustimmung verdient das LG Düsseldorf auch darin, dass die Verwahrentgeltklausel nicht etwa deshalb der AGB-Kontrolle entzogen ist, weil die Beklagte nach ihrem Vorbringen mit ihren Kunden in jedem der Verwendungsfälle das Verwahrentgelt individuell vereinbare. Das Landgericht hat diesen Einwand mit der knappen Bemerkung erledigt, „(i)m Rahmen des Unterlassungsanspruchs (komme) etwaigen weiteren Vereinbarungen keine Relevanz zu“ (Rn. 46). Das trifft zwar zu und es verdient Beifall, dass sich das Landgericht damit gegen einen verfehlten und bezeichnenderweise nicht näher begründeten Standpunkt des LG Leipzig gewandt hat, es bestehe kein Kontrollbedürfnis, soweit zusätzlich zu einer problematischen AGB-Klausel eine Einbeziehung über eine Individualabrede erfolgt (so LG Leipzig, Urt. v. 08.07.2021 - 5 O 640/20 - BKR 2021, 499, 501 Rn. 49 m. abl. Anm. Knops u. abl. Anm. Maier, VuR 2022, 428; wie das LG Leipzig auch Thume, EWiR 2022, 67, 68). Man hätte sich aber eine über das bloße Apodikt, der Vorrang der Individualabrede gelte nur bezogen auf einen konkreten Vertrag, im Streitfall gehe es aber um die Wirksamkeit der Klausel als solche (Rn. 36), hinausreichende Erläuterung gewünscht; denn eine (inzidente) Rolle spielt die Wirksamkeit einer Verwahrentgeltklausel auch in einem bankrechtlichen Individualrechtsstreit zwischen dem Kunden und der klauselverwendenden Bank. Die nachzuholende Begründung vereinigt prozessuale und materielle Aspekte von Unterlassungsansprüchen: Streitgegenstandsdogmatisch ist die Irrelevanz einer Individualabrede damit zu begründen, dass im Individualrechtsstreit die Klauselwirksamkeit nur eine Vorfrage darstellt, die lediglich zwischen den Individualparteien (inter partes) des Prozesses von Bedeutung ist. Dagegen wird im kollektiven Verbandsverbraucherschutzprozess zwar entgegen der Darstellung des Landgerichts nicht abstrakt über die Wirksamkeit der Klausel entschieden, aber bei Stattgabe der Bank die Verwendung der Klausel gegenüber jedermann (erga omnes) untersagt. Dies kommt einer kollektivwirksamen Feststellung der Klauselunwirksamkeit zumindest nahe. Streiten die Parteien im Kollektivprozess also über die generelle Berechtigung der Bank, eine bestimmte Klausel gegenüber jedermann zu verwenden, so sind die Umstände eines bestimmten Individualstreitfalls schon aus prozessualen Gründen unerheblich.
Darüber hinaus lässt sich der Standpunkt des LG Düsseldorf auch materiell-rechtlich untermauern: Lauterkeitsrechtlich trifft der Standpunkt des LG Düsseldorf zu (und geht das LG Leipzig fehl), weil die Tatbestände der §§ 3 ff. UWG – und damit auch die hier einschlägige Vorschrift des § 3a UWG - abstrakte Gefährdungsverbote enthalten (Köhler, WRP 2019, 269, 272 Rn. 25, 276 Rn. 66); da sie nicht voraussetzen, dass die unlautere Verwendung einer unzulässigen Klausel sich im Einzelfall tatsächlich in einer Interessenbeeinträchtigung des Verbrauchers ausgewirkt hat, sondern schon ein dazu geeignetes Verhalten untersagen, kommt es nicht darauf an, ob im Einzelfall die interessengefährdende Klauselverwendung durch eine Individualabrede gewissermaßen überholt wird. Die Abstraktion vom Einzelfall ist gerade der Clou der Geltendmachung von Lauterkeitsinteressen im kollektiven Rechtsschutz. Stellt sich somit eine Verwahrentgeltklausel nach den Vorgaben des für sie geltenden AGB-Rechts als kontrollfähig dar, weil sie keine Preis(haupt)abrede, sondern eine Preisnebenabrede enthält, lässt sich im Kollektivprozess dieses Ergebnis nicht durch eine im Einzelfall etwa getroffene Individualvereinbarung in Frage stellen.
