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Nr: NJRE001588366


LG Kiel 13. Zivilkammer, Urteil vom 25.September 2024 , Az: 13 O 220/23


Langtext

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 6.500,00 € festgesetzt.


Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche in Zusammenhang mit der Übermittlung von Positivdaten an eine Wirtschaftsauskunftei geltend.

Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen, welches u.a. Mobilfunkleistungen anbietet.

Der Kläger schloss am 31.03.2021 bei der Beklagten einen Mobilfunkvertrag unter der Vertragsnummer ... ab (Anlage B1).

Im Zuge des Vertragsschlusses stellte die Beklagte dem Kläger das „Merkblatt zum Datenschutz Informationen gemäß Art. 13, 14 DSGVO“ (Anlage B2.) zur Verfügung. Darin heißt es u.a.:

„Übermittlung von Daten an Wirtschaftsauskunfteien

Wir übermitteln zum Zweck der Identitäts- und Bonitätsprüfung, zur Wahrung eigener berechtigter Interessen und berechtigter Interessen Dritter sowie zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und zur Verfolgung von Straftaten personenbezogener Daten über die Beantragung, die Aufnahme, die Durchführung und die Beendigung von Vertragsverhältnissen sowie über nicht vertragsgemäßes oder betrügerisches Verhalten an Wirtschaftsauskunfteien, soweit nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen ... Auskunfteien verarbeiten die erhaltenen personenbezogenen Daten als eigenständig Verantwortliche und verwenden sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring), ... .“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage B2 Bezug genommen.

Nach Abschluss des Vertrages übermittelte die Beklagte an die S. Holding AG (nachfolgend: „S.“) den Abschluss des Telekommunikationsvertrages mit dem Kläger und teilte neben den zur Identifikation der jeweiligen Person erforderlichen Daten wie Name, Geburtsdatum und Anschrift, das Datum des Vertragsschlusses und die Vertragsnummer mit. Eine ausdrückliche Einwilligung zur Datenübermittlung erteilte der Kläger nicht.

Der Kläger erhielt mit Schreiben vom 21.10.2023 von der S. eine Kopie des dort gespeicherten Datensatzes (Anlage K 1). Darin befindet sich u.a. folgende Angabe:

„Am 01.04.2021 hat f. D. GmbH den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages gemeldet und hierzu das Servicekonto unter der Nummer ... übermittelt. Diese Information wird gespeichert, solange die Geschäftsbeziehung besteht.“

Weiter heißt es am Ende des Schreibens:

„Am 06.10.2023 beträgt Ihr Basisscore ... von theoretisch möglichen 100 %. Der Basisscore ermöglicht Ihnen eine branchenübergreifende Einschätzung Ihrer Bonität. Er wird als Erfüllungswahrscheinlichkeit in Form eines Prozentwertes dargestellt. Die Berechnung erfolgt einmal pro Quartal auf Basis der zu Ihrer Person bei der S. gespeicherten Daten.“

Wegen der weiteren Eintragungen und Einzelheiten wird auf Anlage K 1 verwiesen.

Am 19.10.2023 veröffentlichte die S. eine Pressemitteilung unter der Überschrift „S. löscht Daten zu Telekommunikationskonten“ (Anlage B3), in der mitgeteilt wird, dass Telekommunikationsunternehmen und die S. entschieden hätten, die Telekommunikationsdaten aus den Konten zu löschen. In dieser Mitteilung heißt es u.a.:

„Warum sich Telekommunikationsunternehmen und S. zu diesem Schritt entschieden haben und was das konkret für Sie bedeuten kann – hier sind die wichtigsten sieben Fragen und Antworten:

1. Um welche Daten geht es?

Es handelt sich um die Information, dass bei einem Telekommunikationsunternehmen ein Vertragskonto, also ein Kundenkonto, besteht, mit dem für das Telekommunikationsunternehmen ein kreditorisches Risiko verbunden ist. Bei Kundenkonten auf Prepaid-Basis liegt kein Zahlungsausfallrisiko vor – folglich wurden sie auch nicht an die S. gemeldet. Informationen zu Zahlungsausfällen werden weiterhin gemeldet und im Rahmen von Bonitätsscores und -auskünften verarbeitet.

...

