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Nr: NJRE001582830
AG Hamburg-St. Georg , Urteil vom
1.März 2024 , Az: 980b C 27/23
WoEigG § 18 , WoEigG § 19 , WoEigG § 20 , WoEigG § 44 ,
Leitsatz
1. Wenn nach der Teilungserklärung den Sondereigentümern der jeweiligen Untergemeinschaften das jeweilige „gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht an sämtlichen im Gemeinschaftseigentum stehenden Baulichkeiten dieser Häuser zusteht“, dann dürfen diese allein – also ohne Beteiligung der anderen Untergemeinschaften und der (Gesamt-)Gemeinschaft – darüber befinden, wie sie diese Teile des gemeinschaftlichen Eigentums verwalten.
2. Im Rahmen ihrer Entscheidungsbefugnisse hat die betroffene Untergemeinschaft nicht nur über das „Ob“ der (im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht privilegierten) Maßnahme, sondern – im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens – auch über das „Wie“ zu beschließen.
Fundstellen
ZMR 2024, 618-620 (LT)
Langtext
Tenor
1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 04.09.2023 zu TOP 6 wird insgesamt für ungültig erklärt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 94,2% und die Beklagte mit 5,8%.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Gültigkeit zweier Beschlüsse einer Eigentümerversammlung.
Der Kläger ist Mitglied der Beklagten und Eigentümer eines sog. Stadthauses (D1.6). Die Anlage besteht insgesamt aus vier Mehrfamilien-Wohnhäusern (A, B, C und E) mit insgesamt 121 Wohnungen, 20 Stadthäusern (D) - verteilt auf drei Hauszeilen (D1, D2 und D3) mit je sechs bzw. sieben Einheiten - und einer Tiefgarage mit über 170 Stellplätzen. Wegen der Örtlichkeiten wird auf die Anlagen B1 und B2 Bezug genommen. Es gilt die notarielle Teilungserklärung (TE) vom 14.11.2011 (Anlage K3) in der Fassung vom 07.12.2011 (Anlage K1) und 18.07.2013 (Anlage K2).
Nach Maßgabe von Teil I § 2 Abs. 1 TE i.V.m. Anlage § 2.2 sind Sondernutzungsrechts und gemeinschaftliche Sondernutzungsrechte vereinbart. Nach Teil II § 4 Abs. 2 TE i.V.m. Anlage § 4 sind "Wirtschaftsgemeinschaften (Untergemeinschaften)" gebildet worden, "die jeweils wirtschaftlich allein für alle Rechte und Pflichten verantwortlich sind, die sich auf das Gemeinschaftseigentum bezieht, das in dem Bereich dieser Gemeinschaft jeweils liegt und für das gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht der Sondereigentümer der jeweiligen Gemeinschaft; die Gemeinschaft aller Miteigentümer ist wirtschaftlich verantwortlich für die Bereiche, die nicht einer Untergemeinschaft zugeordnet sind: (...)" Für die Stadthäuser ist jeweils eine eigene Untergemeinschaft vereinbart (IV bis VI). Ferner heißt es: "Für das Verhältnis der Untergemeinschaften untereinander gelten die Bestimmungen dieser Teilungserklärung entsprechend. Jede Gemeinschaft kann ihre Untergemeinschaft selbst verwalten, soweit nicht der Verwalter i.S.d. WEG zwingend handeln muss. Für die Untergemeinschaft IV - VI (Stadthäuser) gilt, dass das Gemeinschaftseigentum und der dazugehörige unbebaute Teil der jeweilige Eigentümer des Sondereigentums allein wirtschaftlich für die jeweiligen Bewirtschaftungskosten und die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung verantwortlich ist, und zwar soweit rechtlich möglich, wie für ein real geteiltes Grundstück nebst Stadthaus." In Teil I § 3 Abs. 4 b) TE heißt es zudem: "Ferner stehen den Sondereigentümern der jeweiligen Untergemeinschaften gemäß § 4 Abs. 2 das jeweilige gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht an sämtlichen im Gemeinschaftseigentum stehenden Baulichkeiten dieser Häuser zu und an den jeweiligen Flächen, die gemäß Anlage § 4 nicht zu einer Sondernutzung einer Untergemeinschaft gehören." Und zur "Eigentümerversammlung" ist in § 15 Abs. 5 UA 2 geregelt: "(...) Sofern über Angelegenheiten beschlossen wird, die allein die (Unter-) Gemeinschaften gemäß § 4 Abs. 2 betreffen, sind jeweils allein diese betroffenen Eigentümer stimmberechtigt. (...)"
