I.
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf Grundlage eines Mieterhöhungsverlangens vom 17.06.2023 in Anspruch.
Auf den erstgerichtlichen Tatbestand wird insoweit vollumfänglich Bezug genommen.
Vorgerichtlich stimmten die Beklagten einer Erhöhung der Grundmiete von ... € auf ... € zu. Der klägerseits begehrten weiteren Erhöhung auf ... € traten sie jedoch entgegen.
Die Klagepartei meint, die begehrte Mieterhöhung zunächst auf den aus ihrer Sicht zu bejahenden Zuschlag für das Merkmal einer offenen Küche (+0,51 €/m2) stützen zu können. Ferner rechtfertige sich die Erhöhung aufgrund der Annahme eines sog. Stichtagszuschlags. Insoweit führt die Klägerseite an, dass sich der Verbraucherpreisindex (VPI) im Zeitraum zwischen Januar 2022 (als dem maßgeblichen Zeitpunkt der Erhebung der Daten für den qualifizierten Mietspiegel für München 2023) und Juni 2023 (Zugang des Mieterhöhungsverlangens) von 105,2 Punkten auf 116,8 Punkte erhöht habe. Es sei daher von einer Erhöhung der laut Mietspiegel errechneten ortsüblichen Vergleichsmiete um 11,02 % auszugehen. Zu der klägerseits ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete von 14,93 €/m2 könne mithin noch ein Stichtagszuschlag von 1,64 €/m2 (11,02 % von 14,93 €/m2) addiert werden.
Das Erstgericht hat die Klage mit Endurteil vom 15.03.2024 - 461 C 21541/23 vollumfänglich abgewiesen. Zum einen liege im hier zu entscheidenden Fall keine „offene Küche“, sondern nur eine „Küche mit fehlender Küchentür“ vor. Zum anderen komme ein Stichtagszuschlag jedenfalls vorliegend nicht in Betracht.
Hiergegen wendet sich die Berufung der Klagepartei.
Zweitinstanzlich wird insoweit beantragt:
I. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 15.03.2024, Az.: 461 C 21541/23, wird aufgehoben.
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete für die Wohnung in der ... von bisher monatlich € ... mit Wirkung ab 01.09.2023 auf monatlich € ... jeweils zuzüglich der Vorauszahlung auf die Heiz- und die sonstigen Betriebskosten zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen demgegenüber:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Weder weist der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung auf, noch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Völlig zu Recht hat das Amtsgericht vorliegend die Klage abgewiesen. Denn ein über die bereits erfolgte Teilzustimmung hinausgehender Anspruch der Klagepartei auf Zustimmung zum streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558 ff. BGB besteht nicht.
1. Zunächst scheidet die Annahme eines Zuschlags für eine sog. „offene Küche“ aus.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die uneingeschränkt zutreffenden erstgerichtlichen Ausführungen Bezug genommen. Selbstverständlich kommt die Annahme dieses Merkmals nicht bereits dann in Betracht, wenn bei einer baulich nach allen Seiten abgegrenzten „normalen“ Küche lediglich die Küchentür ausgehängt worden ist. Denn die betreffende Küche bleibt dadurch ein eigener, separater Raum. Ausweislich der zur Akte gereichten Lichtbilder ist der Küchenbereich hier optisch und räumlich so eindeutig vom Wohnzimmer und dem Rest der Wohnung abgegrenzt, dass zweifelsfrei von einem separaten Küchenraum auszugehen ist, der gerade keine funktionale Verbindung zwischen den Nutzungsbereichen Kochen, Essen und (sonstigem) Wohnen herstellt. Auch das damit einhergehende kommunikative Element, das einer offenen Küche üblicherweise anhaftet, ist hier ersichtlich nicht gewährleistet.
Der von der Berufung vertretenen abweichenden Auffassung kann insoweit keineswegs gefolgt werden.
2. Zu Recht hat das Erstgericht - gerade in der vorliegenden Konstellation - auch die Annahme eines Stichtagszuschlags verneint.
Der Auffassung der Berufung, die streitgegenständliche Mieterhöhung könne einerseits auf den qualifizierten Mietspiegel der Landeshauptstadt München 2023 und ergänzend auf einen Anstieg des Verbraucherpreisindex gestützt werden, kann hier nicht gefolgt werden.
Nach der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 15.03.2017 - VIII ZR 295/15, NJW 2017, 2679 = NZM 2017, 321 ist das Tatgericht zwar in Fällen, in denen zwischen dem Erhebungsstichtag eines Mietspiegels und dem Zugang des Zustimmungsverlangens nachträglich ungewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete festzustellen sind, im Rahmen des ihm zukommenden weiten Beurteilungsspielraums grundsätzlich befugt, einen Stichtagszuschlag vorzunehmen, wenn ihm dies zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete angemessen erscheint.
Der Verweis auf die vorgenannte Entscheidung des VIII. Zivilsenats vermag der Berufung hier allerdings schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil der darin eingeräumte - weite - erstgerichtliche Beurteilungsspielraum seitens des Amtsgerichts München vollumfänglich eingehalten worden ist.
