I.
Der Beteiligte zu 4. (im Folgenden Kindesvater) wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Übertragung des Sorgerechts für die vorliegend betroffenen, derzeit neun- und fünfjährigen Kinder, auf die Beteiligte zu 5. (im Folgenden Kindesmutter) allein. Die Kinder leben seit der Trennung der Eltern im Oktober 2020 bei der Kindesmutter. Die Eltern sind mittlerweile geschieden.
Auf Antrag der Kindesmutter wurde gegen den Kindesvater mit Beschluss vom 25. Mai 2021 ein Näherungs- und Kontaktverbot für die Dauer von sechs Monaten ausgesprochen (Amtsgericht Dieburg, Az. ...). Bei der im Rahmen dieses Verfahrens geschlossenen Vereinbarung verpflichtete sich der Kindesvater, sich der Kindesmutter bis zum 28. Dezember 2021 nicht zu nähern. Die Eltern verständigten sich in dem Verfahren auf begleiteten Umgang zwischen dem Kindesvater und den betroffenen Kindern. Nachdem der Kindesvater die Zusammenarbeit mit dem Träger ablehnte, wurde die Maßnahme im Mai 2022 beendet. In der Folgezeit gewährte die Kindesmutter dem Kindesvater selbständig Umgang, unter anderem in ihrer Wohnung.
Am 30. November 2023 beantragte die Kindesmutter erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem GewSchG (Amtsgericht Dieburg, Az. ...). Zur Begründung trug sie vor, dass der Kindesvater sie bei einem Besuch in ihrer Wohnung am 25. November 2023 im Zuge einer Auseinandersetzung um ihr Handy im Beisein der beiden Kinder in das Kinderzimmer geschubst und zu ihr gesagt habe „Ich habe nur auf diesen Moment gewartet. Ich bringe dich um“. Dann habe er ihr ins Gesicht und in den Nackenbereich geschlagen. Er habe sich immer mehr in seine Wut hineingesteigert und sie zu Boden geworfen. Sie habe eine Hautabschürfung und eine Knie- und Rippenprellung erlitten, was im Befundbericht des ärztlichen Bereitschaftsdienstes vom 26. November 2023 dokumentiert sei. Auf den Befundbericht wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Er habe sie nochmals mit dem Tod bedroht und geäußert „Ich bringe dich um, dann liegst du neben deinem Vater im Grab“. Dann habe er ihr Handy gegen die Wand geschmissen. Das ältere Kind sei aus der Wohnung gerannt, um Hilfe zu holen. Das jüngere Kind habe geschrien. Die Kindesmutter hat ihre Angaben durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht. Im Einzelnen wird auf den Antrag vom 30. November 2023 verwiesen. Mit Beschluss vom 30. November 2023 hat das Amtsgericht gegenüber dem Kindesvater ein Näherungs- und Kontaktverbot für die Dauer von sechs Monaten ausgesprochen. Im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 30. November 2023 verwiesen. Das Verfahren war beigezogen.
Im hiesigen Verfahren hat die Kindesmutter am 05. Februar 2024 die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine Kommunikation zwischen den Beteiligten nicht mehr möglich sei. Sie hat auf die gewalttätigen Übergriffe verwiesen, die Gegenstand der einstweiligen Anordnungsverfahren waren. Sie müsse in jedem Fall damit rechnen, dass es erneut zu körperlichen Übergriffen und Drohungen komme, wenn sie versuche, ein vernünftiges Gespräch mit dem Kindesvater zu führen. Dies sei ihr nicht zumutbar, zumal der Kindesvater sich weder an Absprachen halte noch bereit sei, mit irgendjemandem zusammenzuarbeiten. Für den gemeinsamen Sohn stehe ein Therapieplatz zur Verfügung, wofür eine Einverständniserklärung des Kindesvaters erforderlich sei. Für die gemeinsame Tochter sei im kommenden Jahr eine Anmeldung für die Schule erforderlich, bei der der Kindesvater ebenfalls mitwirken müsse. Gleiches gelte hinsichtlich der Pässe für die Kinder.
