OLG Stuttgart 20. Zivilsenat, Beschluss vom
21.August 2024 , Az: 20 U 30/24
StaRUG § 31 , ZPO § 707 , ZPO § 719 Abs 1 S 1 ,
Leitsatz
Ein Gesellschafterbeschluss ist für die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG jedenfalls nicht erforderlich, wenn das Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Ulm vom 01.08.2024, Geschäftszeichen: 10 O 43/24 KfH, wird gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 € einstweilen eingestellt. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
A
Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) wendet sich als Gesellschafterin der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Vollziehung eines Gesellschafterbeschlusses der Beklagten.
Die Klägerin wurde im November 2010 gegründet. Sie ist Teil der J.-Gruppe, einer globalen Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in C., VR China. Komplementärin der im Handelsregister des Amtsgerichts Ulm registrierten Beklagten ist die E. Management GmbH, diese ist gem. Ziff. 6.1 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten auch deren Geschäftsführerin. Die Beklagte ist Teil der E.-Gruppe, die als weltweiter Anbieter von Maschinen und Produktionssystemen für die Bearbeitung von Metallpräzisionsteilen - z.B. Dreh- und Fräsmaschinen - tätig ist. Die Beklagte fungiert als Holding-Gesellschaft der Gruppe, die Beteiligungen an zahlreichen Tochtergesellschaften im In- und Ausland hält.
Gem. Ziff. 4.5 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten (Anlage K3) ist die ordnungsgemäß einberufene Gesellschafterversammlung beschlussfähig, wenn mindestens 75 % des Festkapitals der Gesellschaft anwesend oder vertreten sind.
Gemäß Ziff. 4.12 Satz 2 bedürfen der Mehrheit von 75 % aller abgegebenen Stimmen sämtliche Beschlussgegenstände, die bei einer GmbH von Gesetzes wegen einer qualifizierten Mehrheit bedürfen (insbesondere Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrages und/oder der hierin vorgesehenen Beteiligungsverhältnisse). Gemäß Satz 3 dieser Ziffer gewährt jeder Eurocent (EUR 0,01) eines Festkapitalanteils an der Gesellschaft eine Stimme, wobei Stimmenthaltungen als Nein-Stimme gelten.
Gem. Ziff. 6.4 steht jedem Kommanditisten ein Auskunfts- und Einsichtsrecht in dem Umfang zu, wie es die Bestimmungen in § 51a Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG für die Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorsehen.
Ziff. 15 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten lautet auszugsweise wie folgt:
„15.1 Jeder Gesellschafter (der „Vertragstreue Gesellschafter") kann einem Gesellschafter des Gesellschafterstammes H. oder J. (der „Vertragsbrüchige Gesellschafter") eine schriftliche Mitteilung über das Vorliegen einer Vertragsverletzung im Sinne von Ziffer 15.1 dieses Gesellschaftsvertrages („Vertragsverletzungsmitteilung") übersenden, wenn:
(a) der Vertragsbrüchige Gesellschafter wesentliche Pflichten aus diesem Gesellschaftsvertrag, insbesondere gemäß Ziffer 17.2 und/oder Ziffer 17.3, und/oder aus dem Joint-Venture-Vertrag verletzt und eine solche Vertragsverletzung, wenn sie heilbar ist, nicht innerhalb von zwanzig (20) Bankarbeitstagen nach ausdrücklicher schriftlicher Aufforderung des Vertragstreuen Gesellschafters heilt,
...
15.2 Das Recht zur Übersendung einer Vertragsverletzungsmitteilung erlischt, wenn die Übersendung einer Vertragsverletzungsmitteilung nicht innerhalb von sechs (6) Monaten nach Vorliegen der Voraussetzungen einer solchen Mitteilung nach Ziffer 15.1 und entsprechender Kenntnis des Vertragstreuen Gesellschafters erfolgt. ...
...
15.11 Ab der Übersendung der Vertragsverletzungsmitteilung (gemäß Ziffer 15.1) bis zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft ist der Vertragsbrüchige Gesellschafter nicht mehr Inhaber der Rechte eines Gesellschafters an der Gesellschaft und in Bezug auf seine Gesellschaftsanteile, wobei jedoch, außer in den Fällen der Ziffern 15.1(a), 15.1(b), 15.1(e) und 15.1(f), das Recht des Vertragsbrüchigen Gesellschafters auf Auszahlung von Dividenden für diesen Zeitraum unberührt bleibt.“
Im Jahr 2010 bemühte sich die E.-Gruppe zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis sowie der Position der E.-Gruppe im chinesischen Markt darum, einen neuen Investor zu finden und konnte letzten Endes die Klägerin dafür gewinnen. Mit Vertrag vom 30.9.2010 erwarb diese im Wege einer Kapitalerhöhung sowie eines Anteilkaufvertrags von den damaligen Gesellschaftern insgesamt 50 % der Geschäftsanteile an der E. Systems GmbH (vormals E. Holding GmbH), der seinerzeitigen Holding-Gesellschaft der Gruppe. Die Investitionssumme belief sich auf 100 Mio. €.
Ende 2015 reorganisierten die Beklagte und die weiteren Kommanditisten, die Herren M. und N. H. („H.-Gesellschafter“), die E.-Gruppe. Sie brachten insgesamt 94,8% ihrer Anteile an der E. Systems GmbH in die neu gegründete Beklagte ein, so dass fortan diese als Holding-Gesellschaft der E.-Gruppe fungierte.
Bis 2018 erwirtschaftete die E.-Gruppe Gewinne und konnte ihren Umsatz kontinuierlich steigern. Ab 2019 brach der Umsatz der E.-Gruppe ein. Grund dafür war eine signifikante Abnahme der Auftragseingänge ab 2019. Die Folgen der COVID-19-Pandemie, der Wechsel zum Elektromotor, die Lieferkettenkrise und der Ukrainekrieg verstärkten diese Entwicklung.
Vor diesem Hintergrund leiteten die Beklagte und die E. Systems GmbH Anfang 2021 einen außergerichtlichen (operativen und finanziellen) Restrukturierungs- und Sanierungsprozess ein. Am 30.6.2021 schlossen die Beklagte, die E. Systems GmbH sowie zahlreiche Finanzinstitute in ihrer Funktion entweder als Kreditgeber der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaften oder als Schuldscheingläubiger der Beklagten eine Sanierungsvereinbarung ab, als Endfälligkeitsdatum für Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 350 Mio. € wurde der 30.6.2024 vereinbart. Die Sanierungsvereinbarung sah als Voraussetzung unter anderem vor, dass die Klägerin und die H.-Gesellschafter zur Absicherung der Kreditgeber insgesamt 88 % der Anteile an der Beklagten auf zwei verschiedene Treuhänder übertragen. Die vorgenannte Treuhand hatte zunächst nur den Zweck der Verwaltung der Beteiligung an der Beklagten zur Förderung der Sanierung derselben und zwecks Einhaltung der Corporate Governance der Beklagten. Zentraler Baustein der Sanierungsvereinbarung war zudem ein Gesellschafterbeitrag von 60 Mio. € (GA 38).
Die entsprechende Treuhandvereinbarung (Anlage K4) kam am 1.7.2021 zustande. Parteien der Treuhandvereinbarung sind die Klägerin, die H.-Gesellschafter, die Beklagte sowie die beiden Treuhänder E1 mbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer Dr. J. M. P. („J.Treuhänder"), und E2 mbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer Dr. C. M. („H.-Treuhänder"). Danach hielten die Klägerin und die „H.-Gesellschafter" jeweils 6 %, die E1 und E2 Beteiligungsgesellschaften jeweils 44 % der Anteile der Beklagten (vgl. Darstellung GA 6, 36).
Mit Änderungsvereinbarung vom 21.6.2022 wurde der Treuhandzweck von einer reinen Verwaltungs- teilweise in eine Verkaufstreuhand geändert. Hintergrund war, dass bestimmte in der Sanierungsvereinbarung geforderte Sanierungsbeiträge der Klägerin sowie der H.-Gesellschafter nicht rechtzeitig erbracht werden konnten. Aus diesem Grund sollten die von den Treuhändern an der Beklagten gehaltenen Beteiligungen in Höhe von zusammen 51 % der Gesamtbeteiligung in einem geordneten M&A-Prozess veräußert und die Veräußerungserlöse zur teilweisen Befriedigung der Kreditgeber verwendet werden (dazu Bekl. GA 38 Rn. 15).
Nach dem Tod von N. H. im September 2023 wurde er von S. G. und Mi. T. beerbt, diese hielten seither gemeinsam mit M. H. 6 % der Beteiligung an der Beklagten.
Seit Februar 2024 wurden mehrere Gespräche geführt. Inhalt der Gespräche war das Angebot der Finanzierer der Beklagten, die Sanierungsvereinbarung bis Ende 2027 zu verlängern, wenn entweder die Kommanditisten einvernehmlich ihre Kommanditanteile in eine 100 %-Verkaufstreuhand einlegten, um einen neuen Verkaufsprozess zur Ablösung der Fremdfinanzierung durchzuführen, oder wenn ein Verfahren nach dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz - StaRUG) für die Beklagte durchgeführt werde. Die Klägerin lehnte beide Optionen ab (dazu Bekl. GA 40, 84Rn. 17, BA 38 Rn. 14).
Am 19.4.2024 übersandte der H.-Treuhänder eine sog. „Default Notice“ bzw. Vertragsverletzungsmitteilung nach Ziff. 15.1 des Gesellschaftsvertrags an die Klägerin, die er auf die Ansicht stützte, die Klägerin habe mehrere Pflichtverletzungen - Unterlassung der Unterzeichnung eines Shareholder Commitment und des Shareholder Term Sheet, Nichtzahlung fälliger Forderungen, unrechtmäßige Geltendmachung von Ansprüchen, unterlassene Löschung der rechtswidrigen China-Grundschuld, Unterlassung der Unterzeichnung eines Sitzungsprotokolls - begangen (in deutscher Übersetzung K18-261).
Mit E-Mail vom 21.5.2024 (Anlage K6) nahm der Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin zu den Vorwürfen Stellung.
Mit E-Mail vom 28.5.2024 (Anlage K 7) setzte der H.-Treuhänder der Klägerin eine Frist bis zum 26.6.2024, um die gerügten Vertragsverletzungen zu heilen. Diese nahm mit E-Mail vom 27.6.2024 (Anlage K 8) nochmals Stellung.
Am 13.6.2024 erhielt der Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin per E-Mail eine Einladung (Anlage K9) zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten am 28.6.2024. In der Unterschriftenzeile fanden sich elektronisch einkopierte Unterschriften der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten Ha. und L..