2. Das obiter dictum des LG Düsseldorf zur Bedeutung individueller Vereinbarungen in Individualprozess
Bedenken bestehen aber gegen das knappe obiter dictum des LG Düsseldorf, im Individualprozess könne die von der Beklagten behauptete Vereinbarung mit jedem Kunden im jeweiligen Einzelfall eine Rolle spielen; dass solchenfalls kein Kontrollbedürfnis bestehe, könne „bezogen auf einen konkreten Vertrag richtig sein“ (Rn. 46). Im Besprechungsfall hat die Beklagte die Voraussetzungen einer im Individualprozess die AGB-Prüfung sperrenden Individualabrede schon nicht vorgetragen. Selbst wenn die Beklagte nämlich mit ihren Kunden das Verwahrentgelt individuell vereinbart hätte, lägen keine Individualabreden i.S.d. § 305b BGB vor, weil die Vertragstexte in allen Fällen unstreitig identisch waren und eine tatsächliche Einflussnahmemöglichkeit des Kunden hinsichtlich des Ob und auf die Höhe des Entgeltes nicht bestand, so dass von einem Aushandeln i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht die Rede sein kann (vgl. zuletzt LG Frankfurt, Urt. v. 18.11.2022 - 2-25 O 228/21 Rn. 30 ff.; Zschieschack in: BeckOGK-BGB, Stand 01.12.2022, § 307 Entgeltklausel Rn. 20). Solchen Vereinbarungen, die keine Individualabrede darstellen, kommt nach heute ganz h.M. keine kontrollhindernde Wirkung zu; auch im Individualprozess eines Kunden gegen eine Bank ist eine Verwahrentgeltklausel folglich nicht etwa deshalb der AGB-Kontrolle entzogen, weil die beklagte Bank sich von Kunden die Kenntnisnahme der Klausel individuell hatte bestätigen lassen. Entgegen einer in der Literatur teils unabhängig von der Negativzinsproblematik (grundlegend Canaris, AcP 200, 273-364 (2000); für Bearbeitungsentgelte Billing, WM 2013, 1829, 1832; Berger/Rübsamen, WM 2011, 1877, 1879; Becher/Krepold, BKR 2014, 45, 51 f., 56; Casper/Möllers, BKR 2014, 59, 63 f.), teils aber auch zu dieser vertretenen Ansicht (vgl. Langner/Müller, WM 2015, 1979, 1982), ist es kein Grund für eine Außerkraftsetzung des AGB-Kontrollregimes, dass ein Kunde eine Verwahrentgeltklausel bei Vertragsschluss zur Kenntnis genommen und bei seiner Vertragsschlussentscheidung berücksichtigt haben mag. Diese teleologische Auslegung – die auf eine teleologische Reduktion hinausläuft – verfehlt, indem sie lediglich die Umstände des Vertragsschlusses berücksichtigt, den Zweck der Inhaltskontrolle und degradiert diese zur bloßen Transparenzkontrolle (BGH, Urt. v. 13.05.2014 - XI ZR 405/12 - BGHZ 201, 168, 191 Rn. 60). Die Wahrung des Transparenzgebots kann der Kunde aber ohnehin verlangen; sie gibt keinen Anlass, von einer inhaltlichen Angemessenheitskontrolle abzusehen. Nach einer Inhaltskontrolle besteht ein Bedürfnis schon deshalb, weil der Kunde – mag er eine Klausel auch zur Kenntnis genommen haben – bei AGB auf die inhaltliche Ausgestaltung der Bestimmungen keinen Einfluss nehmen kann (BGH, Urt. v. 07.12.2010 - XI ZR 3/10 - NJW 2011, 1801, 1803 Rn. 27; BGH, Urt. v. 13.05.2014 - XI ZR 170/13 Rn. 66 ff.). Dieses typischerweise aus einer strukturellen Unterlegenheitssituation herrührende Bedürfnis wird durch bloße Klauseltransparenz nicht befriedigt; vielmehr lässt erst eine inhaltliche Angemessenheitskontrolle die Bedenken gegen die einseitige Gestaltungsmacht (vgl. BGH, Urt. v. 19.11.2009 - III ZR 108/08 - BGHZ 183, 220, 224 Rn. 13) der klauselverwendenden Bank entfallen (so für die Inhaltskontrolle von durch den Bankkunden zur Kenntnis genommenen Bearbeitungsentgeltklauseln BGH, Urt. v. 13.05.2014 - XI ZR 405/12 - BGHZ 201, 168, 191 Rn. 60; zur Problematik im Negativzinskontext Fest in: MünchKomm HGB, 4. Aufl. 2019, N. Einlagengeschäft Rn. 445; Dehne-Niemann, jurisPR-BKR 5/2022 Anm. 1, unter III. 3. a; allg. Billing, Die Bedeutung von § 307 Abs. 3 S. 1 BGB im System der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, 2006, 120 ff.).