7. Warum werden Informationen zu Telekommunikationsverträgen eigentlich gelöscht?

Hintergrund der Löschung ist der Beschluss der Datenschutzkonferenz der Länder (DSK), dem Gremium der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder. Die DSK hat die Übermittlung und Verarbeitung von sogenannten Positivdaten aus dem Telekommunikationsbereich durch Wirtschaftsauskunfteien diskutiert und wie folgt bewertet: Die Übermittlung und Verarbeitung von Daten aus dem Telekommunikationsbereich durch Wirtschaftsauskunfteien für das Bonitätsscoring könne nicht auf ein „berechtigtes Interesse“ gestutzt werden (gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a der Datenschutzgrundverordnung /DSGVO), hierfür sei eine Einwilligung (nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) erforderlich.

Anlässlich des im Herbst 2021 gefassten Beschlusses der Datenschutzkonferenz wurden keine neuen Vertragsdaten zu Kundenkonten von Telekommunikationsunternehmen mehr an die S. übermittelt und durch diese verarbeitet. Die offene Rechtsfrage, ob die Positivdaten auf Basis des sog. berechtigten Interesses an die S. übermittelt werden dürfen, wird aktuell noch gerichtlich geklärt - wobei die S. nicht die Beklagte ist. Ein abschließendes Urteil liegt derzeit nicht vor. Die Entscheidung zur Löschung der Daten wurde unabhängig davon getroffen.“

Die S. begann am 20. Oktober 2023 damit, an sie übermittelte Positivdaten zu löschen. Die Beklagte übermittelt keine Positivdaten mehr an die S..

Mit Schreiben vom 30.10.2023 forderte der Kläger die Beklagte zur Unterlassung der seiner Ansicht nach rechtswidrigen Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten und zur Zahlung eines Schadensersatzes auf (Anlage K 2).

Der Kläger behauptet, was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, bei ihm habe sich nach Erhalt der S.-Auskunft ein Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Sorge, insbesondere auf die eigene Bonität eingestellt. Seitdem lebe er mit der ständigen Angst vor - mindestens - unangenehmen Rückfragen in Bezug auf die eigene Bonität, das allgemeine Verhalten im Wirtschaftsverkehr oder vor einer Verfälschung des S.-Scores. Es blieben Stress, ggf. Unruhe und ein allgemeines Unwohlsein im Alltag zurück. Da von einer Veränderung des S.-Scores ein schlichter Mobilfunkvertrag, aber auch eine Kreditfinanzierung oder ein Mietvertrag betroffen sein könne, steigere sich sein allgemeines Unwohlsein bis hin zu einer schieren Existenzsorge.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten I. A., A. F. und R. von P., oder unmittelbarer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, ebenfalls zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, Positivdaten, also personenbezogene Daten des Klägers, die keine negativen Zahlungserfahrungen oder sonstiges, nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben, sondern Informationen über die Beantragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrages darstellen, ohne die vorherige Einwilligung des Klägers oder ohne sonstige Berechtigung an die Auskunftei S. Holding AG, K.-weg …, … W. zu übermitteln oder übermitteln zu lassen, wie geschehen am 01.04.2021 im Rahmen des Vertrages der Parteien mit der Nummer ....

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der unter Ziffer 1 des Tenors genannten Handlung entstanden ist oder noch entstehen wird.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Übermittlung der Positivdaten an Wirtschaftsauskunfteien im Anschluss an den Abschluss des Mobilfunkvertrages sei zur Wahrung berechtigter Interessen gerechtfertigt. Die in Rede stehende Datenübermittlung diene insbesondere der Betrugsprävention, schütze Verbraucher vor Überschuldung und gewährleiste nicht zuletzt die Funktionalität der Auskunfteien, die für den Wirtschaftsverkehr unerlässlich seien. Für weitere Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 07.02.2024, Bl. 48 f. d.A., Bezug genommen.

Ein ersatzfähiger individueller immaterieller Schaden sei dem Kläger nicht entstanden. Das Vorbringen hierzu sei in keiner Weise individualisiert. Vielmehr werde in zahllosen Parallelfällen - was unstreitig und gerichtsbekannt ist - in den jeweiligen Klageschriften in identischer Weise exakt dieselbe Beeinträchtigung für die jeweils klagende Partei vorgetragen. Zudem fehle die Kausalität. Es sei nicht ersichtlich, dass und in welcher Weise sich gerade die Einmeldung der Beklagten für den Kläger ausgewirkt habe.