Unter Ziff. 3 kündigte die Einladung den folgenden Tagesordnungspunkt an:
„Beschlussfassung über die Umsetzung des Restrukturierungskonzepts im Wege eines StaRUG-Verfahrens
Für den Fall, dass die Diskussion zu den Punkten unter Tagesordnungspunkt 1.(a) und (b) zu keiner nachhaltigen, für die Finanzierer akzeptablen und für die Gesellschafter bindenden Restrukturierungslösung führt, wird vorgeschlagen, folgende Beschlüsse zu fassen:
(a) Der Umsetzung des Restrukturierungskonzepts wird hiermit zugestimmt. Die Zustimmung umfasst die Vornahme sämtlicher Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Restrukturierungskonzept stehen und/oder aus Sicht der Geschäftsführung zur Umsetzung des Restrukturierungskonzepts erforderlich oder zweckmäßig sind.
(b) Zur Umsetzung des Restrukturierungskonzepts darf ein Verfahren nach dem deutschen Untemehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz („StaRUG“) eingeleitet und durchgeführt werden. Die Zustimmung zur Einleitung und Durchführung eines StaRUG-Verfahrens umfasst insbesondere,
(i) das Restrukturierungsvorhaben dem zuständigen Restrukturierungsgericht anzuzeigen;
(ii) einen Restrukturierungsplan zur Umsetzung des Restrukturierungskonzepts aufzustellen und den Planbetroffenen zur Abstimmung vorzulegen; und
(iii) die gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans zu beantragen.“
Gemäß dem als Anhang zur Einladung beigefügten Entwurf eines Restrukturierungskonzepts vom 12.6.2024 (Anlage K9-112) soll im Rahmen des StaRUG-Verfahrens „eine Anpassung der Gesellschafter- und Corporate-Governance-Struktur [..]“ dadurch erreicht werden, dass 100 % der Kommanditanteile an der Beklagten auf einen Restrukturierungsgesellschafter übergehen sollen.
Auf Seite 17 des Entwurfs des Restrukturierungskonzepts wurde ausgeführt:
„Nach den Ergebnissen der Vergleichsrechnung können die Gesellschafter sowohl in Bezug auf ihre Anteile als auch ihre Gesellschafterdarlehen keine Befriedigung erwarten. Ihre Anteile und Darlehensrückzahlungsansprüche sind in einem Liquidationsszenario wertlos.“
Auf Seite 11 des Entwurfs des Restrukturierungskonzepts hieß es ferner:
„Zu diesem Zwecke unterzeichneten die Schuldnerinnen und [90%] der Finanzierer (Volumenmehrheit) eine Lock-Up Vereinbarung datierend auf den [20.] Juni 2024, in der sie sich unter anderem auf die wesentlichen Eckpunkte für die Restrukturierung im Wege des StaRUG einigten und zur Absicherung des Prozesses sowie der positiven Fortbestehensprognose der Schuldnerinnen ein nicht-ernsthaftes Einfordern für die Dauer des StaRUG-Verfahrens bis zum 30. November 2024 erklärten.“
Am 25.6.2024 übersandte die Klägerin der Beklagten ein von ihr überarbeitetes Termsheet (Anlage K10) zur Regelung der Sanierungsgesellschafterbeiträge mit der Erklärung, die Refinanzierung der Beklagten ermöglichen zu wollen.
Mit E-Mail der anwaltlichen Vertreter der Beklagten vom 27.6.2024 (Anlage K11) wurde dies mit dem Hinweis abgelehnt, die Finanzierer der Beklagten hätten den Ansatz der Klägerin klar zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 25.6.2024 erteilte die Klägerin dem J.-Treuhänder die Weisung (Anlage K12), nicht für den Beschlussvorschlag gemäß TOP 3 zu stimmen.
Am 27.6.2024 übersandte der H.-Treuhänder ein weiteres Schreiben (Anlage K 13) an die Klägerin, bezeichnet als „Second Default Notice“ (Vertragsverletzungsmitteilung 2).
Im Wesentlichen wurden die bisherigen Vorwürfe wiederholt, zudem wurde der Klägerin vorgeworfen, mit der Weisung an ihren Treuhänder vom 25.6.2024 eine weitere Vertragsverletzung begangen zu haben (Anlage K18-295).
Am 28.6.2024 wurde die Gesellschafterversammlung durchgeführt. Anwesend oder vertreten waren M. H., S. G., Mi. T., die J. KG, vertreten durch X., die E1, vertreten durch J. M. P., die E2, vertreten durch Dr. C. M., und die E. Management GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer Ha. und C.. Es wurde festgehalten, dass die Gesellschafterversammlung beschlussfähig sei, weil mehr als 75 % des Festkapitals der Gesellschaft anwesend seien.
Das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 (Anlage K 14-168) enthält auf S. 15 folgende Ausführungen:
„...Herr Dr. P. ergänzt, es gäbe ja eine klare Regelung im Treuhandvertrag, dass er eine Weisung bei Gefährdung der Gesellschaft nicht umsetzen könne. Vor dem Hintergrund der Endfälligkeit zum 30. Juni 2024 sei dann, wenn nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit refinanziert werden könne, ein Insolvenzgrund gegeben und man müsste Insolvenzantrag stellen. Dies sei, so Herr Dr. P., ausreichend dafür, dass er der Weisung nicht folgen dürfe und da der Beschlussgegenstand ansonsten nicht im weisungsfreien Raum sei, werde er an der Abstimmung nicht teilnehmen. J. KG und deren anwesende anwaltliche Vertreter von H. L. (Frau Dr. B. und Herr Ü.) widersprechen dem nicht...“
Auf Seite 17 f. enthält das Protokoll folgende Ausführungen:
,....Sodann wird zur Abstimmung [erg.: zu TOP 3] übergegangen.
Die Gesellschafter stimmen im Einzelnen wie folgt ab:
- Herr Dr. M. für E2: Dafür
- Herr M. H.: Dafür
- Frau S. G. (vertreten durch M. H.): Dafür
- Frau Mi. T. (vertreten durch M. H.): Dafür
Herr C. und Herr Ha., Herr Ha. für sich selbst und in Vertretung für Herrn L., stimmen nur der Guten Ordnung halber für die E. Management GmbH zu.
Damit wird festgestellt, dass die stimmberechtigten Gesellschafter - E2 und die H.-Gesellschafter - dem Beschlussgegenstand zugestimmt haben. J. KG und deren anwesende anwaltliche Vertreter von H. L. (Frau Dr. B. und Herr Ü.) widersprechen der Abstimmung nicht.
Ferner wird zu Protokoll festgehalten, dass das Stimmrecht der J. KG aufgrund der versandten Vertragsverletzungsmitteilungen vom 19. April und 27. Juni, letztere heute im Original übergeben (...), ruht. Aufgrund der Vertragsverletzungsmitteilungen ruht auch das Stimmrecht der E1, die somit nicht abstimmt. Im Übrigen wird zu Protokoll festgehalten, dass die Weisung der J. KG an die E1 gemäß Ziffer 1.6 des E.-Treuhandvertrags wie in den Vertragsverletzungsmitteilungen vom 27. Juni 2024 ausgeführt unwirksam und nach selbiger Vorschrift klar nicht bindend sind.
Angesichts der erörterten Sach- und Rechtslage wird festgehalten, dass die Gesellschafter dem Antrag zugestimmt haben. Nachdem hiergegen kein Widerspruch oder Einwand erhoben wurde, bittet Herr Dr. K., dies im Protokoll festzuhalten."
Am 28.6.2024 war kein Gesellschafter in der Lage, die zwei Tage später fällig werdenden ca. 350 Mio. € abzulösen (BA 54 Rn. 73).
Am 28.6.2024 reichte die Beklagte eine Restrukturierungsanzeige nach § 31 StaRUG ein, das Verfahren wird beim AG Stuttgart unter den Az. 9 RES 1112/24 und 9 RES 1113/24 geführt. Hierzu lag die Zustimmung von über 97 % der Finanzierer in Form einer Lock-Up-Vereinbarung (Anlage Verf.bekl. 23) vor. Darin erklären die Finanzierer, dass sie die fälligen bzw. fällig werdenden Darlehen, Schuldscheine und sonstigen Kreditmittel für die Dauer der Lock-Up-Periode nicht ernsthaft einfordern würden. Die Lock-Up-Periode ist auf die Dauer des StaRUG-Verfahrens, längstens bis zum 30.11.2024 begrenzt. Zudem ist die Beklagte nach der Vereinbarung verpflichtet, für den Fall, dass eine 100%-Treuhandlösung nicht zustande kommt, die Anzeige bis spätestens 31.7.2024 zu stellen und das StaRUG-Verfahren mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers und im Interesse der Gläubiger durchzuführen. Nimmt die Beklage die Restrukturierungsanzeige ohne Zustimmung der Lock-Up-Finanzierungsmehrheit zurück, besteht zugunsten der Finanzierer ein Kündigungsgrund (zu weiteren Einzelheiten der Lock-Up-Vereinbarung vgl. Bekl. GA 82 ff. Rn. 12 ff.).
Mit Urteil vom 2.8.2024 hat das Landgericht der Beklagten aufgegeben, es vorläufig, bis über die Wirksamkeit der Beschlussfassung rechtskräftig entschieden ist oder die Anfechtungsfrist abgelaufen ist, ohne dass eine Klage erhoben wurde, zu unterlassen, den in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 28.6.2024 unter TOP 3 gefassten Beschluss über die Einleitung eines Verfahrens nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) zur Umsetzung des Restrukturierungskonzepts (vgl. Anlagenkonvolut K14) zu vollziehen. Das Unterlassungsgebot hat das Landgericht durch die Nennung einzelner zu unterlassender Maßnahmen konkretisiert. Zu den Einzelheiten wird auf S. 2 des Urteils verwiesen, zu den Urteilsgründen auf S. 15 ff. des Urteils.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, zudem begehrt sie die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Ulm vom 1.8.2024 ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung in einer Höhe, die 200.000 € nicht übersteigt. Höchst hilfsweise beantragt sie, anzuordnen, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Ulm nur gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 63.000.000 € stattfinden darf.
Die Beklagte trägt vor, sie habe sich nach dem Abschluss der Sanierungsvereinbarung schon frühzeitig bemüht, eine Anschlusslösung zu erarbeiten, um eine Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung am 30.6.2024 zu vermeiden. Die Bemühungen seien erfolglos geblieben, insbesondere sei die Klägerin nicht bereit gewesen, einem Verkauf von 100 % der Kommanditanteile zuzustimmen (vgl. im Einzelnen BA 37 Rn. 13). Die Klägerin habe von sich aus keine belastbare Lösung präsentieren können, um eine Zahlungsunfähigkeit der Beklagten zum 30.6.2024 zu vermeiden.
Über den Ablauf der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 sei ein Protokoll gefertigt worden, in das die Klägerin durch ihre Rechtsanwälte Ergänzungen habe einfügen lassen, die übernommen worden seien.
