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Nr: NJRE001589250


OLG München 7. Zivilsenat, Urteil vom 2.Oktober 2024 , Az: 7 U 2532/22


Verfahrensgang

vorgehend LG München I 30.03.2022 24 O 7992/21

Langtext

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 30.03.2022, Az. 24 O 7992/21, in Ziffer 1 seines Tenors wie folgt abgeändert:

„Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 35.420,92 € nebst Zinsen aus einem Betrag von 60.000,00 € in Höhe von 0,25 % für den Zeitraum vom 04.10.2016 bis 13.10.2019, aus einem Betrag von 50.000,00 € in Höhe von 0,25 % für den Zeitraum vom 14.10.2019 bis 31.12.2019, aus einem Betrag von 35.420,92 € in Höhe von 0,25 % für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis 30.04.2021 sowie aus einem Betrag von 35.420,92 € in Höhe der Hälfte von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.05.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 29 %, die Beklagte 71 %.

4. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 des Tenors bezeichnete Endurteil des Landgerichts München I, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von

110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von

110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.


Gründe

A.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 30.12.2009 gründeten die Beklagte und ihr damaliger Ehemann, Herr …, die am 12.02.2010 in das Handelsregister eingetragene Klägerin mit einem in 25.000 Geschäftsanteile eingeteilten Stammkapital von 25.000 €, wobei die beiden Gesellschafter jeweils die Hälfte der Geschäftsanteile hielten und halten. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin waren bis zu ihrer Auflösung die beiden Gesellschafter.

Am 04.10.2016 überwies die Beklagten vom Konto Nr. DE51 3006 0601 0007 9826 31 der Beklagten bei der … jeweils 60.000 € an sich und Herrn …, der am 10.10.2016 und 11.10.2016 jeweils 30.000 € an die Klägerin zurücküberwies (vgl. den Kontoauszug laut Anl. K 2).

Der Jahresabschluss der Klägerin für das Geschäftsjahr 2016 wies eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 60.072,50 €, für das Geschäftsjahr 2017 in Höhe von 60.698,77 € (vgl. für die Geschäftsjahre 2016 und 2017 den Jahresabschluss für 2017 laut Anl. K 3) und für das Geschäftsjahr 2018 in Höhe von 60.672,50 € (vgl. den Vorjahreswert aus dem Jahresabschluss für 2019 laut Anl. K 7) aus. Die Jahresabschlüsse wurden jeweils von der Gesellschafterversammlung der Klägerin einstimmig festgestellt (vgl. bspw. für den Jahresabschluss 2016 die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 12.04.2018 laut Anl. K 4).

Im Hinblick auf das zum damaligen Zeitpunkt beim Amtsgericht - Familiengericht München anhängige Scheidungsverfahren sowie die weiteren dort anhängigen Familienstreitsachen schlossen die Beklagte und Herr … am 01.10.2019 vor dem Notar … den „Scheidungsfolgenvertrag mit Überlassung Grundbesitz“, UR-Nr. F 2095/2019, laut Anl. B 1 (im Folgenden als Scheidungsfolgenvereinbarung bezeichnet). Dieser lautete in § 2 „Vermögensauseinandersetzung“ auszugsweise wie folgt:

Gesellschaftsauflösung

Die Beteiligten sind mit jeweils 12.500 Geschäftsanteilen im Nennbetrage von € 1,00 die sämtlichen Gesellschafter der im Handelsregister des Amtsgerichts München unter HRB … eingetragenen Gesellschaft mit der Firma … GmbH mit Sitz in … .

Die Ehefrau verpflichtet sich, innerhalb von zwei Wochen ab dem heutigen Tage einen Geldbetrag in Höhe von € 10.000,00 (...) in die Gesellschaft auf deren Konto Nr. (...) einzuzahlen.

Die Beteiligten verpflichten sich zudem wechselseitig, unverzüglich nach Einzahlung dieses Betrages die Gesellschaft zu liquidieren. Der Liquidationserlös steht ihnen entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesellschaft zu gleichen Teilen zu.

Zugewinn und Abgeltung

Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass wechselseitige Zugewinnausgleichsansprüche nicht bestehen. Höchstvorsorglich wird auch [sic] solche Ansprüche wechselseitig verzichtet.

Wir sind uns daher einig, dass mit Vollzug dieser Urkunde in Ansehung der Vermögensauseinandersetzung sämtliche gegenseitigen Rechte - gleich ob bekannt oder unbekannt - ausgeglichen sind und uns insoweit gegeneinander keinerlei Rechte mehr zustehen.

(...)“

Am 14.10.2019 überwies die Beklagte 10.000 € an die Klägerin.

Mit Beschluss vom 13.11.2019 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, die Klägerin mit Wirkung zum 31.12.2019 aufzulösen und Herrn … zum Liquidator der Klägerin zu bestellen. Die Auflösung der Klägerin sowie die Bestellung des Herrn … zum Liquidator der Klägerin wurde am 06.02.2020 in das Handelsregister eingetragen (vgl. den Handelsregisterauszug laut Anl. K 1).

Im Jahresabschluss der Klägerin für das Jahr 2019 laut Anl. K 7 war bei den Aktiva eine Forderung gegen die Beklagte in Höhe von 50.965,31 € ausgewiesen. In der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 07.12.2020 beschlossen Herr … und die Beklagte die Feststellung des Jahresabschlusses der Klägerin für 2019 (vgl. die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 07.12.2020 laut Anl. K 8).

Mit Schreiben vom 29.01.2021 laut Anl. K 5 forderte Herr … als Liquidator der Klägerin die Beklagte zur Zahlung von 50.965,31 € auf. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.02.2021 laut Anl. K 6 wies die Beklagte das Zahlungsverlangen zurück, da über die bereits geleisteten 10.000 € hinaus weitere Zahlungen nicht geschuldet seien.

Die Klägerin beantragte daher:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.000,00 EUR, nebst Zinsen aus einem Betrag von 60.000,00 EUR in Höhe von 0,5 % für die Zeit vom 04.10.2016 bis zum 13.10.2019, Zinsen aus einem Betrag von 50.000,00 EUR in Höhe von 0,5 % für die Zeit vom 14.10.2019 bis zum 30.04.2021 sowie Zinsen aus einem Betrag von 50.000,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2021 zu zahlen.

Die Beklagte beantragte:

Klageabweisung.

Die Beklagte erwiderte, dass mit der Regelung in der Scheidungsfolgenvereinbarung über die „Gesellschaftsauflösung“ und der von ihr daraufhin erbrachten Zahlung von 10.000 € an die Klägerin auch die von ihr vorgenommene Entnahme von 60.000 € erledigt sei. Dies ergebe sich aus dem außergerichtlichen Schriftwechsel zwischen den Prozessbevollmächtigten des Liquidators der Klägerin und der Beklagten im Vorfeld der Scheidung laut Anl. B 2 bis B 4. Außerdem sei die Rückzahlung der 50.000 € auch nicht zur Liquidation der Klägerin erforderlich.

Mit Endurteil vom 30.03.2022, Az. 24 O 7992/21, verurteilte das Landgericht München I die Beklagte antragsgemäß. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht u.a. aus, dass die Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des von der Klägerin der Beklagten gewährten Restdarlehens in Höhe von 50.000,00 € habe. Diesen Rückzahlungsanspruch habe die Beklagte auch dadurch anerkannt, dass sie als Gesellschafterin der Klägerin zusammen mit dem Liquidator der Klägerin als Mitgesellschafter die Jahresabschlüsse der Klägerin seit 2016 festgestellt und gebilligt habe. In diesen Jahresabschlüssen sei nämlich die streitgegenständliche Forderung als Forderung der Klägerin gegen die Beklagte ausgewiesen. Ob die Beklagte steuer- und wirtschaftsrechtliche Laiin sei, sei unerheblich, zumal die Jahresabschlüsse der Klägerin insgesamt nur fünf Seiten umfassten und auch nur eine übersichtliche Anzahl an Positionen aufwiesen (LGU S. 4 letzter Absatz unter Punkt I.). Der Rückzahlungsanspruch sei infolge der Kündigung des Darlehens durch den Liquidator der Klägerin vom 29.01.2021 auch seit 01.05.2021 fällig (vgl. LGU S. 5 Mitte unter Punkt II.).

Ob die Scheidungsfolgenvereinbarung vom 01.10.2019 zwischen der Klägerin und der Beklagten Wirkung entfalte, könne dahinstehen, da sich dieser sowieso keine Einigung des Liquidators mit der Beklagten über die Entnahme von 50.000 € durch die Beklagte entnehmen lasse. In der Scheidungsfolgenvereinbarung sei lediglich eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 10.000 € enthalten. Über die weiteren 50.000 € sei darin nichts ausgesagt. Dafür, dass mit der Scheidungsfolgenvereinbarung die streitgegenständliche Restdarlehensschuld von 50.000 € nicht habe geregelt werden sollen, spreche auch der Jahresabschluss der Klägerin für 2019, in dem die Restdarlehensrückzahlungsforderung von 50.000 € aufgeführt sei und den die Beklagte am 07.12.2020 festgestellt und gebilligt habe (LGU S. 6 erster und zweiter Absatz). Auch aus den Regelungen in der Scheidungsfolgenvereinbarung zu „Zugewinn und Abgeltung“ auf Seite 11 folge nichts anderes, da ausweislich der dortigen Abgeltungsregelungen nur Rechtsverhältnisse zwischen dem Liquidator der Klägerin und der Beklagten, nicht aber zwischen der Klägerin und der Beklagten erfasst seien (LGU S. 6 dritter Absatz).

Die Beklagte könne die Rückzahlung der restlichen 50.000 € auch nicht im Hinblick auf den Abwicklungszweck verweigern. Zwar seien Ansprüche gegenüber einem Gesellschafter nicht geltend zu machen, wenn sie zur gleichmäßigen Verteilung des Liquidationsüberschusses an die Gesellschafter nicht erforderlich seien. Da jedoch nach der Scheidungsfolgenvereinbarung der Liquidationserlös dem Liquidator der Klägerin und der Beklagten zu gleichen Teilen zustehe und diese Verteilung ohne die Einziehung der Forderung gegenüber der Beklagten nicht möglich sei, könne die Zahlung der 50.000 € gegenüber der Klägerin geltend gemacht werden (LGU S. 7 erster Absatz unter Punkt IV.).

Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Zinsen führte das Landgericht aus, dass aufgrund der Kündigung des Darlehens durch die Klägerin vom 29.01.2021 laut Anl. K 5 der Rückzahlungsanspruch der Klägerin gemäß § 488 Abs. 3 S. 2 BGB jedenfalls spätestens zum 01.05.2021 fällig geworden sei. Seit diesem Zeitpunkt sei die Beklagte gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB und aufgrund ihrer im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.02.2021 laut Anl. K 6 erklärten Zahlungsverweigerung auch gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Zahlungsverzug, sodass die Darlehensrückzahlungsforderung seit 01.05.2021 gemäß § 288 Abs. 1 S. 2 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sei (LGU S. 7 unter Punkt V.). Für den Zeitraum vom 04.10.2016 bis zum 30.04.2021 sei die Darlehensrückzahlungsforderung mit 0,5 % p.a. zu verzinsen. Diesen Zinssatz habe die Beklagte durch ihre Mitwirkung an den Feststellungsbeschlüssen seit 2016 anerkannt (LGU S. 5 erster Absatz unter Punkt I.).

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags ihr erstinstanzliches Klageabweisungsziel vollumfänglich weiter.

Sie rügt, dass das Landgericht bei der Auslegung der Scheidungsfolgenvereinbarung den Vortrag der Beklagten zu den außergerichtlichen Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Liquidator der Klägerin über die Vermögensauseinandersetzung im Vorfeld der Scheidung und insbesondere den diesbezüglichen Schriftsatzwechsel laut Anl. B 2 bis 4 nicht gewürdigt habe. Gleiches gelte für die Frage des Liquidationszwecks. Auf die Frage der Unterzeichnung der Bilanzen durch die Beklagte käme es nicht mehr an, weil die Frage der Rückzahlung der 50.000 € ausschließlich durch die Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt werde.

Die Beklagte beantragt daher,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 07.02.2022 [sic] abzuweisen.

Die Klägerin beantragte:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30. März 2022 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Der Senat hat einen Hinweis erteilt. Er hat am 21.02.2024 mündlich verhandelt. Auf den Hinweis vom 11.12.2023, Bl. 81/82 d.A., das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2024, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist insoweit begründet, als die Klägerin von der Beklagten nur die Zahlung eines Betrages in Höhe von 35.420,92 € nebst Zinsen verlangen kann. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

I.

1. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 2. Var. BGB dem Grunde nach gegen die Beklagte in der Hauptsache noch einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung in Höhe von 50.000 € hat. Übereinstimmend wollen die Parteien die von der Beklagten am 04.10.2016 vorgenommene Entnahme in Höhe von 60.000 € aus dem Vermögen der Klägerin nämlich als Gewährung eines Darlehens in dieser Höhe durch die Klägerin an die Beklagte verstanden wissen. So spricht die Klägerin in der Klageschrift (dort S. 3 zweiter Absatz) von einem "gewährte(n) Darlehen" und bezeichnet auch die Beklagte im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2021, dort S. 3 dritter Absatz, Bl. 24 d.A., die Entnahme der 60.000 € durch sie als "entnommene(s) Darlehen".

2. Dieser Darlehensrückzahlunganspruch der Klägerin nach § 488 Abs. 1 S. 2 2. Var. BGB ist durch die Zahlung von 10.000 € durch die Beklagte an die Klägerin am 14.10.2019 gemäß § 362 Abs. 1 BGB in dieser Höhe erloschen. Im Übrigen, das heißt in Höhe von 50.000 €, besteht er dem Grunde nach weiter, da ihn die Beklagte dadurch anerkannt hat, dass sie zusammen mit dem Liquidator der Klägerin mit Gesellschafterbeschluss vom 07.12.2020 laut Anl. K 8 den Jahresabschluss zum 31.12.2019 feststellte und in diesem eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 50.965,31 € ausgewiesen war.

Denn nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses um einen konstitutiv wirkenden Akt der Billigung des aufgestellten Jahresabschlusses durch die Gesellschafter, mit der diese dessen Richtigkeit anerkennen. Diese Feststellung des Jahresabschlusses hat die Bedeutung einer Verbindlicherklärung der Bilanz jedenfalls im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und auch untereinander. Dementsprechend ist die Bilanzfeststellung ein Vorgang, aus dem sich im Innenverhältnis auch rechtliche Konsequenzen für die Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern im Sinne eines - zivilrechtlich verbindlichen - Schuldanerkenntnisses ergeben können. Ob insoweit in der (einvernehmlichen) Feststellung des Jahresabschlusses ein abstraktes Schuldanerkenntnis oder ein Feststellungsvertrag im Sinne eines deklaratorischen ("kausalen") Anerkenntnisses zu sehen ist, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Gesellschafter der GmbH bezwecken mit der ihnen obliegenden Feststellung des Jahresabschlusses jedoch regelmäßig, zumindest die Rechtsgrundlage für das Folgejahr zu fixieren und ihre Ansprüche und Verbindlichkeiten gegenüber der Gesellschaft zum Bilanzstichtag festzulegen; typischer Inhalt einer solchen korporativen Abrede ist auch der Ausschluss der bekannten oder mindestens für möglich gehaltenen Einwendungen im Sinne eines deklaratorischen Anerkenntnisses (BGH, Urteil vom 02.03.2009 - II ZR 264/07, Rdnr. 15).

Da also zumindest ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vorliegt, kann sich die Beklagte zur Verteidigung gegen den Rückzahlungsanspruch nicht auf die Scheidungsfolgenvereinbarung und den darin behauptetermaßen liegenden Verzicht auf die Rückforderung der 50.000 € berufen. Denn da der Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung durch die Ehegatten vor dem Gesellschafterbeschluss vom 07.12.2020 erfolgte, war die Scheidungsfolgenvereinbarung mit ihrem behaupteten Verzicht der Beklagten zum Zeitpunkt des Feststellungsbeschlusses naturgemäß bekannt.

Dass der Liquidator der Klägerin den Jahresabschluss für 2019 hat erstellen lassen, ändert an der Wirkung des Feststellungsbeschlusses nichts. Wenn die Beklagte den Feststellungsbeschluss vom 07.12.2020 ohne oder zumindest ohne eine genauere Prüfung des Jahresabschlusses der Klägerin für 2019 unterschreibt, muss sie sich daran festhalten lassen, zumal der Jahresabschluss gerade einmal fünf Seiten umfasst und die Darlehensrückzahlungsforderung gegen die Beklagte der einzige nennenswerte Vermögensgegenstand der Klägerin war, sodass diese Forderung auch bei nur sehr flüchtiger Lektüre ohne weiteres erkennbar war.

3. Auch wenn es nach dem oben zur Wirkung des Feststellungsbeschlusses vom 07.12.2020 Ausgeführten auf den Inhalt der Scheidungsfolgenvereinbarung entscheidungserheblich gar nicht mehr ankommt, so ist der Senat - wie zuvor schon das Landgericht - der Auffassung, dass diese nicht dahingehend auszulegen ist, dass damit der Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 50.000 € erloschen ist.

a. Die Scheidungsfolgenvereinbarung stipuliert auf S. 11 im zweiten Absatz eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von 10.000 € an die Klägerin ohne Angabe, aus welchem Grund diese Zahlung erfolgen soll. Im Übrigen ist der Scheidungsfolgenvereinbarung nichts zu Verbindlichkeiten oder Forderungen der Ehegatten gegenüber der Klägerin zu entnehmen. Vielmehr verweist die Scheidungsfolgenvereinbarung nur darauf, dass die Klägerin nach Eingang der Zahlung der 10.000 € an sie liquidiert werden solle und der Liquidationserlös den Ehegatten als Gesellschaftern der Klägerin entsprechend ihren Gesellschaftsanteilen je zur Hälfte zustehen solle. Damit ergibt sich aus dem Wortlaut der Scheidungsfolgenvereinbarung nicht, dass damit etwaige Ansprüche der Klägerin gegen die Ehegatten (und damit auch gegen die Beklagte) erledigt sein sollten. Gerade bei einer - wie hier - notariellen Urkunde - ist aber davon auszugehen, dass, wenn eine weitergehende Erledigungswirkung nach dem Parteiwillen beabsichtigt gewesen sein sollte, dies im Vertragstext seinen Ausdruck gefunden hätte.

b. Daran ändert auch die auf S. 11 der Scheidungsfolgenvereinbarung im Abschnitt "Zugewinn und Abgeltung" von den Ehegatten getroffene Abgeltungsvereinbarung hinsichtlich der mit der Scheidungsfolgenvereinbarung vorgenommenen Vermögensauseinandersetzung nichts. Denn diese Abgeltungsvereinbarung bezieht sich - wie sich aus dem im Abschnitt Vermögensauseinandersetzung im letzten Absatz enthaltenen Verweis auf die nach der Liquidation der Klägerin noch vorzunehmende Verteilung des Liquidationserlöses ergibt - gerade nicht auf die nach der Scheidungsfolgenvereinbarung erst noch vorzunehmende Liquidation der Klägerin und die daraus folgenden Ansprüche der Gesellschafter gegeneinander oder gegen die Gesellschaft. Im Übrigen erstreckt sich die Abgeltungsvereinbarung auch ausweislich des Wortlauts nur auf Rechte der Ehegatten gegeneinander, nicht aber auf Ansprüche der Klägerin gegen die Ehegatten. Diese sollen Gegenstand der in der Scheidungsfolgenvereinbarung ausdrücklich vorbehaltenen Liquidation der Klägerin bleiben.

c. Diese Auslegung wird auch durch das dem Abschluss der Scheidungsfolgenvereinbarung am 01.10.2019 nachfolgende Handeln der Parteien bestätigt, das als Begleitumstand zur Auslegung herangezogen werden kann (vgl. Ellenberger in Grüneberg, BGB, 83. Auflage, München 2024, Rdnr. 17 zu § 133 BGB). Denn - wie bereits oben dargelegt - ergibt sich aus dem Feststellungsbeschluss der Gesellschafter der Klägerin vom 07.12.2020, dass diese übereinstimmend davon ausgingen, dass die Klägerin auch noch am 31.12.2019, das heißt drei Monate nach Wirksamwerden der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 01.10.2019 laut Anl. B 1, einen Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 50.000 € hatte.

d. Entgegen der Ansicht der Berufung kann auch aus dem Schriftwechsel der Anwälte des Liquidators der Klägerin und der Beklagten im Zuge des Aushandlungsprozesses der Scheidungsfolgenvereinbarung im Jahr 2018 laut Anl. B 2 - B 4 nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Denn aus dem zeitlich letzten dieser Anwaltsschreiben (Anl. B 4) ergibt sich nur, dass die Beklagte im Falle einer Gesamtvereinbarung 10.000,00 € an die Beklagte zahlen werde, woraufhin die Ehegatten die Klägerin liquidieren werden. Dies entspricht - soweit ersichtlich - der letztendlich getroffenen Scheidungsfolgenvereinbarung, gibt aber auch keinen Aufschluss über das Schicksal der Restdarlehensschuld der Beklagten gegenüber der Klägerin. Es wird nur vereinbart, dass die Liquidation der Klägerin erfolgen solle.

Nach alledem hat das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass die Klägerin dem Grunde nach einen Darlehensrückzahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 50.000,00 € hat.

4. a. Die Einziehung von Forderungen gegen einen Gesellschafter durch den Liquidator der Gesellschaft und damit streitgegenständlich die Geltendmachung des Anspruchs auf Darlehensrückzahlung in Höhe von 50.000,00 € gegen die Beklagte wird jedoch durch den Liquidationszweck begrenzt. Steht fest, dass der eingeforderte Betrag nicht erforderlich ist, um die Gläubiger zu befriedigen und eine satzungskonforme Verteilung des Gesellschaftsvermögens zu gewährleisten, darf der in Anspruch genommene Gesellschafter die Leistung verweigern. Diesen trifft aber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein solcher Fall vorliegt (vgl. bspw. Haas in Noack/Servatius/Haas, GmbH-Gesetz, 23. Auflage, München 2022, Rdnr. 7 zu § 70 GmbHG und Müller in Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Auflage, München 2022, Rdnr. 14 zu § 70 GmbHG). Die Beklagte hat daher darzulegen und zu beweisen, welche Verbindlichkeiten die Klägerin noch gegenüber Gläubigern hat und welcher Betrag unter Berücksichtigung des noch bei der Klägerin vorhandenen Vermögens zur Tilgung der Verbindlichkeiten erforderlich ist. Diesen Betrag schuldet die Beklagte der Klägerin in jedem Fall.

Der nicht zur Tilgung klägerischer Verbindlichkeiten erforderliche Rest der Darlehensrückzahlungsforderung ist zwischen den Gesellschaftern entsprechend ihrer Anteile am Stammkapital, das heißt vorliegend hälftig, aufzuteilen. Nur die dem Liquidator der Klägerin zustehende Hälfte der nicht zur Schuldentilgung erforderlichen Restdarlehensforderung der Klägerin gegen die Beklagte kann die Klägerin von der Beklagten verlangen. Im Übrigen wird die klägerische Restdarlehensforderung gegen die Beklagte nicht zur Liquidation benötigt und ist deshalb auch nicht an die Klägerin zu bezahlen. Dadurch wird im Ergebnis ein unnötiges Hin- und Herzahlen zwischen der Beklagten und der Klägerin vermieden, da, sollte die Beklagte hinsichtlich der gesamten Restdarlehensforderung zur Zahlung verpflichtet sein, die Klägerin zur sofortigen Rückzahlung der Hälfte des nicht zur Schuldentilgung benötigten Teils der Darlehensrückzahlungsforderung an die Beklagte verpflichtet wäre.

b. Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin von der Beklagten nur die Zahlung eines Betrages in Höhe von 35.420,92 € verlangen.

aa. Denn auf den Hinweis des Senats vom 06.12.2023 hat die Beklagte mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 09.02.2024, dort S. 2, Bl. 97 d.A., unter Vorlage und Bezugnahme auf das Schreiben des Klägervertreters vom 17.01.2024 laut Anl. BB 1 zur Höhe der Verbindlichkeiten der Klägerin vorgetragen. Demnach habe die Klägerin zum 15.01.2024 Verbindlichkeiten in Höhe von 19.782,18 €. Diese Verbindlichkeiten der Klägerin bestünden aus einem Darlehensrückzahlungsanspruch des Herrn ... gegen sie in Höhe von 17.234,62 € und der bis zum 15.01.2014 hierauf aufgelaufenen Zinsen. Seit dem 16.01.2024 würden pro Tag Zinsen in Höhe von 4,06 € auflaufen.

Dieser Vortrag der Beklagten blieb im Weiteren unbestritten und wird zumindest dem Grunde nach durch den Jahresabschluss für 2019 laut Anl. K 7 bestätigt, in dem Verbindlichkeiten der Klägerin aus einem Gesellschafterdarlehen des ... in Höhe von 17.055,03 € ausgewiesen waren.

Unter Berücksichtigung des unstreitigen Zinslaufs von 4,06 € pro Tag ergibt dies zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 02.10.2024 einen Betrag in Höhe von insgesamt 20.841,84 € (19.782,18 € + (261 x 4,06 €)).

bb. Von dem grundsätzlich von der Beklagten der Klägerin geschuldeten Darlehensrückzahlungsbetrag von 50.000,00 € werden also 20.841,84 € zur Begleichung von Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber ihren Gläubigern benötigt. Vom Restbetrag in Höhe von 29.158,16 €, der nicht zur Befriedigung von Gläubigern der Klägerin benötigt wird, muss die Beklagte nach den obigen Ausführungen unter 4 a nur die Hälfte und damit 14.579,08 € an die Klägerin zahlen. Damit schuldet die Klägerin der Beklagten nur einen Betrag von 35.420,92 € (20.841,84 € + 14.579,08 €), da nur dieser Betrag zur Schuldentilgung und zur Durchführung der Liquidation benötigt wird.

Im Übrigen ist die Klage unbegründet und war deshalb auf die Berufung der Beklagten hin abzuweisen.

II.

1. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Klägerin aus den vom Landgericht angeführten Gründen (LGU S. 5 erster Absatz unter Punkt I. und LGU S. 7 unter Punkt V.), gegen die die Berufung auch nichts einwendet und gegen die es auch nichts einzuwenden gibt, gegen die Beklagten dem Grunde auch Anspruch gemäß § 488 Abs. 3 S. 2 BGB (für den Zeitraum bis 30.04.2021) und gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nrn 2 und 3 BGB (für den Zeitraum seit 01.05.2021) auf Zahlung von Kredit- bzw. Verzugszinsen.

Die Höhe der Kreditzinsen (0,5 % p.a.) ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Höhe der Verzugszinsen ergibt sich aus dem Gesetz (§ 288 Abs. 1 S. 2 BGB).

2. Aber auch hinsichtlich des Zinsanspruchs ist - wie bei der Hauptsacheforderung - der Liquidationszwecke zu beachten, sodass Zinsen nur soweit verlangt werden können, als diese zur Liquidation der Klägerin, d.h. der Begleichung der Verbindlichkeiten der Klägerin oder zur satzungskonformen Verteilung des Gesellschaftsvermögens benötigt werden. Zur Begleichung der Verbindlichkeiten der Klägerin werden die Zinsen nicht mehr benötigt. Zur Verteilung des Gesellschaftsvermögens wird nur der Teil der Zinsen benötigt, der ... als Mitgesellschafter zusteht. Dies ist entsprechend seiner Anteile am Stammkapital die Hälfte.

Nach alledem hat die Berufung nur insoweit Erfolg, als die Beklagte nur zur Zahlung von 35.420,92 € nebst hälftiger Zinsen zu verurteilen und die Klage im Übrigen abzuweisen war. Im Übrigen war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

C.

I.

Der Ausspruch zu den Kosten beruht auf § 92 Abs.1 ZPO und folgt dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien.

II.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Revisionsgrund nicht vorliegt.