D. Bedeutung des Urteils für die Praxis
Die Entscheidung des LG Düsseldorf hat eine Linie in der Entwicklung der Instanzenrechtsprechung fortgesetzt, die mit der Entscheidung des LG Berlin begann und jüngst vom LG Frankfurt aufgegriffen worden ist. Die Bedeutung dieser Entscheidungen besteht darin, dass sie die Kontrollfähigkeit von Verwahrentgeltklauseln – mit der deren Wirksamkeit zumeist steht und fällt – auf die Bepreisung einer Nebenpflicht i.S.d. § 675f Abs. 5 BGB stützen und nicht – worauf sich die bisherige Diskussion konzentrierte – anhand der Abweichung vom Leitbild des unechten Verwahrungsvertrags- oder des Darlehensrechts thematisiert. Die besprochene Entscheidung des LG Düsseldorf ist nicht rechtskräftig (Berufungs-Az. des OLG Düsseldorf: 20 U 16/22). Die Entwicklung bleibt abzuwarten, wobei sich das disparate Meinungsbild zu den im Raum stehenden Fragen erst durch eine Entscheidung des BGH wird klären lassen. Die praktische Bedeutung des Urteils des LG Düsseldorf besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt also nur darin, dass durch sie die Frage der Kontrollfähigkeit von Verwahrentgeltklauseln jedenfalls nicht weniger umstritten geworden ist.
E. Zur generellen Problematik der Rückzahlung von Verwahrentgelten als Folgenbeseitigung nach § 8 Abs. 1 UWG
Gegenstand der Besprechungsentscheidung ist zuletzt die zwar nicht in den vorangestellten Orientierungssätzen zum Ausdruck gekommene, aber dennoch in jüngster Zeit ins Rampenlicht des forensischen und wissenschaftlichen Interesses getretene Frage, ob bei Verwendung unwirksamer AGB eine auf Erstattung der Verwahrentgelte als „Folgenbeseitigung“ gerichtete Klage durch „das Vehikel des Beseitigungsanspruchs“ (Halder, jurisPR-ITR 12/2022 Anm. 3, unter E.) aus § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG verlangt werden kann. Im Kern geht es um die Frage, ob die bei Bankkunden durch die Erhebung von Verwahrentgelten eingetretenen Vermögensminderungen beseitigungsfähige Folgen darstellen, oder – anders formuliert – ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucherschutzverband mit einem lauterkeitsrechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch zu Unrecht erlangte Entgelte zurückverlangen kann.
I. Unbestimmtheit des Klageantrags (im Besprechungsfall Ziff. 2 a)?
Im Fall des LG Düsseldorf blieb die volle Schönheit der Folgenbeseitigungsproblematik hinter den Kulissen, weil das Landgericht den darauf gerichteten Rückzahlungsantrag (im Besprechungsfall Ziff. 2 a) als zu unbestimmt angesehen und deshalb als unzulässig abgewiesen hat (Rn. 27 f.). Deshalb hat das Landgericht, allerdings zu Unrecht, nicht in der Sache über den Rückzahlungsanspruch entschieden. Das Gericht hat die Antragsformulierung „… allen Kunden, die Verbraucher sind, denen gegenüber die Beklagte die Formulierungen im Antrag zu 1) verwendet hat und denen gegenüber die Beklagte anschließend ein Verwahrentgelt auf Grundlage der im Antrag zu 1) wiedergegebenen Entgeltklausel erhoben hat, dieses Verwahrentgelt auf eigene Kosten zurückzuzahlen“ als zu unbestimmt angesehen, weil damit die Bestimmung der auszuurteilenden Verpflichtung i.S.d. § 888 ZPO in das Vollstreckungsverfahren verlagert und weder zu erkennen sei, an wen noch in welchem Umfang Rückzahlungen erfolgen sollen (Rn. 28). Damit hat das LG Düsseldorf einen überstrengen Maßstab angelegt. Bezeichnenderweise sah das LG Berlin in der fehlenden Bezeichnung der Rückzahlungsempfänger und der Höhe der jeweiligen Rückzahlungsbeträge kein Defizit des fast gleichlautenden Antrags.
Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Beseitigungsantrag zu stellen sind, ist abhängig von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls. Mitunter ist es nicht zu vermeiden, dass im Vollstreckungsverfahren bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen ein ausgesprochenes Handlungsgebot vorliegt, Wertungen vorgenommen werden müssen (BGH, Urt. v. 12.07.2001 - I ZR 40/99 - GRUR 2002, 86, 88). Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags hätte das LG Düsseldorf danach unter Abwägung des zu schützenden Interesses der beklagten Bank an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festlegen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 04.07.2002 - I ZR 38/00 - GRUR 2002, 1088, 1089). Dabei hätte es berücksichtigen müssen, dass gerade im Wettbewerbsrecht, in dem Störungen häufig gar auf mehrere Weisen beseitigt werden können, die Antragsunbestimmtheit hinzunehmen ist, wenn der Anspruch nicht anders als durch einen relativ unbestimmten Begriff umschrieben werden kann; die Fassung eines Antrags bestimmt sich nach der materiell-rechtlichen Lage, wobei sich die Anforderungen an die Bestimmtheit an dem Möglichen orientieren müssen (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl. 2023, § 8 Rn. 1.118) und auch zu sehen ist, dass es nach h.M. dem Störer überlassen ist, wie er die Störung beseitigt (BGH, Urt. v. 14.12.2017 - I ZR 184/15 - GRUR 2018, 423, 430 Rn. 70; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 8 Rn. 1.115), was gewisse Abstriche an die Antragsbestimmtheit rechtfertigt (Seichter/Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl. Stand 21.12.2022, § 8 Rn. 135, 141).
Danach wäre die Fassung einer dem Unterlassungsantrag entsprechenden Verurteilung für die Beklagte nicht unzumutbar gewesen. Insoweit hätte das Landgericht sehen müssen, dass die Antragsformulierung des Klägers nur von geringfügigen Ungenauigkeiten in puncto Personenkreis und Höhe der Rückzahlungsbeträge gekennzeichnet waren, die darauf zurückzuführen waren, dass dem Kläger weder die Kunden bekannt waren noch die Höhe der zurückzugewährenden Verwahrentgelte. Über diese Informationen verfügte aber die Beklagte, weshalb es für sie im – für die Prüfung der Antragsbestimmtheit zu unterstellenden – Verurteilungsfalle nicht zweifelhaft sein konnte, wie sie sich zur Beseitigung der Folgen ihres unlauteren Handelns zu verhalten hatte (zu diesem entscheidenden Aspekt BGH, Urt. v. 26.10.2000 - I ZR 180/98 - NJW-RR 2001, 684. Da infolge des geltend gemachten Auskunftsanspruchs – ab Rechtskraft der Entscheidung – auch der Kläger über diejenigen Informationen, deren Fehlen die Antragsungenauigkeit begründeten, verfügt hätte, wäre die Überprüfung im Vollstreckungsverfahren gesichert und ohne weiteres möglich gewesen. Auf die Möglichkeit einer gesonderten Auskunftserteilungsklage mit sich erst anschließendem gesondertem Beseitigungsprozess musste sich der Kläger – auch aus Gründen der Prozessökonomie – nicht verweisen lassen.
II. Rückzahlung von Verwahrentgelten als Folgenbeseitigung nach § 8 Abs. 1 UWG
Hätte das LG Düsseldorf somit über den Rückzahlungsantrag (im dortigen Verfahren Ziff. 2 a) in der Sache entscheiden müssen, so käme es auf die Problematik der Folgebeseitigungsfähigkeit von aufgrund unwirksamer AGB erlangter Gelder an. Das Landgericht hat den Rückzahlungsanspruch inzident bei der Erörterung eines Auskunftsanspruchs (zu dessen hier nicht zu erörternden Voraussetzungen, Zielrichtung und Inhalt vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, UWG, 5. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu §§ 8 ff. Rn. 94 ff.) behandelt. In der Bejahung eines solchen Folgenbeseitigungsanspruchs kann dem Landgericht nicht beigetreten werden.