Die Beklagte sei bilanziell überschuldet, ihr Eigenkapital sei aufgezehrt. Ihre derzeit positive Fortführungsprognose könne sie darauf stützen, dass das StaRUG-Verfahren überwiegende Erfolgsaussicht verspreche und die Finanzierer dafür ihre Unterstützung erklärt hätten. Müsse sie das StaRUG-Verfahren zurücknehmen, entfalle die positive Fortführungsprognose und es müsse Insolvenzantrag gestellt werden.
Auch die Tochtergesellschaften seien auf die Finanzierung der Beklagten angewiesen, da diese die Liquidität der Gruppe steuere.
Die Klägerin verfolge mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kein schützenswertes Interesse, da ihre Kommanditanteile an der Beklagten längst wertlos seien, in einer Insolvenz der Beklagten werde sie vollständig leer ausgehen, zumal ihre Kommanditanteile vollumfänglich an die Sicherheitentreuhänderin der Finanzierer der Beklagten verpfändet sei.
Generell sei kein Gesellschafterbeschluss notwendig, um ein StaRUG-Verfahren einzuleiten, jedenfalls sei nach herrschender und zutreffender Ansicht in einer akut zugespitzten Krisensituation mit gesteigerter Gefahr eines zwingenden Insolvenzgrundes kein Gesellschafterbeschluss notwendig (vgl. im Einzelnen BA 45 ff.). Eine derartige Krisensituation sei zu bejahen. Selbst bei einer gesellschaftsrechtlichen Betrachtung habe die Klägerin infolge ihrer Sanierungspflicht und infolge der Unbeachtlichkeit der Weisungen der Gesellschafter im Falle eines existenzvernichtenden Eingriffs die Fassung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses nicht verhindern können.
Ob der am 28.6.2024 vorsorglich gefasste Gesellschafterbeschluss anfechtbar sei, sei demnach nicht entscheidungserheblich. Vorsorglich werde auf den erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten zur Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses verwiesen.
Jedenfalls bestehe kein Anspruch der Klägerin auf Unterlassen der Einleitung oder Fortsetzung des StaRUG-Verfahrens durch die Beklagte. Dieses Verfahren sei bereits anhängig, eine Rücknahme sei mit den Pflichten gem. § 32 StaRUG, das Verfahren mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers zu betreiben und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren, nicht vereinbar.
Zum Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung führt die Beklagte aus, dass die anzustellende Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfalle. Im Falle der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung drohten ihr nicht wiedergutzumachende Nachteile. Werde die Beklagte zur Rücknahme des bereits eingeleiteten StaRUG-Verfahrens gezwungen, seien die Finanzierer nicht mehr an die Lock-Up-Vereinbarung gebunden, für die Beklagte entfalle dieser Grundpfeiler der positiven Fortbestehensprognose, sie sei dann zur sofortigen Stellung eines Insolvenzantrags gezwungen, das StaRUG-Verfahren bleibe der Beklagten verschlossen, auch eine Entscheidung in der Berufungsinstanz sei dann verschlossen. Die der Beklagten drohenden Nachteile überstiegen die vermeintlichen Interessen der Klägerin an einer Zwangsvollstreckung um ein Vielfaches. Deren Anteile an der Beklagten seien wertlos, im Falle eines Insolvenzverfahrens gehe sie leer aus. Sollte die Klägerin im Berufungsverfahren obsiegen, könne sie immer noch aus dem Berufungsurteil vollstrecken, das StaRUG-Verfahren werde voraussichtlich länger dauern als das bereits eingeleitete Berufungsverfahren. Zudem stünden der Klägerin im StaRUG-Verfahren Rechtsbehelfe zur Verfügung, die gerade dazu gedacht seien, eine vermeintliche Benachteiligung zu vermeiden und der gerichtlichen Prüfung durch das Restrukturierungsgericht zu unterwerfen. Bevor es zu einer Anteilsübertragung komme, könne die Klägerin zudem gerichtlich gegen den Restrukturierungsplan vorgehen.
Die Zwangsvollstreckung sei ohne Sicherheitsleistung einzustellen, weil die Anteile der Klägerin wertlos seien und ihr kein Vermögensschaden drohe. Im Übrigen könne die Beklagte aufgrund der angespannten Liquiditätslage eine Sicherheit allenfalls in sehr limitiertem Umfang beibringen, diese sollte einen Betrag von 200.000 € nicht übersteigen.
Die Klägerin beantragt, den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung sowie den Hilfsantrag, die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, abzuweisen.
Die Klägerin führt aus, es treffe nicht zu, dass sie in der Vergangenheit sämtliche Sanierungsbemühungen vereitelt und sich Lösungsvorschlägen der Beklagten verweigert habe. Vielmehr habe die Klägerin den im Jahr 2021 eingeleiteten außergerichtlichen Restrukturierungs- und Sanierungsprozess erst ermöglicht und sei auch im Nachgang um eine Lösungsfindung bemüht gewesen. So habe sich die Klägerin zunächst dazu bereit erklärt, ihre Anteile auf den sog. J.-Treuhänder zu übertragen, ein Jahr später habe die Klägerin eingewilligt, dass der Treuhandzweck teilweise in eine Verkaufstreuhand geändert werde. Im daraufhin eingeleiteten M&A-Prozess habe die Klägerin selbst ein Angebot zum Kauf der Anteile an den beiden chinesischen Konzerngesellschaften der E.-Gruppe abgegeben. Die Beklagte habe der Klägerin nicht die Möglichkeit gewährt, eigene Lösungsvorschläge zu unterbreiten oder sich in die Verhandlungen mit Kreditgebern einzubringen. Vielmehr habe sie ihre finanziellen Schwierigkeiten vertieft, indem sie externe Beraterkosten verursacht habe.
Das in der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 gegenständliche Restrukturierungskonzept sei der Klägerin einseitig vorgegeben und erst mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung übersandt worden. Andere zur Beurteilung des Konzepts zentrale Dokumente seien der Klägerin gänzlich vorenthalten worden. Diese habe nicht die Möglichkeit gehabt, eigene Vorschläge einzubringen, und solle nach den Vorstellungen der Beklagten und der anderen Gesellschafterseite auch nicht die Möglichkeit haben, ein StaRUG-Verfahren zu begleiten oder gar zu gestalten, vielmehr habe dieses zum Ziel, der Klägerin kurzfristig sämtliche Anteile kompensationslos zu entziehen.
Bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens habe die Beklagte behauptet, im Falle des Erlasses der beantragten einstweiligen Verfügung sofort zum Stellen eines Insolvenzantrags gezwungen zu sein. Indes sei ein solcher Antrag auch rund zwei Wochen nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung noch nicht eingereicht worden. Dies verdeutliche, dass von Anfang an deutlich mehr Zeit gewesen wäre, um eine konsensuale Einigung - auch mit den Gesellschaftern - zu finden. Nun behaupte die Beklagte ein weiteres Mal, sie sei zur sofortigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens gezwungen, wenn ihrem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht stattgegeben werde. Sie habe sich jedoch bis zuletzt geweigert, der Klägerin den Text der Lock-Up-Vereinbarung zur Verfügung zu stellen. Dies habe sie sowohl in der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 als auch im Nachgang dazu verweigert. Erst nach Erlass des Urteils des Landgerichts Ulm sei die Beklagte der Aufforderung der Klägerin nachgekommen. Auf der Grundlage der übersandten Lock-Up-Vereinbarung habe die Klägerin inzwischen nachvollziehen können, dass diese lediglich ein Kündigungsrecht für den Fall regle, dass ein Kreditnehmer die Restrukturierungsanzeige ohne Zustimmung der sog. Lock-Up-Finanzierungsgebermehrheit, also der Finanzierungsgeber, deren Anteil wenigstens 2/3 der von der Lock-Up-Vereinbarung erfassten Kredite ausmache, zurücknehme. Um das Kündigungsrecht auszuüben, müsse sich zunächst eine entsprechende Mehrheit unter den Finanzierungsgebern finden, diese müssten dann dem Finanzierungsagenten eine Weisung zur Kündigung erteilen. Erst im Anschluss könne die Lock-Up-Vereinbarung gekündigt werden. Die Vollziehung des Urteils führe also nicht automatisch dazu, dass die offenen Kreditforderungen sofort fällig gestellt werden könnten.
Aktuell befinde sich die Beklagte mit der Klägerin in Vergleichsverhandlungen, die auf Initiative der Beklagten eingeleitet worden seien. Die Beklagte habe einen Entwurf für eine Einigung in Form eines sog. konkretisierenden Gesellschafter-Termsheets übersandt, noch am selben Abend habe eine erste telefonische Abstimmung stattgefunden, jedoch nehme der Abstimmungsprozess etwas Zeit in Anspruch, da sowohl der Vergleichsvorschlag als auch sämtliche Korrespondenz hierzu stets vom Chinesischen ins Deutsche und umgekehrt übersetzt werden müssten. Mit E-Mail vom 12.8.2024 hätten die Rechtsberater der Beklagten den Entwurf einer Nebenabrede zum vorgeschlagenen Vergleichsvorschlag übersandt, der auch vorsehe, dass die Klägerin die einstweilige Verfügung nicht vollziehen werde. Vor diesem Hintergrund verwundere, dass die Beklagte meine, es sei jederzeit mit einer Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch die Klägerin zu rechnen.
Die Vergleichsverhandlungen dauerten noch an. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Parteien kurzfristig eine einvernehmliche Lösung fänden.
Die Klägerin verweist darauf, dass eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einer einstweiligen Verfügung nur ausnahmsweise und unter besonderen Umständen in Betracht komme.
Das Urteil des Landgerichts leide an keinem (evidenten) Rechtsfehler. Insbesondere habe das Landgericht zutreffend entschieden, dass vor der Einleitung eines StaRUG-Verfahrens ein legitimierender Gesellschafterbeschluss eingeholt werden müsse. Dies entspreche der Auffassung der herrschenden Rechtsprechung und Literatur und werde durch die Gesetzeshistorie bestätigt (vgl. im Einzelnen BA 76 ff.).
Eine Interessenabwägung falle zulasten der Beklagten aus. Das gesetzliche Leitbild räume bei der Interessenabwägung grundsätzlich dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers den Vorrang ein. Vorliegend seien keine Umstände gegeben, die so schwer wögen, dass sie eine Abweichung vom gesetzlichen Ausgangspunkt rechtfertigten. Der Klägerin drohten erhebliche Nachteile, wenn die Beklagte das bereits eingeleitete StaRUG-Verfahren weiterbetreiben könne, denn dann drohe ihr der Verlust ihrer Gesellschafterstellung ohne Kompensation. Sie habe nicht nur erhebliche finanzielle Interessen, sondern auch gesellschaftsrechtliche Interessen und Rechte im Hinblick auf die von ihr erworbenen Anteile an der Beklagten.
Demgegenüber wiederhole die Beklagte nur ihre Drohgebärde, dass sie sofort ein Insolvenzverfahren einleiten müsse, wenn ihrem Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht stattgegeben werde. Dies habe sie indes bereits in der ersten Instanz behauptet, ohne dem Taten folgen zu lassen, zudem entfalle der Fälligkeitsaufschub selbst bei Rücknahme der Restrukturierungsanzeige nicht automatisch, sondern es entstehe allenfalls ein Kündigungsrecht der Finanzierer.
Es treffe nicht zu, dass ein Insolvenzverfahren zwangsläufig dazu führe, dass die Beklagte sowie sämtliche Konzerngesellschaften liquidiert werden müssten. Vielmehr könne ein Unternehmen auch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens saniert werden, nahezu alle von der Beklagten im Wege des StaRUG-Verfahrens beabsichtigten Maßnahmen ließen sich auch mittels eines Insolvenzplans implementieren.
B
Die Zwangsvollstreckung ist gem. § 719 Abs. 1 S. 1 ZPO iVm § 707 ZPO gegen Sicherheitsleistung von 100.000 € einstweilen einzustellen.
Wird gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil die Berufung eingelegt, so gelten gem. § 719 Abs. 1 S. 1 ZPO die Vorschriften des § 707 ZPO entsprechend. Nach § 707 Abs. 1 ZPO kann das Gericht insbesondere anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung setzt unter anderem voraus, dass das eingelegte Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat (BGH, Beschluss vom 2. Januar 2020 - VIII ZR 328/19 - juris Rn. 5). Im Falle einer bestehenden Erfolgsaussicht ist zudem eine Abwägung der beiderseitigen Interessen, insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Einstellung oder Nichteinstellung der Zwangsvollstreckung vorzunehmen. Insbesondere wenn dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung gestattet ist, setzt die Einstellung der Zwangsvollstreckung auf Seiten des Schuldners die Gefahr eines Schadens voraus, der über die allgemeinen Vollstreckungswirkungen hinausgeht (Götz in MünchKomm-ZPO, 6. Aufl., § 719 Rn. 5; § 707 Rn. 13; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO 21. Aufl., § 719 Rn. 3; Herget in Zöller, ZPO 35. Aufl., § 719 Rn. 6). Zudem kann die Einstellung der Zwangsvollstreckung auch dann angemessen sein, wenn der Titel bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussicht wahrscheinlich keinen Bestand haben wird (Götz in MünchKomm-ZPO, 6. Aufl., § 707 Rn. 13; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO 21. Aufl., § 719 Rn. 3, § 707 Rn. 7).
Auch die Zwangsvollstreckung aus einem stattgebenden Verfügungsurteil kann nach § 719 ZPO einstweilen eingestellt werden. Dies kommt indes nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, etwa im Falle der großen Wahrscheinlichkeit des Erfolgs in zweiter Instanz (Lackmann in Musielak/Voit, ZPO 21. Aufl., § 719 Rn. 3; Herget in Zöller, ZPO 35. Aufl., § 719 Rn. 1) bzw. dann, wenn bereits feststeht, dass das Urteil aufzuheben ist (OLG Rostock, Beschluss vom 8.11.2007 - 6 U 154/07 - juris Rn. 2).
Die Voraussetzungen für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Verfügungsurteil sind vorliegend zu bejahen.
I. Die Berufung der Beklagten hat nach Aktenlage mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 ist weder nichtig noch anfechtbar (vgl. nachstehend 1). Hiervon abgesehen bedarf es für die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG jedenfalls dann keines vorherigen Gesellschafterbeschlusses, wenn - wie vorliegend der Fall - ein Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist (vgl. nachstehend 2).
1. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 ist weder nichtig noch anfechtbar.
a) Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 ist nicht wegen eines Einladungsmangels anfechtbar. Hierbei kann offen bleiben, ob die Einladung der im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Form entsprochen hat.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung wirken sich Verfahrensfehler nur dann auf einen Beschluss der Gesellschafterversammlung aus, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschluss bei wertender Betrachtung auf dem Verfahrensfehler beruht (BGH, Urteil vom 11.3.2014 - II ZR 24/13 - juris Rn. 13; Drescher in Henssler/Strohn, GesR 6. Aufl., § 110 HGB Rn. 26). Vor diesem Hintergrund sind Verstöße gegen eine gesellschaftsrechtlich vorgegebene Form der Einladung regelmäßig schon generell nicht geeignet, eine Anfechtbarkeit oder gar Nichtigkeit des Beschlusses zu begründen, wenn die Einladung die Gesellschafter erreicht hat (Drescher in Henssler/Strohn, GesR 6. Aufl., § 110 HGB Rn. 26 mwN; Oetker/Lieder, HGB 8. Aufl., § 110 Rn. 25).
Unstreitig hat die Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 die Gesellschafter jedenfalls per E-Mail erreicht. Vor diesem Hintergrund beruht die Beschlussfassung bei wertender Betrachtung nicht auf einem etwaigen Formverstoß.
b) Die streitgegenständlichen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 sind mit 100 % der stimmberechtigten Stimmen zustande gekommen. Entgegen der Auffassung der Klägerin wurden keine stimmberechtigten Gesellschafter an der Abstimmung gehindert.
aa) Die Klägerin war gem. Ziff. 15.11 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten im Hinblick auf die am 19.4.2024 übersandte Vertragsverletzungsmitteilung vom Stimmrecht ausgeschlossen. Die Vertragsverletzungsmitteilung war auch zu Recht ausgesprochen worden. Die Klägerin hat das Vorbringen der Beklagten zur China-Grundschuld (GA 91 ff.) nicht bestritten, sondern sich nur darauf berufen, dass die Thematik erstmals vor über drei Jahren aufgetreten sei, das Recht zur Übersendung einer Vertragsverletzungsmitteilung aber sechs Monate nach Eintritt des zugrundeliegenden Ereignisses und der Kenntnis davon erlösche (GA 141). Demnach hat die Klägerin zwar bereits im Jahr 2020 ohne vorherige Information der Beklagten eine China-Grundschuld eintragen lassen, die seit 2021 die Verhandlungen mit den Finanzierern erschwerte. Jedoch wurden in der Folgezeit zahlreiche Gespräche zwischen den Parteien über die Löschung oder Kompensation der Grundschuld geführt, die Klägerin sagte wiederholt zu, die Grundschuld zu löschen, hielt ihre Zusagen aber nicht ein. Erst als die im Schuldanerkenntnis- und Freistellungsvertrag vom 15.8.2022 zugesagte Löschung der Grundschuld bis zum 22.10.2022 nicht erfolgt und auch eine Kompensation durch Veräußerung der He. AG - einer Tochtergesellschaft der Klägerin - insbesondere infolge des Versuchs der Klägerin, überzogene Kaufpreisforderungen durchzusetzen, gescheitert war, vollstreckte die Beklagte gegen die Klägerin, wodurch Erlöse von 30,3 Mio. € generiert wurden. Erst nach der Veräußerung der He. AG im Wege der Vollstreckung zum 31.10.2023 war erkennbar, dass der Erlös nicht ausreichte, die China-Grundschuld vollständig zu kompensieren, weshalb die Klägerin mit Schreiben vom 15.1.2024 zur Bezahlung des Differenzbetrags von rund 14 Mio. € bis 15 Mio. € aufgefordert wurde (vgl. im Einzelnen S. 38 des Entwurfs des Sanierungsgutachtens, Anlage AG 1). Darin, dass die Klägerin diesen Differenzbetrag nicht beglichen hat, ist eine verstärkende Perpetuierung der Vertragsverletzung zu sehen, die eine neue 6-Monats-Frist ausgelöst hat, die im Zeitpunkt der Vertragsverletzungsmitteilung noch nicht abgelaufen war.
bb) Da die Klägerin von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen war, war auch der J.-Treuhänder - entgegen der Ansicht des Landgerichts - von der Ausübung des Stimmrechts ausgeschlossen.
α) In Fällen des gesetzlichen Stimmverbots gem. § 47 Abs. 4 GmbH ist anerkannt, dass von einem Stimmverbot jedenfalls alle Mit- oder Nichtgesellschafter erfasst sind, die das Stimmrecht fremdnützig ausüben, d.h. mindestens auch im Interesse des befangenen Gesellschafters. Dies gilt insbesondere für Treuhänder (K. Schmidt/Bochmann in Scholz, GmbHG 13. Aufl., § 47 Rn. 155 mwN; Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG 23. Aufl., § 47 Rn. 95 mwN; Denga in BeckOGK-BGB, Stand 1.6.2024, § 47 GmbHG Rn. 147 mwN; Wolff in Münchener Handbuch Gesellschaftsrecht, Bd. 3, § 38 Rn. 57).
Ausweislich Ziff. 1.11 des Treuhandvertrags (Anlage K4-47) wird der Treuhänder auch für den Treugeber tätig, er hat das Stimmrecht also mindestens auch im Interesse der Klägerin auszuüben.
β) Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Ausschluss vom Stimmrecht nach dem Erhalt einer Vertragsverletzungsmitteilung anwendbar. Im Rahmen der Abstimmung über die Einleitung und Durchführung eines Verfahrens nach dem StaRUG war der J.-Treuhänder an die Weisungen der Klägerin gebunden (vgl. nachstehend αα). Der Gesellschaftsvertrag ist so auszulegen, dass jedenfalls im Falle der Weisungsbindung des Treuhänders auch dieser vom für den Treugeber geltenden Stimmrechtsverbot gem. Ziff. 15.11 umfasst ist (vgl. nachstehend ββ).
αα) Der J.-Treuhänder wäre im Rahmen der Abstimmung über die Einleitung und Durchführung eines Verfahrens nach dem StaRUG an die Weisungen der Klägerin gebunden gewesen.
Vertragszweck des Treuhandvertrags in seiner geänderten Fassung vom 21.6.2022 ist die Verwaltung des jeweiligen Treuguts zur Einhaltung der Corporate Governance und Begleitung der Umsetzung des Sanierungsgutachtens und der bestmöglichen Veräußerung der 51 %igen Mehrheitsbeteiligung gemäß dem Vertragszweck (vgl. Ziff. 1.2 der Änderungsvereinbarung vom 21.6.2022, Anlage K4-69 f.). Gem. Ziff. 1.6 des Treuhandvertrags in seiner geänderten Fassung vom 21.6.2022 handeln die Treuhänder außerhalb dieses Vertragszwecks nur auf Weisung, wobei der Treugeber dem Treuhänder keine Weisungen erteilen darf, die dieser nach pflichtgemäßem Ermessen nur unter Verstoß gegen den Vertragszweck oder diesen Vertrag oder zwingende gesetzliche Vorschriften ausführen könnte, oder die zu einer Gefährdung des jeweiligen Treuguts, der Gesellschaft, des Treuhandauftrags oder der Umsetzung des Sanierungsgutachtens führen könnten (Anlage K4.70). Lediglich innerhalb des Vertragszwecks unterliegen die Treuhänder nach der weitergeltenden Ziff. 1.7 des ursprünglichen Treuhandvertrags (Anlage K4.46) keinen Weisungen.
Der Gegenstand der streitgegenständlichen Abstimmung (Einleitung und Fortführung eines Verfahrens nach dem StaRUG) ging über den Vertragszweck des Treuhandvertrags weit hinaus, weshalb der J.-Treuhänder im Rahmen der Abstimmung grundsätzlich an die Weisungen der Klägerin gebunden gewesen wäre. Die Unzulässigkeit von Weisungen, die zu einer Gefährdung der Gesellschaft führen könnten, ändert am Stimmrechtsverbot nichts. Müsste in Ansehung der Frage eines Stimmrechtsverbots inzident die Zulässigkeit einer Weisung überprüft werden, würde dies den im Rahmen einer Gesellschafterversammlung zu leistenden Prüfungsumfang überfrachten. Denn ob eine Weisung insbesondere zu einer Gefährdung der Gesellschaft führen kann, wird häufig zweifelhaft und umstritten sein.
ββ) Der Gesellschaftsvertrag ist so auszulegen, dass jedenfalls im Falle der grundsätzlichen Weisungsbindung des Treuhänders auch dieser vom für den Treugeber geltenden Stimmrechtsverbot gem. Ziff. 15.11 umfasst ist. Ziff. 15.11 soll Fehlverhalten der Gesellschafter sanktionieren. Dieser Zweck würde weitgehend ins Leere laufen, wenn ein Gesellschafter, der infolge eines Fehlverhaltens von der Abstimmung ausgeschlossen ist, im Wege der Erteilung von Weisungen an den jeweiligen Treuhänder, dem eine erheblich höhere Beteiligung zugeordnet ist, das gewünschte Abstimmungsergebnis dennoch in einer erheblichen Anzahl von Beschlussfassungen erreichen könnte. Im Übrigen hat der Treuhänder vorliegend auch die Interessen des jeweiligen Gesellschafters zu wahren.
c) Der Gesellschafterbeschluss vom 28.6.2024 ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen Informationspflichten anfechtbar oder nichtig.
aa) Insbesondere bei wichtigen Grundlagenentscheidungen besteht die Pflicht, in Verbindung mit der Einberufung zur Gesellschafterversammlung nicht nur die Tagesordnung mitzuteilen, sondern ggf. auch sonstige für die Entscheidung maßgebliche Informationen zu erteilen (OLG Stuttgart, Urteil vom 7.2.2001 - 20 U 52/97 - juris Rn. 246 zur GmbH). Den Gesellschaftern ist mit der Einladung eine genaue Kenntnis von den zu behandelnden Themen zu vermitteln, damit diese imstande sind, sich auf die in der Gesellschafterversammlung zu treffenden Beschlüsse vorzubereiten (Haas/Mohamed in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB 6. Aufl., § 109 Rn. 15). Es kann die Anfechtbarkeit eines Gesellschafterbeschlusses zur Folge haben, wenn bei komplexen oder besonders bedeutsamen Sachverhalten die zur sachgerechten Beurteilung erforderlichen Informationen nicht spätestens mit der Einladung erteilt wurden (Leinekugel in BeckOK-GmbHG, Stand 1.5.2024, Anhang § 47 Rn. 70).
Ebenso ist die Durchführung der Gesellschafterversammlung fehlerhaft, wenn das Informationsrecht der Kommanditisten nach § 166 HGB oder das - gem. Ziff. 6.4 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten anwendbare - Informationsrecht nach § 51a GmbHG vor der Beschlussfassung verletzt wurde (Leinekugel in BeckOK-GmbHG, Stand 1.5.2024, Anhang § 47 Rn. 80 zu § 51a GmbHG). Gem. § 166 Abs. 1 S. 2 HGB in der seit dem 1.1.2024 geltenden Fassung kann der Kommanditist von der Gesellschaft Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten verlangen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist. Dieses allgemeine Auskunftsrecht umfasst auch das nach altem Recht anerkannte ungeschriebene Informationsrecht (Beyer in BeckOK-HGB, Stand 1.7.2024, § 166 Rn. 32), das dem Kommanditisten insbesondere Zugriff auf die Informationen gewährleistete, die er zur Vorbereitung von Abstimmungen benötigte (BGH, Urteil vom 23.3.1992 - II ZR 128/91 - juris Rn. 13; Kindler in Koller/Kindler/Drüen, HGB 10. Aufl., § 166 Rn. 2). Noch weitergehend gewährt § 51a Abs. 1 GmbH einen Anspruch auf Information über alle Angelegenheiten der Gesellschaft. Auf Verlangen haben die Geschäftsführer jedem Gesellschafter unverzüglich Auskunft über derartige Angelegenheiten zu geben und Einsicht der Bücher und Schriften zu gestatten. Wird das Informationsbegehren (erst) im Rahmen der Gesellschafterversammlung gestellt, besteht noch während der Versammlung mindestens eine Erklärungspflicht, die Geschäftsführung muss grundsätzlich, soweit sie dazu imstande ist und soweit der Informationsgegenstand die Tagesordnung betrifft, Fragen während der Versammlung beantworten (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 13. Aufl., § 51a Rn. 22; Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG 23. Aufl., § 51a Rn. 17). Dies gilt nicht für umfangreiche und schwierige Auskünfte, mit denen die Geschäftsführer nicht zu rechnen brauchten, insoweit ist ein vorheriges Verlangen oder eine vorherige Ankündigung durch die Gesellschafter erforderlich (Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG 23. Aufl., § 51a Rn. 17). Soweit die Geschäftsführung indes Fragen offen lassen muss, ist sie verpflichtet, dies zu erklären (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 13. Aufl., § 51a Rn. 22).
Sind Informationen für einen Beschluss nicht, nicht rechtzeitig oder unzureichend erteilt worden, ist ein Fehler nur zur Beeinflussung der Stimmrechtsausübung geeignet, wenn es sich um für die Entscheidung des Gesellschafters bedeutsame Informationen handelt (Drescher in Henssler/Strohn, GesR 6. Aufl., § 110 HGB Rn. 26). War dem Gesellschafter die Information bekannt, ist der Schutzzweck gewahrt und eine Anfechtung scheidet aus (Drescher in Henssler/Strohn, GesR 6. Aufl., § 110 HGB Rn. 26).
bb) In Anwendung der vorstehenden Grundsätze hat die Beklagte keine Informationspflichten verletzt.
α) Die Einladung enthielt die zur sachgerechten Beurteilung erforderlichen Informationen.
αα) So wurde zunächst auf die Sanierungsvereinbarung Bezug genommen, die der Klägerin bekannt war. Sodann wurde ausgeführt, dass sich die wesentlichen Stakeholder angesichts der Endfälligkeit der Darlehen und Schuldscheine am 30.6.2024 auf eine kommerzielle Anschlusslösung in Form einer Amend & Extend-Lösung geeinigt hätten, und dass diese neben Sanierungsbeiträgen der Finanzierer und der Gesellschaft selbst auch Beiträge der Gesellschafter vorsehe, die in dem als Anlage 1 beigefügten Gesellschafter-Termsheet zusammengefasst worden seien. Zudem befänden sich die Gesellschaft und die Finanzierer unter der Sanierungsvereinbarung in intensiven Verhandlungen in Bezug auf die Amend & Extend-Lösung, die Gesellschaft habe sich mit ihren Finanzierern im Grundsatz auf die wesentlichen kommerziellen Eckpunkte einigen können. Die Gesamtlösung sei in einem als Anlage 2 beigefügten Entwurf eines Restrukturierungskonzepts zusammengefasst, das soweit erforderlich auf Grundlage der weiteren Verhandlungen mit allen Stakeholdern aktualisiert werde. Unter TOP 1 der Gesellschafterversammlung sollten mögliche Restrukturierungsmaßnahmen und das Restrukturierungskonzept diskutiert werden; werde eine einvernehmliche Lösung gefunden, solle hierüber unter TOP 2 abgestimmt werden. Werde keine einvernehmliche Lösung umgesetzt, solle unter TOP 3 über die Erteilung der Zustimmung zur Umsetzung des Restrukturierungskonzepts im Wege eines StaRUG-Verfahrens Beschluss gefasst werden.
Aus S. 8 des beigefügten Restrukturierungskonzepts ging hervor, dass am 20.6.2024 mit 90 %-Mehrheit der Finanzierer eine Lock-Up-Vereinbarung abgeschlossen worden sei, die den StaRUG-Prozess absichere. Auf S. 11 war die Rede davon, dass sich die Schuldnerinnen und 90 % der Finanzierer in der Lock-Up-Vereinbarung auf die wesentlichen Eckpunkte für die Restrukturierung im Wege des StaRUG geeinigt hätten und zur Absicherung des Prozesses und der positiven Fortbestehensprognose der Schuldnerinnen ein nicht-ernsthaftes Einfordern für die Dauer des StaRUG-Verfahrens bis zum 30.11.2024 erklärt hätten. Weitere Ziele der Restrukturierung wurden auf S. 13 des Restrukturierungskonzepts aufgeführt, so die Reduktion der Schuldenlast der E.-Gruppe in Höhe von 72 Mio. € durch qualifizierten Rangrücktritt auf Ebene der jeweiligen Schuldnerin, durch Prolongation aller Finanzverbindlichkeiten bis zum 31.12.2027, durch Anpassung von Finanzierungskonditionen und durch Übertragung von 100 % der Kommanditanteile auf einen Restrukturierungsgesellschafter.
ββ) Diese ausführlichen Informationen waren ausreichend, um der Klägerin die Vorbereitung auf die Beschlussfassung zu ermöglichen. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend (GA 11), dass nicht erkennbar gewesen sei, welche wesentlichen Eckpunkte für die Restrukturierung im Wege des StaRUG in der Lock-Up-Vereinbarung geregelt werden würden.
Vielmehr wurde deutlich, dass das als Anlage beigefügte Restrukturierungskonzept auch Gegenstand des StaRUG-Verfahrens sein sollte (vgl. S. 3 Abs. 2 a.E. der Einladung). Dies ging ebenso aus der Formulierung der Tagesordnungspunkte 1c (Umsetzung des Restrukturierungskonzepts in einem Verfahren nach dem deutschen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz) und 3b hervor. Zwar war auf S. 11 im letzten Absatz nur die Rede davon, dass sich die Schuldnerinnen und 90 % der Finanzierer in der Lock-Up-Vereinbarung auf die wesentlichen Eckpunkte für die Restrukturierung im Wege des StaRUG geeinigt hätten und zur Absicherung des Prozesses und der positiven Fortbestehensprognose der Schuldnerinnen ein nicht-ernsthaftes Einfordern für die Dauer des StaRUG-Verfahrens bis zum 30.11.2024 erklärt hätten. Aus dem vorhergehenden Absatz wurde jedoch deutlich, dass die Einigung getroffen wurde, die Amend & Extend-Lösung notfalls im Wege eines StaRUG umzusetzen. Der Verweis auf die Amend & Extend-Lösung war ausreichend, um der Klägerin insoweit eine hinreichende Informationsgrundlage für die beabsichtigte Beschlussfassung zu gewähren.