So hat das Erstgericht im vorliegenden Fall insbesondere richtig gesehen, dass eine „ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete“ im vorstehenden Sinne grundsätzlich nicht bereits mit einem Anstieg des Verbraucherpreisindex begründet werden kann, zumal dieser Index die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke kaufen, misst. Bei der Berechnung des VPI bzw. der Inflationsrate verwendet das Statistische Bundesamt einen „Warenkorb“, der rund 700 Güterarten umfasst und sämtliche von privaten Haushalten in Deutschland gekauften Waren und Dienstleistungen repräsentiert (https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/_inhalt.html). Für den spezifischen Anstieg von Wohnungsmieten kann dem VPI schon von daher ersichtlich keine belastbare Aussage entnommen worden. Erst recht gilt dies für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete, die nach § 558 Abs. 2 S. 1 BGB aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind, gebildet wird. Nach Abs. 2 S. 2 ist dabei überdies Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, ausgenommen.
Das bloße Abstellen auf den VPI im Rahmen einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ist daher auch in diesem Lichte unbehelflich.
Dabei verkennt die Kammer nicht die Vorschrift des § 558d Abs. 2 S. 1, S. 2 BGB, wonach ein qualifizierter Mietspiegel im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen ist, wobei eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden kann. Auch trifft zu, dass der Mietspiegel für die Landeshauptstadt München 2023 nach wissenschaftlichen Gründen neu erstellt wurde und daher einer Fortschreibung i.S. der vorstehenden Norm grundsätzlich zugänglich wäre. Allerdings bestehen aus Sicht der Kammer Bedenken, die Fortschreibung eines qualifizierten Mietspiegels einerseits und die - hiervon signifikant abweichende - Prüfung der Begründetheit eines konkreten Mieterhöhungsverlangens andererseits letztlich auf dieselbe Norm zu stützen.
Auch die weiteren Ausführungen des Erstgerichts in dem angefochtenen Urteil sind nicht zu beanstanden. Soweit es auf einen Index für Nettokaltmieten abstellt und dabei festhält, dass hiernach im maßgeblichen Zeitraum nur von einem Anstieg um wenig mehr als 3 % auszugehen sei, was gerade keinen außergewöhnlichen Mietanstieg bedeute, ist dem aus Sicht der Kammer ebenfalls zuzustimmen. Auch und gerade von daher ist der tatrichterliche Beurteilungsspielraum nach Maßgabe der zitierten Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des BGH beachtet worden.
In dem vom BGH entschiedenen Fall des sog. Stichtagszuschlags lag überdies dem Berufungsgericht (LG Tübingen) zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung der neue Mietspiegel bereits vor. Nur deshalb konnte die seinerzeit entscheidende Kammer die von ihr angenommene ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete feststellen und war dazu in der Lage, eine lineare Interpolation bezogen auf den Zugang des Mieterhöhungsverlangens vorzunehmen.
Anders verhält es sich indes hier, da der Mietspiegel der Landeshauptstadt München 2025 naturgemäß noch nicht vorliegt. Letztlich fehlt es damit weiterhin an hinreichend belastbaren, verlässlichen Kriterien betreffend die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete von der Datenerhebung bis zum Zugang des streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangens (vgl. hierzu auch Fleindl NZM 2017, 325, Anm. zu BGH NZM 2017, 321). Eine vorübergehende hohe Inflation rechtfertigt dagegen einen solchen Schluss aus Sicht der Kammer nicht in ausreichend verlässlichem Maße.
Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch der erstgerichtlich betrachtete Index für Nettokaltmieten von höchst eingeschränkter Aussagekraft bei der Gewährung eines etwaigen Stichtagszuschlags sein kann, zumal dieser sich naturgemäß nicht lediglich auf einen Anstieg der Mieten in der Landeshauptstadt München bezieht. Neben diesem örtlichen Gesichtspunkt wäre aber wiederum zu berücksichtigen, dass dem Index für Nettokaltmieten allein grundsätzlich keine hinreichend tragfähige Aussage zur Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmiete i.S.v. § 558 Abs. 2 BGB entnommen werden kann.
Die Annahme eines Stichtagszuschlags scheidet mithin - zumal in der klägerseits begehrten Höhe - schon von daher zweifelsfrei aus.
Ferner wäre auch das dogmatische Argument der beklagten Partei, wonach das ergänzende Abstellen auf den Anstieg des Verbraucherpreisindex auf eine im Gesetz nicht vorgesehene Mischform aus einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete nach §§ 558 ff. BGB und einer Indexmieterhöhung nach § 557b BGB hinauslaufen könnte, aus Sicht der Kammer in Erwägung zu ziehen. Hierauf kommt es vorliegend jedoch nicht mehr entscheidend an.
3. Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass die Einführung einer „Stichtagspraxis“ zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen und die bedeutsame Befriedungsfunktion des Mietspiegels gerade in angespannten Mietmärkten gefährden könnte (vgl. Fleindl NZM 2017, 325, Anm. zu BGH NZM 2017, 321). Dies ist jedoch aus Sicht der Kammer überaus unerwünscht.
Das BVerfG (NJW 1992, 1377) hat bereits 1992 entschieden, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Aktualisierungsintervalle für Mietspiegel von 2 Jahren eine Verzögerung bewusst in Kauf genommen habe und die Anwendung des Mietspiegels nicht aus diesem Grund unterbleiben solle. Dieser Gedanke lässt sich auf eine „Aufweichung“ des Mietspiegels durch eine inflationsbedingte Stichtagspraxis übertragen. Zuvörderst gilt dies für qualifizierte Mietspiegel wie die der Landeshauptstadt München.
Nach alledem wird der Berufung kein Erfolg beschieden sein.
III.
Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.
Es wird angeregt, die Berufung zurückzunehmen.
Für diesen Fall reduzieren sich die Gebühren für das Berufungsverfahren von 4,0 auf 2,0.