1. Gibt ein Dritter Äußerungen aus einem vertraulichen Gespräch mit dem Betroffenen an die Presse weiter, ist nicht dessen Recht am gesprochenen Wort, sondern der Schutz der Privatsphäre betroffen, was eine Veröffentlichung nur nach Maßgabe einer Abwägung ausschließt.
2. Außerhalb von durch das Beichtgeheimnis geschützten Informationen darf die Presse grundsätzlich auch über Äußerungen berichten, die der Betroffene in einem vertraulichen Gespräch mit einem Geistlichen gemacht hat; dessen Amtsverschwiegenheit begründet kein Veröffentlichungsverbot.
3. Ein Autorisierungsvorbehalt über den Inhalt eines Gesprächs mit der Presse kann auch konkludent vereinbart werden; ein vertraglicher Unterlassungsanspruch kommt dann in Betracht, wenn vor der Veröffentlichung der Text zur Freigabe entweder überhaupt nicht vorgelegt wurde oder die Redaktion erheblich von dem veröffentlichen Wortlaut abgewichen ist. Gibt der Betroffenen bei einer Freigabe mit Änderungen nicht zu erkennen, dass ihm an einer bestimmten Formulierung in besonderer Weise gelegen ist, sind Änderungen am Wortlaut zulässig, durch die der Sinn der Äußerung nicht verfälscht wird.
Verfahrensgang
vorgehend LG Chemnitz 01.01.+1000000000 EV 2 O 354/24
Langtext
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG vom 10.4.2024 ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
3. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 20.000,- € festzusetzen.
Gründe
I.
Der Verfügungskläger (Kläger) ist Mitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD). Er ist Landtagsabgeordneter und - zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung - gewählter Bürgermeister der Gemeinde G....... Die Verfügungsbeklagte (Beklagte) ist die Verlegerin der Zeitung “...“ und betreibt die Internetseite www.....de. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte die Verfügungsbeklagte am 07.02.2024 den Beitrag “Ein Leben für G......: Die Geschichte hinter dem Tod des Bürgermeisters V...... S......“, der einen Tag später auch in der Printausgabe erschien. Dort heißt es u.a. "Irgendwann in dieser Zeit saß L...... L......, damals Pfarrer in G......, mit W...... zusammen. Sie kannten sich, wie man sich kennt auf dem Dorf. L...... taufte W......s Kinder, W...... kam zu ihm in den Gottesdienst. Manchmal sprachen sie darüber, ob man AfD-Mitglied und Christ zugleich sein konnte ... L...... aber ist vor allem ein Gespräch in Erinnerung geblieben: Es sei um die Strategie der AfD gegangen. Wo das alles hinführen solle, wollte L...... wissen, wenn man Politik nur mit einem Feindbild machen kann. Er erinnere sich noch genau, was W...... geantwortet habe: „So lange wir nicht an der Macht sind, gibt es keinen politischen Konsens.“. An anderer Stelle wird ausgeführt: " V...... S...... war noch einmal bei ihm. Er habe ihn gebeten, die Streitereien ruhen zu lassen, erzählt W....... Er habe eingewilligt. Vielleicht war es dafür schon zu spät". Der Kläger macht geltend, das ihm zugeschriebene Zitat aus dem Gespräch mit dem Gemeindepfarrer sei nicht gefallen, eine Verwertung dieses seelsorgerlichen und von der Amtsverschwiegenheit des Geistlichen umfassten Gesprächs sei überdies nicht zulässig. Im Widerspruch zu einer vereinbarten Autorisierungserklärung habe die Beklagte ihn unzutreffend und verfälschend zitiert. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Anliegen weiter.
II.
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.
Das Landgericht hat in seiner sehr ausführlich begründeten Entscheidung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, den Erlass einer einstweiligen Verfügung zutreffend abgelehnt. Ein Verfügungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB bezüglich beider streitgegenständlichen Äußerungen steht dem Verfügungskläger (Kläger) nicht zu. Die Berufungsbegründung zeigt keine durchgreifenden Gesichtspunkte auf, die eine Abänderung des angefochtenen Urteils rechtfertigen könnten. Ergänzend sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:
A) Äußerung: "Solange wir nicht an der Macht sind, gibt es keinen politischen Konsens.“
Das Landgericht hat sich im Anschluss an die von ihm durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung der präsenten Zeugin M...... die Überzeugung verschafft, dass diese dem Kläger zugeschriebene Äußerung in einem Gespräch mit dem damaligen Gemeindepfarrer von G......, L...... L......, am 5.3.2018 von der insoweit beweisbelasteten Beklagten hinreichend glaubhaft gemacht wurde. Nur hilfsweise hat es sich darauf bezogen, dass diese jedenfalls die Grundsätze pressemäßiger Sorgfalt gewahrt habe und den Kläger daher entsprechend habe zitieren können. Hiergegen wendet sich die Berufung ohne Erfolg.
a) Sie übersieht insbesondere die Beschränkung der Beweisaufnahme im Verfügungsverfahren, das nur eine eingeschränkte Schlüssigkeitsprüfung vorsieht und als Beweismaß die Glaubhaftmachung ausreichen lässt (§§ 920 Abs. 2, 935, 294 ZPO). Die beweisbelastete Partei kann sich in diesem Rahmen grundsätzlich aller – d.h. nicht nur der förmlichen Beweismittel nach § 355ff. ZPO bedienen; es gilt also der Freibeweis (Saenger, ZPO § 294 Rn. 6, beck-online). Zulässig ist daher etwa die Vernehmung der Gegenpartei ohne die Voraussetzungen des § 445 ZPO genauso wie die Vorlage unbeglaubigter Kopien von Schriftstücken (zB Fristen- oder Wiedervorlagekalender: BGH NJW 2002, 1429, 1430; OLG Köln FamRZ 1983, 709, 711) oder einer anwaltlichen Versicherung. Auch schriftlich vorgelegte Zeugenaussagen oder Privatgutachten können genügen. Im Anwendungsbereich des § 511 Abs. 3 ZPO reicht nach der Rechtsprechung des BGH sogar eine einfache Parteierklärung aus (BGH NJW 2015, 873, 874, Zöller-Gelmer und Greger, ZPO, 35. Aufl. § 294 Rn 5; Senat Beschluss vom 10. März 2022 – 4 W 94/22 –, Rn. 6, juris). Auch der Zeuge vom Hörensagen ist geeignet, die Grundlage für eine Glaubhaftmachung im Verfügungsverfahren zu legen, mag auch der Beweiswert einer solchen Aussage geringer sein als die Bekundung unmittelbar eigener Wahrnehmungen (BGH NJW 2017. 386 Rn 27; Zöller-Greger, aaO. § 286 Rn 9a m.w.N.). Die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung ist auch im Verfügungsverfahren nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Frage beschränkt, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind und ob aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird (BGH, Urteil vom 14. Februar 2017 - VI ZR 434/15 - juris; Urteil vom 21. Juni 2016 - VI ZR 403/14 - juris; Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03 - juris. Senat, Beschluss vom 14. September 2017 - 4 U 975/17 -, Rn. 3, juris; Senat, Beschluss vom 10. Januar 2018 – 4 U 750/17 –, Rn. 2, juris). Dies ist hier nicht der Fall.
