1.
Die Kammer hat bei der Entscheidung, dass im vorliegenden Fall ein dringender Fall im Sinne des § 937 Abs. 2 ZPO vorliegt und daher auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden kann, von dem den Fachgerichten nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zustehenden weiten Wertungsspielraum Gebrauch gemacht und dabei - insbesondere im Hinblick auf die durch die nach wie vor abrufbare Berichterstattung andauernde Rechtsverletzung - auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes sowie die hinreichende Zügigkeit der Verfahrensführung durch die Antragstellerseite berücksichtigt.
2.
Dem Antragsteller steht der aus dem Tenor ersichtliche Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegner/in aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG zu. Die angegriffene Berichterstattung verletzt den Antragsteller in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Es handelt sich um eine unzulässige Verdachtsberichterstattung.
Der angesprochene aufmerksame und verständige Durchschnittszuschauer versteht die angegriffene Äußerung dahingehend, dass die Antragsgegnerin, der die Äußerungen des von ihr einbezogenen Interviewpartners als eigene zuzurechnen sind, es für möglich hält, dass der Antragsteller das dort erwähnte, im vorangehenden Kontext näher erläuterte System der Schiedsrichterbestechung oder Beeinflussung etabliert habe. Für den Zuschauer stellt sich diese Darstellung nicht als bloße Schlussfolgerung oder Wertung dar, sondern mit Blick auf den tatsächlichen Gehalt der geschilderten Umstände als Behauptung nicht feststehender Tatsachen.
Unabhängig von der Frage, ob ein Mindestbestand an Tatsachen für den aufgestellten Verdacht vorliegt, fehlt es jedenfalls an einer vorherigen Anhörung des Antragstellers zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen.
3.
Die Nebenentscheidungen folgen aus § 91 ZPO, §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO.
Anlage JS 2
05.08.2024. A... Hinweise auf Schiedsrichter-Manipulation im Fechten
https://www.s...de/...
(vpd 538 000)
0:00: Im Grand Palais kommt es am 27 Juli zu denkwürdigen Momenten zwischen S... B... aus Georgien und M... A... aus Ägypten. Der entscheidende Treffer im Achtelfinale der Säbelfechter B... glaubt, er habe gewonnen. Aber er freut sich zu früh. Die Schiedsrichterin entscheidet nach kurzer Verzögerung für den Gegner. Warum ist undurchsichtig, B... scheidet aus. Sein Kontrahent steht im Viertelfinale. Der Georgier will es minutenlang nicht wahrhaben.
00:33 S... B...: Nach 17 Jahren als Sportler durch Schiedsrichterentscheid so zu verlieren. