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Nr: NJRE001584165


OLG Frankfurt 16. Zivilsenat, Urteil vom 4.Juli 2024 , Az: 16 U 80/22

GG Art 1 Abs 1 , GG Art 2 Abs 1 , BGB § 823 , BGB § 1004 ,

Äußerungsrecht: Abgrenzung Verdachtsberichterstattung und Tatsachenbehauptung


Fundstellen

AfP 2024, 339-342 (ST)

Verfahrensgang

vorgehend LG Frankfurt 05.05.2022 2-03 O 154/19

Langtext

Tenor

Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 05.05.2022, Az. 2-03 O 154/19 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Verfügungskläger zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert der Berufungsinstanz wird auf 72.000,00 EUR festgesetzt.


Gründe

I.

Die Parteien streiten nunmehr um die Frage, ob sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erledigt hat.

Der Verfügungskläger (nachfolgend: Kläger) ist Jugendfußballtrainer und war bis April 2019 als Co-Trainer bei der U23-Mannschaft von „Fußballverein1“ tätig. Als solcher war er Inhaber einer „DFB-Elitejugend-Lizenz“ und einer „A-Lizenz“.

Die Verfügungsbeklagte (nachfolgend: Beklagte) ist für die Internetseite www.(...).de verantwortlich.

Der Kläger nahm im Jahr 2013 an einem Eignungstest für eine „B-Lizenz“ teil. Details hierzu sind zwischen den Parteien streitig gewesen. Im Jahr 2016 erwarb er die DFB-Elitejugend-Lizenz und im Jahr 2017 die A-Lizenz. Im Dezember 2018 wurden dem Kläger die DFB-Elitejugend-Lizenz und die A-Lizenz entzogen. Die hiergegen gerichtete Verwaltungsbeschwerde wurde nach mündlicher Verhandlung vom 19.03.2019 und Vernehmung von zwei Zeugen zurückgewiesen. Das Urteil (Anlage B 1) trägt das Datum vom 02.04.2019. In der Folge wurde der Kläger freigestellt und am 04.04.2019 wurde ihm gekündigt.

Mit diesem Vorgang beschäftigt sich der am 28.03.2019 online veröffentlichte streitgegenständliche Artikel, welcher auf der Internetseite der Beklagten erschien (Anlage ASt 5). Vor der Veröffentlichung wurde der Kläger nicht um eine Stellungnahme ersucht.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 24.04.2019 (Bl. 38 ff. d.A.) auf Antrag des Klägers vom 09.04.2019 im Wege der einstweiligen Verfügung der Beklagten die Verbreitung der folgenden Äußerungen in Bezug auf den Kläger untersagt:

1. Fußballverein1: Trainer fälscht seine Lizenz-Note mit Hilfe von Fußballverband1 -Mitarbeiter“

2. „Wirbel im Nachwuchsleistungszentrum von Stadt1: Der Coach der U16 und Pädagogische

Leiter A ist gefeuert worden. Grund: Er soll seine Note für eine Trainerlizenz gefälscht haben.”

3. „Wirbel im Fußballverein1-Nachwuchszentrum - der U16-Trainer und Pädagogische Leiter A wurde gefeuert.“

4. „A soll die Note seiner Lizenz mit einem Mitarbeiter des Fußballverbandes1 gefälscht haben. Der Fußballverband1-Angestellte war geständig und half bei der Aufklärung als eine Art Kronzeuge, arbeitet aber nicht mehr beim Verband.“

5. [Beim Übergang der früheren Leistungs-C-Lizenz (die aktuelle B-Lizenz) zur nächsthöheren Lizenz galt ein Numerus-clausus, eine Zulassungsbeschränkung.] Die Note durfte nicht schlechter als 2,7 sein, A hatte jedoch nur die Note 3,0 erreicht.“

6. „Als alternative Zulassung gab es einen Eignungstest, aber da rasselte er auch durch.“

7. „Der 38-Jährige brauchte bei der Notenfälschung nun aber auch die Unterstützung eines Fußballverband1-Mitarbeiters, weil die bessere Note auch im digitalen System vorliegen musste.“

8. „Der frühere Spieler von Fußballverein2, Fußballverein3, Fußballverein4 und Fußballverein5 bestand dann tatsächlich die A-Lizenz, zu der er nicht hätte zugelassen werden dürfen.“

9. „Die Fälschung fiel beim DFB auf, der Verband leitete ein Lizenzentziehungsverfahren ein. A legte mit einem Anwalt Einspruch ein. Es kam zur Anhörung, er wehrte sich vergeblich. Ergebnis des DFB-Verfahrens: Die Lizenzen werden entzogen. Fußballverein1 blieb keine andere Wahl, als sich von A zu trennen.“

Hiergegen hat die Beklagte am 05.01.2022 Widerspruch (Bl. 132 ff.) eingelegt.

