Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 23.08.2024. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. In diesem Fall ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG). Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung von vier Videos in Anspruch.
Beide Parteien sind Unternehmer. Der Kläger ist Gründer und Vorstandsvorsitzender eines Garten- und Landschaftsbauunternehmens [A] sowie Gründer und Geschäftsführer einer digitalen Unternehmensberatung [B]. Die Beklagte ist eine digitale Unternehmensberatung. Sie betreibt einen Kanal auf der Plattform [C], in dem sie über verschiedene Themen in Zusammenhang mit ihrem Unternehmen berichtet.
Die Parteien standen in Geschäftsbeziehungen zueinander. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehungen veröffentlichte die Beklagte in ihrem Kanal auf der Plattform [C] vier Videos, die den Kläger zeigten:
o Am 23.01.2019 veröffentlichte die Beklagte das Video …(abrufbar unter …). Das Video zeigt ein Gespräch eines der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Kläger während der Veranstaltung In dem Gespräch befragt der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger zu seinem Werdegang als Unternehmer, seinem Führungsstil und den Gründen seines Erfolgs.
o Am 13.02.2019 veröffentlichte die Beklagte das Video … (abrufbar unter: …), das die beiden Geschäftsführer der Beklagten während eines vom Kläger ausgerichteten Seminars zeigt. Der Kläger ist in dem Video nur kurz zu sehen. Die Geschäftsführer der Beklagten berichten über das Seminar, ihre Gründe für den Besuch sowie die Gründe des Erfolgs des Klägers.
o Am 19.06.2019 veröffentlichte die Beklagte das Video … (abrufbar unter: …), das einen der Geschäftsführer der Beklagten zeigt, der während einer Veranstaltung des Klägers Gespräche mit weiteren Unternehmern über deren Geschäftsmodelle führt. Während des ersten Gesprächs ist der Name des Klägers und seines Unternehmens als Veranstalter im Hintergrund sichtbar. Der Kläger ist in mehreren kurzen Sequenzen zu sehen.
o Am 03.08.2020 veröffentlichte die Beklagte das Video … (abrufbar unter: …). In diesem Video berichtet der Kläger über seine Erfahrungen mit der Unternehmensberatung durch die Beklagte.
In der Zeit vom 18.10.2019 bis zum 20.10.2019 besuchte der Kläger das Seminar … der Beklagten und unterschrieb in diesem Zusammenhang eine Einwilligungserklärung bezüglich der Nutzung der entstandenen Bildnisse (Anlage KE 1), die folgenden Wortlaut hatte:
„Ich willige ein, dass Bildnisse meiner Person (Foto, Video. Multimediawerke) die im Wege der vorgenannten Produktion entstanden sind, von der [D] und von entsprechend ermächtigten Dritten verbreitet, vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen, insbesondere zu Zwecken der Werbung im Internet und den sozialen Medien benutzt werden dürfen. Ich verzichte insoweit auf die mir zustehenden Persönlichkeitsrechte, insbesondere solche nach dem Kunsturhebergesetz (KUG). Mir ist bewusst, dass meine Einwilligung nicht widerrufbar ist.“
Mit Schreiben vom 24.07.2020 (Anlage K 6, Bl. 18 eAkte LG) erklärte der Kläger gegenüber den Beklagten den Widerruf seines Einverständnisses zur Nutzung von Audio-, Video- und Bildmaterialien und forderte die Beklagte auf, alle vorhandenen Materialien aus jeglichen Plattformen zu löschen. Hierauf sowie auf das anwaltliche Schreiben vom 12.01.2021 (Anlage K 7, Bl. 19 eAkte LG) mit entsprechendem Inhalt löschte die Beklagte die Videos nicht.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger nunmehr, die Beklagte zur Unterlassung der Verbreitung von Video-, Bild- oder Tonaufnahmen ohne Einwilligung des Klägers sowie zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu verurteilen. Hinsichtlich der konkreten in erster Instanz gestellten Anträge der Parteien sowie dem weiteren Vorbringen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 111 ff. eAkte LG) verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Entfernung und Löschung des Bild-, Ton- und Videomaterials sowie auf Unterlassung gemäß §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 22 KunstUrhG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 7 Abs. 3 DSGVO zu, da er wirksam in die Verbreitung der Aufnahmen eingewilligt habe und ein Widerrufsrecht nicht bestehe. Die Einwilligung ergebe