Der Kläger beabsichtigt, auf dem Dach seines Stadthauses eine Photovoltaik-Anlage errichten zu lassen. Auf der Eigentümerversammlung vom 04.09.2023 wurden - soweit in diesem Rechtsstreit von Interesse - u.a. folgende Beschlüsse gefasst (vgl. dazu Protokoll "Nr. 12" gemäß Anlage K5):
[TOP] 6. Auf Antrag der Arbeitsgruppe "energetische Sanierung/Dachnutzung": Information zu dem bisherigen Planungsstand der Nutzung der Dachflächen mittels PV-Anlagen. sowie zum Planungsstand der Begrünung der Außenanlagen und ggf. Fassadenflächen - um in heißer werdenden Sommern die Hoftemperatur durch Begrünung zu kühlen. Im Rahmen des Klimawandels sollen die Maßnahmen für ein verbessertes Klima in der Anlage sorgen, auch eine Bewässerung wird in der Planung berücksichtigt. Planungsunterlagen dazu liegen vor und können bei der Verwaltung angefragt werden. Hier ggf. Diskussion Beschlussfassung über die weitere Beauftragung eines Planungsbüros für die Erstellung von Ausschreibungsunterlagen und Einholung von Angeboten über die konkrete Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen zu Kosten in Höhe von ca. € 25.000,00, sowie die Finanzierung. Über die Durchführung der Maßnahmen könnte bei Bedarf zur Beschleunigung des Verfahrens im vereinfachten Umlaufverfahren oder über eine außerordentliche Versammlung (beides mit gesonderten Kosten verbunden) abgestimmt werden. Andernfalls wäre eine Beschlussfassung über die Maßnahmen erst im Rahmen der nächsten ordentlichen Versammlung möglich.
Aus der Diskussion ergibt sich, dass nicht alle in der Arbeitsgruppe verfolgten Projekte weiter geplant werden sollen. Aus einer Probeabstimmung ergibt sich, dass an den Projekten "zusätzliche Bepflanzung im Quartier - Begrünung der Außenanlage mit 3 Testlaboren" sowie "Planung einer gemeinschaftlichen PV-Anlage" weitergearbeitet werden soll. Die Arbeitsgruppen werden dazu geteilt und jeweils durch Herrn K. ergänzt. Die Planung zur "Begrünung der Fassade" und "Begrünung der Dächer" sollen nicht weiter fortgeführt werden.
Es ergeht der Antrag:
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Beschluss 07/23: | Die Wohnungseigentümerversammlung beschließt, die Hausverwaltung zu bevollmächtigen und zu beauftragen, namens und in Vollmacht sowie auf Kosten der WEG ... einen Fachplaner (zum Beispiel die S. G. und Co Landschaftsarchitekten), bzw. einen Elektrofachplaner mit der weiteren Ausarbeitung der Planung, Erstellung von Ausschreibungsunterlagen und Einholung von Angeboten für die Planungen der zusätzliche Bepflanzung im Quartier - Begrünung der Außenanlage (mit 3 Testlaboren mit unterschiedlicher Bepflanzung zur Prüfung auf Eignung und Aussehen zur sofortigen Umsetzung) sowie Ausstattung der Dachflächen mit PV-Anlagen zu Kosten in Höhe von ca. € 25.000,00 zu beauftragen. Die Kosten werden durch eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage nach Miteigentumsanteilen finanziert. |
Abstimmung: | Ja: 732 | Nein: 316 | Enthaltung: 62 |
Damit ist der vorgenannte Beschluss mehrheitlich angenommen.