1. Zur Einordnung der Problematik
Einen auf Geldzahlung gerichteten Beseitigungsanspruch hatte der BGH in einem älteren kartellrechtlichen Fall zu den §§ 33, 20 Abs. 1 GWB bejaht, in dem das Vorenthalten der Vergütung für eingespeisten Strom eine unbillige Behinderung darstellte. Die zu beseitigende Beeinträchtigung erblickte der BGH in einer fortdauernden unbilligen Behinderung durch Vorenthalten geschuldeter Geldbeträge (BGH, Urt. v. 02.07.1996 - KZR 31/95 - BGHZ 133, 177, 181 f.). Diese Rechtsprechung hat der I. Zivilsenat des BGH mit der außerhalb des Bankrechts liegenden Klauselersetzungsentscheidung (BGH, Urt. v. 14.12.2017 - I ZR 184/15 - GRUR 2018, 423) fortgeführt und einen Anspruch auf Richtigstellung eines bei den Kunden der Beklagten durch eine beendete Verletzungshandlung erweckten Eindrucks aus § 8 UWG für denkbar erachtet. Auch wenn § 1 UKlaG den gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Stellen gegen den Verwender von unwirksamen AGB keinen Beseitigungsanspruch gewährt (BGH, Urt. v. 14.12.2017 - I ZR 184/15 - GRUR 2018, 423, 425 ff. Rn. 15 ff.), kann sich nach dem BGH ein Beseitigungsanspruch für eine Verbraucherzentrale als qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG aus § 3a UWG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG ergeben, da die Vorschriften über die Kontrolle unwirksamer AGB gemäß § 1 UKlaG und das Lauterkeitsrecht nebeneinander anwendbar seien und der Verstoß gegen § 307 BGB durch die Verwendung einer unwirksamen, weil unangemessen benachteiligenden Klausel eine unlautere geschäftliche Handlung i.S.d. §§ 3 Abs. 1, 3a UWG darstellt (BGH, Urt. v. 14.12.2017 - I ZR 184/15 - GRUR 2018, 423, 428 ff. Rn. 40 ff.; BGH, Urt. v. 31.03.2021 - IV ZR 221/19 Rn. 50 ff.).
War damit für die Praxis geklärt, dass auch die Verwendung einer lauterkeitsrechtlich unwirksamen AGB einen Beseitigungsanspruch nach dem UWG begründen kann (zur Rechtsprechungsentwicklung vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl. 2023, § 8 Rn. 1.106 f.) - worauf sich das LG Düsseldorf mit seiner Aussage bezieht, die Anwendung des UWG sei nicht durch das UKlaG gesperrt (Rn. 51) - so stellt sich die Frage nach der Reichweite des Beseitigungsanspruchs. Ins Bankrecht transponiert und für dieses Rechtsgebiet beantwortet wurde die Frage durch eine Entscheidung des OLG Dresden (Urt. v. 10.04.2018 - 14 U 82/16 - BKR 2018, 440, 443 f. Rn. 50 ff. m. krit. Bspr. Baldus/Siedler, BKR 2018, 412; abl. Köhler, WRP 2019, 269), die ein Urteil des LG Leipzig (Urt. v. 10.12.2015 - 5 O 1239/15 Rn. 23) bestätigte. Den Entscheidungen lag zugrunde, dass ein Kreditinstitut unter Verstoß gegen § 307 Abs. 1, § 306a BGB das Pfändungsschutzkonto einer Vielzahl von Verbrauchern mit einem Betrag von 30 Euro wegen Auskünften an Dritte belastet hatte. Die Gerichte sahen hierin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG a.F. (entspricht § 3a UWG n.F.) und verurteilten das Kreditinstitut auf Antrag eines Verbraucherverbands zur Rückzahlung der zu Unrecht erhobenen Gebühren an die betroffenen Verbraucher.