Nachdem die Klage in der Hauptsache zum Aktenzeichen … nach durchgeführter Beweisaufnahme durch Urteil vom 16.12.2021 abgewiesen worden ist, hat der Kläger im Hinblick auf die Entscheidung am 02.02.2022 den Rechtsstreit für erledigt erklärt und Kostenantrag gestellt. Die Beklagte hat dieser Erklärung widersprochen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 210 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erledigt sei und hat die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt. Nach der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Verfügungsklägers habe sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in einen Antrag auf Feststellung der Erledigung in der Hauptsache gewandelt. Diesem sei stattzugeben, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei und erst infolge des erledigenden Ereignisses unbegründet geworden sei.

Dazu, dass der Eilantrag ursprünglich zulässig und begründet gewesen sei, nimmt das Landgericht umfangreich Bezug auf das Urteil in der Hauptsache vom 16.12.2021 (Az. …), in dem das Landgericht ausgeführt hat, dass die Beklagte die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung nicht eingehalten habe. Die Äußerung der Beklagten, der Kläger sei „gefeuert“ worden, sei zum Zeitpunkt des Erscheinens unwahr gewesen und insbesondere habe der Kläger keine Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung seien anwendbar, da die Beklagte durch ihre Berichterstattung auch äußere, der Kläger solle seine Trainerlizenz gefälscht haben, was auch den Verdacht einer Urkundenfälschung bzw. Anstiftung oder Mittäterschaft zur Datenveränderung begründet habe. Dies sei als Verdacht „soll […] gefälscht haben“ geäußert worden und der Kläger sei identifizierbar gewesen. Der Bericht sei vorverurteilend, weil der Verdacht schon als feststehend geäußert worden sei. Dabei hat das Landgericht berücksichtigt, dass die Urkundenfälschung und Datenveränderung im Mindestmaß lediglich mit Geldstrafen belegt seien. Dass am 09.04.2019 - Eingang des Eilantrags - das Urteil des DFB-Bundesgerichts vorgelegen habe, ändere nichts an dieser Beurteilung, da ein Schiedsurteil nicht als Urteil im Sinne des § 190 Abs. 1 StGB zu bewerten sei.

Durch die mündliche Verhandlung in der Hauptsache vom 02.11.2021 sei der Eilantrag allerdings unbegründet geworden, da hier im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellt worden sei, dass die Äußerungen der Beklagten wahre Behauptungen seien bzw. auf einem wahren Tatsachenkern beruhten. Folglich habe zu diesem Zeitpunkt die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nicht mehr bestanden.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 210 ff. d.A.) sowie des Urteils in der Hauptsache (Bl. 155 ff. d.A.) verwiesen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und begehrt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und vollständige Zurückweisung.

Das Landgericht habe verkannt, dass das erledigende Ereignis bereits vor der Antragstellung auf Erlass einer einstweiligen Verfügung am 09.04.2019 und damit vor Rechtshängigkeit eingetreten sei. Das Landgericht sei auf die eigentliche Rechtsfrage nicht eingegangen. Richtig sei, dass mit Urteil vom 16.12.2021 die Hauptsacheklage nach Beweisaufnahme rechtskräftig abgewiesen worden sei. Dies bedeute, dass auch der Vortrag aus der Klageerwiderung in der Hauptsache von Anfang an wahr gewesen sei, in welchem die näheren Umstände zu den vom Kläger absolvierten Prüfungen, seinen Ergebnissen und der Manipulation der Noten im DFB-System zusammen mit einem Fußballverband1-Mitarbeiter vorgetragen worden seien. Ebenso sei wahr - wie auch dort vorgetragen -, dass aufgrund dieser Manipulationen dem Kläger die Lizenzen entzogen worden seien und dies mit Urteil vom 02.04.2019 vom Bundesgericht des DFB bestätigt worden sei, wobei ein solches Urteil nach § 1055 ZPO rechtskräftig sei. Der Kläger sei sodann freigestellt worden und am 04.04.2019 sei die Kündigung erfolgt. Dagegen habe der Kläger geklagt. Inzwischen sei in diesem arbeitsgerichtlichen Verfahren ein das Arbeitsverhältnis beendender Vergleich geschlossen worden.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sei erst am 09.04.2019 - also nach der Kündigung und nach Vorliegen der Entscheidungsgründe des DFB-Bundesgerichts am 02.04.2019, dessen Zustellung die Kündigung veranlasst habe - gestellt worden. Für die Äußerungen 2., 3. und 9. seien die Anträge bei Einreichung bereits unbegründet gewesen. Es sei insoweit keine Erledigung eingetreten, denn sie seien an diesem Tag wahr gewesen. Es habe sich insoweit auch nicht um eine Verdachtsberichterstattung gehandelt, es habe sich um den Bericht von feststehenden und wahren Tatsachen gehandelt. Also hätte der Kläger dazu nicht angehört werden müssen.