b) Anders als der Kläger meint, kommt seiner eidesstattlichen Versicherung gegenüber der Aussage des Zeugen vom Hörensagen nicht schon deshalb ein höherer Beweiswert zu, weil er an dem Gespräch mit dem Pfarrer unmittelbar beteiligt war. Maßgeblich ist vielmehr die Gesamtwürdigung aller Beweistatsachen. In dieser Gesamtwürdigung des Schreibens der eidesstattlichen Versicherung des Klägers (Anlage VKL 6), der Bescheinigung des ehemaligen Pfarrers L...... vom 27.3.2024 (Anlage B1) und der Aussage der präsenten Zeugin M...... hat sich das Landgericht ohne Fehler in der Beweiswürdigung im Sinne des § 529 ZPO die für das Verfügungsverfahren ausreichende eingeschränkte Gewissheit von der Authentizität dieses Zitats verschafft. Dass der Pfarrer der Zeugin gegenüber geäußert hat, dass sich der Kläger wörtlich so geäußert hat und es sich nicht lediglich um eine Eigeninterpretation der Zeugin handelt, folgt aus der insoweit eindeutigen Einlassung der Zeugin ("Ja, die Äußerung von Herrn L...... lautete ganz explizit so") ebenso wie aus dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben des Pfarrers, der sich im Übrigen auch an das Datum dieses immerhin sechs Jahre zurückliegenden Gesprächs erinnern konnte. Hierfür spricht auch die vom Verfügungskläger selbst zugestandene Tatsache (S. 11 Berufungsbegründung), dass er sich selbst mit Herr L...... bei diesem Gespräch "in erinnerungswürdiger Weise ausgetauscht hat" und dieser infolgedessen "innerlich aufgebracht oder sonst wie berührt war". Anders als der Kläger hält aber auch der Senat die daran anknüpfende Würdigung des Landgerichts für nachvollziehbar, dem Pfarrer sei aufgrund dessen der Wortlaut des Zitats auch noch nach Jahren erinnerlich gewesen. Die Annahme, der ehemalige Pfarrer stehe aufgrund der Unvereinbarkeitserklärungen der evangelischen Kirche gegenüber der AfD auch dem Kläger selbst nicht unvoreingenommen gegenüber, weswegen ihm bei seiner Aussage gegenüber der Zeugin M...... "keine generelle Neutralität" zugutegehalten werden könne, bleibt spekulativ und gebietet eine abweichende Beweiswürdigung nicht. Auch die Würdigung des Landgerichts, der Kläger selbst könne sich hieran möglicherweise auch deshalb nicht mehr erinnern, weil er selbst regelmäßig mit drastischen Formulierungen hervortrete, ist frei von Fehlern in der Beweiswürdigung. Ob sie in einem Hauptsacheverfahren, in dem das Beweismaß des § 286 ZPO gilt, Bestand haben würde, kann hierfür dahinstehen.
c) Ebenfalls keinen Bedenken begegnet die Annahme, dass auch unabhängig von der Wahrheit dieser Behauptung, die Beklagte jedenfalls die Grundsätze pressemäßiger Sorgfalt eingehalten und sich daher auf die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses berufen dürfe; dass diese Privilegierung bei in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüche von vornherein nicht in Betracht komme (Berufungsbegründung S. 4), ist unzutreffend. Solange nicht eine bereits im Zeitpunkt der Äußerung erwiesenermaßen oder bewusst unwahre Tatsache behauptet worden ist, wird vielmehr zunächst die Wahrheit der Äußerung unterstellt. Ergibt sich auf Grundlage dieser Unterstellung die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses, entfällt die Rechtswidrigkeit der Äußerung ungeachtet des Umstandes, ob sich der Wahrheitsgehalt später erweisen lässt oder sogar die Unwahrheit bewiesen wird (BGH NJW 1985, S. 1621; NJW 1986, S. 2503; NJW 1987, S. 2225). Hat der Äußernde die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten eingehalten, stellt sich aber später die Unwahrheit heraus, ist die Äußerung als im Äußerungszeitpunkt gemäß § 193 StGB rechtmäßig anzusehen, so dass weder Bestrafung noch Widerruf oder Schadensersatz in Betracht kommen und für den Unterlassungsanspruch die Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr eigens festgestellt werden muss (vgl. nur BVerfG NJW-RR 2000, S. 1209; Senat, Beschluss vom 21. August 2017 – 4 U 862/17 –, Rn. 35, juris). Für Veröffentlichungen der Presse gelten, unabhängig davon, ob über einen strafrechtlichen Verdacht berichtet wird, die "pressemäßige Sorgfaltsanforderungen" (vgl. dazu bereits BGH, Urteile vom 12. Mai 1987 - VI ZR 195/86 sowie vom 15. Dezember 1987 - VI ZR 35/87 – beide juris). Erforderlich ist dafür ein Mindestbestand an Beweistatsachen, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit Öffentlichkeitswert verleiht. Dabei sind die Anforderungen an die journalistische Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Auch die zur Verteidigung des Betroffenen vorgetragenen Tatsachen und Argumente müssen berücksichtigt werden, was regelmäßig die Einholung einer Stellungnahme des Verdächtigen erforderlich macht. Es muss sich zudem um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGH, Urteil vom 7. 12. 1999 - VI ZR 51/99 -, NJW 2000, 1036 f.; Senat, Urteil vom 27. 11. 2003 - 4 U 991/03 -, NJW 2004, 1181 ff., 1182; Senat, Urteil vom 21. August 2018 – 4 U 255/18 –, Rn. 9, juris).