(...)
[TOP] 8. Auf Antrag [des Klägers] (Einheit D1.6): Information, Diskussion und ggf. Beschlussfassung über die Anbringung einer Photovoltaik-Anlage/PVT-Anlage auf dem Flachdach Haus D 1.6 und dem Dach des Schuppens, auf Kosten des Eigentümers.
Hinweis der Verwaltung: Bei dieser Maßnahme handelt es sich voraussichtlich um eine bauliche Veränderung, weshalb die Beschlussfassung einem erhöhten Anfechtungsrisiko unterliegt. Der Beschlussantrag wurde wunschgemäß im Wortlaut des Eigentümers aufgenommen.
Es ergeht der Antrag:
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Beschluss 10/23: | Die Wohnungs- und Eigentümergemeinschaftsversammlung beschließt, den Bau einer Photovoltaik-Anlage, alternativ einer PVT-Anlage auf dem Flachdach des Hauses D 1.6., ... zu genehmigen: Vom Nutzer ist der Hausverwaltung eine Privat-Haftpflichtversicherung vorzuweisen mit Passus "Gesetzliche Haftpflicht aus dem Besitz und Betrieb im selbst genutzten Risiko für eine Photovoltaikanlage bzw. PVT-Anlage inkl. Energieabgabe ins öffentliche Stromnetz" oder einem entsprechenden Passus. Die Anlagen sind vom Nutzer beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur (MaStR) anzumelden. Für die Reduzierung des Abstandes der PV- bzw. PVT-Module von 1,25 m (§ 30 Abs. 5 Satz 2 HBauO) auf mindestens 0,50 m ist eine Abweichung nach § 69 HBauO vom Eigentümer zu beantragen. Die Kosten für die Montage, Instandhaltung, Demontage werden vom Eigentümer Haus D 1.6 übernommen. Die PV- bzw. PVT-Anlage darf nur von einer Fachfirma installiert, gewartet und wieder demontiert werden. Der Eigentümer haftet für sämtliche Schäden seines Eingriffs in das Gemeinschaftseigentum. Die Installation, Wartung, Instandhaltung, Instandsetzung und etwaige Demontage der PV- bzw. PVT-Anlage geht ausschließlich zu Lasten des jeweiligen Eigentümers, bzw. dessen Rechtsnachfolgers. Im Falle einer Dachsanierung oder aus gegebenem Anlass ist der Eigentümer verpflichtet, auf Anforderung der Verwaltung mit 6 Wochen Frist, die PV- bzw. PVT-Anlage auf eigene Kosten ganz oder teilweise wieder zu entfernen, zwischenzulagern und ggf. wieder anzubringen. Ein etwaiger Nachweis der fachlichen und baurechtlichen Zulässigkeit ist auf Verlangen vorzuweisen. Der Eigentümer ist verpflichtet, diese Regelung auch mit etwaigen Rechtsnachfolgern verbindlich zu vereinbaren. |
Abstimmung: | Ja: 124 | Nein: 709 | Enthaltung: 253 |
Damit ist der vorgenannte Beschluss abgelehnt."
Zum Zeitpunkt der Abstimmung über TOP 6 waren insgesamt 1.110 Stimmen auf der Versammlung persönlich anwesend oder durch Vollmacht vertreten, bei TOP 8 noch 1.086 stimmen.
Mit seiner Klage vom 04.10.2023 - bei Gericht eingegangen am selben Tag, der Beklagten zugestellt am 13.11.2023 und begründet mit Schriftsatz vom 06.11.2023 (Eingang bei Gericht am selben Tag) - macht der Kläger geltend, dass die Beschlüsse zu TOP 6 und TOP 8 für ungültig zu erklären seien, weil sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen würden.