Auch im Übrigen sei die Berichterstattung nicht rechtswidrig gewesen. Es handele sich um keine Verdachtsberichterstattung, weil keine strafrechtlichen Vorwürfe seitens der Beklagten erhoben würden und nur die Sozialsphäre des Klägers betroffen sei. Das Landgericht werte die Strafbarkeit zwar grundsätzlich richtig, jedoch sei darüber nicht berichtet worden, auch der DFB habe dies nicht so bewertet. Die ausufernde Anwendung der Grundsätze der Verdachtsberichterstattung durch das Landgericht ließen sich nicht mit der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 09.03.2021 - VI ZR 73/20) vereinbaren. In diesem Fall, wo der Vorwurf eines Plagiats im Raum gestanden habe, habe der BGH nur eine allgemeine Abwägung vorgenommen. Insbesondere habe er keine Anhörung des Betroffenen gefordert. Auch der Senat habe (Az. …) eine Verdachtsberichterstattung abgelehnt, weil für den Durchschnittsleser in dem dortigen Artikel kein Verdacht aufgestellt worden sei.

Unterstelle man hilfsweise eine Verdachtsberichterstattung, so habe der Kläger dennoch weder im Verfügungs- noch im Hauptsacheverfahren vorgetragen, was er der Beklagten denn in einer Anhörung mitgeteilt hätte. Er hätte jedoch im Sinne einer hypothetischen Kausalität vorbringen müssen, was er erwidert hätte. Eine solche Erwiderung sei vorgerichtlich erfolgt. So habe die Redaktion den Kläger zu allen Vorwürfen am 13.11.2020 angehört (Fragen s. Bl. 239/240 d.A.) und am 16.11.2020 habe die Prozessbevollmächtigte des Klägers für ihn Stellung genommen (Bl. 241 d.A.). Letztlich seien die ihm konkret gestellten Fragen nicht beantwortet worden, was zeige, dass der Kläger nicht willig gewesen sei, sich in Rahmen einer Anhörung zu äußern. Vor diesem Hintergrund hätte ohnehin Abstand von einer Gelegenheit zur Stellungnahme abgesehen werden können, da keine Aufklärung zu erwarten gewesen sei. Dies zeige zudem sein prozessuales Verhalten.

Demnach habe zum Zeitpunkt der Berichterstattung aus rechtlichen Gründen keine Begehungsgefahr vorgelegen.

Zudem könnten Verzögerungen im Hauptsacheverfahren nicht zulasten der Presse gehen. Schließlich hätte dort auch schon eine Beweisaufnahme am 04.04. oder 08.04.2019 durchgeführt werden können.

Damit habe sich der Unterlassungsanspruch bereits davor erledigt bzw. sei niemals begründet gewesen. Zum Zeitpunkt der Antragsstellung habe nämlich festgestanden, dass dem Verfügungskläger gekündigt worden sei - dies geschah am 04.04.2019 -, und infolge des Urteils des DFB-Bundesgerichtes vom … dass ihm die Trainerlizenz entzogen wurde. Somit sei der Antrag von Anfang an unbegründet und die Berichterstattung wahr gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 04.07.2022 (Bl. 230 ff. d.A.) verwiesen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und meint, das Landgericht habe zu Recht auf die mündliche Verhandlung als erledigendes Ereignis abgestellt. In der vom Landgericht in Bezug genommenen BGH-Entscheidung (GRUR 2018, 1181) sei das erledigende Ereignis eine rechtskräftige Verurteilung im Strafverfahren gewesen. Vorliegend trete anstelle der strafrechtlichen Verurteilung die Überzeugungsbildung des Landgerichts im Hauptsacheverfahren, die dies mit Urteil vom … nicht nur begründet, sondern den Zeitpunkt des Entfallens der Wiederholungsgefahr (= erledigendes Ereignis) präzise festgelegt habe, nämlich nach der Beweisaufnahme am 02.11.2021. Darüber hinaus sei für das Verfahren nicht maßgeblich, ob die einzelnen Darstellungen der Beklagten als solche wahr oder unwahr seien, sondern ob sie nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung zulässig gewesen seien. Das Landgericht habe keineswegs in der Hauptsache festgestellt, dass die Ausführungen der Beklagten aus der Klageerwiderung von Anfang an wahr gewesen seien. Dies werde vorsorglich zudem erneut bestritten. Auch sei falsch, wenn die Beklagte auf den Zeitpunkt des 09.04.2019 abstellt. Vielmehr sei entscheidend auf den Zeitpunkt der Berichterstattung, also ihres Erscheinens abzustellen. Da hätte der Kläger angehört werden müssen.