Der Unterlassungsanspruch scheitere daran, dass die DSGVO insoweit abschließend sei, sodass ein Rückgriff auf nationale Vorschriften ausscheide.

Jedenfalls sei die Klage bereits unzulässig. Der mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei nicht hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Gleiches gelte für den mit dem Klageantrag zu Ziff. 2 geltend gemachten Feststellungsantrag. Diesem fehle es jedenfalls an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.

Die Beklagte behauptet, sie übermittele keine Positivdaten mehr an die S..

Die Klage ist der Beklagten am 29.11.2023 zugestellt worden.

Das Gericht hat den Kläger gem. § 141 Abs. 1 ZPO persönlich angehört. Für das Ergebnis der Anhörung sowie weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.08.2024 (Bl. 181 f. d.A.) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 2) unzulässig und im Übrigen unbegründet.

I. Der Klageantrag zu 2) ist unzulässig.

Es fehlt das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Wird - wie hier - Schadensersatz wegen eines reinen Vermögensschadens begehrt, hängt bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts ab (BGH NJW-RR 2018, 1301). Der Kläger trägt als Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens ergibt. Selbst unter Zugrundelegung nur des Klägervorbringens ist in keiner Weise ersichtlich, dass mit dem Eintritt eines künftigen Schadens zu rechnen ist.

II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf immateriellen Schadensersatz aus keinem rechtlichen Grund zu.

Insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO.

Gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Verantwortlicher in diesem Sinne ist gemäß Art. 4 Nr. 7 DSGVO jede natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheiden

Es fehlt vorliegend bereits an einem einen Schadensersatzanspruch des Klägers begründenden Verstoß der Beklagten gegen die Bestimmungen der DSGVO.

Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen der Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

Die beanstandete Übermittlung von Positivdaten war von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO gedeckt, weshalb die geltend gemachten Ansprüche ausscheiden. In der Rechtsprechung ist streitig, ob die von der Beklagten vorgetragenen berechtigten Interessen, namentlich Betrugsprävention, Überschuldungsprävention und Ermöglichung von Ausfallrisikoprognosen das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen ((Kühling/Buchner/Buchner/Petri, 4. Aufl. 2024, DS-GVO Art. 6), dafür u.a.: LG Gießen, GRUR-RS 2024, 7986; LG Koblenz, GRUR-RS 2024, 14360; LG Berlin II, GRUR-RS 2024, 16755; dagegen: LG München I, GRUR-RS 2023, 10317). Das Gericht schließt sich der Auffassung an, wonach die Interessen der Beklagten den Vorrang haben. Ein milderes Mittel ist mit der zutreffenden Argumentation des LG Gießen nicht ersichtlich. Dabei war zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten überwiegend verfolgten Zwecke, nämlich die Betrugs- und Überschuldungsprävention, Präzision der Ausfallrisikoprognosen und die Validierung der bei der S. -Holding AG vorhandenen Daten dem Kläger zunächst möglicherweise nicht unmittelbar persönlich zugutekommen. Allerdings ist die Frage der Bonität für alle Marktteilnehmer für die eigene Preisfindung von besonderer Bedeutung, da eine höhere Unsicherheit durch höhere Preise umverteilt werden muss. Insofern lässt sich jedenfalls ein mittelbarer Nutzen der Meldung auch für den Kläger feststellen, was bei der Abwägung für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung spricht (vgl. LG Ellwangen, GRUR-RS 2024, 16547; LG Oldenburg, GRUR-RS 2024, 16757, jeweils m.w.N.). Dafür spricht auch, dass die Übermittlung von sog. Positivdaten über den Abschluss von Verträgen im Vergleich zu stigmatisierenden Negativdaten regelmäßig als deutlich geringfügiger einzustufen ist, so in diesem Fall die Interessen der Mobilfunkanbieter überwiegender Eingriff in die Rechte der betroffenen Personen einzustufen sind. Dies gilt auch und gerade, da das Fehlen von Positivdaten als den Score-Wert begünstigende Faktoren zu einem „negative bias“ zu führen droht (Paal, NJW 2024, 1689, Rn. 19). Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger nicht einmal dargelegt hat, dass dieser S.-Eintrag einen negativen Einfluss auf seinen Bonitätsscore gehabt habe. Der von der S. im Schreiben vom 21.10.2023 mitgeteilte Bonitätsscore ist vom Kläger geschwärzt worden und auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2024 konnte der Kläger hierzu keinerlei Angaben machen.