2. Rückzahlung von Verwahrentgelten als Folgenbeseitigung i.S.d. § 8 Abs. 1 UWG?
Die Problematik, ob finanzielle „Streuschäden“ im Verbandsrechtsstreit geltend gemacht und die Rückzahlung von zu Unrecht auf der Grundlage unwirksamer Klauseln erhobener Entgelte verlangt werden kann, hat mit der Entscheidung des LG Düsseldorf (Rn. 55 ff.) und bereits zuvor mit der genannten Entscheidung des LG Berlin (Urt. v. 28.10.2021 - 16 O 43/21 - BKR 2022, 109, 112 f. Rn. 54 ff.) nun auch den Themenkomplex des Verwahrentgelts erreicht. Beide Gerichte haben die Ansprüche - das LG Düsseldorf allerdings nur inzident im Rahmen eines zugesprochenen Auskunftsanspruchs (Rn. 48 ff.) - bejaht, ohne die hoch umstrittene Problematik auch nur anzusprechen.
a) Zu näherer Befassung mit der Thematik hätte aller Anlass bestanden, nachdem der BGH zuletzt Zweifel an der Folgenbeseitigungsfähigkeit hat erkennen lassen, indem er ausgeführt hat, der Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG auferlege der Beseitigungsschuldnerin „nicht die Wiederherstellung irgendeines ursprünglichen Zustandes“ und es gehe nicht darum, „einen durch die Verwendung der beanstandeten Klausel verursachten Schaden zu ersetzen“ (BGH, Urt. v. 31.03.2021 - IV ZR 221/19 - NJW 2021, 2193, 2197 Rn. 55). Die im Besprechungsfall entscheidende Frage ist, ob die Einbehaltung der erhobenen Verwahrentgelte sich als i.S.d. § 8 Abs. 1 UWG zu beseitigende Störung darstellt, oder ob sie als bloße Folge einer solchen Störung in Individualprozessen durch Kondiktions- oder Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden muss.
Inhaltlich dürfte an der Annahme des LG Düsseldorf, „(d)ie Störung bestehe in der aufgrund der Klauseln ungerechtfertigt vereinnahmten Gelder“ (Rn. 53), Skepsis geboten sein (einen auf Geldzahlung gerichteten Beseitigungsanspruch abl. auch Baldus/Siedler, BKR 2018, 412, 415 ff.; Köhler, WRP 2019, 269, 274 ff. Rn. 47 ff; Kruis, ZIP 2019, 393. 397 ff.; Singbartl/Zintl, VuR 2016, 14, 17; diff. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, UWG, 5. Aufl. 2021, § 8 Rn. 283). Näher liegt es, die nach § 8 Abs. 1 UWG zu beseitigende Störung nur in der durch die Verwendung der unzulässigen Klausel hervorgerufenen Fehlvorstellung bei den Kunden zu sehen und die daraufhin vereinnahmten Verwahrentgelte lediglich als außerhalb des Anwendungsbereichs des Wettbewerbsrechts liegende Folge einer wettbewerbswidrig-unwirksamen Verwahrentgeltklausel (so auch Wollgarten/Bohne, BKR 2022, 113, 115). Daher stellt die vom LG Düsseldorf ausgesprochene Verpflichtung der Rückerstattung der Verwahrungsentgeltbeträge keine Maßnahme der Störungsbeseitigung, sondern eine Maßnahme der Wiedergutmachung, nämlich des Ausgleichs eines Vermögensschadens oder einer in der Vergangenheit begründeten ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 BGB) dar, für die aber nicht das zukunftsgewandte Wettbewerbsrecht und damit nicht der Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG, sondern im Individualprozess das Schadensersatzrecht oder auch das Bereicherungsrecht zuständig sind (vgl. dazu – unter Beschränkung auf schadensersatzrechtliche Aspekte - Köhler, WRP 2019, 269, 274 Rn. 51 f.).