Ein solches Informationsbedürfnis auch an der im Veröffentlichungszeitpunkt bereits Jahre zurückliegenden Äußerung hat das Landgericht unter Bezug auf die Stellung des Klägers als Landtagsabgeordneter und Kandidat für das Bürgermeisteramt von G...... und damit als eine Person des öffentlichen Interesses zumindest im Verbreitungsgebiet der Beklagten, mit gut vertretbarer Begründung bejaht, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug genommen wird. Dies lässt die Berufung auch gegen sich gelten (Berufungsbegründung S. 18). Ihre Annahme, dieses Interesse sei wieder entfallen, weil über den Kläger bereits "genügend öffentlich zugängliche Quellen" bestünden, aus denen sich die Öffentlichkeit informieren könnte, übersieht indes, dass es gerade Ausgangspunkt und unaufhebbare Voraussetzung einer freien Presse ist, selbst zu entscheiden, was berichtenswert ist und wie berichtete Umstände miteinander verknüpft, bewertet und zu einer Aussage verwoben werden (statt aller BGH, Urteil vom 9. März 2021 – VI ZR 73/20 –, Rn. 22, juris).
Damit einher geht allerdings auch die Pflicht der Presse zu prüfen, ob sie von Dritten zugetragene Informationen über einen anderen gegen dessen Willen veröffentlichen darf oder nicht (OLG Köln, Urteil vom 21. November 2019 – 15 U 121/19 –, Rn. 21, juris). Allerdings beruft der Kläger sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf den Schutz des gesprochenen Worts. Als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gewährleistet dieses die Selbstbestimmung über die eigene Darstellung der Person in der Kommunikation mit anderen (vgl. BVerfGE 54 S. 148 [155]). Der Schutz umfasst die Möglichkeit, sich in der Kommunikation nach eigener Einschätzung situationsangemessen zu verhalten und sich auf die jeweiligen Kommunikationspartner einzustellen. Zum Grundrecht gehört die Befugnis selbst zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll (vgl. BVerfGE 54 S. 148 [155] unter Bezugnahme auf BGHZ 27 S. 284 [286]; BGH NJW 1991 S. 1180). Das Selbstbestimmungsrecht erstreckt sich also auf die Auswahl der Personen, die Kenntnis vom Gesprächsinhalt erhalten sollen (BVerfG AfP 2003, 36, 38). Hieraus ergibt sich ein weitreichender Schutz gegen die heimliche Aufnahme und Verwertung von Gesprächen oder die ungenehmigte unmittelbare Kommunikationsteilhabe durch einen Dritten. Hierum geht es vorliegend indes nicht. Der Kläger wendet sich gegen die Veröffentlichung eines in einem von ihm als vertraulich bezeichneten Gespräch gefallenen Zitats. Dies betrifft allein den Schutz seiner Privatsphäre, der ebenfalls im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelt (vgl. BVerfGE 101 S. 361 [382 f.] = AfP 2000 S. 76). Weil der Sprecher im privaten Bereich gerade wegen des Inhalts des Gesprächs ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass Dritte hiervon keine Kenntnis erhalten, sind entsprechende Äußerungen unabhängig davon geschützt, wie der Inhalt an einen Dritten gerät, also auch dann, wenn der Gesprächspartner entgegen einer Vertraulichkeitserwartung des Sprechers einem Dritten von dem Gesprächsinhalt