sich aus der vorgelegten Einwilligungserklärung vom 18.10.2019. Jedenfalls sei der Kläger aber dem substantiierten Beklagtenvortrag nicht entgegengetreten, wonach es dem Kläger gerade darauf angekommen sei, gesehen zu werden und er daher die Filmaufnahmen und deren Verbreitung stets genehmigt und sich sogar darüber gefreut habe. Für einen Widerruf der nach § 22 KunstUrhG erklärten Einwilligungen fehle, wenn man diesen überhaupt zulasse, jedenfalls der erforderliche wichtige Grund. Insbesondere habe der Kläger einen grundlegenden Persönlichkeitswandel nicht hinreichend dargelegt. Dieser sei ohnehin zum Zeitpunkt des Widerrufs - 9 Monate nach der Einwilligung - auch (noch) nicht zu erwarten gewesen. Zudem seien die Interessen der Beklagten im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Hierbei falle erheblich ins Gewicht, dass die Parteien in einer Geschäftsbeziehung gestanden hätten, im Zuge derer die Videos entstanden seien. Die Beklagte habe ein legitimes Interesse daran, die Videos weiter zu nutzen. Der Kläger sei auch nicht der Behauptung der Beklagten entgegengetreten, von der Geschäftsbeziehung profitiert zu haben. Es bedürfe daher jedenfalls noch eines weiteren Zeitablaufs für den Widerruf.
Aus denselben Gründen scheitere auch ein Widerruf nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO. Die erteilte Einwilligung sei auch in datenschutzrechtlicher Hinsicht hinreichend konkret. Hinsichtlich des rechtlichen Maßstabs müsse ein Gleichlauf zwischen DSGVO und KunstUrhG bestehen, da sonst die spezielleren Regelungen des KunstUrhG in Fällen wie dem Vorliegenden leerliefen. Daher seien auch im Hinblick auf Art. 7 Abs. 3 DSGVO die Voraussetzungen eines Widerrufs nicht gegeben. Soweit sich der Kläger auf einen unzulässigen Drittlandsbezug der Verbreitung beziehe, sei er hiermit gemäß § 296a ZPO ausgeschlossen. Schließlich sei die Kammer mit dem Landgericht Frankfurt (Beschluss vom 29.12.2022, Az. 2-34 O 345/22) der Ansicht, dass Werbevideos zumindest auch journalistischen Zwecken dienen und daher die Regelung des § 22 KunstUrhG nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO insgesamt den datenschutzrechtlichen Regelungen vorgehe. Die Nebenforderungen seien mangels Hauptforderung ebenfalls unbegründet.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Er macht geltend, seine Persönlichkeit habe sich - wie es auch das Ziel des Coachings durch die Beklagten gewesen sei - derart weiterentwickelt, dass ihm ein Festhalten an der Einwilligung nicht zuzumuten sei. Er habe den Kontakt zur Beklagten vollständig eingestellt, weil er mit deren Positionen auch inhaltlich nicht mehr übereinstimme. Er habe sein Beratungsgeschäft inzwischen derart ausgebaut, dass er eine wesentliche Konkurrenz der Beklagten sei. Daher sei es ihm nicht zumutbar als Werbeikone der Konkurrenz in Anspruch genommen zu werden. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht einen zu kurzen Zeitablauf für einen Widerruf angenommen. Maßgeblich sei nicht der Zeitpunkt des Widerrufs, sondern derjenige des Schlusses der mündlichen Verhandlung. Dieser Zeitpunkt liege mehr als drei Jahre nach der Einwilligung, sodass ohne Zweifel ein hinreichender Zeitablauf gegeben gewesen sei. Hilfsweise erkläre er den Widerruf nunmehr erneut. Ungeachtet dessen sei seine Einwilligung gemessen an den Anforderungen der DSGVO datenschutzrechtlich ohnehin nicht ausreichend gewesen. Datenschutzrechtlich sei die Verbreitung wegen des Drittlandsbezugs unzulässig, was er bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe. Einer Einschränkung unterliege das Widerrufsrecht nach Art. 7 Abs. 3 DSGVO darüber hinaus nicht.
Der Kläger beantragt:
1. Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 20.01.2023, Az. 3 O 240/21, wird die Beklagte verurteilt, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers Video-, Bild- oder Tonaufnahmen des Klägers zu verbreiten und/oder öffentlich zur Schau zu stellen und/oder verbreiten und/oder öffentlich zur Schau stellen zu lassen. Dies betrifft insbesondere aber nicht ausschließlich die Veröffentlichung entsprechender Aufnahmen auf der Homepage sowie im [E] der Beklagten
2. Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 20.01.2023, Az.3 O 240/21, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 1.764,13 zu bezahlen.
Nach Hinweis des Vorsitzenden, dass der Senat Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit und Sachdienlichkeit des Antrags zu Ziffer 1. habe, beantragt der Kläger nunmehr hilfsweise zum Antrag Ziffer 1:
3. Unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 20.01.2023, Az. 3 O 240/21, wird die Beklagte hilfsweise verurteilt, es unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00 oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers die den Kläger betreffenden Sequenzen, mithin die Darstellung des Klägers sowie dessen Daten, insbesondere dessen Namen, in Video, Bild und/oder Ton, in den folgenden vier [C]-Videos zu verbreiten und/oder öffentlich zur Schau zu stellen und/oder verbreiten und/oder öffentlich zur Schau stellen zu lassen:
a) [C]-Video vom 23.01.2019, abrufbar unter … auf dem [E] von Herrn [F], betitelt mit …
b) [C]-Video vom 03.08.2020, abrufbar unter … auf dem [E] von Herrn [F], betitelt mit …
c) [C]-Video vom 13.02.20219, abrufbar unter … auf dem [E] von Herrn [F], betitelt mit …
d) [C]-Video vom 19.06.2019, abrufbar unter … auf dem [E] von Herrn [F], betitelt mit …
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, das heißt einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Der gestellte Hauptantrag ist - worauf der Vorsitzende mit Verfügung vom 02.05.2023 hingewiesen hat - bereits zu weit gefasst und nicht hinreichend auf das konkrete Klagebegehren, namentlich die Unterlassung der weiteren Verbreitung sowie die Löschung von konkreten [C]-Videos, bezogen. Schon aus diesem Grund hätte die Berufung, selbst wenn der geltend gemachte Anspruch bestünde, nur zu einem Teilerfolg entsprechend des nunmehr gestellten Hilfsantrags führen können (vgl. zur Tenorierung bei zu weit gefasstem Unterlassungsantrag etwa PfOLG Zweibrücken, Urteil vom 27.04.2000 – 4 U 285/99 –, juris).
2. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht, weil die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Videos im [C]-Channel der Beklagten mit Einwilligung des Klägers gemäß § 22 Satz 1 KunstUrhG erfolgte, die der Kläger nicht wirksam widerrufen hat.
a) Der Kläger ist den Feststellungen des Landgerichts, wonach eine Einwilligung im Sinne des § 22 Satz 1 KunstUrhG für die Verbreitung der Videos im [C]-Channel der Beklagten gegeben gewesen sei, in der Berufungsinstanz nicht mehr entgegentreten. Überdies ergibt sich die - grundsätzlich formlos erteilbare (vgl. nur BeckOK-Urheberrecht/Engels, 42. Edition, § 22 KunstUrhG Rn. 30) - Einwilligung des Klägers, also dessen Zustimmung zur Verbreitung, nicht nur (bezogen auf die danach produzierten Videos) aus der vorgelegten Einwilligungserklärung, sondern auch aus den Gesamtumständen des vorliegenden Einzelfalls, namentlich der dem Kläger als Geschäftspartner und Wettbewerber genauestens bekannten Geschäftspraxis der Beklagten, Gespräche mit Kunden und Geschäftspartnern auf Veranstaltungen zu filmen und auf ihrem [E] zu veröffentlichen, die ihn nicht davon abhielt, sich von den Geschäftsführern der Beklagten filmen und interviewen zu lassen. Im Gegenteil ist das Einverständnis des Klägers mit der Verbreitung in manchen der Videos sogar explizit festgehalten, etwa indem der Kläger im vorgelegten Video … gleich zu Beginn mitteilt, er habe immer schon auf den [E] der Beklagten „drauf gewollt“.
b) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der vom Kläger erklärte Widerruf der Einwilligung nach § 22 KunstUrhG unwirksam ist. Unabhängig davon, ob man die Einwilligung als empfangsbedürftige Willenserklärung (wie OLG München NJW-RR 1990, 999, 1000; ZUM 2001, 708, 709) einstuft, ist anerkannt, dass die für rechtsgeschäftliche Handlungen geltenden Grundsätze hinsichtlich der Rechtswirkungen der Einwilligung jedenfalls entsprechend heranzuziehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.1980 - VI ZR 155/78 = NJW 1980, 1903; eingehend: BeckOK - Urheberrecht/Engels, 42. Edition, § 22 KunstUrhG Rn. 28, 45). Hieraus folgt, dass die erteilte wirksame Einwilligung nach § 22 Satz 1 KunstUrhG grundsätzlich bindend ist.