In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung auch dann anzuwenden seien, wenn es nicht um strafrechtsrelevante Vorwürfe gehe, vielmehr gehe es darum, ob der Verwurf der erhoben werde, geeignet sei, dass Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Der Kläger sei in der Berichterstattung einer schweren Verdächtigung ausgesetzt worden, die von erheblichem sozialen Unwertgehalt sei. Sie sei ehrrührig.

Darüber hinaus sei es unzutreffend, dass der Kläger außergerichtlich angehört worden sei. Dabei habe es sich allenfalls um ein „Verhör“ gehandelt, das insbesondere zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als die streitgegenständliche Berichterstattung bereits gerichtlich untersagt worden sei. Darüber hinaus könne eine nachträgliche Anhörung einen ursprünglichen Fehler bei einer Verdachtsberichterstattung nicht heilen, da es um die Wahrnehmung berechtigter Interesse dabei gehe, die so nicht gewährleistet werde. Zudem sei diese Befragung des Klägers unter Androhung einer erneuten Berichterstattung im November 2020 erfolgt. Auch lasse sich aus dem Prozessverhalten des Klägers nicht ableiten, dass er sich nicht substantiiert geäußert hätte. Die seitens der Beklagten hierzu herangezogene Rechtsprechung umfasse nur einen Fall, in dem sich der Betroffene während des gesamten Verfahrens nicht geäußert habe. Dies sei hier nicht der Fall, der Kläger habe im Verfahren ausführlich vorgetragen.

Dass das Landgericht hier zutreffend auf den Zeitpunkt der Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren als erledigendes Ereignis abgestellt habe, werde auch durch die Entscheidung des BGH „Star Anwalt“ (Urteil vom 18.06.2019 - VI ZR 80/18) belegt. Hingegen betreffen die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH vom 09.03.2021 (VI ZR 73/20) eine abweichende Konstellation, da keine konkrete Berichterstattung zur Prüfung dort vorgelegen habe, sondern es um eine vorbeugende Unterlassung identifizierender Berichterstattung gegangen sei; sie sei vorliegend nicht einschlägig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 08.09.2022 (Bl. 255 ff. d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung hat in der Sache auch Erfolg.

Die geänderte Klage auf einseitige Feststellung der Erledigung des ursprünglichen Begehrens ist zulässig, wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat. Jedoch ist die Klage gerichtet auf die Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht begründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zum Zeitpunkt seiner Einreichung bereits unbegründet. Es fehlte bei Einreichung des Antrags durch den Kläger an einem Verfügungsanspruch.

Es ist vorliegend zwar die Erledigung des Rechtsstreits nach Rechtshängigkeit durch das Urteil im Hauptsacheverfahren eingetreten. Der Kläger hatte jedoch schon bei Einreichung des Antrags gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, die streitgegenständlichen Äußerungen 1) bis 9) zu unterlassen.

1. Zu Recht rügt die Berufung, dass das Landgericht von einer Verdachtsberichterstattung ausgegangen ist.

a) Verdachtsäußerungen zeichnen sich dadurch aus, dass der Äußernde aus der Perspektive des Durchschnittsrezipienten selbst nicht von der Wahrheit bzw. Richtigkeit seiner Aussage überzeugt ist, sondern dass er lediglich einen Verdacht hegt. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich die Äußerung für den Durchschnittsrezipienten auch wirklich als bloßer Verdacht darstellt und das Element des Verdachts nicht bloß als vorgeschoben erscheint (vgl. Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 176 m.w.N.).