berichtet (BVerfG AfP 2003, 36, 38). Allerdings ist dieser Schutz nicht absolut; vielmehr ist bei der Weitergabe von Informationen aus vertraulichen Gesprächen die in § 824 BGB zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wertentscheidung zu berücksichtigen, dass gegenüber der Verbreitung wahrer Tatsachen über eine Person, selbst wenn diese sie wegen der Gefahr für ihr berufliches oder geschäftliches Fortkommen vor der Öffentlichkeit geheimhalten möchte, grundsätzlich kein Deliktsschutz besteht, solange es sich nicht um Informationen aus der Intimsphäre handelt (BGH, Urteil vom 10. März 1987 – VI ZR 244/85 –, Rn. 20, juris). Daher ist es der Presse nicht schlechthin verwehrt, von einem Dritten erhaltene Äußerungen über ein Gespräch mit dem Betroffenen zu veröffentlichen, die ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut worden sind, sofern sie sich nicht rücksichtslos über schützenswerte Belange des Betroffenen hinwegsetzt (BGH, Urteil vom 10. März 1987 – VI ZR 244/85 –, Rn. 22, juris).
Nach diesen Grundsätzen hat das Landgericht die Berechtigung der Beklagten, das Zitat des Klägers abzudrucken, zu Recht bejaht. Unabhängig von den äußeren Umständen des Gesprächs hat auch der Kläger nicht behauptet, sich von dem Pfarrer vor Gesprächsbeginn eine besondere Vertraulichkeit ausbedungen oder das Zitat nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit gemacht zu haben. Der Stellungnahme des Pfarrers (Anlage B1) ist vielmehr zu entnehmen, dass jedenfalls dieser dem Gespräch eine solche Beschränkung nicht entnommen hat. Für die Beklagte war auch nicht ersichtlich, dass die Äußerung einem besonderen Vertraulichkeitsschutz unterliegen sollte, zumal sie persönliche Verhältnisse des Klägers oder dessen Intimsphäre ersichtlich nicht berührte. Einen Verstoß gegen das Beichtgeheimnis (§ 30 Pfarrdienstgesetz EKD) behauptet auch der Kläger nicht, die Behauptung, das von ihm zugestandene Gespräch sei jedenfalls ein seelsorgerisches Gespräch, d.h. eine aus dem christlichen Glauben motivierte und im Bewusstsein der Gegenwart Gottes vollzogene Zuwendung, in der er der Rat, Beistand und Trost in Lebens- und Glaubensfragen in Anspruch genommen habe. (vgl. § 2 Abs. 1 des (kirchenrechtlichen Seelsorge- und Geheimnisgesetzes EKD vom 28.10.2009) gewesen, hat er in der eidesstattlichen Versicherung vom 13.3.2024 (Anlage VBKL 6) nicht glaubhaft gemacht, die Annahme des Landgerichts, die streitgegenständliche Äußerung sei jedenfalls mit einem solchen Gespräch nur schwerlich zu vereinen, hält der Senat für nachvollziehbar. Ob in der Weitergabe des Zitats an die Presse ein Verstoß gegen eine kirchenrechtliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nach § 31 Pfarrdienstgesetz EKD zu sehen ist, kann dahinstehen, weil eine solche Amtsverschwiegenheit allein den kirchlichen Amtsträger bindet, jedoch kein Verwertungsverbot für die Presse begründet. Ob die unter Verstoß gegen die Amtsverschwiegenheit erlangten Informationen verwertet werden dürfen, obliegt vielmehr einer Abwägung der gegenüberstehenden Grundrechtspositionen im Einzelfall.