Zu TOP 6: Der Beschluss, einen Auftrag bezüglich der Überprüfung von Arbeiten auf sämtlichen Dächern der einzelnen Häuser der Anlage zu erteilen, sei weder mit der Teilungserklärung noch mit dem Beschluss zu TOP 8, der abgelehnt worden sei (und dem hätte zugestimmt werden müssen), zu vereinbaren. Die Gemeinschaft habe sich mit den beschlossenen Vorbereitungshandlungen über die Kompetenzen der Untergemeinschaften hinweggesetzt, wie sie nach der TE bestehen würden. Dort werde eine Realteilung fingiert. Für die Überplanung des Daches seines Stadthauses fehle der (Gesamt-)Gemeinschaft die Beschlusskompetenz, zumal ihm allein die Instandhaltungs- und Instandsetzungslast für selbiges obliege. Für derartige Maßnahmen hätte es der getrennten Abstimmung der Wirtschaftsgemeinschaften bedurft. Der Beschluss sei auch zu unbestimmt. Es sei im Einzelnen nicht klar, welcher Teil des Gemeinschaftseigentums wie ausgestattet werden solle. Ein konkretes Angebot mit Leistungsverzeichnis eines Fachplaners habe bei Beschlussfassung nicht vorgelegen; der genaue Umfang der Beauftragung sei hier nicht klar.
Zu TOP 8: Der Negativ-Beschluss sei für ungültig zu erklären, auch ohne dass er gleichzeitig einen Antrag auf Beschlussersetzung stelle. Ihm, dem Kläger, seien im Rahmen der TE für sein Sondereigentum weitgehende Befugnisse eingeräumt worden sind bzw. sei ihm für sein Stadthaus die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums übertragen worden, soweit dieses im Bereich des Sondereigentums liege. Innerhalb der Gemeinschaft entscheide er selbst, welche Anlage er auf seinem Dach installiere, nicht die Gemeinschaft. Da es sich um eine bauliche Maßnahme handele, müsse zwar formal eine Zustimmung der Gemeinschaft eingeholt werden, diese muss aber erteilt werden, wenn er sich - wie hier - für eine baurechtlich zulässige Maßnahme entschieden habe. Eine Novelle des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes sehe ab 2024 für Bestandsgebäude Umbaupflichten vor. Mit der beabsichtigten Errichtung der PV-Anlage sei auch kein wesentlicher Eingriff in die Optik der gesamten Anlage verbunden; diese mache wegen ihrer Bauweise ohnehin einen diversen Eindruck. Seine Dachfläche könne nur von wenigen anderen Wohnungen aus gesehen werden. Aus der Teilungserklärung sei ersichtlich, dass die Eigentümer der Stadthäuser so behandelt werden sollen, als ob das entsprechende Objekt in Realteilung gebaut worden sei: das bedeute, dass als Maßstab für einen Nachteil nur das heranzuziehen sei, was auch unter Grundstücksnachbarn gelte. Abgesehen davon plane die Gemeinschaft selbst die Errichtung einer PV-Anlage. Er selbst wolle mit seiner PV-Anlage einen Beitrag zur Produktion ökologischer Energie leisten.
Der Kläger beantragt,
die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 04.09.2023 zu TOP 6 und zu TOP 8 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Beschlüsse und macht ergänzend geltend, dass Zeitpunkt der rechtlichen Beurteilung des Beschlusses der 04.09.2023 sei, weswegen künftige Gesetzesänderungen nach diesem Zeitpunkt unbeachtlich seien. Die Gemeinschaft wolle mit dem Beschluss zu TOP 6 die Vorteile einer gemeinschaftlichen Lösung nutzen und ggfs. - auf der Grundlage der Planung - einheitliche Vorgaben für die spätere Durchführung auf den verschiedenen Dächern vorbereiten. Schon in früheren Versammlungen seien Beschlüsse über die Begrünung und teilweise Neubepflanzung von Gemeinschafts- und Gartenflächen, die im sondernutzungsfreien gemeinschaftlichen Eigentum stehen, gefasst worden. Zudem seien Arbeitsgruppen gebildet worden, die sich mit dem Thema Neubepflanzung/Begrünung und einer energetischen Sanierung einschließlich der möglichen Nutzung der Dächer für die Ausrüstung mit Photovoltaik oder zur Strom- und Wärmegewinnung unter Nutzung der Dachflächen beschäftigten. Für den Beschluss zu TOP 6 habe eine Beschlusskompetenz zugunsten aller Eigentümer bestanden. Es gehe nicht um gezielte Maßnahmen innerhalb einer Untergemeinschaft und deren Gebäuden, sondern um eine gebäudeübergreifende gemeinschaftliche Planung einer möglichen Ausstattung der Dachflächen mit PV-Anlagen. Dem Verband stehe das übergeordnete Recht zu, auf der Grundlage einer gemeinschaftlich beauftragten einheitlichen Planung, Ausschreibung und Vergabeempfehlung verbindliche Vorgaben zu machen für die etwaige Errichtung von PV-Anlagen auf den Dächern der gesamten Wohnanlage. Dies diene der Vereinheitlichung der Technik und Optik sowie der möglichen Nutzung von Einsparungseffekten bei einer Planung und Beauftragung aus einer Hand. Alle Untergemeinschaften würden von einer gemeinschaftlichen Planung durch einen Elektrofachplaner profitieren. Der Beschluss zu TOP 6 sei auch bestimmt genug; es gebe keine Unklarheit.
Der Beschlussanfechtungsklage gegen den Negativbeschluss (TOP 8) stehe kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite; eine separate Anfechtung des Negativbeschlusses ohne Beschlussersetzungsklage sei unzulässig. Die Ablehnung eines Beschlussantrags erschöpfe sich in einer Momentaufnahme in der Sekunde der Abstimmung der Eigentümerversammlung. Die kollektive Willensbildung, in dieser Sekunde nichts zu beschließen, erledige sich in diesem Augenblick. In jedem Fall sei die Anfechtungsklage insoweit unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung, weil das Ermessen der Eigentümer nicht auf Null reduziert gewesen sei. Es sei schon unklar, welche Variante - PV-Anlage oder PVT-Anlage - umsetzen wollen. Es handele sich dabei auch nicht um privilegierte bauliche Veränderungen. Die Dachfläche oberhalb des Stadthauses des Klägers gehöre zudem nicht zu seinem ausschließlichen Zuständigkeitsbereich: es handele sich um ein Gebäudeteil, das einem gemeinschaftlichen (Gruppen-)Sondernutzungsrecht unterstellt sei, weshalb die Zuständigkeit dafür (Diskussion, Beschlussfassung, Direktionsbefugnis) den Mitgliedern der Untergemeinschaft der klägerischen Stadthauszeile obliege, und zwar dahingehend, ob und wie künftig eine gemeinschaftliche Ausrüstung und/oder Vorgabe an die Ausrüstung mit PV-Anlagen auf den Dächern aussehen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
1. Der angefochtene Beschluss zu TOP 6 widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. §§ 18, 19 WEG und ist für ungültig zu erklären.