b) Der in Rede stehende Fälschungs- und Manipulationsvorwurf ist vorliegend nicht im Rahmen einer sog. Verdachtsberichterstattung von der Beklagten veröffentlicht worden. Zwar ist dem Landgericht zuzugeben, dass in der Äußerung 2) zweiter Teil und 4) erster Teil in der Veröffentlichung „A soll die Note seiner Lizenz mit einem Mitarbeiter des Fußballverbandes1 gefälscht haben.“ durch die Verwendung des Prädikats „soll […] haben“ für den Leser vermittelt werden könnte, dass es sich lediglich um einen Verdacht einer solchen Tat handelt, wie es das Landgericht als Begründung herangezogen hat. Ebenso könnte die vorangestellte Formulierung „Fußballverein1-Akademie-Chef B: „Ich kann nur bestätigen, dass er freigestellt wurde“, weiter will und darf sich der Ex-Fußballverein6-Profi zum schwebenden Verfahren nicht äußern.“ für den unvoreingenommenen Leser die Mitteilung von einem noch nicht endgültig bewiesenen Verdacht belegen, weil von einem „schwebenden Verfahren“, also einem noch nicht endgültig abgeschlossen Verfahren gesprochen wird. Allerdings werden diese beiden auf einen Verdacht hinweisenden Formulierungen deutlich überwogen von der restlichen Berichterstattung in der Veröffentlichung. In dem Artikel wird unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes seitens der Beklagten kein eigener Verdacht aufgestellt oder über einen fremden Verdacht berichtet. Vielmehr wurde der gegen den Kläger erhobene Vorwurf als feststehende Tatsache publiziert. Hierauf weist bereits die im Indikativ gehaltene Überschrift hin, welche der unvoreingenommene Durchschnittsleser als die Mitteilung einer feststehenden Tatsache versteht, nämlich, dass der Kläger tatsächlich seine Lizenznote gefälscht hat. Dieses Verständnis wird dadurch weiter gestützt, dass sogleich im ersten Satz der beiden Artikel mitgeteilt wird, dass der Kläger „gefeuert“, also entlassen wurde. Damit wird direkt eine Verbindung zwischen der dem Kläger im Titel vorgeworfenen Fälschung und der Kündigung hergestellt. Weiter gestützt wird das Verständnis des Lesers als die Mitteilung feststehender Tatsachen dadurch, dass von dem Geständnis des Fußballverbandes1-Angestellten als Kronzeugen die Rede ist und dass vor allem in der Folge unter der Einleitung „Das ist der Fall:“ im Indikativ sämtliche Tatsachen, insbesondere auch die Notenfälschung durch den Kläger mit Unterstützung des Fußballverband1-Mitarbeiters beschrieben wird. Weiter wird von der Entlarvung der (stattgefundenen) Fälschung seitens des DFB und der Einleitung eines Lizenzentzugsverfahrens, gegen das sich der Kläger erfolglos gewehrt hat, woraufhin Fußballverein1 keine andere Wahl, als seine fristlose Kündigung auszusprechen, gehabt habe, berichtet.

Der Leser entnimmt dieser Berichterstattung, dass es tatsächlich eine Notenmanipulation durch den Kläger gegeben habe, wegen der ihm in einem förmlichen Verfahren seine Trainerlizenzen entzogen worden seien und er sodann entlassen worden sei. Die beiden o.g. Formulierungen im Text „soll [..] haben“ und „schwebendes Verfahren“ vermögen diese ganz überwiegende feststellende Berichterstattung für den Leser nicht zu einer Verdachtsmitteilung zu machen (vgl. dazu auch Senatsurteil in Sachen … vom 09.09.2021).

2. Der öffentlich gegen den Kläger erhobene Fälschungsvorwurf greift in den Schutzbereich seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein. Denn die ihn als einen Trainer, der sich seine aktuellen Lizenzen durch Notenmanipulation erschlichen hat, identifizierende Berichterstattung beeinträchtigt seinen guten Ruf, weil er sein mögliches sportliches und berufliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten negativ qualifiziert (vgl. BGH Urt. v. 9.3.2021 - VI ZR 73/20 - Rn. 18).

3. Für die Berichterstattungen der Beklagten bestand ein öffentliches Berichterstattungsinteresse, insbesondere für den Bereich der sportinteressierten Leserschaft.

4. Die streitgegenständlichen Äußerungen 2) zweiter Teil, 3) und 9) waren zwar zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2019 rechtswidrig. Allerdings ist noch vor Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich dieser Äußerungen die Wiederholungsgefahr entfallen.

a) Bei den Äußerungen 2) zweiter Teil, 3) und 9) handelte es sich im Zeitpunkt der Veröffentlichung um unwahre Tatsachenbehauptungen. Denn in den Äußerungen 2) zweiter Teil, 3) und 9) am Ende berichtet die Beklagte davon, dass dem Kläger gekündigt worden sei. Tatsächlich ist unstreitig eine solche Kündigung aber erst am 04.04.2019 und damit eine Woche nach Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels ausgesprochen worden. Darüber vermag auch die in dem Zitat erwähnte Freistellung des Klägers nicht hinwegzuhelfen, da im Gesamtkontext der Leser den Formulierungen „gefeuert“ und „sich zu trennen“ gleich an drei Stellen in dem Artikel deutlich entnimmt, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels bereits entlassen war, was zu diesem Zeitpunkt schlicht nicht zutraf. Er war lediglich freigestellt.