Diese Abwägung fällt vorliegend zu Lasten des Klägers aus. Dabei kann unterstellt werden, dass er davon ausging, dass die streitgegenständliche Äußerung "unter vier Augen" bleiben und nicht an die Öffentlichkeit gelangen werde. Auch ist einzubeziehen, dass diese aus dem Jahr 2018 stammt, im Zeitpunkt der Veröffentlichung mithin bereits mehrere Jahre zurücklag, was grundsätzlich dagegen spricht, sie dem Kläger im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über eine Kommunalwahl im Jahr 2023 vorzuhalten. Andererseits zeigt die von der Beklagten mit der Schutzschrift als Anlage K4 vorgelegte Auswahl von Äußerungen des Klägers zu verschiedenen Themenfeldern, dass er generell zu polarisierenden Äußerungen neigt und auch vor persönlichen Angriffen nicht zurückschreckt (vgl. Anlage K 4: # Nein zu grünen Deutschlandhassern; # dieses tendenziöse öffentlich-rechtliche Gesinnungsfernsehen muss weg; unsere Kinder werden mit #Transgenderfigur bestrahlt). Dass der Kläger an einem "politischen Konsens" derzeit nicht interessiert ist, wird der Durchschnittsleser daher auch ohne den Zugriff auf das streitgegenständliche Zitat annehmen. Angesichts dieser vom Kläger selbst öffentlich verbreiteten Äußerungen fällt die Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsbildes nur gering aus, zumal die Äußerung inhaltlich nicht zur Privatsphäre des Klägers gehört und ihm aus der Veröffentlichung dieses Zitats auch kein politischer Nachteil erwachsen ist, nachdem er unstreitig im Anschluss an die Veröffentlichung die Bürgermeisterwahl in G...... gewonnen hat. Zudem bestand angesichts der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Landtagsabgeordneter sowie als Kandidat für ein politisches Wahlamt im Vorfeld der Kommunalwahl ein erhebliches Informationsinteresse potentieller Wähler, auch anhand dieses Zitats Einblicke in das Politik- und Wertverständnis des Klägers zu gewinnen. Schließlich ist anerkannt, dass der einseitige Geheimhaltungswille gegenüber einem Gesprächspartner rechtlich nicht geschützt ist (Himmelsbach/Mann, Presserecht, § 8 Rn 13), was auch im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Belange zu berücksichtigen ist.
B) Äußerung: "Er habe ihn gebeten, die Streitereien ruhen zu lassen, erzählt Weigand. Er habe eingewilligt.“.
Auch bezüglich dieser Äußerung steht dem Kläger kein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG zu. Das Landgericht hat erkannt, dass er in dem Artikel insofern zwar in indirekter Rede zitiert wird (a.), die Abweichung von dem Transkript jedoch so marginal ist, dass sie ihn in seinem Persönlichkeitsrecht nicht tangiert (b.). Auch aus einem vorab vereinbarten Autorisierungsvorbehalt folgt angesichts dessen kein Unterlassungsanspruch (c.).
a) Die streitgegenständliche Äußerung enthält im Gesamtkontext des Artikels und durch durch den Einschub "erzählt Weigand" ein indirektes Zitat, das grundsätzlich in weitem Ausmaß geschützt ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Betroffenen generell vor einem "Unterschieben" nicht getätigter Äußerungen, mit denen er im Meinungskampf sonst oft als "Beweismittel gegen sich selbst" zu kämpfen hätte, weil darin im Kern schon eine falsche Tatsachenbehauptung liegt. Dies ist nicht nur der Fall, wenn der Betroffene wörtlich unzutreffend zitiert wird, sondern schon dann, wenn der Betroffene nach dem Gesamteindruck, der durch die Äußerung beim Leser hervorgerufen wird, zu Unrecht quasi als "Zeuge gegen sich selbst" ins Feld geführt wird. Geschützt wird der Betroffene daher auch vor inhaltlich unzutreffenden Zusammenfassungen seiner Zitate (insbesondere bei Wiedergabe in indirekter Rede) oder sonstigen Missdeutungen und Sinnverfälschungen von Zitaten. Hier kommt ein Unterlassungsanspruch bereits dann in Betracht, wenn nur im Gesamtkontext ein falscher Eindruck erweckt wird, man habe sich in einem bestimmten Sinne und in einem bestimmten Kontext geäußert. Insofern reicht es aus, wenn nur durch die Art und Weise des Zitats ein "möglicher" falscher Eindruck über die ursprüngliche Aussage erweckt wird und der Äußernde so ins Zwielicht gerät (statt aller OLG Köln, Urteil vom 7. Oktober 2021 – I-15 U 221/20 –, Rn. 80, juris; Burkhardt/Pfeifer, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 5 Rn. 91). Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine Äußerung zutreffend wiedergegeben wurde oder nicht, ist dabei nicht das vertretbare Verständnis eines Durchschnittslesers oder Durchschnittshörers, sondern das, was der Zitierte gemessen an seiner Wortwahl, dem Kontext seiner Gedankenführung und dem darin erkennbar gemachten Anliegen zum Ausdruck gebracht hat (BGH, Teilurteil vom 29. November 2021 – VI ZR 248/18 –, Rn. 25, juris; Senat, Beschluss vom 21. August 2023 – 4 W 500/23 –, Rn. 16, juris).