Ausnahmen von der Bindungswirkung werden von der Rechtsprechung zugelassen, wenn dem Persönlichkeitsrecht unter bestimmten Aspekten aus einem wichtigen Grund Vorrang gegenüber dem Prinzip der Rechtssicherheit und Vertragstreue einzuräumen ist (vgl. OLG München, NJW-RR 1990, 999), etwa weil sich die der Einwilligung zugrunde liegende innere Einstellung des Betroffenen nachweislich geändert hat (vgl. OLG Frankfurt, BeckRS 2011, 6926).
Einen derartigen Ausnahmefall hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht hinreichend dargetan. Soweit er sein Widerrufsrecht damit begründet, er sei aufgrund seiner unternehmerischen Weiterentwicklung inzwischen ein bedeutender Wettbewerber der Beklagten im Bereich der digitalen Beratung, diente das …-Seminar der Beklagten, aus dem eines der streitgegenständlichen Videos stammt, wie der Kläger selbst vorträgt (Seite 9 der Berufungsbegründung, Bl. 14 eAkte OLG), gerade dazu, die Teilnehmer bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung als Unternehmer zu unterstützen. Wenn diese vom Kläger gewünschte Entwicklung mit oder ohne Zutun der Beklagten gelungen ist, kann dies allein einen Widerruf der Einwilligung in die Nutzung der Videos nicht begründen. In den Videos geht es schließlich zu einem nicht unerheblichen Teil darum, dass der Kläger auf dem Weg ist, neben seinem Gartenbauunternehmen eine digitale Unternehmensberatung aufzubauen. Deren Wettbewerbsverhältnis zur Beklagten war mithin bei Erteilung der Einwilligung mindestens bereits absehbar bzw. vom Kläger angestrebt, sodass es sich nicht um einen gänzlich unerwarteten Umstand handelt, den der Kläger nicht berücksichtigen konnte und wegen dem ausnahmsweise die Bindungswirkung der Einwilligung zurückzutreten hätte. Soweit der Kläger ergänzend vorträgt, er habe auch im Übrigen den Kontakt zu den Geschäftsführern der Beklagten vollständig abgebrochen und stehe deren Strategien teilweise nunmehr kritisch gegenüber, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Zwar kann eine Distanzierung vom Geschäftspartner je nach Umständen des Einzelfalls ggf. einen wichtigen Grund für einen Widerruf der Einwilligung zur Veröffentlichung von Kooperationsvideos rechtfertigen, hierzu müssen dieser Distanzierung aber ihrerseits wichtige Gründe zugrunde liegen. Derartiges trägt der Kläger nicht vor.
3. Der Kläger kann sein Begehren - wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat - auch nicht auf Verstöße der Beklagten gegen die DSGVO stützen. Die vom Landgericht auch insoweit in Erwägung gezogenen Anspruchsgrundlagen (§§ 1004 Abs. 1 Satz 2, 823 Abs. 2 BGB analog) finden bereits keine Anwendung (näher unter a)). Ansprüche aus Art. 17 oder Art. 82 DSGVO sind nicht gegeben (b). Im Einzelnen:
a) Soweit Verstöße gegen Regeln zur Verarbeitung personenbezogener Daten und anderer Regelungen der DSGVO geltend gemacht werden, wie hier die vom Kläger behauptete fehlende bzw. weggefallene Ermächtigung zur Verbreitung der Videos sowie die aus Sicht des Klägers unzulässige Drittlandsübermittlung, finden Schadensersatzansprüche und Unterlassungsansprüche des nationalen Rechts keine Anwendung, weil die Vorschriften der DSGVO eine abschließende, namentlich voll harmonisierende europäische Regelung bilden (OLG Frankfurt, GRUR 2023, 904, 906 Rn. 50; BeckOK DatenschutzR/Wolf/Brink DSGVO Einl. Rn. 19). Wegen dieses Anwendungsvorrangs des unionsweit abschließend vereinheitlichten Datenschutzrechts kann ein Anspruch nicht auf Vorschriften des nationalen deutschen Rechts gestützt werden (BVerfG NJW 2020, 314).
b) Ein Unterlassungsanspruch aus Art. 82 DSGVO scheidet aus, weil dieser einen konkreten entstandenen Schaden voraussetzt (vgl. OLG Frankfurt, GRUR 2023, 904, 905 Rn.47), den der Kläger nicht dargelegt hat.
c) Schließlich kann der Kläger sein Unterlassungsbegehren auch nicht auf Art. 17 Abs. 1 lit. b) DSGVO stützen. Zwar ist anerkannt, dass sich aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO über den Wortlaut hinaus auch ein Anspruch auf Unterlassung ergeben kann (vgl. BGH, GRUR 2022, 25 Rn. 10), allerdings liegen die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 DSGVO nicht vor.
Dabei kann der Senat offenlassen, ob bzw. inwieweit Art. 17 Abs. 1 DSGVO gemäß Art 85 Abs. 2 DSGVO - wie vom Landgericht mit anderer dogmatischer Begründung der Sache nach angenommen - von den nationalen Regelungen des Kunsturhebergesetzes auch in Fällen ohne konkreten medienrechtlichen Bezug (für diese siehe OLG Köln, Beschluss vom 18.6.2018 – 15 W 27/18 sowie BGH, GRUR 2022, 665) verdrängt wird, wofür jedenfalls das Argument der Einheitlichkeit der Rechtsordnung spricht (vgl. Krüger/Wiencke, MMR 2019, 76, 78).
Denn selbst wenn man im vorliegenden Fall von einer Anwendbarkeit des Art. 17 Abs. 1 DSGVO ausginge und zugunsten des Klägers unterstellen würde, dass die Einwilligung in die Datenverarbeitung gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO wirksam widerrufen wurde, stünde dem Kläger jedenfalls deshalb kein Unterlassungsanspruch zu, weil dieser nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 lit. b) DSGVO im Falle des Widerrufs der Einwilligung nur dann entsteht, wenn es an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung fehlt. Die weitere Datenverarbeitung bleibt mithin zulässig, wenn diese noch aus weiteren Gründen erfolgen durfte (vgl. BeckOK-Datenschutzrecht/Worms, 48. Edition, Art. 17 DSGVO Rn. 36). Vorliegend kann die Beklagte die Datenverarbeitung indes auch auf Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) DSGVO stützen, da die Veröffentlichungen im [E] der Beklagten im Rahmen einer Geschäftsbeziehung der Parteien erfolgten, zu deren Inhalt es nach dem Vortrag beider Parteien jedenfalls auch gehörte, dass beide Parteien in Videos über das Unternehmen der jeweils anderen Seite berichtet. Die Formulierung „Erfüllung eines Vertrags“ in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b) DSGVO ist unionsrechtlich autonom und weit auszulegen. Sie erfasst jedwedes rechtsgeschäftliche oder rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnis und bezieht vertragsähnliche Konstellationen mit ein (vgl. BeckOK-Datenschutzrecht/Albers/Veit, 48. Edition, Art. 6 DSGVO Rn. 42). Es kann aus Sicht des Senats kein Zweifel daran bestehen, dass die von beiden Parteien vorgetragene Geschäftsbeziehung der Parteien, in deren Zusammenhang die Videos produziert und veröffentlicht wurden, als Vertrag in diesem Sinne anzusehen sind. Zu dieser Geschäftsbeziehung gehörte es ersichtlich, die Medienpräsenz der wechselseitigen Unternehmen und Unternehmer durch die produzierten Videos und der Veröffentlichung im Internet zu erhöhen bzw. zu erhalten.
Auf eine Interessenabwägung, bei der das nachvollziehbare Interesse der Beklagten, die Entwicklung ihres Geschäftsbetriebs und die Ergebnisse ihrer Arbeit anhand regelmäßiger Videos in ihrem [E] der interessierten Öffentlichkeit sowie potentiellen Kunden präsentieren zu wollen, zu berücksichtigen gewesen wäre (siehe zum Maßstab: BGH, GRUR 2023, 433), kommt es daher letztlich nicht an. Ungeachtet dessen ist die vom Landgericht vorgenommene Interessenabwägung aus Sicht des Senats schlüssig und überzeugend. Auch insoweit zeigt der Kläger Rechtsfehler des angefochtenen Urteils nicht auf.
Nach alldem hat die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg.
III.
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 20.000 € festzusetzen. Zur Begründung wird auf die Verfügung vom 02.05.2023 verwiesen.