Nach dem (protokollierten) Inhalt dieses Beschlusses, wie er durch eine objektiv-normative und am Wortlaut und seinem nächstliegenden Sinn orientierten Auslegung zu bestimmen ist, hat die (Gesamt-)Gemeinschaft damit mehrheitlich entschieden, dass die Verwaltung "einen Fachplaner" bzw. "einen Elektrofachplaner" mit "der weiteren Ausarbeitung der Planung, Erstellung von Ausschreibungsunterlagen und Einholung von Angeboten für die Planungen der zusätzliche[n] Bepflanzung im Quartier (...) sowie Ausstattung der Dachflächen mit PV-Anlagen zu Kosten in Höhe von ca. € 25.000,00" beauftragen soll. Soweit dieser Beschluss regelt, dass ein Fachplaner mit der Planung der zusätzlichen Bepflanzung und Begrünung der Außenanlage "unter Nutzung von drei Testlaboren" beauftragt wird, ist die Beschlusskompetenz der (Gesamt-)Gemeinschaft - und nicht der bzw. einer Untergemeinschaft(en) - zwar unzweifelhaft gegeben, weil es sich insoweit um sondernutzungsfreie gemeinschaftliche Bereiche handelt, die in ihrer Zuständigkeit nicht einer einzelnen Untergemeinschaft zugewiesen wurden; der Kläger hat zudem innerhalb der Anfechtungsbegründungsfrist (§ 45 S. 1 Alt. 2 WEG) dazu auch keinerlei Einwendungen vorgebracht. Allerdings hat die (Gesamt-)Gemeinschaft mit der Beauftragung eines "Elektrofachplaners" für die "Ausstattung der Dachflächen mit PV-Anlagen" eine Regelung getroffen, die nach dem Inhalt der Teilungserklärung (TE) und der dort vorgesehenen Zuständigkeitsverteilung den jeweiligen Untergemeinschaften vorbehalten ist. Nach Teil I § 3 Abs. 4 b) TE steht den Sondereigentümern der jeweiligen Untergemeinschaften gemäß § 4 Abs. 2 TE das jeweilige "gemeinschaftliche Sondernutzungsrecht an sämtlichen im Gemeinschaftseigentum stehenden Baulichkeiten dieser Häuser zu", woraus abzuleiten ist, dass diese allein - also ohne Beteiligung der anderen Untergemeinschaften und der (Gesamt-)Gemeinschaft - darüber befinden dürfen, wie sie diese Teile des gemeinschaftlichen Eigentums verwalten. Diese Entscheidungsbefugnis bezieht sich auch auf die Frage, ob die jeweilige Untergemeinschaft - wie es hier im Ergebnis beschlossen worden ist - ein Konzept durch einen Fachplaner einholen will, das die Ausstattung der Hausdächer mit Photovoltaik-Anlagen betrifft. Diese vorgelagerte (Planungs-)Entscheidung muss - bezogen auf die Beschlussfassung nach den §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 WEG und die Beschlussfassenden - einhergehen mit der späteren Zuständigkeit für die Umsetzung der Planung. Sofern also schon bei der planerischen Entscheidung absehbar ist, dass der (Gesamt-)Gemeinschaft die Möglichkeit für eine Umsetzung des zu erwartenden Ergebnisses durch einen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Beschluss fehlen wird, widerspricht auch die Planungsentscheidung diesen Grundsätzen (vgl. etwa auch AG Berlin-Mitte, Urteil vom 30.11.2023 - 29 C 10/23 WEG zu der Installation einer PV-Anlage unter den Voraussetzungen von § 20 WEG). Diese Würdigung wird auch von dem (weiteren) Inhalt der hiesigen Teilungserklärung getragen, deren Regelungen nach Auffassung des Gerichts (vgl. Teil II § 4 Abs. 2) dazu dienen sollen, Verwaltungsbefugnisse wie auf geteilten Grundstücken zu separieren - was notwendigerweise dazu führt, dass ein Teil der (Gesamt-)Eigentümer die Verwaltungsbefugnis über einige Grundstücksteile der Mehrhausanlage zugunsten anderer Eigentümer bzw. anderer Untergemeinschaften verliert (s. dazu auch Häublein, ZWE 2021, 337, 340 betreffend die Übertragung der Erhaltungslast). Die Zweckmäßigkeitserwägungen, die die Beklagte in Bezug auf ein gesamtgemeinschaftliches Vorgehen bei der Planung geltend macht, sind zwar für sich genommen überzeugend, geben dem Umstand aber zu wenig Gewicht, dass der rechtliche Charakter der gesamten Anlage davon geprägt ist, dass nach Teil II § 4 Abs. 2 TE "jede Gemeinschaft kann ihre Untergemeinschaft selbst verwalten [kann], soweit nicht der Verwalter i.S.d. WEG zwingend handeln muss", ein gemeinschaftliches Vorgehen der Gesamtgemeinschaft danach also die Ausnahme bleiben soll.
Vorstehendes führt im Ergebnis dazu, dass der Beschluss zu TOP 6 insgesamt für ungültig zu erklären ist, auch wenn die Entscheidung betreffend die Planungen zur Begrünung der Außenanlagen weder kompetenziell zu beanstanden noch vom Kläger inhaltlich angegriffen worden ist (s.o.). Der in § 139 BGB niedergelegte Rechtsgedanke, der auch bei Beschlussanfechtungen Anwendung findet (vgl. BGH, NJW 1998, 3713, 3715 = ZMR 1999, 41), führt dazu, dass der Beschluss nicht in einen gültigen Teil und in einen ungültigen Teil aufzuspalten ist, sondern die Unwirksamkeit der Regelungen zur Planung der PV-Anlagen bedingt, dass der gesamte Beschluss mit diesem Makel infiziert wird. Das folgt hier daraus, dass die Eigentümer - ohne eine Unterscheidung zwischen den beiden Maßnahmen (Begrünung der Außenanlagen und Ausstattung der Dächer mit PV-Anlagen) - einen einheitlichen Kostenrahmen von etwa 25.000,00 € beschlossen haben. Demgemäß kann der Beschluss zu TOP 6 durch das Gericht nicht mit einem sinnvollen Teilgehalt aufrechterhalten werden, weil nicht festgestellt werden kann, welchen Kostenrahmen die Eigentümer in Kenntnis der Teil-Unwirksamkeit nur für eine Maßnahme beschlossen hätten.
Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Bezifferung des Streitwertes geltend gemacht hat, dass dem Beschluss zu TOP 6 ein Kostenvolumen von 50.000,00 € zukomme, ist daraus nicht abzuleiten, dass "jeweils" für die Beauftragung eines Fachplaners - für die Begrünung der Außenanlagen einerseits und für die Ausstattung der Dächer mit PV-Anlagen andererseits - ein Betrag in Höhe von 25.000,00 € aufgewendet werden soll. Dieses Verständnis findet in dem protokollierten Wortlaut des Beschlusses und der sonst zu berücksichtigenden Umstände keine Stütze.
2. Die gegen den Beschluss zu TOP 8 gerichtete Klage - der hier nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt - hat hingegen in der Sache keinen Erfolg, weswegen die Klage insoweit abzuweisen ist.
Entgegen der Meinung der Beklagten ist dem Kläger nicht deswegen das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Anfechtungsantrag abzusprechen, weil dieser sich gegen einen sog. Negativ-Beschluss richtet, ohne mit einem inhaltlich gleichgerichteten Beschlussersetzungsantrag kombiniert worden zu sein. Es ist anerkannt, dass die Beschlussersetzungsklage mit der Anfechtungsklage verbunden werden kann - sie muss es aber nicht (vgl. Göbel, in: Bärmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 44, Rn. 95; Zschieschack/Orthmann, in; BeckOK-BGB, 68. Ed. 1.11.2023, § 44 WEG, Rn. 35). Die Willensbildung der Eigentümer, den Beschlussantrag des Klägers zu TOP 8 in der Versammlung abzulehnen, wirkt auch nach Versammlungsende fort; es ist nicht ersichtlich, dass seither ein entsprechender (Positiv-)Beschluss von sich aus gefasst worden ist. Es besteht daher nach wie vor ein rechtliches Bedürfnis an der gerichtlichen Überprüfung dieser Entscheidung.