b) Ausgangspunkt für die Frage, ob der Kläger insoweit zutreffend zitiert wurde, ist der Wortlaut seiner Äußerung in dem als Anlage Ast 3 vorgelegten Transkript des Gesprächsmitschnitts vom 16.1.2024, in dem dieser in einer länglichen Passage die Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Bürgermeister S......, dessen Bitte um einen Verzicht auf gegenseitige "Kampfabstimmungen" und die dort erklärte Bereitschaft des Klägers bei weiterhin unterschiedlichem Abstimmungsverhalten "das ein bissel runter zu fahren" erwähnt wird. Das Wort "Streitereien" taucht in dieser Passage nicht auf, allerdings genauso wenig wie das Wort "Differenzen", auf das der Kläger in seiner Freigabeerklärung Bezug genommen hat. Es handelt sich hierbei indes nicht um eine missverständliche Zusammenfassung, weil – wie schon das Landgericht zutreffend ausführt – die Bedeutung von "Streiterei" und "Differenzen" identisch ist. Die Auffassung des Klägers, mit dem Wort "Differenzen" werde deutlich, dass zwischen ihm und Herrn S...... nur "kommunal(dienstliche) Auseinandersetzungen" bestanden hätten, wohingegen das Wort "Streitereien" auf einen persönlichen Konflikt hindeute, erschließt sich auch unter Berücksichtigung von Wortwahl und Gedankenführung im Transkript des Interviews für den Senat nicht. Gemessen am Kontext der Gedankenführung des Klägers bezieht sich die Erwähnung von "Streitereien" gerade nicht auf private Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und Herrn Schreiter, sondern auf die erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerden und das konfrontative Abstimmungsverhalten im Stadtrat; eine Missdeutung oder Sinnesverfälschung durch diese –unstreitig schon aus sprachlich-redaktionellen Gründen notwendige – Zusammenfassung kann auch der Senat nicht erkennen. Es handelt sich auch nicht um eine mehrdeutige Aussage, schon weil im Gesamtkontext des Artikels keine Nennung weiterer privater Auseinandersetzungen erfolgt. Einen Anspruch darauf, nur in wörtlicher Rede zitiert zu werden, hat der Kläger im Übrigen nicht. Journalistische Vergröberungen und sinngerechte Kürzungen bei der Zusammenfassung von Interviewäußerungen sind vielmehr rechtlich zulässig (Götting/Schertz/Seitz, Handbuch des Persönlichkeitsrechts, 2. Aufl. § 34 Rn 40). Der aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete quasi-negatorische Unterlassungsanspruch gibt dem Zitierten keinen Anspruch, ausschließlich wörtlich und im vollständigen Kontext zitiert zu werden. Entscheidend ist vielmehr, ob der Zitierende durch die Abweichung eine eigene Interpretation der Aussage vornimmt, die das Recht des Zitierten, die Aussage allein an seinem eigenen Selbstverständnis zu messen, berührt (BGH NJW 2006, 609; Senat, Beschluss vom 4. August 2016 – 4 U 1023/16 –, Rn. 4, juris). Dies ist hier – wie aufgezeigt – nicht der Fall.