Weiter berichtet die Beklagte in der Äußerung 9) von dem DFB-Bundesgerichtsverfahren hinsichtlich der Lizenzentziehung, und zwar von dessen Ablauf, vor allem aber auch dessen Ausgang, nämlich, dass der Kläger sich in diesem Verfahren erfolglos gegen die Vorwürfe gewehrt habe und das Gericht die Entziehung der Lizenzen bestätigt habe. Das Verfahren vor dem DFB-Bundesgericht wurde jedoch erst am 02.04.2019 und damit ebenfalls erst fünf Tage nach der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Artikels abgeschlossen, weil da das entsprechende schriftliche Urteil ergangen ist, so dass es sich auch insoweit um unwahre Tatsachenbehauptungen der Beklagten - jedenfalls zum maßgeblichen - Zeitpunkt handelt, da in diesem Moment das Verfahren noch nicht abgeschlossen war und die Entscheidung und damit die erfolglose rechtliche Intervention des Klägers noch nicht gegeben war.

b) Zwar waren die Äußerungen 2) zweiter Teil, 3) und 9) zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als ursprünglich unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig, jedoch fehlte es im Zeitpunkt der Antragstellung an einer Wiederholungsgefahr nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB im Hinblick auf diese Äußerungen, weshalb die Berufung zu Recht rügt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung insoweit von vornherein unbegründet war.

Grundsätzlich geht die höchstrichterliche Rechtsprechung davon aus, dass eine rechtswidrige Berichterstattung in der Vergangenheit die tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr begründet (BGH ZUM 2018, 440 Rn. 17; BGH VersR 1986, 1075, 1077; OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.03.2018, BeckRS 2018, 36790, Rn. 13). Soweit allerdings während eines Verfahrens die Veränderung tatsächlicher Umstände eintritt, die dazu führt, dass die ursprüngliche Berichterstattung als rechtlich zulässig einzuordnen ist, entfällt die Wiederholungsgefahr (BGH NJW 2013, 1681 „Wettermoderator“). Wer in der Vergangenheit in seinen Rechten verletzt wurde, hat keinen Anspruch darauf, dass ein Verhalten unterlassen wird, das sich inzwischen als nicht mehr rechtswidrig darstellt (vgl. BGH, NJW 2005, 594 Rdnr. 17; BGH NJW 2013, 1681 „Wettermoderator“).

Gemessen daran sind hinsichtlich dieser Äußerungen vor Einreichung des Antrags am 09.04.2019 Änderungen der äußeren Umstände eingetreten, die dazu führen, dass eine solche Rechtsverletzung nicht mehr von der Beklagten begangen werden konnte.

Denn am 02.04.2019 wurde durch das DFB-Bundesgericht das Urteil verkündet, wonach dem Kläger die Lizenzen entzogen wurden, weshalb die Berichterstattung über den Ablauf des Verfahrens, die Erfolglosigkeit des Vorgehens des Klägers gegen die Lizenzentziehung sowie die entsprechende Verurteilung in diesem Moment wahr wurden (Äußerung 9).

Am 04.04.2019 kündigte ihm sein Arbeitgeber, der Verein Fußballverein1 fristlos, hilfsweise ordentlich, weshalb ab diesem Moment auch die Berichterstattung über die Kündigung (Äußerungen 2 und 3) wahr wurde. Dass der Kläger die Wirksamkeit der Kündigung arbeitsrechtlich angegriffen hat und letztlich dazu - erst später - ein gerichtlicher Vergleich geschlossen wurde, mit welchem das Arbeitsverhältnis beendet wurde, führt nicht dazu, dass die Berichterstattung insoweit nicht an dem 04.04.2019 wahr wurde. Denn der durchschnittliche Leser versteht unter „wurde feuert“ und „musste sich trennen“ lediglich, dass eine Kündigung ausgesprochen wurde, jedoch nicht, dass diese letztlich auch rechtmäßig erfolgte.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 09.04.2019 konnte daher nicht mehr rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers durch Wiederholung der Berichterstattung vom 28.03.2019 durch diese Äußerungen eingegriffen werden. Es fehlte insoweit an einem Verfügungsanspruch.

5. Bei den weiteren Äußerungen 1), 2) zweiter Teil sowie 4) bis 8) handelte es sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Veröffentlichungen am 28.03.2019 um wahre Tatsachenbehauptungen, deren Veröffentlichung zulässig war und den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzten.

a) Mit diesen Äußerungen wird dem Leser mitgeteilt, dass der Kläger Noten für die Erlangung bestimmter Trainer-Lizenzen verfälscht habe, und er erfährt die näheren Umstände dazu, nämlich welche notenmäßigen Anforderungen der DFB dazu stellt, welche Noten der Kläger tatsächlich erreichte und wie der Kläger mit Unterstützung eines Fußballverband1-Mitarbeiters im Datensystem des DFB diese wahrheitswidrig verändern konnte.

Bei allen diesen Äußerungen handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, da sie dem Beweis - etwa durch Vernehmung entsprechender Zeugen - zugänglich sind.

b) Sie sind auch wahr. Die Glaubhaftmachung der Wahrheit ist der Beklagten im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens gelungen. So hat sie mit der Widerspruchsschrift vom 05.01.2022 das Urteil des DFB-Bundesgerichts vom 02.04.2019 im Beschwerdeverfahren des Klägers vorgelegt, aus dessen Gründen die streitgegenständlichen Behauptungen der Beklagten als Feststellungen des DFB-Bundesgerichts ebenfalls hervorgehen. Überdies hat die Beklagte in der Widerspruchsschrift Bezug auf das Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht, die dortige Beweisaufnahme und dessen Ausgang genommen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme sowie das Urteil in der Hauptsache vorgelegt. Das Landgericht hat in dem Hauptsacheverfahren den Kläger informatorisch angehört und den Zeugen C - den Vorsitzenden Richter am DFB-Bundesgericht in dem im Hinblick auf den Kläger geführten Beschwerdeverfahren - als Zeugen vernommen. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren und insbesondere die damit erbrachten Urkundenbeweise hat die Beklagte im Laufe des hiesigen Verfahrens glaubhaft gemacht, dass der Kläger seine Lizenznoten mithilfe eines Fußballverband1-Mitarbeiters fälschte, welchen er zuvor angesprochen hatte, damit dieser ihn dabei unterstützte. Insbesondere hatte der Zeuge C - ausweislich des Protokolls der Beweisaufnahme im Hauptsachverfahren - von den diese Vorgänge bestätigenden Angaben der im Beschwerdeverfahren vernommenen Zeugen berichtet, welche seiner Ansicht nach glaubwürdig gewesen seien, weshalb das DFB-Bundesgericht letztlich im Rahmen der Würdigung deren Angaben geglaubt habe. Die Angaben des Zeugen im Hauptsacheverfahren deckten sich wiederum mit den Feststellungen und Würdigungen aus dem Urteil des DFB-Bundesgerichts und hatten das Landgericht im Hauptsacheverfahren dazu bewogen, dem dortigen Vorbringen des Klägers nicht zu folgen. Die überzeugenden Erwägungen im Hauptsacheverfahren sowie die aus dem DFB-Urteil genügen den Maßstäben der Glaubhaftmachung nach § 294 ZPO im hiesigen Verfahren, so dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche Vorliegen der dem Kläger vorgeworfenen Fälschung und damit des unrechtmäßigen Erwerbs der Lizenzen besteht. Das Urteil im Hauptsacheverfahren sowie das dortige Protokoll der mündlichen Verhandlung entfalten die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde nach § 415 ZPO. Das DFB-Urteil erbringt die Beweiskraft einer Privaturkunde, da es sich bei dem DFB-Bundesgericht nicht um eine Behörde i.S.d. § 415 ZPO handelt. Dem Inhalt dieser Urkunden ist der Kläger im hiesigen Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb ihnen im Rahmen vorzunehmenden Würdigung als Nachweis für die Wahrheit vom Landgericht gefolgt werden konnte.

Der im Verfahren von der Beklagten erbrachte Wahrheitsnachweis wirkt bis zur Veröffentlichung der streitgegenständlichen Äußerungen zurück, so dass es sich um von Anfang an wahre Tatsachenbehauptungen handelt. Diese betreffen lediglich die Sozialsphäre des Klägers, so dass sie unter Berücksichtigung des Berichterstattungsinteresses der Öffentlichkeit in der vorzunehmenden Abwägung als zulässig anzusehen sind. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war deshalb von Anfang an auch insoweit unbegründet.

c) Die Äußerungen der Anträge 1), 2) zweiter Teil sowie 4) bis 8) wären aus demselben Grund auch dann rechtmäßig, wenn man dem Landgericht darin folgen würde, dass sich aus ihnen lediglich die Äußerung eines Verdachts der Fälschung ergibt. Denn auch in diesem Fall würde die im Widerspruchsverfahren erfolgte Glaubhaftmachung der Richtigkeit des Vorwurfs der Fälschung zur Folge haben, dass die Äußerungen über den Verdacht als von Anfang an rechtmäßig zu behandeln sind. Gegenüber einer (bloßen) Verdachtsberichterstattung kann nämlich seitens des Äußernden der Beweis geführt werden, dass das Verhalten dessen der Betroffene verdächtigt wird, der Wahrheit entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2012 - VI ZR 314/10 „IM `Christoph´“, NJW 2013, 790 = GRUR 2013, 315, Rz. 15 sowie BGH, Urteil vom - 17.12.2013 - VI ZR 211/12 „Sächsische Korruptionsaffäre“, BGHZ 199, 237 = NJW 2014, 2029, Rz. 24 f.). Gelingt dieser Wahrheitsbeweis, so ist die Äußerung, vorausgesetzt, dass sie nicht aus anderen Gründen als rechtswidrig zu beurteilen ist, auch dann rechtmäßig, wenn die Voraussetzungen der Verdachtsberichterstattung nicht eingehalten worden waren. Wäre nämlich eine Berichterstattung über denselben Vorwurf als feststehender Tatsachenbericht zulässig (gewesen), so gilt dies erst recht für die den Betroffenen weniger belastende Verdachtsberichterstattung.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt der in einem solchen Fall im Prozess geführte Wahrheitsbeweis bzw. die Glaubhaftmachung nicht dazu, dass die Berichterstattung nur für die Zukunft rechtmäßig wird, die ursprüngliche Berichterstattung weiter als rechtswidrig zu behandeln ist und allein die Wiederholungsgefahr einer künftigen rechtswidrigen Äußerung entfällt. Dies wird in der Rechtsprechung nur in Fällen angenommen, in denen Ereignisse außerhalb des gerichtlichen Verfahrens eine Änderung der Verhältnisse in der Art bewirken, dass die Äußerung nicht mehr als rechtswidrig einzustufen ist. Ein solches Ereignis ist wegen der Fiktion des § 190 S. 1 StGB beispielsweise die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des Betroffenen wegen der behaupteten oder verbreiteten Tatsache (BGH, Urteil vom 17.12.2019 - VI ZR 249/18 - „Kommunalpolitiker“, K&R 2020, 286 = GRUR 2020, 663, Rz. 16 + 21 f. und BGH, Urteil vom 18.6.2019 - VI ZR 80/18 - BGHZ 222, 196 = NJW 2020, 45, Rz. 17 f., 25 f. und 31), die Verlesung eines ursprünglich rechtswidrig veröffentlichten Vernehmungsprotokolls in öffentlicher Hauptverhandlung (BGH, Urteil vom 19.3.2013 - VI ZR 93/12 - NJW 2013, 1681 = GRUR 2013, 965, Rz. 30 ff.) oder die spätere Selbstöffnung des von einer rechtswidrigen Verletzung der Privatsphäre Betroffenen (BGH, Urteil vom 19.10.2004 - VI ZR 292/03 - NJW 2005, 594 = GRUR 2005, 76, Rz. 18 ff.). Gelangt demgegenüber das Zivilgericht im Rahmen einer Klage auf Unterlassung der Äußerung zu der Überzeugung, dass die Tatsachen, die den Gegenstand des Verdachts bilden, wahr sind, so sind diese als von Anfang an wahr zu behandeln und dies auch der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Äußerung zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung oder Verbreitung zugrunde zu legen. Dasselbe gilt im Fall einer Verdachtsberichterstattung, wenn im Prozess unstreitig bleibt oder wird, dass die Tatsachen, auf die sich der Verdacht bezogen hat, wahr sind (OLG München AfP 2024, 260, 264 f.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1 und 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Die Revision findet gegen das vorliegende Urteil nicht statt, § 542 Abs. 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung legt einen Wert je Äußerung von 8.000,00 EUR zugrunde. Die Bemessung des Werts einer Äußerung entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach grundsätzlich das Interesse an der Unterlassung einer einzelnen Äußerung im Verfügungsverfahren im Regelfall mit 10.000,00 EUR zu bewerten ist. Vorliegend wurde wertmindernd berücksichtigt, dass die Äußerungen sich inhaltlich teilweise ähneln.



Sachgebiete

Bürgerliches Recht