Zudem würden die vom Landgericht München I aufgeführten milderen Maßnahmen dem hochgradig automatisierten Massengeschäft der Telekommunikationsdienstleister nicht gerecht werden, so dass sie im Ergebnis jedenfalls kein geeignetes Mittel zur Erreichung der legitimen Interessen der Beklagten sind.

Dessen ungeachtet fehlt es hier an einem ersatzfähigen Schaden des Klägers. Die Beweislast für das Vorliegen eines materiellen oder immateriellen Schadens trägt der Kläger als Anspruchsteller. Die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffene Person muss den Nachweis führen, dass die geltend gemachten Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne der Verordnung darstellen (EuGH GRUR-RS 2023, 8972; OLG Stuttgart GRUR-RS 2023, 32883).

Die Worte „materieller oder immaterieller Schaden“ verweisen dabei nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten, weshalb sie als autonome Begriffe des Unionsrechts anzusehen und in allen Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen sind und eine einheitliche unionsrechtliche Definition erhalten müssen (EuGH GRUR-RS 2023, 8972; OLG Stuttgart GRUR-RS 2023, 32883; OLG Hamm GRUR-RS 2023, 22505). Da ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO nicht ausreicht, muss konkret festgestellt werden, dass die (vom Kläger zu beweisenden) Folgen einen Schaden darstellen (EuGH GRUR-RS 2023, 8972; OLG Stuttgart GRUR-RS 2023, 32883 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen hat sich vorliegend ein konkreter und individueller Schaden des Klägers nicht feststellen lassen. Schon aus dem Vortrag des Klägers selbst erschließt sich nicht, inwieweit die Weitergabe von sogenannten Positivdaten, nämlich, dass er als Kunde einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen hat, zu einem immateriellen Schaden führen soll. Sein Sachvortrag dazu ist pauschal und wird - gerichtsbekannt - in zahlreichen weiteren Klagen zumeist wortgleich verwendet. Wie zahllose andere Antragsteller auch, hat der Kläger schriftsätzlich vorgetragen, bei ihm habe sich nach Erhalt der S.-Mitteilung vom 21.10.2023 unmittelbar das Gefühl des Kontrollverlustes und der großen Sorge, insbesondere auch in Bezug auf die eigene Bonität, eingestellt. Das Gefühl des Kontrollverlusts sei geprägt von der Angst, einer unberechtigten Übermittlung an eine Auskunftei wie der S. Holding AG ausgesetzt zu sein und beunruhige ihn bis zum heutigen Tag. Seitdem lebe er mit der ständigen Angst vor - mindestens - unangenehmen Rückfragen in Bezug seine Bonität, sein allgemeines Verhalten im Wirtschaftsverkehr oder eine Verfälschung des S.-Scores. Es blieben Stress, ggf. Unruhe und ein allgemeines Unwohlsein im Alltag.

Schon diese Befürchtungen sind in keiner Weise nachvollziehbar. Allein die Meldung des Abschlusses eines Mobilfunkvertrages bei der S. ist aus Sicht des Gerichts objektiv mit keinerlei negativen Bewertung der Bonität des Klägers verbunden. Diese Information ist für sich genommen - anders als ein sog. Negativeintrag - vollkommen neutral. Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass Positivdaten - wie der Name schon sagt - sich positiv auf die Bonität auswirken, im Zweifel also zu einer besseren Bewertung der Bonität führen. Die von dem Kläger beschriebene Angst ist darüber hinaus bereits deswegen nicht nachvollziehbar, da überhaupt nicht klar ist, ob dieser Eintrag sich überhaupt auf den Bonitätsscore, den der Kläger noch nicht einmal selber beziffern kann, ausgewirkt hat.

Daran ändert auch der Umstand, dass der Kläger sich unwohl fühle, wenn Daten an die S. und sodann an unbekannte Dritte weitergegeben werden, nichts. Der Kläger kann hierzu nicht darlegen, dass dieser S.-Eintrag irgendeinen Einfluss auf den Darlehensvertragsabschluss gehabt habe. Er vermute insofern lediglich, dass er diesen Darlehensvertrag aufgrund des S.-Eintrags zu schlechteren Konditionen angeboten bekommen habe. Dies reicht jedoch nicht aus, um einen konkreten Schaden darzulegen. Auch das von dem Kläger beschriebene Unwohlsein im Hinblick auf die Übermittlung der Daten an die S. und das Gefühl einer damit verbundenen Stigmatisierung rechtfertigt die Annahme eines Schadens jedenfalls nicht.

Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, dass gerade die Weitergabe der streitgegenständlichen Positivdaten beim Kläger zu Kontrollverlust, Ängsten etc. geführt haben. Ausweislich der vom Kläger eingeholten Auskunft von der S. sind dort mehrere Einträge vorhanden, welche allerdings wiederum geschwärzt worden sind. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger sodann angegeben, dass er noch einen weiteren Eintrag eines Mobilfunkanbieters – ähnlich wie dem vorliegenden – habe und auch diesen gerichtlich verfolge.

Insofern erschließt sich nicht, dass und warum ausgerechnet die Aufführung des mit der Beklagten geschlossenen Vertrages zu Unwohlsein, (vollständig grundlosen) Ängsten und Sorgen geführt haben soll.

III. Auch der mit dem Klageantrag zu Ziff. 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht dem Kläger nicht zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Anspruch aus Art. 17 DSGVO oder aus §§ 823, 1004 BGB oder §§ 280 Abs. 1, 241, 1004 BGB, jeweils i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DS-GVO, folgt. Denn der Unterlassungsanspruch scheitert schon an der fehlenden Verletzungshandlung der Beklagten (s.o.).

Darüber hinaus scheitert der Anspruch auch an der fehlenden Wiederholungsgefahr. Selbst wenn zum Zeitpunkt der Übermittlung der Bestandsdaten an die S. die Rechte des Klägers rechtswidrig beeinträchtigt worden wären, steht eine weitere Datenübermittlung in Zukunft nicht mehr zu befürchten. Die S. hat am 20.10.2023 damit begonnen, die von ihr gespeicherten Positivdaten aus dem Telekommunikationsbereich zu löschen und diese Löschung Anfang November 2023 abgeschlossen.

Zwar begründet eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, an deren Widerlegung durch den Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH NJW 2004, 3701). Diese hohen Anforderungen sind hier durch die Beklagte jedoch erfüllt, so dass die übrigen Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs dahingestellt bleiben können. Denn eine Vermutung kann nur solange gelten, wie der ihr zugrunde liegende Sachverhalt unverändert fortbesteht (OLG Schleswig, BeckRS 2013, 3123). Hier hat sich der Sachverhalt jedoch maßgeblich geändert. So war Hintergrund der Löschung der Positivdaten durch die S. und der Entscheidung der Beklagten, keine Positivdaten mehr an die S. zu melden, ein Beschluss der Datenschutzkonferenz der Länder (DSK), dem Gremium der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder. Danach hat die DSK die Übermittlung und Verarbeitung von sogenannten Positivdaten aus dem Telekommunikationsbereich durch Wirtschaftsauskunfteien diskutiert und dahingehend bewertet, dass die Übermittlung und Verarbeitung von Daten aus dem Telekommunikationsbereich durch Wirtschaftsauskunfteien für das Bonitätsscoring könne (mehr) nicht auf ein „berechtigtes Interesse“ gestützt werden (gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a der Datenschutzgrundverordnung/DSGVO), hierfür sei eine Einwilligung (nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO) erforderlich. Aufgrund dieses im Herbst 2021 gefassten Beschlusses der DSK übermitteln die Telekommunikationsunternehmen - so auch die Beklagte - keine neuen Vertragsdaten zu Konten ihrer Kunden mehr an die S..

Der Kläger hat zudem nicht dargelegt oder nachgewiesen, dass eine Löschung seiner Daten nicht erfolgt ist, was z.B. über die Vorlage einer weiteren Auskunft der S. ohne weiteres möglich gewesen wäre (so auch: LG Konstanz Urt. v. 21.6.2024 – D 2 O 269/23, GRUR-RS 2024, 14360 Rn. 64, beck-online).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.