b) Allein mit der Funktionswidrigkeit der Anwendung des wettbewerbsrechtlichen Anspruchs aus § 8 Abs. 1 UWG lässt es sich begründen, dass – entgegen dem Landgericht – die Rückzahlung der Verwahrentgelte an die Kunden keine beseitigungsfähige Maßnahme im Verbandsprozess darstellt. Kein tragfähiges Argument stellt dagegen der Charakter des § 3a UWG als Gefährdungsverbotsvorschrift dar, weil aus dem Verbotsverstoß keine Schlüsse auf die Reichweite der Sanktion gezogen werden können. Das folgt aus der vor allem im Strafrecht längst vollzogenen normtheoretischen Erkenntnis, dass an den Rechtsunterworfenen gerichtete Verhaltensnormen grundlegend andere Zwecke – nämlich den Rechtsgüterschutz – verfolgen als die an den Rechtsstab (Richter etc.) gerichteten Sanktionsnormen, denen es um die Beachtung der Verhaltensnormen mit den Mitteln einer Sanktion geht. Auch wenn der Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG, der im weitesten Sinne eine Sanktion statuiert, auf einem Verstoß gegen das Gefährdungsverbot aus § 3a UWG - also auf einem Verhaltensnormbruch - gründet, kann daraus nicht gefolgert werden, welche Konsequenz auf der Sanktionsseite ein solcher Verstoß gegen eine Gefährdungsverbotsnorm hat. Die Reichweite der Konsequenzen richtet sich allein nach der Sanktionsnorm des § 8 Abs. 1 UWG. Dass der Beseitigungsanspruch inhaltlich von vornherein § 8 Abs. 1 UWG nur auf die Beseitigung eine Gefährdung gerichtet sei, kann somit nicht aus dem Zusammenspiel der §§ 8 Abs. 1, 3a UWG gefolgert werden (so aber Köhler, WRP 2019, 269, 276 Rn. 66). Da die Gefährdungsverbotsnorm nicht die Reichweite der Sanktionsnorm definieren kann, muss die Reichweite des § 8 Abs. 1 UWG originär aus dem wettbewerbsrechtlichen Charakter der Sanktion abgeleitet werden. Anders formuliert: Dass gegen § 3a UWG schon mit einer abstrakten Gefährdung („geeignet“) verstoßen wird, bedeutet noch nicht, dass der daran anknüpfende Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG ausschließlich die Beseitigung von Gefährdungslagen im Blick hat. Es ergibt sich erst aus dem wettbewerbsrechtlichen Zweck des Beseitigungsanspruchs selbst.
c) Ebenso wenig tragfähig begründet ist die Unanwendbarkeit des § 8 Abs. 1 UWG auf Streuschäden, die bei den von der Verwahrentgeltklausel betroffenen Kunden eingetreten sind, mit einem Hinweis auf die engen Voraussetzungen des Gewinnabschöpfungsanspruchs aus § 10 Abs. 1 UWG (vgl. Baldus/Siedler, BKR 2018, 412, 417 f.), nach dem nur ein vorsätzlich wettbewerbswidrig Handelnder seinen Gewinn aus dem Wettbewerbsverstoß abführen müsse, was unterlaufen werde, wenn ein verschuldensunabhängiger Beseitigungsanspruch die gleiche Rechtsfolge erziele (so Köhler, WRP 2019, 269, 275 Rn. 55; Wollgarten/Bohne, BKR 2022, 113, 115 f.). Gegen eine solche systematische Argumentation spricht, dass auch das allgemeine Zivilrecht mit der Kondiktion (§§ 812 f. BGB) verschuldensunabhängige Ansprüche kennt, die neben Schadensersatzansprüchen anwendbar sind (Wendehorst in: BeckOK-BGB, 64. Edition Stand 01.11.2022, § 812 Rn. 3; Jauernig/Stadler, BGB, 18. Aufl. 2021, Vorbemerkungen zu §§ 812 ff. Rn. 11), und deren Rechtsfolge in einer Abschöpfung besteht (näher zum Geltungsgrund des Bereicherungsrecht Wendehorst in: BeckOK-BGB, 64. Edition Stand 01.11.2022, § 812 Rn. 4 f. m.w.N.), ohne dass darin ein Wertungswiderspruch oder ein Unterlaufen der Voraussetzungen verschuldensabhängiger Schadensersatzansprüche gesehen würde. Der Grund dafür, dass der Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG entgegen dem LG Düsseldorf keine Rückzahlung der zu Unrecht erlangten Verwahrentgelte im Verbandsprozess ermöglicht, besteht also nicht in einer störenden Interferenz des § 8 Abs. 1 UWG gegenüber § 10 Abs. 1 UWG, sondern darin, dass der Beseitigungsanspruch als wettbewerbsrechtlicher Anspruch nicht vergangenheits- und damit in keiner Hinsicht ausgleichsbezogen ist, sondern rein zukunftssichernd (insofern zutr. Köhler, WRP 2019, 269, 275 Rn. 52).
F. Fazit
Während das LG Düsseldorf Zustimmung darin verdient, dass es Verwahrentgeltklauseln in Giroverträgen als AGB-rechtlich kontrollfähig und unangemessen benachteiligend einordnet, liegt es mit der Ansicht falsch, mit den Mitteln des lauterkeitsrechtlichen Beseitigungsanspruchs könne die Rückzahlung nicht geschuldeter Verwahrentgelte an die Kunden verlangt werden. Auch in diesem Punkt bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten.