LG Paderborn 3. Zivilkammer, Urteil vom
2.September 2024 , Az: 3 O 96/24
Langtext
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld wegen und Unterlassung der Weitergabe von Positivdaten an die S. Holding AG sowie die Feststellung, dass die Beklagte ihm alle noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden hieraus zu ersetzen hat.
Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen, das Mobilfunkleistungen anbietet. Am 12.12.2021 schloss sie mit dem Kläger einen Mobilfunkvertrag ab.
In dem Vertrag fanden sich an verschiedenen Stellen Hinweise auf Datenweitergaben, unter anderem an die S. Holding AG. So heißt es unter Ziffer 7a des Merkblatts „Datenschutz-Hinweise der V. GmbH und der V. Deutschland GmbH“ (Bl. 149 d.A.): „Wir übermitteln im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses erhobene personenbezogene Daten über die Beantragung, die Durchführung und Beendigung dieser Geschäftsbeziehung sowie Daten über nicht vertragsgemäßes Verhalten oder betrügerisches Verhalten an die S. Holding AG. [...] Die S. verarbeitet die erhaltenen Daten und verwendet sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring) [...]“. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsunterlagen (Bl. 137-151 d.A.) Bezug genommen.
Am 04.01.2022 übermittelte die Beklagte Daten des Klägers an die S. Holding AG. Hierzu gehörten Name, Geburtsdatum und Anschrift des Klägers, die Information, dass ein Mobilfunkvertrag geschlossen wurde sowie das Datum des Vertragsschlusses und die Vertragsnummer.
Der Kläger hatte am 01.07.2023 einen S.-Basisscore von 98,92%.
Am 08.10.2023 erhielt der Kläger eine Auskunft der S. Holding AG (vom 23.09.2023) über die bei ihr gespeicherten Daten. Hierin wurde mitgeteilt, dass die Beklagte die oben genannten Daten weitergegeben hatte. Außerdem wurde mitgeteilt, dass die V. Bank GmbH Daten zu zwei Kreditverträgen über jeweils mehr als 20.000,00 € und die L.-bank B. AG Daten zu einem Kreditkartenvertrag weitergegeben hatte.
Am 19.10.2023 teilte die S. Holding AG in einer Pressemitteilung mit, dass sie die Telekommunikationsdaten aus den Konten ab dem 20.10.2023 löschen werde.
Außerdem stellte sie klar, dass die Positiv-Daten in den Bonitätsscore eingeflossen seien und sich in der Regel positiv auswirkten, aber auch negativ auswirken könnten.
Die Beklagte übermittelt deshalb keine Positivdaten mehr an die S. Holding AG.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.10.2023 forderte der Kläger die Beklagte auf, den entstandenen Schaden zu ersetzen und eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben.
Der Kläger behauptet, er habe erst durch die Auskunft der S. Holding AG am 08.10.2023 von der Weitergabe der Daten erfahren.
Hierdurch habe sich bei ihm unmittelbar ein Gefühl des Kontrollverlusts und der großen Sorge, insbesondere auch auf die eigene Bonität hin, eingestellt. Seitdem lebe er in ständiger Angst vor unangenehmen Rückfragen in Bezug auf seine Bonität, einer Verfälschung des S.-Scores und den Auswirkungen auf den Wirtschaftsverkehr sowie einer weiteren unberechtigten Übermittlung an Auskunfteien wie die S. Holding AG. Da er immer zu befürchten habe, dass der S.-Eintrag, der durch die Datenweitergabe verursacht worden sei, Folgen wie z.B. die Verhinderung von Vertragsschlüssen bewirke, empfinde er täglich Stress, Unruhe und fühle sich unwohl. Er fühle sich hilflos der Macht der Auskunfteien ausgeliefert. Das Erlebte behindere seine freie Entscheidung im Hinblick auf neue Vertragsabschlüsse sowie seine freien Entfaltungsmöglichkeiten bei der weiteren Gestaltung seines Lebens. Zudem habe er das Gefühl von Zwang, sich gegebenenfalls nach einem nicht bekannten Vorbild konform verhalten zu müssen, sowie ein Gefühl der Ohnmacht, da die S. Holding AG die relevanten Parameter nicht transparent mache. Dies gehe so weit, dass er sich um seine Existenz sorge.
Die Angaben im Mobilfunkvertrag hätten bei ihm den Eindruck erweckt, dass die Beklagte Bonitätsauskünfte lediglich einhole und nicht weitergebe oder jedenfalls nur Informationen über vertragswidriges Verhalten weitergebe.
Er ist der Ansicht, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten an die S. Holding AG durch die Beklagte unrechtmäßig erfolgt sei und ihn in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletze. Insbesondere sei die Datenweitergabe nicht erforderlich, um berechtigte Interessen zu wahren. Es seien mildere Mittel vorhanden, um den Wirtschaftsverkehr zu schützen; so könne man ein Hinweis- und Informationssystem wie in der deutschen Versicherungswirtschaft einführen. Als berechtigte Interessen kämen ohnehin nur Allgemeininteressen in Betracht, die im Rahmen einer Interessenabwägung hinter seine Individualinteressen zurückzutreten hätten.
Hinsichtlich des Feststellungsantrags sei die bloße Möglichkeit künftiger Schäden ausreichend. Das Feststellungsinteresse sei gegeben, da nicht absehbar sei, ob künftig noch Schäden eintreten, zum Beispiel weil unbekannte Dritte Zugriff auf die Daten erlangen.
Der Unterlassungsanspruch folge aus Art. 17 DSGVO sowie daneben aus §§ 1004, 823 BGB analog i.V.m. Art. 6 I DSGVO.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.06.2024 seine Anträge zu 2) und 3) konkretisiert (Bl. 429-430 d.A.).
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz für immateriellen Schaden in angemessener Höhe zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5.000,00 €, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,
2. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, Positivdaten des Klägers, also personenbezogene Daten, die keine Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beauftragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrags, an Kreditauskunfteien, namentlich S. Holding AG, Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden, zu übermitteln, ohne dass eine Einwilligung des Klägers vorliegt, also insbesondere nicht auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zur Verbesserung der Qualität der Bonitätsbewertungen oder zum Schutz der beteiligten Wirtschaftsakteure vor kreditorischen Risiken,
3. festzustellen, dass die Beklagt verpflichtet ist, ihm alle künftigen materiellen Schäden und künftigen derzeit noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger durch die unbefugte Verarbeitung personenbezogener Daten entstehen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.134,55 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt zunächst die Zulässigkeit der Klageanträge zu 2) und 3), da diese zu unbestimmt seien. In Bezug auf den Feststellungsantrag mangele es an einem Feststellungsinteresse.
Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die vom Kläger behaupteten psychischen Folgen eingetreten seien. Der klägerische Vortrag hierzu sei unsubstantiiert und lebensfern. Insbesondere auch deshalb, weil kaum anzunehmen sei, dass die Datenübermittlung einen negativen Einfluss auf den S.-Score des Klägers gehabt habe. Sie verweist darauf, dass der Klägervertreter eine Vielzahl von Klagen erhoben habe, in denen die angeblichen psychischen Folgen für die Kläger exakt gleich formuliert seien (Anlage B10a, Bl. 286-319). Sie behauptet zudem, dass die vorgebrachten Schäden nicht kausal auf die Datenübermittlung zurückzuführen seien, weil der Kläger bereits bei Vertragsabschluss Kenntnis von der Datenübermittlung gehabt habe und für die S. Holding AG lediglich die Information zum Vertragsschluss, nicht aber die Daten zur Identifizierung des Klägers neu gewesen seien.
Sie behauptet, dass die Einträge bei der S. bezüglich der streitgegenständlichen Daten mittlerweile gelöscht seien.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Weitergabe der Daten gerechtfertigt gewesen sei, da sie der Betrugsprävention, dem Schutz der Verbraucher vor Überschuldung und der Funktionalität von Auskunfteien gedient habe und somit zur Wahrung berechtigter Interessen erfolgt sei. Der Unterlassungsantrag scheitere daran, dass es hierfür keine Rechtsgrundlage gebe, da die DSGVO keinen derartigen Anspruch vorsehe und abschließend sei. Darüber hinaus fehle es an einer Wiederholungsgefahr.
Die Kammer hat den Kläger persönlich angehört; wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll zu mündlichen Verhandlung vom 02.09.2024 (Bl. 925-929 d.A.) Bezug genommen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
I.
Die Klage ist nur teilweise zulässig.
1.
Das Landgericht Paderborn ist örtlich und sachlich zuständig gemäß § 44 Abs. 1 S. 2 BDSG, §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO.
2.
Der Klageantrag zu 2) ist nach der zulässigen Konkretisierung hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind, sich die Beklagte erschöpfend verteidigen kann und dem Vollstreckungsgericht keine unbestimmten Rechtsbegriffe zur Auslegung überlassen sind (vgl. LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 29, juris m.w.N.).
Der Bestimmtheit steht nicht die Formulierung „insbesondere“ entgegen. Denn diese dient lediglich der beispielhaften Erläuterung und erweitert oder beschränkt nicht das begehrte abstrakte Verbot. Der Umfang eines etwaigen Unterlassungsanspruchs und damit insbesondere auch die Frage, ob dieser inhaltlich zu weit gefasst ist, ist demgegenüber eine Frage der Begründetheit (LG Konstanz, Urteil vom 21. Juni 2024 – D 2 O 269/23 –, Rn. 31, juris).
3.
Der Klageantrag zu 3) war als unzulässig abzuweisen, da es am erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt.
Gemäß § 256 ZPO ist für eine Feststellungsklage ein rechtliches Interesse des Klägers, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde, erforderlich. Bei der Verletzung von absoluten Rechtsgütern reicht bereits die Möglichkeit weiterer materieller oder immaterieller Schäden für die Annahme eines Feststellungsinteresses aus (BGH Urt. v. 29.6.2021 - VI ZR 52/18, NJW 2021, 3130Rn. 30). Das nach Art. 82 DSGVO absolut geschützte Datenschutzrecht stellt hierbei eine europarechtliche Ausformung des deutschen allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Ein Feststellungsinteresse ist also nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines derartigen Schadens wenigstens zu rechnen; darlegungsbelastet ist insoweit der Kläger (vgl. BGH Urt. v. 5.10.2021 - VI ZR 136/20, NJW-RR 2022, 23Rn. 28; OLG Hamm, GRUR 2023, 1791, Rn. 192 ff.).
Gemessen daran ist hier die Möglichkeit eines Schadenseintritts durch den Kläger nicht hinreichend dargelegt.
Mangels jedweder konkreter Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bis heute aufgrund der Datenweitergabe durch die Beklagte ein kausaler materieller Schaden entstanden ist, ist davon auszugehen, dass mit dem Eintritt nicht zu rechnen ist. Auch (weitere) immateriellen Schäden sind nicht zu erwarten.
Der Kläger meint, es bestehe die Möglichkeit, dass sein S.-Score negativ beeinflusst worden sei und in Zukunft (potentielle) Vertragsabschlüsse oder sonstige Geschäftsbeziehungen erschwert werden könnten. Ein solcher Schaden ist aber rein theoretischer Natur und begründet kein Feststellungsinteresse. Die Beklagte trägt, nachvollziehbar und gestützt auf die Informationsseite der S. Holding AG (Bl. 171 d.A.) vor, dass sich Positivdaten in der Regel positiv auf den S.-Score auswirken. Selbst wenn theoretisch denkbar ist, dass auch Positivdaten zu einer negativen Veränderung des S.-Scores führen können, erscheint es plausibel, dass dies lediglich dann der Fall sein kann, wenn eine Vielzahl von Verträgen gemeldet ist, weil dann aufgrund der Vielzahl an Zahlungsverpflichtungen das Zahlungsausfallrisiko steigt (vgl. Bl. 172 d.A.). In der Regel dürften die Positiveinträge – wie die Beklagte ebenfalls nachvollziehbar darlegt – positive Auswirkungen dahingehend haben, dass zukünftige Vertragspartner Anhaltspunkte dafür erlangen, dass eingegangene Verbindlichkeiten durch den Betroffenen regelmäßig bedient werden. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass in seinem Fall besondere Umstände vorliegen, weshalb sich die Positivdaten für ihn negativ ausgewirkt haben sollen. Insbesondere hat er nicht mitgeteilt, dass er eine Vielzahl von Verträgen abgeschlossen habe. Dass er häufig seinen Mobilfunkanbieter wechsle, um den Neukundenbonus auszunutzen, ist nicht außergewöhnlich und es ist nicht erkennbar, dass dies negative Auswirkungen auf seinen S.-Score hatte oder in Zukunft haben wird, zumal es vorliegend um Daten bezüglich eines Mobilfunkvertrags ging.
Der Kläger hat zudem in seiner persönlichen Anhörung erklärt, dass er seit der Datenweitergabe keinerlei negativen Effekt im Wirtschaftsleben erfahren hat, der auf einen negativen S.-Score zurückzuführen sein könnte. Aus der S. Mitteilung vom 23.09.2023 an den Kläger (Bl. 465-470 d.A.) ergibt sich sogar der sehr hohe S.-Score von 98,92%.
Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, warum der S.-Score negativ beeinflusst und eventuelle Dritte, die von dem beeinflussten S.-Score oder den Positivdaten Kenntnis erlangt haben, künftig ein wirtschaftlich schlechteres Bild vom Kläger haben sollten. Der Kläger konnte auch noch, wie sich aus der S.-Mitteilung vom 23.09.2023 ergibt, nach Weitergabe der Daten einen Kreditvertrag bei der Volkswagen Bank GmbH über 20.023,00 € abschließen – die entsprechenden Daten wurden am 17.05.2022 bei der S. Holding AG gespeichert. Die Datenweitergabe durch die Beklagte hatte hier offensichtlich keine negativen Auswirkungen.
Zudem hat die S. Holding AG in der Pressemitteilung vom 19.10.2023 mitgeteilt, dass sie sich entschieden habe, die Telekommunikationsdaten aus den Konten demnächst zu löschen. Der Kläger hat nicht dargelegt oder nachgewiesen, dass eine solche Löschung nicht erfolgt ist, was zum Beispiel über die Vorlage einer weiteren Auskunft der S. Holding AG ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Es ist daher lediglich rein hypothetisch möglich, dass in der Zukunft die Weitergabe der Positivdaten noch irgendwelche Auswirkungen haben kann. Die Einholung einer entsprechenden Auskunft bei der S. Holding AG war dem Kläger auch unter Berücksichtigung etwaiger Kosten zumutbar, wenn sein S.-Score die von ihm behauptete Relevanz für ihn hat, sodass das Unterbleiben und die daraus resultierende Ungewissheit der Beklagten nicht entgegengehalten werden kann.
Der Kläger plant auch nicht konkret Vertragsabschlüsse, bezüglich derer er konkrete Befürchtungen hinsichtlich seiner Bonitätsbewertung haben könnte. Zwar sind für ihn als Bankkaufmann geordnete wirtschaftliche Verhältnisse eine Einstellungsvoraussetzung. Allerdings ist offensichtlich, dass der Abschluss eines Mobilfunkvertrags dies nicht hindert und der S.-Score ist wie gezeigt auch nach Datenweitergabe sehr hoch gewesen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass der Kläger aufgrund seines S.-Scores Probleme bei der – möglicherweise irgendwann einmal anstehenden – Wohnungssuche haben könnte.
Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass aufgrund der Datenweitergabe durch die Beklagte ein Identitätsdiebstahl zu befürchten ist. Aus der S.-Mitteilung vom 23.09.2023 ergibt sich, dass die persönlichen Daten des Klägers bereits vor Datenweitergabe bekannt waren; diese werden in aller Regel bereits bei Eröffnung eines Girokontos erfasst. Wieso die Kenntnis der Vertragsnummer und des Datums des Vertragschlusses des Mobilfunkvertrags den Identitätsdiebstahl – unter der Prämisse, dass sich ein Unbefugter in der Zeit zwischen Datenweitergabe und Löschung der Daten bei der S. diese Daten verschafft hat – wahrscheinlicher oder erfolgreicher machen sollten, erschließt sich nicht, zumal diverse andere Vertragsdaten ebenfalls vorhanden sind und der Mobilfunkvertrag nach Angaben des Klägers mittlerweile beendet ist. Im Übrigen dient die Sammlung von Daten bei Auskunfteien unter anderem auch der Verhinderung von Identitätsdiebstählen, weil hierdurch die Daten bei etwaigen Vertragsabschlüssen abgeglichen und Rückschlüsse auch in Bezug auf z.B. ungewöhnliches Verhalten gezogen werden können (vgl. hierzu Paal, in NJW 2024, 1689Rn. 13).
Etwaige immaterielle Schäden sind wegen der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes (vgl. LG Osnabrück Urt. v. 18.12.2020 – 11 O 130/20, BeckRS 2020, 48284 Rn. 23 m.w.N.) grundsätzlich vom Klageantrag zu 1) umfasst. Mangels ersichtlicher künftiger materieller Schäden besteht nicht mehr als eine rein hypothetische Möglichkeit, dass in Zukunft zum jetzigen Zeitpunkt unvorhersehbare immaterielle Schäden auftreten könnten.
Darüber hinaus müssten etwaige Nachteile im Wirtschaftsleben gerade auf der Weitergabe der Daten durch die Beklagte beruhen. Aus der S.-Mitteilung vom 23.09.2023 ist aber ersichtlich, dass auch andere Vertragspartner Positivdaten mitgeteilt haben; so hat die V. Bank GmbH zweimal Daten über Kreditverträge über jeweils mehr als 20.000,00 € und die L.-bank B. AG Daten über einen Kreditkartenvertrag mitgeteilt. Die persönlichen Angaben zum Kläger hatte die S. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits, spätestens durch Eröffnung eines Girokontos durch den Kläger. Es ist mithin völlig unrealistisch, dass die Mitteilung eines Mobilfunkvertragsabschlusses für den Kläger irgendwie negativ ins Gewicht fallen und gerade deshalb in der Zukunft ein Schaden eintreten sollte.
Unabhängig vom fehlenden Feststellungsinteresse ist der Klagantrag zu 3) aber auch aus den unter II.1.a) genannten Gründen unbegründet.
II.
Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Dieser Anspruch folgt weder aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO noch aus anderen Anspruchsgrundlagen.
Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Verantwortlicher in diesem Sinne ist gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO jede natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheiden – hierunter fällt auch die Beklagte.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind allerdings nicht erfüllt.
a)
Es liegt bereits kein Verstoß der Beklagten gegen die DGVO durch Weitergabe der streitgegenständlichen Positivdaten an die S. Holding AG vor.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 DSGVO ist eine Verarbeitung nur rechtmäßig ist, wenn mindestens eine der in Art. 6 Abs. 1 lit. a) bis f) DSGVO geregelten Bedingungen erfüllt ist.
Die Weitergabe der Positivdaten an die S. Holding AG ist eine Verarbeitung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 DSGVO i.V.m. Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO ist eine Verarbeitung jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten (Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person natürliche Person beziehen, Art. 4 Nr. 1 DSGVO) wie bspw. die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung. Hier hat die Beklagte Daten weitergegeben, die aufgrund der Nennung des Namens, des Geburtsdatums und der Anschrift eine Zuordnung zum Kläger ermöglichen.
Zwar liegt keine Einwilligung des Klägers in die Weitergabe der Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DSGVO vor, obwohl in seinem Vertragsformular entsprechende Hinweise vorhanden waren. Allerdings folgt die Rechtfertigung für die Weitergab der Daten aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO.
aa)
Eine Einwilligung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DSGVO ist nicht darin zu sehen, dass der Kläger die Vertragsunterlagen unterschrieben und zur Kenntnis genommen hat, in denen sich Hinweise auf und Informationen zu Datenweitergabe an die S. Holding AG fanden. Hier ist insbesondere das Merkblatt „Datenschutz-Hinweise der V. GmbH und der V. Deutschland GmbH“ (Bl. 149 d.A.) zu nennen, auf dem es unter Ziffer 7a heißt: „Wir übermitteln im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses erhobene personenbezogene Daten über die Beantragung, die Durchführung und Beendigung dieser Geschäftsbeziehung sowie Daten über nicht vertragsgemäßes Verhalten oder betrügerisches Verhalten an die S. Holding AG. [...] Die S. verarbeitet die erhaltenen Daten und verwendet sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring) [...]“
Gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine „Einwilligung“ jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Die betroffene Person muss eine echte oder freie Wahl haben und somit in der Lage sein, die Einwilligung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden (Erwägungsgrund 42 DS-GVO). Eine solche Wahlfreiheit lag hier jedoch nicht vor. Denn die Einwilligung war für den Kläger nicht verhandelbar (vgl. LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23Rn. 43 m.w.N.).
bb)
Die Weitergabe der Daten ist aber erforderlich zur Wahrung berechtigter Interessen und ist im Rahmen der erforderlichen Abwägung nicht als geringwertiger anzusetzen als die Interessen des Klägers.
Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen der Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Insoweit ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob die von der Beklagten vorgetragenen berechtigten Interessen, namentlich die Betrugsprävention, Überschuldungsprävention, Präzision der Ausfallrisikoprognosen und Funktionalität von Auskunfteien, das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen oder wenigstens gleichwertig sind (dafür insb. LG Gießen, Urteil vom 03.04.2024, Az. 9 O 523/23 (Anlage B14a), m.w.N.; dagegen LG München I, Urteil vom 25.04.2023, Az. 33 O 5976/22, GRUR-RS 2023, 10317, Rn 94 ff.).
(1)
Die Übermittlung der Positivdaten dient der Wahrung berechtigter Interessen.
Das Landgericht Hagen (Westfalen) hat hierzu folgende überzeugende Ausführungen gemacht, denen sich die Kammer anschließt:
„Wie der EuGH kürzlich betont hat, erfasst Art. 6 lit. f) „ein breites Spektrum von Interessen“ (EuGH [1. Kammer], Urt. v. 7.12.2023 – C-26/22, C-64/22 = NJW 2024, 417Rn. 76). Erfasst wird nämlich grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse, das von der Rechtsordnung gebilligt ist. Dabei sprechen vorliegend mehrere legitime Interessen für die Einmeldung von Vertragsdaten an die S. Insbesondere kann diese Datenverarbeitung der Verhinderung von Betrugsstraftaten dienen, ebenso auch der verantwortlichen Kreditvergabe, und sie vermag auch zum Schutz von Opfern von Identitätsdiebstahl vor missbräuchlichen Bestellungen mittels deren Daten beizutragen. Die Betrugsprävention ist in Erwägungsgrund 47, S. 6 der DSGVO ausdrücklich als ein berechtigtes Interesse anerkannt. Zu der Frage der verantwortlichen Kreditvergabe besagt EG 26 der EU-Verbraucherkreditrichtlinie ausdrücklich, dass zu einer verantwortlichen Kreditvergabe auch die Abfrage von Bonitätsauskünften bei Auskunfteien gehört. Zwar stellt dies für sich allein gesehen noch keine gesetzliche Erlaubnis der Datenverarbeitung dar, es zeigt aber, dass der EU-Gesetzgeber die Datenverarbeitung über Auskunfteien grundsätzlich als legitim ansieht. Auch das deutsche Verbraucherschutzrecht selbst sieht die Abfrage von Bonitätsauskünften bei Auskunfteien vor. Gemäß § 505b Abs. 1 BGB können Stellen, die Verbraucherkredite vergeben, ihre Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung von Verbrauchern (§ 505a Abs. 1 BGB) u.a. dadurch erfüllen, dass sie Auskünfte von Auskunfteien wie der S. einholen (LG Darmstadt [2. Zivilkammer], Urteil vom 12.06.2024 – 2 O 18/24Rn. 16).“
(LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 34 - 59, juris)
An dieser Stelle ist anzufügen, dass auch der Generalanwalt beim EuGH ein berechtigtes Interesse von Teilnehmern im Wirtschaftsverkehr bzgl. der Beurteilung der Zahlungsbereitschaft potentieller Vertragspartner durch Dienstleistungen, insb. Auskünfte, von Wirtschaftsauskunfteien, namentlich der S., anerkennt (Generalanwalt beim EuGH (PriitPikamäe), Schlussantrag vom 16.03.2023 – C-26/22, C-64/22, ReckRS 2023 4638, Rn. 63).
Die Weitergabe von Positivdaten dient neben der Betrugsprävention auch dem Interesse der betroffenen Personen an einer höheren Genauigkeit ihres Scorings, einer abgewogeneren Beurteilung von Negativdaten und einem Schutz vor Überschuldung (vgl. hierzu Paal, in NJW 2024, 1689Rn. 13).
Das Landgericht Duisburg hat, ebenfalls überzeugend und auf den vorliegenden Fall übertragbar, Folgendes ausgeführt:
„Die Beklagte hat nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, daß durch die Weitergabe der sogenannten Positivdaten erreicht werden kann, daß der Abschluß einer ungewöhnlich großen Zahl von Postpaid-Mobilfunkverträgen durch ein und dieselbe Person, die auf betrügerische Absichten desselben hindeuten kann, rechtzeitig aufgedeckt und dadurch Betrugsschäden gegebenenfalls abgewendet werden können. Maßnahmen zur Abwendung von Schäden durch Straftaten von Dritten dienen deren berechtigten Interessen. Ebenfalls überzeugend hat die Beklagte auch dargelegt, daß durch die Übermittlung der Positivdaten über den Abschluß von Postpaid-Mobilfunkverträgen die damit einhergehenden finanziellen Belastungen der diese Verträge abschließenden Personen aufzuzeigen geeignet ist, was von mitentscheidender Bedeutung für die Beurteilung ihrer Kreditwürdigkeit ist, zu der ein etwaiger Kreditgeber nach dem Unionsrecht (vgl. Richtlinie 2008/48/EG und 2014/17/EG) verpflichtet ist, bevor er eine Entscheidung über eine Kreditvergabe an eine als Verbraucher handelnde Person – hier ggf. den Kläger – trifft. Die Übermittlung der hier infragestehende Positivdaten dient auf diese Weise zum einen dem Interesse eines etwaigen künftigen Kreditgebers (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 7. Dezember 2023, Az. C-26/22) und zum anderen auch dem Interesse derjenigen Person, die späterhin eventuell einmal einen Verbraucherkredit aufnehmen möchte, hier also ggf. des Klägers. Denn die Verpflichtung zur Prüfung der Kreditwürdigkeit eines Verbrauchers vor der Kreditvergabe an ihn ist auch in seinem Interesse geschaffen worden (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union aaO.).“
(LG Duisburg, Urteil vom 28. Juni 2024 – 1 O 9/24 –, Rn. 69, juris)
(2)
Die Übermittlung der Positivdaten war auch erforderlich zur Wahrung der berechtigten Interessen.
Grundsätzlich muss sich jede Verarbeitung personenbezogener Daten auf das absolut erforderliche Maß beschränken. Die Erforderlichkeit fehlt dann, wenn das berechtigte Interesse ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Rechte der betroffenen Person eingreifen. Insbesondere ist – unter Beachtung des Grundsatzes der Datenminimierung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO – zu prüfen, ob der Zweck mit weniger personenbezogenen Daten erreicht werden kann (LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 49, juris, m.w.N.).
Die Erforderlichkeit für die oben genannten berechtigten Interessen wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. So hat das Landgericht München I die Erforderlichkeit für Zwecke der Verbesserung von Abschlussquoten, der Inklusion finanziell schwacher Verbraucher und der Funktionalität von Auskunfteien verneint (LG München I, Urteil vom 25.04.2023 33 O 5976/22, ZD 2024, 46Rn. 100 ff.). Die Erforderlichkeit insbesondere zur Betrugs- und Überschuldungsprävention sowie zur Präzisierung der Ausfallprognosen, und teils auch zur Funktionalität des Auskunfteiwesens wird jedoch vielfach bejaht (vgl. LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 50, juris, m.w.N.; LG Gießen, Urteil vom 03.04.2024 – 9 O 523/23Rn. 17 - juris).
Mögliche mildere Mittel werden dem hochautomatisierten Massegeschäft der Telekommunikationsdienstleister nicht gerecht.
Die Kammer macht sich insofern die überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Duisburg zu eigen:
„Die Übermittlung der Positivdaten ist auch erforderlich, um mit der angestrebten Zuverlässigkeit die Ehrlichkeit und Kreditwürdigkeit des Verbrauchers und potentiellen Vertragspartners zu überprüfen. Ein für den Betroffenen – hier den Kläger – weniger belastendes Mittel (milderes Mittel) zur im selben Maße zuverlässigen Erlangung der Informationen über seine Ehrlichkeit und Kreditwürdigkeit ist nicht vorhanden. Die jeweilige Befragung des Betroffenen vor dem angedachten Abschluß etwa eines Verbraucherkredits führt nicht mit gleicher Zuverlässigkeit zu richtigen und vollständigen Informationen. Wer betrügen will, wird nicht die Wahrheit sagen. Aber auch derjenige, der bereits Vorbelastungen eingegangen ist, aber unbedingt noch einen Kredit aufnehmen möchte, wird die bereits bestehenden Belastungen auf entsprechendes Befragen vor dem Abschluß des seinerseits angestrebten Kredits nicht unbedingt richtig und vollständig offenlegen. Die Einstellung von zusätzlichen Personal auf Seiten des potentiellen Vertragspartners des Betroffenen führt auch nicht weiter. Denn ohne die hier infragestehende Übermittlung von Positivdaten kommt man auch mit zusätzlichem Personal, wenn man nicht gerade – erheblich belastender als die Übermittlung der hier infragestehende Positivdaten, immer noch unzuverlässiger und auch erheblich teurer – Privatdetektive einsetzt, um den Betroffenen zu beobachten, nicht zuverlässig an die hier in Rede stehenden Informationen zur Beurteilung von Ehrlichkeit und Kreditwürdigkeit des Betroffenen. Die Übermittlung der hier infragestehenden Positivdaten auf der Grundlage einer Einwilligung des Betroffenen – die hier mangels Einwilligung des Klägers nicht vorliegt, seine etwaige Unterschrift unter dem Hinweis auf die Datenübermittlungen an Auskunfteien (vgl. die als Bl. 127 bei der Akte befindliche Abschrift) stellt keine solche dar, sondern nur die Bestätigung der Kenntnisnahme hiervon – kommt als milderes Mittel ebenfalls selbst dann nicht in Betracht, wenn man die Übermittlung derselben Daten als weniger belastend ansieht, wenn sie auf der Grundlage einer Einwilligung erfolgt, als wenn sie ohne Einwilligung auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) Datenschutzgrundverordnung erfolgt. Denn die Einwilligung ist jederzeit widerruflich. Die Übermittlung der Daten bzw. ihre Speicherung kann im Falle des Widerrufs der Einwilligung nicht erfolgen bzw. nicht fortgesetzt werden, ohne daß aufgrund des Widerrufs der Einwilligung aber auch der Mobilfunkvertrag, der Anlaß zur Einholung der Einwilligung war, umgehend beendet werden könnte. Durch die Übermittlung von Positivdaten allein auf der Grundlage einer Einwilligung kann deshalb nicht im selben Maße zuverlässig und nachhaltig für eine Information Dritter über das Bestehen des Mobilfunkvertrags gesorgt werden wie durch deren Übermittlung auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) Datenschutzgrundverordnung.“
(LG Duisburg, Urteil vom 28. Juni 2024 – 1 O 9/24 –, Rn. 74-78, juris)
Auch das in der Versicherungsbranche genutzte und vom Kläger angesprochene Hinweis- und Informationssystem („HIS“) steht der Erforderlichkeit nicht entgegen. Denn eine Verpflichtung der Beklagten zur Nutzung einer bestimmten Datenbank (anstelle der S.) würde dem durch die DSGVO eingeräumten Gestaltungsspielraum beim Umgang mit Positivdaten in unzulässiger Weise beschränken (so auch LG Nürnberg-Fürth, Az. 7 O 6632/23, Anlage Bl. 332 d.A.). Als milderes Mittel kommt auch nicht der Rückgriff auf eigene Kundendaten in Betracht. Denn zum einen sind solche bei Neukunden noch gar nicht vorhanden, zum anderen sind die eigenen Kundendaten weniger aussagekräftig als die Gesamtheit der Daten zu diversen Verträgen und über einen längeren Zeitraum.
(3)
Auch die Interessenabwägung fällt zugunsten der Beklagten aus, wobei die klägerischen Interessen lediglich nicht „überwiegen“ dürfen (vgl. Gola/Heckmann/Schulz, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 6 Rn. 62).
Laut Erwägungsgrund 47 sind „vernünftige Erwartungen“ des Betroffenen zu berücksichtigen. Aus dem Wort „vernünftig“ ergibt sich, dass nur objektive Erwartungen zu berücksichtigen sind, d.h. solche, die ein „vernünftiger“ Kunde in der Situation des Betroffenen hätte bzw. haben könnte (LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 56, juris). Zu berücksichtigen ist auch die Eingriffsintensität, die Art der verarbeiteten Daten, die Art der betroffenen Person(en), mögliche Aufgaben oder Pflichten, die Zwecke der Datenverarbeitung, Maßnahmen der Datensicherheit, und die Sphäre, in die eingegriffen werden soll, einzubeziehen (Gola/Heckmann/Schulz, 3. Aufl. 2022, DS-GVO Art. 6 Rn. 63).
Nach diesen Maßstäben waren die Interessen des Klägers nur geringfügig beeinträchtigt.
Betroffen sind zwar sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie seine Datenschutz-Grundfreiheit aus Art. 8 EU-GrCH, die auch das Recht umfassen, von einer Datenverarbeitung möglichst nicht betroffen zu sein. Die Betroffenheit ist aber marginal und kann deshalb die Interessen der Beklagten nicht überwiegen.
Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Großteil der Daten der S. bereits bekannt war; neu mitgeteilt wurde lediglich, dass der Mobilfunkvertrag mit der Beklagten abgeschlossen wurde. Die Tatsache des Abschlusses eines Mobilfunkvertrages ist eine Information, die nahezu für jeden Bundesbürger und die meisten Menschen der westlichen Welt gilt und schon nicht erkennbar geeignet ist, irgendwelche negativen Auswirkungen auf das Leben, die Privatsphäre, das Ansehen oder die Kreditwürdigkeit des Klägers zu haben. Ende 2022 waren in Deutschland etwa 169 Millionen Mobilfunkanschlüsse vorhanden und es besaßen 98,1% der Privathaushalte in Deutschland mindestens ein Handy (Anlage B11b, Bl. 321-322 d.A.). Auch wenn der S.-Score durch die Weitergabe beeinflusst wurde, ist nicht von einem negativen Effekt für den Kläger auszugehen. Zwar ist die genaue Zusammensetzung des S.-Scores ein Geschäftsgeheimnis. Wie oben unter I.3. dargestellt ist aber davon auszugehen, dass der Abschluss eines Mobilfunkvertrags sich in aller Regel positiv auf den Score auswirkt. Auch im hier vorliegenden Fall ist nichts anderes ersichtlich, da der Score des Klägers auch nach Weitergabe der streitgegenständlichen Daten mit 98,92% sehr hoch war und der Kläger auch nicht vorgetragen hat, dass besondere Umstände – wie eine Vielzahl von Mobilfunkverträgen – zu einer negativen Beeinflussung geführt haben könnten. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass ihm bislang irgendwelche Nachteile durch seinen S.-Score, geschweige denn durch die Weitergabe der streitgegenständlichen Daten entstanden wären. Hinzu kommt, dass der Kläger bei Abschluss des Mobilfunkvertrags auf die Weitergabe der Daten hingewiesen wurde, mit dieser also zu rechnen hatte – selbst wenn er die Hinweise tatsächlich dahingehend verstand, dass lediglich vertragswidriges Verhalten übermittelt werden sollte. Darüber hinaus ist die Weitergabe von Vertragsdaten an die S. ein seit Jahrzehnten flächendeckend praktiziertes und allgemein bekanntes Verfahren. So rechnet laut Bericht der „Nordlight research“ die große Mehrheit der Verbraucher mit der Datenübermittlung vor (74%) und nach (70%) Vertragsabschluss mit einer Datenübermittlung an Auskunfteien, bei Mobilfunkverträgen sind dies sogar 84% (Bl.207, 225, 227 d.A.). Auch der Kläger erklärte im Rahmen seiner persönlichen Anhörung, dass ihm bewusst gewesen sei, dass Daten an die S. übertragen werden; er habe lediglich nicht gewusst, welche Daten im Einzelnen das sein würden. Auch ist zu berücksichtigen, dass dem Kläger Rechte nach Art. 15 ff. DSGVO zustehen, insbesondere ein Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO. Damit ist seinen Interessen hinreichend Genüge getan.
b)
Überdies mangelt es auch an einem ersatzfähigen Schaden des Klägers im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO.
Für einen Anspruch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO genügt nicht allein ein Verstoß gegen die DSGVO; vielmehr ist der darauf beruhende Eintritt eines konkreten materiellen oder immateriellen Schadens zwingende Voraussetzung (EuGH, Urt. v. 11.4.2024 – C-741/21, NJW 2024, 1561Rn. 34; Urteil vom 04.05.2023, Rs. C-300/21, Rn. 32). Eine Erheblichkeitsschwelle in dem Sinne, dass immaterielle Bagatellschäden nicht ausgeglichen werden müssten, existiert nicht (EuGH, Urteil vom 14.12.2023 – C-456/22NZA 2024, 56 Rn. 18; Urteil vom 04.05.2023, Rs. C-300/21, NJW 2023, 1930Rn. 51; OLG Koblenz, VuR 2022, 347, 348). Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt des Schadens sowie die (Mit-)Ursächlichkeit des DSGVO-Verstoßes liegt beim Betroffenen (EuGH, NJW 2024, 1091 Rn. 84; Urteil vom 14.12.2023 – C-340/21, NJW 2024, 1091Rn. 84; LG Frankfurt a. M. Urt. v. 19.3.2024 – 2/10 O 691/23, BeckRS 2024, 5840 Rn. 21).
Ein materieller Schaden ist auch laut klägerischem Vortrag – bislang – nicht eingetreten.
Einen immateriellen Schaden hat der Kläger vorliegend nicht glaubhaft dargelegt und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
Der Kläger hat schriftsätzlich behauptet, dass er, nachdem er das Auskunftsschreiben der S. Holding AG gelesen habe, unmittelbar ein Gefühl des Kontrollverlusts erlitten habe und er seitdem ständig unter Sorge, Unruhe, Stress, Existenzangst und einem Gefühl des Zwangs lebe und in seiner freien Lebensgestaltung eingeschränkt sei. Hinsichtlich der einzelnen Behauptungen des Klägers wird auf die Ausführungen im Tatbestand sowie auf Bl. 3-4, 480-481 d.A. Bezug genommen.
Die geschilderten Gefühle sind grundsätzlich ein tauglicher Schaden im Sinne des Art. 82 DSGVO (vgl. EuGH, Urteil vom 14.12.2023 – C-340/21, NJW 2024, 1091Rn. 82, 86).
Bei behaupteten und bestrittenen persönlichen oder psychologischen Beeinträchtigungen ist allerdings auch im Rahmen des § 287 Abs. 1 ZPO die Darlegung konkret-individueller und dem Beweis zugänglicher Indizien erforderlich, da andernfalls die bloße Bekundung des Betroffenen, einen immateriellen Schaden in Form belastender Gefühle erlitten zu haben, für einen Ersatzanspruch ausreichen würde (OLG Köln Urt. v. 7.12.2023 – 15 U 108/23, GRUR-RS 2023, 37546 Rn. 36; OLG Hamm, Urteil v. 15.08.2023 – 7 U 19/23, GRUR 2023, 1791; OLG Stuttgart, Urt. v. 22.11.2023 – 4 U 20/23, GRUR-RS 2023, 32883, Rn. 124; LG Frankfurt a. M. Urt. v. 19.3.2024 – 2/10 O 691/23, BeckRS 2024, 5840 Rn. 23).
Die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger die von ihm geschilderten Beeinträchtigungen tatsächlich erlitten hat.
Zum einen spricht der mit der Klageschrift identische Vortrag in vielen anderen Verfahren gegen eine Darstellung einer individuellen Situation (vgl. beispielhaft nur Anlage B10a, Bl. 286-319, B12a-B12b, Bl. 326-344, Anlagenkonvolut, Bl. 542-871 d.A.). Die Kammer schließt auch unter Berücksichtigung des jeweils gleichgelagerten Sachverhalts aus, dass die Empfindungen der hiervon betroffenen Kläger in einer derart auffälligen Weise ausnahmslos übereinstimmen. Mithin kann sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass die Ausführungen in der Klageschrift auf einer dahingehenden Schilderung der Klagepartei gegenüber den Prozessbevollmächtigten beruhen.
Zum anderen konnte sich die Kammer auch nach der informatorischen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 02.09.2024 keine Überzeugung dahingehend bilden, dass der Kläger aufgrund der Weitergabe der Positivdaten durch die Beklagte unter echten immateriellen Beeinträchtigungen wie beispielsweise Angstgefühlen, seelischem Leid, seelischen Auswirkungen, psychischen Beeinträchtigungen oder anderen, irgendwie spürbaren seelischen Beeinträchtigungen gelitten hat.
Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung geschildert, dass er die Datenweitergabe als bedrohlich empfunden habe. Er habe auch mal nachts schlaflose Stunden gehabt, weil er darüber nachgedacht habe, welche negativen Konsequenzen die Datenweitergabe haben könnte, beispielsweise einen Identitätsdiebstahl. Zudem habe die Kenntnis der Datenweitergabe bei ihm zu Verdauungsstörungen geführt. Insoweit ergibt sich bereits eine Diskrepanz zum schriftsätzlichen Vorbringen. Der, weiterhin relativ abstrakt gehaltene, Vortrag konnte keine Überzeugung der Kammer, dass entsprechende Beeinträchtigungen tatsächlich bestanden bzw. bestehen und auf die Datenweitergabe durch die Beklagte zurückzuführen waren, begründen. Der Kläger machte auf die Kammer nicht den Eindruck eines nervösen, verängstigen Menschen. Zudem ist nicht begreiflich, weshalb die bloße Kenntnis darüber, dass der Abschluss eines Mobilfunkvertrages an die S. gemeldet wurde und bei deren Auskunft Dritten bekannt wird, irgendwelche - gar existentiellen - Sorgen oder Ängste auslösen könnte. Der Kläger hat dies auch in seiner Anhörung nicht überzeugend plausibilisieren können.
Wie bereits ausgeführt kann nicht nachvollzogen werden, warum der Kläger befürchten sollte, dass er in Zukunft mit den weitergegebenen Daten konfrontiert bzw. mit seinem S.-Score Probleme bekommen sollte. Der Kläger verfügte am 01.07.2023, also nach Weitergabe der Daten, über den sehr positiven S.-Score von 98,92%. Auch aufgrund der Information durch die S., dass in aller Regel Positivdaten einen positiven Einfluss auf den Score hätten, erschließt sich nicht, warum der Kläger negative Auswirkungen befürchten sollte. Zumal er keine Umstände vorträgt, aufgrund derer eine negative Veränderung des Scores in Betracht kommen würde. Die geschilderten Sorgen hängen wohl vielmehr damit zusammen, dass der Kläger die Zusammensetzung seines S.-Scores nicht nachvollziehen kann. Schließlich erscheint nicht plausibel, warum der Kläger, wenn ihn der Eintrag der Beklagten tatsächlich derart gestört hätte, nicht zwischenzeitlich eine Auskunft bei der S. Holding AG eingeholt hat, mittlerweile eine Löschung der Positivdaten, wie in der Pressemitteilung vom 19.10.2023 angekündigt, stattgefunden hat. Würden die behaupteten Ängste, bis hin zur Existenzangst, tatsächlich (auch) auf dem hier streitgegenständlichen Eintrag beruhen, so wäre dieser Schritt zur Abklärung des Fortbestands der Beeinträchtigung absolut naheliegend bzw. dessen Unterlassen schlechterdings nicht verständlich. Auch aus diesem Grund verbleiben erhebliche Zweifel am Eintritt eines immateriellen Schadens, jedenfalls aber einer möglichen Ursächlichkeit des hier gegenständlichen – unterstellten – Verstoßes. Im Übrigen hat die S. Holding AG elf Tage, nachdem der Kläger die Auskunft über die Speicherung der Positivdaten erhalten hatte, öffentlich bekannt gegeben, dass sie diese Daten löschen werden. Es ist auch deshalb nicht erklärlich, warum der Kläger Schadenseintritte in der Zukunft für möglich hält, zumal er keine konkreten Vertragsabschlüsse in Aussicht hat, für die er Probleme aufgrund seines S.-Scores befürchtet.
Dass die Befürchtungen des Klägers - selbst wenn sie hinreichend begründet sein sollten - auf die von der Beklagten übermittelten Informationen zurückzuführen sind, kann das Gericht ebenfalls nicht feststellen. Vielmehr erscheint es wahrscheinlich, dass diese – sofern sie tatsächlich vorhanden sind – ausschließlich wegen bereits vorhandener oder nachfolgender Informationen ausgelöst wurden. Aus der Auskunft der S. vom 23.09.2023 ergab sich – wovon der Kläger ebenfalls erst durch die Auskunft erfuhr –, dass auch andere Unternehmen Positivdaten an die S. übermittelt hatten. Diese waren nach Auffassung der Kammer weit schwerwiegender, da sie Informationen zu Kreditverträgen und Kreditkartenverträgen enthielten, die im Vergleich zu einem Mobilfunkvertrag ungleich stärker negative Effekte befürchten lassen. Hinsichtlich der Gefahr eines Identitätsdiebstahls ist, wie gezeigt, nicht nachvollziehbar, wieso konkret die Kenntnis der Vertragsnummer und des Datums des Mobilfunkvertragsschlusses einen solchen befürchten lassen sollte. Eine dahingehende Angst dürfte nicht auf die Datenweitergabe durch die Beklagte, sondern auf die Sammlung der Daten bei der S. Holding AG im Allgemeinen beruhen. Sofern behauptet werden soll, dass die Angst auf die Datenweitergabe der Beklagten zurückzuführen ist, wäre dies schlicht unglaubhaft angesichts der Vielzahl an anderen vorhandenen Daten.
c)
Aus den soeben dargestellten Gründen ergibt sich der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. dem Mobilfunkvertrag oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog i.V.m. Art. 13, 14 DSGVO oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. auch LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 77 - 79, juris; LG Gießen, Urteil vom 3. April 2024 – 9 O 523/23 –, Rn. 28 - 30, juris). Insbesondere kann der Schaden sich nicht allein aus der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergeben, da andernfalls die Wertung des Art. 82 Abs. 1 DSGVO, dass über einen Verstoß gegen die DSGVO hinaus ein Schaden vorliegen muss (s.o.), unterlaufen würde (vgl. LG Köln, Az. 28 O 395/23 – Anlage B12c, Bl. 345-360). Denn die Vorschriften der DSGVO schützen gerade das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sodass mit jedem Verstoß auch eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einhergeht.
2.
Mangels einer bestehenden Hauptforderung hat der Kläger gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zinszahlung.
3.
Dem Kläger steht auch der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
Ein Anspruch folgt weder aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB bzw. § 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs.1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO noch aus Art. 17 DSGVO oder einer anderen Anspruchsgrundlage, wobei dahinstehen kann, ob ein Unterlassungsanspruch überhaupt in Betracht kommt oder die DSGVO einen solchen nicht vorsieht und insoweit abschließend ist (so z.B. OLG Frankfurt, Urteil vom 30. März 2023 16 U 22/22, GRUR 2023, 904Rn. 50; LG Heilbronn Urt. v. 10.7.2024 – I 5 O 290/23, GRUR-RS 2024, 18322 Rn. 32).
Denn der Anspruch scheitert bereits an einer fehlenden Verletzungshandlung der Beklagten (s. unter II.1.). Darüber hinaus ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aber auch zu weitgehend. Ein Antrag darf nicht so formuliert werden darf, dass er zulässige Handlungen erfassen kann (vgl. OLG Köln, Urteil vom 3. November 2023 – I-6 U 58/23 –, Rn. 41, 43, juris). Dies ist aber vorliegend der Fall.
Der Kläger begehrt Unterlassung der Weitergabe von Positivdateien an Kreditauskunfteien ohne seine Einwilligung. Die Stattgabe eines solchen Antrages würde zu einem allgemeinen Verbot der Übermittlung von Positivdaten an Kreditauskunfteien führen und würde auch Datenübermittlungen umfassen (also verbieten), die grundsätzlich nach der DSGVO gerechtfertigt sind, beispielsweise weil sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich sind, Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO (vgl. OLG Köln, Urteil v. 03.11.2023 – 6 U 58/23, GRUR-RS 2023, 34611; LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 22. Juli 2024 – 3 O 196/23 –, Rn. 80 – 84; LG Frankfurt a. M. Urt. v. 19.3.2024 – 2/10 O 691/23, BeckRS 2024, 5840 Rn. 27).
Im Übrigen fehlt es auch an einer Wiederholungsgefahr. Zwar kann selbst ein einziger Verstoß aus der Vergangenheit eine Wiederholungsgefahr rechtfertigen. Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen. Es ist schon nicht ersichtlich, warum die Beklagte wiederholt dieselbe Mitteilung an die S. machen sollte. Der Kläger trägt auch nicht vor, dass er einen weiteren Vertrag bei der Beklagten abschließen möchte. Vor allem aber übermittelt die Beklagte keine Positivdaten mehr an die S. Holding AG, da diese Positivdaten nicht mehr aufnimmt. Der Kläger hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Beklagte Daten an andere Auskunfteien weitergegeben hat oder dies in Zukunft plant.
4.
Mangels einer Haftung dem Grunde nach hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 S. 1 u. 2 ZPO.
IV.
Die Kammer hat beschlossen: Der Streitwert wird auf 6.500,00 € festgesetzt.
Die Festsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 48 GKG, §§ 3, 5 ZPO.
Der Antrag zu 1) ist dabei mit dem von Klägerseite genannten Mindestbetrag von 5.000,00 € zu bemessen.
Der Klageantrag zu 2) war mit 500,00 € zu bewerten.
Dabei war zu berücksichtigen, dass der Streitwert bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten letztlich anhand aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch anhand der Einkommensverhältnisse und der Bedeutung der Sache zu bemessen ist (Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, I. Streitwerte im gerichtlichen Verfahren im Allgemeinen Rn. 90). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erscheint die Berücksichtigung eines Wertes von insgesamt 500,00 € als angemessen aber auch ausreichend. Denn die begehrte Unterlassung hat weder für die Beklagte noch für den Kläger eine große Bedeutung. Hierbei war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Information bereits weitergegeben wurde und eine erneute Weitergabe höchst unwahrscheinlich ist. Auch das Interesse des Klägers an der Unterlassung, bewertet anhand eines möglichen Schadens bei Verletzung einer Unterlassungspflicht, ist nur als gering zu bewerten, da sich die Mitteilung der Positivdaten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht negativ auf den S.-Score des Klägers auswirken würde.
Der Klageantrag zu 3) war mit 1.000,00 € zu bemessen.
Maßgeblich ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der beantragten Feststellung; bei einem Antrag auf Feststellung der Pflicht zum Ersatz künftigen Schadens bemisst sich das konkrete wirtschaftliche Interesse der Partei nicht allein nach der Höhe des drohenden Schadens, sondern auch danach, wie hoch oder wie gering das Risiko eines Schadenseintrittes und einer tatsächlichen Inanspruchnahme durch den Feststellungskläger ist (BGH, Beschluss vom 23.2.2022, IV ZR 282/21, NJOZ 2022, 600; OLG Hamm Beschl. v. 21.1.2016 – 32 SA 69/15, BeckRS 2016, 3771 Rn. 30; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. Juli 2023 – 10 W 5/23 –, Rn. 15, juris). Allerdings orientiert sich der wirtschaftliche Wert eines Feststellungsantrags für künftige Schäden auch an den Vorstellungen des Klägers zum Leistungsantrag, wobei der Wert des Feststellungsantrags nur mit einem Bruchteil zu bemessen ist (OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.01.2023 – 4 AR 4/22, ZD 2024, 107-108 Rn. 15). Der festgesetzte Wert folgt daraus, dass auf der einen Seite der Eintritt künftiger Schäden wie gezeigt nicht ersichtlich ist und vom Kläger auch nicht substantiiert in irgendeiner Größenordnung vorgetragen wird. Auf der anderen Seite waren die höheren Vorstellungen des Klägers in Bezug auf das Schmerzensgeld zu berücksichtigen.
Der Klageantrag zu 4) bleibt unberücksichtigt, § 43 Abs. 1 GKG.