Dem entspricht es, dass in der Lock-Up-Vereinbarung in der Präambel unter C die Restrukturierungslösung als Amend & Extend-Lösung auf Basis des konkretisierenden FinanziererTermsheets definiert wurde, und dass unter E ausgeführt wurde, dass die Parteien den Abschluss dieser Vereinbarung und die Umsetzung der Restrukturierungslösung notfalls im Wege von StaRUG-Verfahren nach Maßgabe der Inhalte des konkretisierenden Finanzierer-Termsheets (vom 22.4.2024) umzusetzen beabsichtigen.
γγ) Entgegen der Auffassung der Klägerin (GA 11) wurde aus der Einladung inklusive Anlagen auch deutlich, welche Zugeständnisse die Beklagte gegenüber den Kreditgebern machen würde. Wie dargelegt wurde, wurde im Restrukturierungskonzept deutlich, dass die Umsetzung der Amend & Extend-Lösung notfalls im Wege eines StaRUG-Verfahrens erfolgen sollte. Zu dieser wurde im Einladungstext ausgeführt, dass sie neben Sanierungsbeiträgen der Finanzierer und der Gesellschaft selbst auch Beiträge der Gesellschafter vorsehe, die in dem als Anlage 1 beigefügten Gesellschafter-Termsheet zusammengefasst worden seien. Zu den Zugeständnissen der Gesellschaft selbst wurde auf S. 17 des Restrukturierungskonzepts unter anderem ausgeführt, dass die Gesellschaftsverträge angepasst werden sollten, insbesondere sollten die Zustimmungsvorbehalte angepasst und der Beirat verschlankt werden. Soweit hierzu Unklarheiten bestanden, wäre es der Klägerin unbenommen gewesen, in der Gesellschafterversammlung Rückfragen zu stellen.
δδ) Ohne Erfolg macht die Klägerin (GA 20) geltend, dass sie nicht über den neuen Fälligkeitszeitpunkt für die Kreditrückzahlungsansprüche informiert worden sei. Vielmehr war auf S. 11 des Entwurfs des Restrukturierungskonzepts ausgeführt, dass 90 % der Finanzierer zur Absicherung des Prozesses und der positiven Fortbestehensprognose der Schuldnerinnen ein nicht-ernsthaftes Einfordern für die Dauer des StaRUG-Verfahrens bis zum 30.11.2024 erklärt hätten. Eine weitere Vereinbarung über den Fälligkeitszeitpunkt war nicht erfolgt.
εε) Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, zeigte die Einladung samt Anlagen demnach auch Inhalte der Lock-Up-Vereinbarung auf, etwa die Verfolgung der Amend & Extend-Lösung notfalls im Wege eines StaRUG und die Erklärung eines nicht ernsthaften Einforderns der Finanzierungsverbindlichkeiten für die Dauer des StaRUG-Verfahrens, längstens bis zum 30.11.2024.
Soweit die Klägerin der Auffassung war, weitere Informationen über den Inhalt der Lock-Up-Vereinbarung sowie ein Exemplar der Lock-Up-Vereinbarung zu benötigen, wäre sie gehalten gewesen, dies im Rahmen des ihr zustehenden Auskunftsrecht noch gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Dies ist unstreitig vor der Versammlung nicht erfolgt.
Soweit die Klägerin schließlich darauf verweist, sie habe erst in der Gesellschafterversammlung erfahren, dass die Bilanz der Beklagten zum 30.6.2024 ein negatives Eigenkapital aufweisen werde (GA 20), ist die Beklagte diesem Vorbringen substantiiert entgegengetreten. Sie hat dargelegt, dass die Klägerin fortlaufend über die wirtschaftlichen Entwicklungen informiert worden sei, und dass ihr ein Gesellschafter-Reporting von Mai 2024 vorgelegen habe, wo auf S. 45 das negative Eigenkapital der Beklagten aufgeführt gewesen sei (GA 89). Diesem substantiierten Vorbringen der Beklagten ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.
β) Die in der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 gefassten Beschlüsse sind auch nicht deshalb anfechtbar, weil im Rahmen der Gesellschafterversammlung erfolgte Informationsbegehren der Klägerin nicht erfüllt worden seien.
Wie die Beklagte unbestritten vorgetragen hat, wurden im Rahmen der Gesellschafterversammlung sämtliche von der Klägerin zum Restrukturierungskonzept gestellten Fragen beantwortet, ebenso wurden mündlich die wesentlichen Inhalte der Lock-Up-Vereinbarung erläutert.
Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass ihr in der Versammlung entgegen ihrer Bitte weder die Lock-Up-Vereinbarung (GA 13, 20) noch das schriftliche Kaufangebot eines Bieters für die E.-Gruppe im Rahmen des eingeleiteten Verkaufsprozesses (GA 13 f.) ausgehändigt worden seien. Wie die Beklagte vorgetragen hat, konnte insbesondere die Lock-Up-Vereinbarung nicht unmittelbar in der Gesellschafterversammlung vorgelegt werden. Da die Klägerin im Vorfeld der Versammlung nicht zum Ausdruck gebracht hatte, noch weitere Unterlagen zu benötigen, obwohl aus den ihr übersandten Unterlagen insbesondere die Existenz der Lock-Up-Vereinbarung hervorging, musste die Beklagte nicht damit rechnen, dass die Klägerin erstmals in der Gesellschafterversammlung die unmittelbare Vorlage von Unterlagen verlangen würden. Ihr kann daher nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass entsprechende Unterlagen in der Gesellschafterversammlung nicht greifbar waren. Vielmehr wäre die Klägerin gehalten gewesen, ihr Verlangen nach der Aushändigung von Unterlagen vor der Gesellschafterversammlung mitzuteilen.
2. Hiervon abgesehen hat die Berufung der Beklagten bereits deshalb Aussicht auf Erfolg, weil es für die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG jedenfalls dann keines vorherigen Gesellschafterbeschlusses bedarf, wenn - wie vorliegend der Fall - ein Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist. Dass diese Frage im Restrukturierungsverfahren vom Restrukturierungsgericht zu beantworten ist, ist unerheblich, da es hier nicht um die Frage der Zulässigkeit des Restrukturierungsantrags geht, sondern um die vom Senat zu klärende Frage, ob eine gesellschaftsrechtliche Pflicht besteht, das Restrukturierungsverfahren nicht fortzuführen.
a) In Rechtsprechung und Literatur wird streitig beurteilt, ob die Einleitung eines StaRUG-Verfahrens jedenfalls im Innenverhältnis einen Gesellschafterbeschluss erfordert.
aa) Nach einer Auffassung bedarf es vor der Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG generell keines vorherigen Gesellschafterbeschlusses (AG Dresden, Beschluss vom 9.8.2023 - 572 RES 1/23 - juris Rn. 6; Kümpel AG 2024, 426, 429Rn. 15; Skauradszun/Amort, DB 2021, 1317, 1320 ff.; Mock, NZI 2023, 585 f.; Mulert/Steiner, NZG 2021, 673, 677 zur AG). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die mit der Herbeiführung eines Gesellschafterbeschlusses verbundene Zeitverzögerung die gesetzgeberische Intention schneller Restrukturierung bei drohender Zahlungsunfähigkeit konterkarieren würde (AG Dresden, Beschluss vom 9.8.2023 - 572 RES 1/23 - juris Rn. 6).
bb) Nach einer weiteren Auffassung bedarf es zur Antragstellung nach dem StaRUG auch im Innenverhältnis der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter- oder Hauptversammlung jedenfalls dann nicht, wenn ein Restrukturierungsplan bzw. ein Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist (AG Nürnberg, Beschluss vom 21.6.2023 - RES 397/23 - juris Rn. 73 ff. zur AG; Spahlinger in BeckOK-StaRUG, Stand 1.7.2024, § 17 Rn. 31a mit zahlreichen weiteren Nachweisen zum Streitstand; Flöther/Wilke, ZRI 2023, 1029, 1040, 1043; vgl. auch Bitter in Scholz, GmbHG 13. Aufl., § 18 InsO Rn. 23). Letzteres soll insbesondere dann der Fall sein, wenn im Falle einer Überschuldung die positive Fortbestehensprognose nur noch auf die mehrheitliche Unterstützung des Restrukturierungskonzepts durch die Gläubiger gestützt werden kann (Flöther/Wilke, ZRI 2023, 1029, 1042). Teilweise wird als zusätzliche Voraussetzung für die Einschränkung des Gesellschaftereinflusses postuliert, dass die Beteiligung der Gesellschafter wertlos ist (Westphal in Seibt/Westphal, StaRUG 1. Aufl., § 17 Rn. 41 ff.; Morgen/Arends/Schierhorn, ZRI 2021, 305, 309)
cc) Nach der Gegenauffassung erfordert die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG jedenfalls im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und dann, wenn im Zuge des StaRUG-Verfahrens in Gesellschafterrechte eingegriffen werden soll, einen vorherigen Gesellschafterbeschluss (LG Berlin, Beschluss vom 31.5.2023 - 100 O 18/23 - juris Rn. 2, 4; Baumert, NZI 2023, 952, 953; Gehrlein BB 2022, 1096, 1097 zur AG und GmbH, der allerdings in Erwägung zieht, die Geschäftsleitung von der Einholung einer zustimmenden Entscheidung der Gesellschafter zu entbinden, wenn nur durch die sofortige Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens ein Insolvenzverfahren vermieden werden kann; wohl weitergehend Thole, BB 2021, 1347, 1350; generell einen Gesellschafterbeschluss fordernd Schluck-Amend in Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, 5. Aufl., § 23 Rn. 129; Scholz, ZIP 2021, 219, 226; Herweg/Wirth, DB 2021, 886, 887). Zur Begründung wird ausgeführt, dass es sich um ein den Gesellschaftszweck änderndes Grundlagengeschäft (LG Berlin, Beschluss vom 31.5.2023 - 100 O 18/23 - juris Rn. 2 ff.; Gehrlein BB 2022, 1096, 1097; Ristelhuber, NZI 2021, 417, 419) oder zumindest um eine besonders bedeutsame und außergewöhnliche Maßnahme handle, weshalb eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung mit einfachem Mehrheitserfordernis erforderlich sei (Thole, BB 2021, 1347, 1350; Schluck-Amend in Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, 5. Aufl., § 23 Rn. 129; vgl. auch Scholz, ZIP 2021, 219, 226 ff.). Weiter wird eine Parallele zu § 18 InsO gezogen und ausgeführt, dass eine auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit gestützte Insolvenzantragstellung ebenfalls eines Gesellschafterbeschlusses bedürfe (LG Berlin, Beschluss vom 31.5.2023 - 100 O 18/23 - juris Rn. 3 f.; Ristelhuber, NZI 2021, 417, 419). Zudem wird mit dem Schutzbedürfnis der Anteilsinhaber argumentiert, das aufgrund möglicher Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte durch den Restrukturierungsplan bestehe (Ristelhuber, NZI 2021, 417, 419).
b) Nach vorläufiger rechtlicher Würdigung des Senats bedarf es zur Antragstellung nach dem StaRUG auch im Innenverhältnis der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung jedenfalls dann nicht, wenn ein Restrukturierungsplan bzw. ein Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist. Jedenfalls in diesem Fall werden die Vorgaben des Gesellschaftsrechts und der satzungsmäßigen Regeln durch die die Willensbildung betreffenden Regelungen des StaRUG verdrängt (Flöther/Wilke, ZRI 2023, 1029, 2039), weshalb nicht von Bedeutung ist, ob es sich bei der Entscheidung zur Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG um eine Grundlagenentscheidung oder zumindest um eine besonders bedeutsame und außergewöhnliche Maßnahme handelt.
aa) Für die hier vertretene Auffassung spricht zunächst, dass in § 7 Abs. 4 StaRUG ausdrücklich die Kapitalherabsetzung, der Ausschluss von Bezugsrechten und die Übertragung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten als planmäßige Gestaltungsmöglichkeiten genannt sind. In Fällen, in denen derartige Eingriffe in die Rechtsstellung der Gesellschafter oder Aktionäre im Raum stehen, wird die Gesellschafterversammlung der Maßnahme häufig nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustimmen. Würde man die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG von einem vorherigen Gesellschafterbeschluss abhängig machen, würde der Anwendungsbereich des StaRUG erheblich reduziert, und der Schuldnerin würde häufig allein der Weg bleiben, Insolvenzantrag zu stellen (AG Nürnberg, Beschluss vom 21.6.2023 - RES 397/23 - juris Rn. 77).
bb) Zudem hat der Gesetzgeber mit § 28 StaRUG die Möglichkeit geschaffen, auch größere Gruppen von Planbetroffenen durch gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidungen zu überstimmen und damit Restrukturierungsmaßnahmen gerade gegen den Widerstand der Gesellschafter durchzuführen (AG Nürnberg, Beschluss vom 21.6.2023 - RES 397/23 - juris Rn. 78; Koch, AktG 18. Aufl, § 92 Rn. 31). Das gesetzgeberische Ziel, dem Schuldner zu ermöglichen, die Blockadehaltung einzelner Beteiligter oder gar einer ganzen Gruppe zu überwinden, wäre obsolet, wenn den Anteilseignern die Möglichkeit eingeräumt würde, durch die Verweigerung ihrer Zustimmung ein erfolgsversprechendes Restrukturierungsverfahren zu blockieren (Kümpel AG 2024, 426, 429Rn. 15; Mulert/Steiner, NZG 2021, 673, 677). Um eine Entscheidung nach § 28 StaRUG und eine Anwendbarkeit des § 27 Abs. 2 StaRUG überhaupt zu ermöglichen, muss aber bei einem wahrscheinlichen Widerstand der Gesellschafter oder der Hauptversammlung das gerichtliche Verfahren auch gegen deren ausdrücklichen Willen aufgrund einer Entscheidung einzig der Vertretungsberechtigten durchgeführt werden (AG Nürnberg, Beschluss vom 21.6.2023 - RES 397/23 - juris Rn. 79; Kümpel AG 2024, 426, 429).
cc) Gegen das Erfordernis eines vorherigen Gesellschafterbeschlusses spricht zudem eine richtlinienkonforme Auslegung. Nach Art. 12 der Restrukturierungsrichtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Anteilsinhaber die Annahme und Bestätigung eines Restrukturierungsplans nicht grundlos verhindern oder erschweren dürfen. Nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung und unter Berücksichtigung des Gebots des Art. 19 lit. a der Restrukturierungsrichtlinie, auch die Interessen der Gläubiger und sonstiger Interessensträger gebührend zu berücksichtigen, ist es europarechtlich geboten, die Einwirkungsmöglichkeiten der Anteilsinhaber auch schon in der Phase der Vorbereitung eines Restrukturierungsplans einzuschränken. Es gilt zu verhindern, dass die Gesellschafter die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie bereits im Keim ersticken können, indem sie durch ihr Abstimmverhalten die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG verhindern (Spahlinger in BeckOK-StaRUG, Stand 1.7.2024, § 17 Rn. 31; vgl. auch Flöther/Wilke, ZRI 2023, 1029, 1041; Skauradszun/Amort, DB 2021, 1317, 1320 f., 1322; Mock, NZI 2023, 585 f.; Deggenkemper in MünchKomm-StaRUG, 1. Aufl., § 17 Rn. 50 zum Planangebot).
dd) Ohne Erfolg macht die Klägerin (GA 142 f.) geltend, dass die vorstehenden Ausführungen lediglich die Berechtigung der Einleitung eines StaRUG-Verfahrens im Außenverhältnis beträfen, nicht aber die Befugnis im Innenverhältnis. Vielmehr beansprucht die vorstehende Argumentation auch für das Innenverhältnis Geltung. Würde man dies anders sehen, könnten die Gesellschafter die Einleitung eines StaRUG-Verfahrens in gleicher Weise verhindern, was das vorliegende Verfahren zeigt.
ee) Auch das Schutzbedürfnis der Anteilseigner gebietet keine andere Betrachtungsweise. Vielmehr wird diesem durch die in § 60 StaRUG geregelte gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans und insbesondere durch die in §§ 63 ff. StaRUG vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten ausreichend Rechnung getragen (AG Nürnberg, Beschluss vom 21.6.2023 - RES 397/23 - juris Rn. 80; Skauradszun/Amort, DB 2021, 1317, 1321 f.).
ff) Ebenso wenig ergibt sich anderes daraus, dass §§ 2, 3 des ursprünglichen Regierungsentwurfs zum StaRUG (BT-Drucks. 19/24181) im Rechtsausschuss gestrichen wurde und stattdessen in § 43 Abs. 1 StaRUG die Verpflichtung des Geschäftsleiters vorgesehen wurde, darauf hinzuwirken, dass der Schuldner die Restrukturierungssache mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreibt und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahrt.
§ 2 des ursprünglichen Regierungsentwurfs zum StaRUG sah insbesondere vor, dass die Geschäftsleiter im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger wahren, und dass Beschlüsse und Weisungen der Überwachungsorgane und anderer Organe unbeachtlich seien, soweit sie der gebotenen Wahrung der Gläubigerinteressen entgegenstünden. Ausweislich der Begründung war diese Regelung indes nicht speziell auf die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG zugeschnitten, vielmehr sollte § 2 als Korrektiv für die den Geschäftsleitern im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit zukommende Macht dienen, Entscheidungen zu treffen, die sich zu Lasten der Gläubiger auswirken. Insoweit führte der Gesetzgeber aus, es bedürfe einer allgemeinen Regelung, die allein an den Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit anknüpfe, da diese Macht unabhängig davon bestehe, ob die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, unter Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens oder außerhalb eines gerichtlichen Forums verfolgt werde (BT-Drucks. 19/24181 S. 101). Die Regelung des § 2 Abs. 1 sei nicht zuletzt deshalb erforderlich, weil sich infolge der Verkürzung des für die Überschuldungsprüfung maßgeblichen Prognosezeitraums auf 12 Monate der Anwendungsbereich der an die Überschuldung anknüpfenden Haftung wegen Insolvenzverschleppung und wegen Verstoßes gegen Zahlungsverbote verkürze. § 2 Abs. 1 sollte mithin dazu dienen, dass insbesondere im nicht mehr von der Überschuldung erfassten Zeitraum eine Pflicht zur Berücksichtigung der Gläubigerinteressen bestehe. Mit zunehmender Vertiefung der Krise im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit werde sich auch der Pflichtenkreis der Geschäftsleiter verdichten (BT-Drucks. 19/24181 S. 102). Wenn die Zahlungsunfähigkeit näher rücke, seien die Geschäftsleiter gehalten, bei den Geschäftsführungsentscheidungen die Interessen der Gläubigerschaft zu berücksichtigen und Maßnahmen zu unterlassen, die geeignet seien, die im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit angelegte Gefährdung der Gläubigerinteressen weiter zu vertiefen (BT-Drucks. 19/24181 S. 103). Zudem hatte der Gesetzgeber mit § 2 Abs. 2 des ursprünglichen Entwurfs nicht speziell die Frage im Fokus, ob für die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG ein Gesellschafterbeschluss erforderlich sei. Vielmehr verhielt er sich nicht zur Frage, welche Organkompetenzen in welcher Konstellation bestünden, sondern führte in der Begründung zum Regierungsentwurf nur allgemein aus, dass etwaige Organkompetenzen zwar von der Vorschrift unberührt blieben, aber nicht darauf gerichtet sein oder zur Folge haben dürften, dass die Geschäftsleiter ihren Pflichten zur Wahrung der Interessen der Gläubiger nicht mehr nachkommen könnten. Wo sich die Pflichten der Geschäftsleiter zu konkreten Handlungs- oder Unterlassungspflichten verdichtet hätten, könnten diese nicht durch Beschlüsse oder Weisungen anderer Organe ausgehebelt werden (BT-Drucks. 19/24181 S. 102). Blieben entsprechende Beschlüsse, etwa Weisungen, verbindlich, würden sie eine Pflichtverletzung der Geschäftsleiter ausschließen. Die gläubigerschützende Pflichtbindung und die sich an sie anschließende Haftungsnorm insbesondere in den für die Insolvenzpraxis bedeutsamen Fällen der Ein- oder Mehrpersonen-GmbH würde leerlaufen. Die Unbeachtlichkeit entsprechender Weisungen entspreche im Übrigen dem geltenden GmbH-Recht, das die Haftung wegen Verstoßes gegen gläubigerschützende Pflichten von der Möglichkeit einer Exkulpation auf der Grundlage einer Weisung ausschließe (BT-Drucks. 19/24181 S. 104).
Die Streichung der §§ 2,3 des Regierungsentwurfs zum StaRUG erfolgte ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/25353) lediglich mit Blick auf ihr unklares Verhältnis zu den im Gesellschaftsrecht verankerten Sanierungspflichten, wobei der Gesetzgeber davon ausging, dass die Streichung keine Haftungslücken hinterlasse, und dass das Bedürfnis nach Gläubigerschutz, das mit der Rückbildung der davon betroffenen gläubigerschützenden Haftungsnormen einhergehe, durch die gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen aufgefangen werde. Im Ansehung der Frage nach dem Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses lässt sich aus der Streichung wenig ableiten (Deggenkemper in MünchKomm-StaRUG, 1. Aufl., § 17 Rn. 49). Vielmehr bleibt das Gesetz im Hinblick auf die sich aus der Streichung des § 2 ergebenden Konsequenzen unklar und konturlos (Spahlinger in BeckOK-StaRUG, Stand 1.7.2024, § 17 Rn. 28).
Da sich aus §§ 32 Abs. 1, 43 Abs. 1 StaRUG auch Verpflichtungen der Gesellschafter ergeben, würden im Übrigen selbst dann, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung in Anwendung des allgemeinen Gesellschaftsrechts im Ausgangspunkt vom Erfordernis eines Gesellschafterbeschlusses und von der Verbindlichkeit von Weisungen der Gesellschafter ausgehen würde, Einschränkungen dann gelten, wenn ein Restrukturierungsplan bzw. ein Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist. In diesem Fall wären ein ablehnender Gesellschafterbeschluss bzw. eine entgegenstehende - existenzgefährdende - Weisung der Gesellschafter unbeachtlich (vgl. Spahlinger in BeckOK-StaRUG, Stand 1.7.2024, § 17 Rn. 29; Flöther/Wilke, ZRI 2023, 1029, 1041; Westphal in Seibt/Westphal, StaRUG 1. Aufl. § 17 Rn. 41 ff.).
gg) Auch die auf eine Parallele zur Insolvenzantragstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO abstellende Argumentation vermag nicht durchzudringen. Die Sichtweise, wonach die Geschäftsleitung in diesem Fall vor dem Eröffnungsantrag eine gesellschaftsrechtliche Billigung einholen muss, kann nicht auf die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens übertragen werden, da mit dem Insolvenzverfahren einerseits und mit dem Verfahren nach dem StaRUG andererseits unterschiedliche Ziele verfolgt werden, insbesondere zielt das Verfahren nach dem StaRUG darauf, die Insolvenz abzuwenden und den Fortbestand der Schuldnerin sicherzustellen (Skauradszun/Amort, DB 2021, 1317, 1321 vgl. auch Mock, NZI 2023, 585 f.; Mulert/Steiner, NZG 2021, 673, 677). Abgesehen davon liegt es in Fällen, in denen bei eingetretener Überschuldung die positive Fortbestehensprognose nur noch auf die mehrheitliche Unterstützung des Restrukturierungskonzepts durch die Gläubiger gestützt werden kann, näher, eine Parallele zur Insolvenzantragspflicht nach §§ 15a, 17, 19 InsO zu ziehen, die keinen Gesellschafterbeschluss voraussetzt.
c) In Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist vorliegend ein Gesellschafterbeschluss entbehrlich. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten ist diese bilanziell überschuldet, eine positive Fortführungsprognose beruht allein darauf, dass 97 % der Finanzierer unter erheblichen wirtschaftlichen Zugeständnissen ihre Zustimmung zur Lösung der Krise über den Weg des Verfahrens nach dem StaRUG verbindlich zugesagt haben. Wenn die Beklagte das Verfahren nach dem StaRUG nicht zeitnah fortführt oder wenn sie den Antrag gar zurücknimmt, ist sie jedenfalls dann unmittelbar zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet, wenn die Finanzierungsgeber dies zum Anlass nehmen, die Lock-Up-Vereinbarung zu kündigen (vgl. dazu im Einzelnen noch nachstehend unter II 1).
II. Die Interessenabwägung fällt auch in Anbetracht der bei einem Vollstreckungstitel im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens erhöhten Maßstäbe zugunsten einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus. Die Interessen der Beklagten an der einstweiligen Einstellung überwiegen die Interessen der Klägerin an der Aufrechterhaltung der Vollstreckbarkeit deutlich.
1. Im Falle der Vollstreckung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts drohen der Beklagten zeitnah irreversible Nachteile. Nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten ist diese bilanziell überschuldet, eine positive Fortführungsprognose beruht allein darauf, dass 97 % der Finanzierer unter erheblichen wirtschaftlichen Zugeständnissen ihre Zustimmung zur Lösung der Krise über den Weg des Verfahrens nach dem StaRUG verbindlich zugesagt haben. Wenn die Beklagte das Verfahren nach dem StaRUG nicht zeitnah fortführt oder wenn sie den Antrag gar zurücknimmt, ist sie jedenfalls dann unmittelbar zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet, wenn die Finanzierungsgeber dies zum Anlass nehmen, die Lock-Up-Vereinbarung zu kündigen.
Ausweislich der als Anlage AG 23 vorgelegten Lock-Up-Vereinbarung haben sich die zustimmenden Finanzierungsgeber verpflichtet, die fälligen bzw. fällig werdenden Darlehen, Schuldscheine und sonstigen ausgereichten Kreditmittel für die Dauer der Lock-Up-Periode (längstens 30.11.2024) nicht ernsthaft einzufordern. In § 10 der Lock-Up-Vereinbarung werden als Kündigungsgrund unter anderem die Rücknahme der Restrukturierungsanzeige ohne Zustimmung der Lock-Up-Finanzierungsmehrheit und der mangelnde Abschluss der Restrukturierungstransaktion bis zum 30.11.2024 vorgesehen. Ist die Beklagte im Zuge der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung gezwungen, ihren Antrag nach dem StaRUG zurückzunehmen, oder kann sie das Verfahren nach dem StaRUG nicht weiterbetreiben mit der Folge, dass die Frist (30.11.2024) nicht eingehalten werden kann, besteht die erhebliche Gefahr einer Kündigung der Lock-Up-Vereinbarung durch die Finanzierungsgeber. Da die Beklagte die fälligen Forderungen von rund 350 Mio. € nicht bedienen kann, tritt im Falle der Kündigung der Lock-Up-Vereinbarung nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Beklagten sofort der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit ein, ebenso tritt der Insolvenzgrund der Überschuldung ein, weil die positive Fortbestehensprognose der Beklagten entfällt. Infolge des Erfordernisses, in diesem Fall unmittelbar Insolvenzantrag zu stellen, wäre die Einleitung eines Verfahrens nach dem StaRUG selbst dann versperrt, wenn der Senat im weiteren Verlauf in seinem Berufungsurteil die angefochtene einstweilige Verfügung aufheben sollte.
Nicht durchgreifend ist der Einwand der Klägerin (BA 73, 80), dass sich zunächst eine entsprechende Mehrheit unter den Finanzierungsgebern finden müsse, um das Kündigungsrecht auszuüben, dass eine Vollziehung des Urteils also nicht automatisch dazu führe, dass die offenen Kreditforderungen sofort fällig gestellt werden könnten. In Anbetracht der gravierenden Folgen, die eine Kündigung der Lock-Up-Vereinbarung mit sich bringt, ist der Beklagten nicht zumutbar, das naheliegende Risiko einer Kündigung einzugehen.
Ebenso ohne Erfolg verweist die Klägerin (BA 72, 80) darauf, dass die Beklagte rund zwei Wochen nach dem Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Ulm noch keinen Insolvenzantrag gestellt habe, obwohl sie dies für den Fall des Erlasses der einstweiligen Verfügung in Aussicht gestellt habe. Vielmehr liegt auf der Hand, dass die Beklagte im Hinblick auf ihren Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung den Antrag nach dem StaRUG noch nicht zurückgenommen hat, um nicht bereits vor der Entscheidung des Senats über ihren Antrag vollendete Tatsachen zu schaffen. Dies zeigt indes zugleich, dass der aktuelle Schwebezustand für die Beklagte nicht länger hinzunehmen ist.
Schließlich geht auch der Einwand der Klägerin (BA 80) ins Leere, dass ein Unternehmen selbst im Rahmen eines Insolvenzverfahrens saniert werden könne. Dies trifft zwar zu; das StaRUG dient aber gerade dazu, Sanierungsbemühungen schon im Vorfeld eines Insolvenzgrundes unter den Voraussetzungen und Vorteilen dieses Gesetzes mit gerichtlicher Hilfe anzukurbeln.
2. Die vorgenannten Interessen der Beklagten an einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung überwiegen die Interessen der Klägerin an der Aufrechterhaltung der Vollstreckbarkeit deutlich. Unstreitig sind die Anteile der Klägerin an der Beklagten wertlos, sie ginge im Falle eines Insolvenzverfahrens leer aus. Mit einem Verlust ihrer Gesellschafterstellung im Rahmen potentieller Restrukturierungsmaßnahmen nach dem StaRUG sind demnach keine bzw. allenfalls marginale vermögensrechtlichen Nachteile verbunden. Ihre gesellschaftsrechtlichen Interessen und Rechte kann sie auch im Rahmen des StaRUG-Verfahrens zur Geltung bringen.
3. Demgegenüber fällt im Rahmen der Interessenabwägung nicht ins Gewicht, ob die Klägerin seit 2021 konstruktiv am Sanierungsprozess mitgewirkt hat, und ob der Klägerin insbesondere im Vorfeld der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 sowie im Rahmen dieser Gesellschafterversammlung die Möglichkeit eingeräumt wurde, eigene Vorschläge einzubringen (vgl. hierzu Klägerin BA 70 f.). Jedenfalls im Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung vom 28.6.2024 stand der Eintritt der Fälligkeit der Verbindlichkeiten von rund 350 Mio. € unmittelbar bevor, weshalb sofortiger Handlungsbedarf bestand.
4. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass aktuell zwischen den Parteien Vergleichsverhandlungen geführt werden, und dass der im Raum stehende Entwurf eines Vergleichsvorschlags vorsieht, dass die Klägerin die einstweilige Verfügung nicht vollziehen werde. Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht absehbar, ob tatsächlich ein Vergleich zustande kommt. Auf der anderen Seite hindert die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung die Fortführung der Vergleichsverhandlungen und den Abschluss eines entsprechenden Vergleichs nicht.
III. Da die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung gemäß § 719 Abs. 1 S. 1 iVm § 707 Abs. 1 S. 2 ZPO nur zulässig ist, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, die Beklagte aber selbst nicht behauptet, überhaupt keine Sicherheit leisten zu können, kommt eine Einstellung ohne Sicherheitsleistung trotz der möglichen Wertlosigkeit der Geschäftsanteile der Klägerin nicht in Betracht. Die Klägerin hat insoweit zwar selbst keine konkreten Ausführungen dazu gemacht, welche finanziellen Nachteile ihr durch die Fortführung des Restrukturierungsverfahrens drohen; sie hat lediglich unsubstantiiert erklärt, sie verfolge neben gesellschaftsrechtlichen Interessen und Rechten im Hinblick auf die von ihr erworbenen Anteile an der Beklagten auch erhebliche finanzielle Interessen. Gleichwohl erscheint es vor dem Hintergrund des drohenden Verlustes ihrer Gesellschafterstellung im Einklang mit der Streitwertfestsetzung des Landgerichts angezeigt, zum Ausgleich der drohenden Nachteile eine Sicherheitsleistung von 100.000,00 € anzuordnen.
IV. Der Schriftsatz der Beklagten vom 20.8.2024 hat keine abweichende Würdigung veranlasst.