c) Etwas Anderes folgt auch nicht aus einem Autorisierungsvorbehalt, selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass zwischen den Parteien ein solcher vereinbart wurde, obwohl sich eine Autorisierung nach dem Wortlaut der Anlage VKL 4 nur auf zwei neu gestellte Fragen beziehen sollte, die die o.a. Äußerung nicht betreffen und obwohl im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils nur eine "Bitte" der Redakteurin der Beklagten um Autorisierung Erwähnung findet, aus der allein aber noch keine vertragliche Verpflichtung der Beklagten erwüchse. Welche Sanktionen an einen Verstoß der Presse gegen eine vertragliche Freigabeverpflichtung haben soll, ist nicht gesetzlich geregelt, sondern muss durch die Parteien vereinbart werden. Im Wege der Auslegung wird sich aus einer solchen Vereinbarung in Verbindung mit § 280 BGB aber ein konkludenter Unterlassungsanspruch für den Fall ergeben, dass die Autorisierung vor Veröffentlichung entweder gar nicht erfolgt oder die Redaktion erheblich von dem gebilligten Wortlaut abgewichen ist. Kleinere Änderungen, die den Sinn der Aussage des Interviewten nicht berühren, können allerdings unbedenklich sein (Söhring/Höhne, Presserecht, 6. Aufl. § 7.104), weil die Autorisierung nach ihrem Sinn und Zweck dem Interviewten lediglich die Möglichkeit geben soll, gegen eine verfälschende Interpretation seiner Äußerung vorzugehen, nicht jedoch darüber hinaus in die redaktionelle Gestaltungsfreiheit der Presse einzugreifen. Strengere Anforderungen gelten daher nur, wenn der Interviewte bei der Freigabe unmissverständlich zu erkennen gibt, dass ihm an einer bestimmten Formulierung in besonderer Weise gelegen ist, so dass die Einwilligung in die Veröffentlichung hiermit steht und fällt. Eine solche Einschränkung lässt sich der Freigabeerklärung des Klägers (Anlage VKL 4) jedoch nicht entnehmen. Diese enthält eine Vielzahl von – hier nicht streitgegenständlichen – Änderungen, hebt jedoch keine von diesen heraus und lässt auch durch die im weiteren gewählte Formulierung ("drüberschauen") erkennen, dass vor der Freigabe keine Detailprüfung einzelner Formulierungen stehen sollte.
d) Wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, weichen die in dem Artikel vorgenommenen Änderungen nur marginal gegenüber den Änderungswünschen in der Freigabeerklärung ab. Die Ersetzung des Worts "Differenzen" durch "Streitigkeiten" verändert den Sinn der Aussage nicht (s.o.), erhöht aber die Lesefreundlichkeit durch Streichung eines Fremdworts. Die zusätzlich begehrte Einfügung des Satzes "Es ist gut, wenn wir alle an einem Strang ziehen" wird zwar nicht übernommen, womit allerdings schon deswegen keine Entstellung des ursprünglichen Sinnzusammenhangs verbunden ist, weil dieser Satz im Gespräch vom 16.1.2024 gerade nicht gefallen ist. Ein sich beim Leser einstellender Eindruck, dass "Streitereien" mit dem Kläger an dem nachfolgenden Suizid des Bürgermeisters ihren Anteil hatten, resultiert nicht aus den marginalen Abweichungen von der Autorisierung, sondern aus dem nachfolgenden Satz "Vielleicht war es dafür schon zu spät", der indes schon durch den Wechsel von der indirekten Rede zum Indikativ deutlich erkennen lässt, dass es sich hierbei um eine Wertung der Verfasserin des Artikels handelt.
Der Senat rät nach alledem zu einer Rücknahme der Berufung, die zwei Gerichtsgebühren spart.