Die Kindesmutter hat am 30. April 2024 die Verlängerung der einstweiligen Anordnung vom 30. November 2023 beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das sich der Kindesvater nicht an die Verbote aus dem Beschluss vom 30. November 2023 gehalten habe. Am 14. Dezember 2023 habe er ihr geschrieben „Ruf die Cops die brauchen ewig bis die aus Stadt1 kommen. Ist das klar genug oder nicht. Du rufst mich in einer halben Stunde an, ansonsten kannst du was erleben. Ich bin auf dem Weg zu euch ich scheiß auf dein gsa ok.“ Mit GSA habe er den Gewaltschutzantrag gemeint. Am 30. Januar 2024 habe er dreimal versucht, sie anzurufen. Am 08. April 2024 habe er vor ihrer Haustür auf den gemeinsamen Sohn gewartet. Seit diesem Tag tauche er fast täglich in der Nähe des Hauses auf und suche die Kinder. Am 29. April 2024 habe er in der Nähe ihres Hauses im Auto gewartet. Er habe ihr zugerufen „Ich bin jeden Tag hier. Du und die Kinder könnt euch nicht vor mir verstecken!“. Mit Beschluss vom 15. Mai 2024 hat das Amtsgericht das Näherungs- und Kontaktverbot für die Dauer von sechs Monaten verlängert. Im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 15. Mai 2024 verwiesen. Nach Durchführung der vom Kindesvater beantragten mündlichen Erörterung hat das Amtsgericht seinen Beschluss vom 15. Mai 2024 aufrechterhalten. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Kindesvaters hat der Senat mit Beschluss vom 15. August 2024 (OLG Frankfurt, Az. 6 UF 134/24) zurückgewiesen. Das Verfahren war beigezogen.
In einem weiteren Verfahren (Amtsgericht Dieburg: ...) streiten die Beteiligten um die Regelung des Umgangs des Kindesvaters mit den beiden Kindern. In dem Termin vom 25. April 2024 haben sie sich auf die Durchführung begleiteter Umgangskontakte für die Dauer eines einzuholenden Sachverständigengutachtens verständigt. Das Verfahren war beigezogen.
Das Amtsgericht hat die Kinder und die Eltern im hiesigen Verfahren persönlich angehört und die Sache mit den Beteiligten erörtert. Der Kindesvater hat sich dem Sorgerechtsantrag entgegengestellt. Er hat im Termin die Einwilligungserklärung für die Therapie des gemeinsamen Sohnes unterzeichnet. Er hat eingeräumt, dass die Vorwürfe der Kindesmutter zum Teil zutreffend seien und es Ende November Gewalt gegeben habe, bei der die Kindesmutter ihn aber auch angegriffen und verletzt habe. Zum Ergebnis wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 25. April 2024 und den Vermerk vom 06. Mai 2024 verwiesen. Für die Berichterstattung der Verfahrensbeiständin im Einzelnen wird auf den Bericht vom 04. April 2024 und deren Stellungnahme in dem Termin zur Anhörung der Eltern und Erörterung verwiesen. Für die Stellungnahme des Jugendamts wird auf das genannte Protokoll verwiesen.
Mit Beschluss vom 26. Juni 2024 hat das Amtsgericht der Kindesmutter die elterliche Sorge für die beiden Kinder zur alleinigen Ausübung übertragen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge mangels ausreichender Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft nicht in Betracht komme. Eine konstruktive Kommunikation zwischen den Kindeseltern habe in der Vergangenheit nicht bestanden und bestehe auch derzeit nicht. Die Beziehung der Eltern sei seit langem konflikthaft und insbesondere dem Kindesvater mangele es objektiv an der Fähigkeit zur Kooperation und subjektiv am Willen dazu. Das Gericht habe sich in der mündlichen Anhörung einen persönlichen Eindruck davon verschaffen können, dass der Kindesvater sehr impulsiv auftrete und sich schlecht regulieren könne. Sachlichen Argumenten sei er wenig zugänglich und sei stattdessen darauf bedacht, der Kindesmutter die alleinige Schuld zuzuweisen, ohne eigene Anteile an der Situation reflektieren zu können. Die gegenüber der Kindesmutter stattgefundene Gewalt räume der Kindesvater ein, führe jedoch deren Verhalten als Begründung an und bagatellisiere damit die Gewalt. Er habe keinerlei Problembewusstsein dafür, dass die Kinder mehrfach die Gewalt miterleben mussten. Bei der Regelung der elterlichen Sorge sei nach Art. 31 Abs. 1 der Istanbul-Konvention auch die eigene Betroffenheit der Mutter als Opfer häuslicher Gewalt zu berücksichtigen. Von der Kindesmutter müssten daher keine über das übliche Maß hinausgehende Anstrengungen unternommen werden, um im Kontakt zum Kindesvater ein Einvernehmen über sorgerechtliche Belange des Kindes herzustellen. Die elterliche Sorge sei der Kindesmutter zu übertragen. Sie sei seit der Trennung der Eltern die Hauptbezugsperson für beide Kinder. Es sei auch nichts ersichtlich, das gegen ihre Erziehungseignung und Förderbereitschaft spreche. Die Kindesmutter sei bindungstolerant und habe dem Kindesvater Umgänge ermöglicht, obwohl der Träger die begleiteten Umgänge beendet habe. Auch in dem Umgangsverfahren habe sie erneut begleiteten Umgängen zugestimmt. Die Erteilung einer Vollmacht durch den Kindesvater sei mangels ausreichender Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft nicht ausreichend und werde im Übrigen durch den Kindesvater abgelehnt. Prognostisch könne auch nicht ernsthaft erwartet werden, dass sich der Elternkonflikt nur auf einige begrenzte Teile des Sorgerechts auswirken werde. Eine Teilregelung würden den Konflikt zulasten der Kinder verlängern. Da in absehbarer Zeit sorgerechtliche Entscheidungen anstünden, sei die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge auf die Kindesmutter vorzunehmen. Im Einzelnen wird auf den Beschluss verwiesen.
Mit seiner am 11. Juli 2024 eingegangenen „sofortigen Beschwerde“ wendet sich der Kindesvater gegen den ihm am 10. Juli 2024 zugestellten Beschluss vom 26. Juni 2024. Er beantragt hilfsweise, erneut nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
Mit weiterem Schriftsatz vom 26. August 2024 hat der Kindesvater Berufung gegen den Beschluss vom 26. Juni 2024 eingelegt und eine Begründung angekündigt.
Die übrigen Beteiligten haben im Beschwerdeverfahren keine Stellung genommen.
II.
Die vom Kindesvater eingelegte „sofortige Beschwerde“ vom 11. Juli 2024 war als Beschwerde gegen den ihm am 10. Juli 2024 zugestellten Beschluss vom 26. Juni 2024 auszulegen, da der in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte verfassungsrechtliche Anspruch des Kindesvaters auf eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle das Gericht verpflichtet, ein Rechtsmittel so zu deuten, dass der erstrebte Erfolg möglichst erreicht werden kann. Das statthafte Rechtsmittel gegen die verfahrensbeendigende Entscheidung des Amtsgerichts betreffend die elterliche Sorge ist die Beschwerde (§ 58 Abs. 1 FamFG).
Die statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde war zurückzuweisen, weil sie nicht begründet ist.
Das Amtsgericht hat zu Recht die elterliche Sorge für die Kinder auf die Kindesmutter zur alleinigen Ausübung übertragen, weil die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht nur vorübergehend getrennt leben und zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf die Kindesmutter dem Wohl der Kinder am besten entspricht (§ 1671 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nummer 2 BGB); eine auf Grund anderer Vorschriften abweichende Regelung war nicht erforderlich (§ 1671 Abs. 4 BGB).
Bei der Entscheidung über die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und der Übertragung auf einen Elternteil hat das Gericht alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände im Rahmen einer einzelfallbezogenen und umfassenden Betrachtung gegeneinander abzuwägen. Die mit der Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge verbundene Beeinträchtigung des Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG desjenigen Elternteils, der von der Sorge ausgeschlossen wird, ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn es an den tatsächlichen Voraussetzungen für die Ausübung gemeinsamer elterlicher Sorge, insbesondere einer tragfähigen sozialen Beziehung zwischen den Eltern und einem Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen, fehlt. Die gemeinsame elterliche Sorge setzt eine hinreichende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern voraus und verlangt insoweit ein Mindestmaß an sozialer Beziehung der Eltern zueinander (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2016 XII ZB 419/15 Die, BGHZ 211, 22-37). Ist die Kommunikation der Eltern schwer und nachhaltig gestört, weil sie nicht regelmäßig dazu in der Lage sind, sich in der gebotenen Weise sachlich über die Belange des Kindes auszutauschen und auf diesem Wege zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen, dann ist insbesondere zu prüfen, ob hierdurch eine erhebliche Belastung des Kindes zu befürchten ist, wobei es unerheblich ist, ob einem Elternteil die Schuld hierfür zu geben ist (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 158/05 -, juris).
Diesen Maßstäben entspricht die amtsgerichtliche Entscheidung. Es ist nicht erkennbar, dass zwischen den Eltern eine tragfähige soziale Beziehung besteht oder mit Unterstützung durch professionelle Beratungsstellen hergestellt werden könnte. Die vom Kindesvater gegenüber der Kindesmutter ausgeübte Gewalt spricht gegen eine für die Ausübung der elterlichen Sorge zwingend erforderliche Kommunikation auf Augenhöhe. Unter Berücksichtigung der Geschehnisse seit der Trennung der Eltern, die wiederholt zu Schutzanordnungen nach dem GewSchG gegen den Kindesvater geführt haben, ist die von der Kindesmutter und dem ältesten Kind bekundete Angst vor dem Kindesvater objektiv nachvollziehbar. Denn der Kindesvater ist in der Vergangenheit bereits mit impulsivem, unkontrolliertem Verhalten in Erscheinung getreten. Sein durchaus erhöhtes Aggressionspotential und seine Bereitschaft, auch körperliche Gewalt anzuwenden, ergeben sich aus dem beigezogenen einstweiligen Anordnungsverfahren nach dem GewSchG. Danach hat der Kindesvater die Kindesmutter körperlich angegriffen und verletzt und überdies wiederholt mit dem Tode bedroht. Der Kindesvater hat dabei zumindest den gewalttätigen Übergriff auf die Kindesmutter im November 2023 eingeräumt und ist dabei den detaillierten Schilderungen der Kindesmutter weder im einstweiligen Anordnungsverfahren noch im hiesigen Verfahren im Einzelnen entgegengetreten. Überdies hat auch die Verfahrensbeiständin ausgeführt, dass sie den Kindesvater im Gespräch als sehr aufgebracht und aggressiv erlebt habe, weshalb sie ihm wiederholt seine aggressive Haltung habe spiegeln müssen. Dies entspricht schließlich auch dem Eindruck, den das erstinstanzliche Gericht im Anhörungstermin von dem Kindesvater gewonnen und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Hinzukommt, dass der Kindesvater bereits in der Vergangenheit wiederholt grenzüberschreitende Verhaltensweisen gezeigt hat, indem er sich nicht an die Schutzanordnungen nach dem GewSchG gehalten hat. Die vom Kindesvater mehrfach ausgesprochenen - von ihm auch nicht bestrittenen - an die Kindesmutter gerichteten direkten Todesdrohungen sind keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Unzweifelhaft ist der Kindesvater vorliegend nicht zu einem angemessenen und respektvollen Umgang mit der Kindesmutter in der Lage. Angesichts des Inhalts der ausgesprochenen Todesdrohungen ist es für die Kindesmutter unzumutbar, sich mit dem Kindesvater regelmäßig in sorgerechtlichen Fragen abzustimmen. Nicht zuletzt, weil der Kindesvater keinerlei Einsicht zeigt, sich offenkundig nicht mit der unstreitig stattgefundenen Gewalt auseinandersetzt und es bereits zu einer Körperverletzung durch ihn gekommen ist, ist es überwiegend wahrscheinlich, dass es erneut zu einem gewalttätigen Übergriff des Kindesvaters zum Nachteil der Kindesmutter kommen würde, wenn die Eltern verpflichtet wären, die elterliche Sorge zukünftig weiterhin gemeinsam auszuüben.
Gegen die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge spricht auch der Wille der Kinder, der trotz ihres noch geringen Alters beachtlich ist. Denn jede gerichtliche Lösung eines Konflikts zwischen Eltern, die sich auf die Zukunft des Kindes auswirkt, muss das Kind in seiner Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigen. Die Grundrechte des Kindes gebieten, bei der gerichtlichen Entscheidung über die elterliche Sorge den Kindeswillen zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar ist, weil das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch macht. Nur wenn die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsvollem Handeln berücksichtigt werden, kann das Ziel erreicht werden, das Kind darin zu unterstützen, zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu werden (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2017 - 1 BvR 1914/17 -, juris). Kinder erwerben bereits ab dem Alter von drei bis vier Jahren die kognitiven und psychischen Kompetenzen, die Voraussetzungen für die Herausbildung und Äußerung eines autonomen Willens sind (Dettenborn/Walter, Familienrechtspsychologie, 4. Aufl. 2022, S. 86 ff.).
Vorliegend haben sich die beiden neun und fünf Jahre alten Kinder für die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter und gegen unbegleitete Umgangskontakte mit dem Kindesvater ausgesprochen. Soweit der Kindesvater behauptet, die Kindesmutter habe die Kinder manipuliert, übersieht er, dass auch die Kinder die Konsequenzen der gegenüber der Kindesmutter ausgeübten Gewalt und ausgesprochenen Todesdrohungen im Sinne realen Negativerlebens zu tragen haben. Das älteste Kind hat davon berichtet, dass es kein normaler Streit der Eltern gewesen sei, der Kindesvater viele Beleidigungen ausgesprochen und das Handy der Kindesmutter kaputtgemacht habe. Weiter hat es berichtet, dass der Kindesvater ihm Angst gemacht habe, als er so geschrien habe. Gegenüber der Verfahrensbeiständin hat das ältere Kind zudem davon berichtet, dass der Kindesvater geschlagen habe, immer schreie und verbale und körperliche Gewalt auch gegen andere ausübe. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die Schilderungen des Kindes nicht der Wahrheit entsprechen. Unstreitig haben die betroffenen Kinder zumindest den Übergriff im November 2023 miterlebt. Zweifellos stellt miterlebte Gewalt eine spezielle Form der Kindesmisshandlung dar, nach der Definition der American Professional Society an Abuse of Children (APSAC, Brassard et al., 2019, S. 6) in Form der psychischen Misshandlung und hier der Unterform des Terrorisierens: „[...] Terrorisieren beinhaltet folgendes: 6. Androhung oder Anwendung von Gewalt gegen Angehörige, Haustiere oder geliebte Objekte des Kindes, einschließlich häuslicher/Partnerschaftsgewalt, durch das Kind beobachtbar; [...]“ (OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. Juni 2022 - 1 UF 242/21 -, juris). Zudem beeinträchtigt das Miterleben häuslicher Gewalt das Sicherheitserleben des Kindes in seinen Beziehungen zu beiden Elternteilen und vor dem Kind ausgetragene massive Auseinandersetzungen stellen erhebliche Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung dar (vgl. Kindler/Salzgeber/Fichtner/Werner FamRZ 2004, 1241 (1244 f.)).
Mildere, gleich effektive Mittel als eine Übertragung der elterlichen Sorge auf die Kindesmutter stehen vorliegend nicht zur Verfügung. Da der Kindesvater keinerlei Anstrengungen unternommen hat, sein Verhalten zu reflektieren und zu einem gewaltfreien Umgang überzugehen, kann nur die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge sicherstellen, dass die Rechte und die Sicherheit der Kindesmutter und der Kinder bei der Ausübung des Sorgerechts nicht gefährdet werden (Art. 31 Abs. 2 des Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom 11. Mai 2011 (sog. Istanbul-Konvention)).
Unter Berücksichtigung der hier vorliegenden Einzelfallumstände ist es der Kindesmutter auch nicht zuzumuten, Elterngespräche - weder gemeinsam mit dem Kindesvater noch in getrennter Form - zu führen, um den Elternkonflikt beizulegen und einen Weg der konstruktiven Entscheidungsfindung zu erarbeiten.
Soweit die Verfahrensbeiständin in erster Instanz angeregt hat, die durch die Gewalt belastete Elternebene durch eine Vollmachtserklärung zu entlasten, verkennt sie, dass es der Kindesmutter selbst im Falle der Abgabe einer umfassenden Vollmacht unter Berücksichtigung der Gewaltausbrüche und des impulsiven Auftretens des Kindesvaters, seiner fehlenden Reflexion und der wiederholt ausgesprochenen Todesdrohungen nicht zugemutet werden, für etwa erforderliche Mitwirkungshandlungen mit ihm in Kontakt zu treten (so auch Rake NZFam 2022, 344 (347); zu ggf. erforderlichen Mitwirkungshandlungen bei Vollmachterteilung BGH, Beschluss vom 29. April 2020 - XII ZB 112/19 -, BGHZ 225, 184-198). Eine ausreichend verlässliche Handhabe zur Wahrung der Kindesbelange (vgl. insoweit OLG Bamberg, Beschluss vom 18. Oktober 2021 - 7 UF 185/21 -, juris) wäre damit auch im Falle einer Vollmachtserteilung nicht vorhanden.
Da Erziehungsdefizite bei der Kindesmutter nicht ersichtlich sind und der Kindesvater selbst keinen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf sich gestellt hat, hat das Amtsgericht - dem Antrag der Kindesmutter folgend - zu Recht die elterliche Sorge auf sie übertragen.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Der Kindesvater hat seine Beschwerde vom 11. Juli 2024 bis zum Erlass der vorliegenden Entscheidung nicht begründet. Eine Fristsetzung zur Begründung der Beschwerde ist nach § 65 Abs. 2 FamFG nicht zwingend vorgesehen. Wird keine Frist gesetzt, kann der Beschwerdeführer die Beschwerdebegründung bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Beschwerdeentscheidung nachreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 525/14 -, Rn. 8, juris). In einem solchen Fall ist bei vorbehaltener oder in Aussicht gestellter Beschwerdebegründung aus den Gründen des rechtlichen Gehörs vor Erlass einer Entscheidung eine angemessene Frist abzuwarten (BVerfG, Beschluss vom 21. April 1982 - 2 BvR 873/81 -, BVerfGE 60, 313; vgl. BeckOK FamFG/Obermann, 45. Ed., 01.01.2023, FamFG § 65 Rn. 11; Sternal, 21. Aufl. 2023, FamFG § 65 Rn. 9). Die Dauer der Wartefrist hat sich am Einzelfall, insbesondere an der Dringlichkeit der anstehenden Entscheidung zu orientieren. Regelmäßig ist ein Zuwarten von zwei bis drei Wochen angemessen, aber auch ausreichend. Bei eilbedürftigen Entscheidungen kann auch keine kürzere Frist angebracht sein (vgl. Sternal/Sternal, 21. Aufl. 2023, FamFG § 65 Rn. 9). Vorliegend ist das rechtliche Gehör gewahrt. Der Zeitraum, in dem der Senat mit einer Entscheidung zugewartet hat, ist vorliegend angemessen. Der Senat hat fast 2 Monate zugewartet, was weit über dem allgemein als ausreichend angesehenen Zeitraum von zwei bis drei Wochen liegt. Soweit der Kindesvater mit Schriftsatz vom 26. August 2024 Berufung eingelegt und eine Begründung angekündigt hat, war nicht zur Wahrung rechtlichen Gehörs eine Stellungnahme der Kindesmutter nicht erforderlich. Bereits nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift vom 11. Juli 2024 war die Zurückweisung der Beschwerde geboten, so dass es auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 26. August 2024 nicht ankommt.
Die Entscheidung über die Beschwerde konnte gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne neuerliche Anhörung der Beteiligten getroffen werden. Das Amtsgericht hat alle erforderlichen Anhörungen durchgeführt. Von einer Wiederholung im Beschwerdeverfahren waren keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten. Es hat sich insbesondere keine Änderung der Sachlage ergeben und es wurden auch keine neuen Tatsachen vorgetragen, zu denen die Beteiligten hätten angehört werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2017, XII ZB 350/16, Rn. 19 f.). Im Übrigen liegt die erstinstanzliche Anhörung der Kinder und der Kindeseltern nur kurze Zeit zurück, ist umfassend dokumentiert und auf den persönlichen Eindruck kommt es vorliegend nicht an (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Mai 2020 - 1 BvR 663/19 -, Rn. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Gründe, von dieser Regel abzuweichen, bestehen vorliegend nicht.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes resultiert aus § 40 Abs. 1 Satz 1, § 45 Abs. 1 Nummer 1 FamGKG.