Der Anfechtungsantrag geht aber in der Sache ins Leere. Der angefochtene Beschluss zu TOP 8 widerspricht nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Kläger hatte seinerzeit keinen Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung; insoweit kommt es auf den damaligen Zeitpunkt der Willensentschließung der Eigentümer an.
Der Kläger hatte beantragt zu beschließen, dass "die Wohnungs- und Eigentümergemeinschaftsversammlung (...) den Bau einer Photovoltaik-Anlage, alternativ einer PVT-Anlage auf dem Flachdach des Hauses D 1.6." (nebst Einzelheiten) genehmigt. Ein Anspruch des Klägers auf eine solche Beschlussfassung über eine bauliche Veränderung nach § 20 Abs. 1 und 3 WEG hat schon deswegen nicht bestanden, weil die von ihm zur Entscheidung berufenen Wohnungseigentümer - und zwar die der (Gesamt-)Gemeinschaft - nach dem Inhalt der Teilungserklärung dafür keine Entscheidungsbefugnis hatten. Gleichsam als Kehrseite seines Anfechtungsbegehrens betreffend den Beschluss zu TOP 6 (s.o.) muss sich der Kläger bei der Frage, wer die beabsichtigte bauliche Veränderung zu genehmigen hat, an "seine" Untergemeinschaft bzw. an die Eigentümer der Stadthaus-Reihe D1 halten; alle übrigen Eigentümer haben keine Entscheidungsbefugnis. Und ihm Rahmen ihrer Entscheidungsbefugnisse hätte die betroffene Untergemeinschaft nicht nur über das "Ob" der Maßnahme, sondern - im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens - auch über das "Wie" zu beschließen (selbst wenn es sich - was derzeit aber nicht der Fall ist - um eine privilegierte bauliche Veränderung i.S.v. § 20 Abs. 2 S. 1 WEG handeln würde, vgl. § 20 Abs. 2 S. 2 WEG). Es ist aber nach dem Vortrag der Parteien und auch sonst nicht ersichtlich, dass das Ermessen der Eigentümer (der Untergemeinschaft) hier dahingehend "auf Null" reduziert gewesen ist, dass nur die Genehmigung der Maßnahme, wie sie zum Gegenstand des Antrags des Klägers zu TOP 8 gemacht worden ist, ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte. So bleibt nach dem Wortlaut des Beschlussantrages schon offen, ob eine PV-Anlage oder eine PVT-Anlage Gegenstand der Genehmigung sein soll. Ferner darf "die PV- bzw. PVT-Anlage (...) nur von einer Fachfirma installiert, gewartet und wieder demontiert werden" - ohne dass die Einzelheiten eines entsprechenden Angebotes bereits bekannt waren bzw. ein solches vom Kläger bereits vorgelegt worden war (dazu LG Frankfurt/Main, ZWE 2023, 366, 368 = ZMR 2023, 214 im Zusammenhang mit der Gestattung der Errichtung einer Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge).
Der Kläger wird in diesem Zusammenhang hinzunehmen haben, dass "seine" Untergemeinschaft im Rahmen ihrer Ermessensausübung - wie die Beklagte bereits für die (Gesamt-)Gemeinschaft geltend gemacht hat - auch ein einheitliches Vorgehen in Bezug auf die Ausstattung der Dächer der Stadthäuser mit PV-Anlagen bevorzugen kann (s. insoweit nur LG Stuttgart, ZWE 2024, 49 = ZMR 2023, 821 zur einheitlichen Vorgehensweise bei der Errichtung von Elektro-Ladestationen).
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Ausgehend von einem Gesamtstreitwert nach § 49a GKG von 26.537,50 € - wovon auf die Anfechtung des Beschlusses zu TOP 6 ein Betrag von 1.537,50 € entfällt (7,5x 82/10.000stel von 25.000,00 €) und auf die des Beschlusses zu TOP 8 ein Betrag von 25.000,00 € (vom Kläger mitgeteilte Kosten für die Installation der PV-Anlage) - unterliegt der Kläger hier anteilig mit 94,2%.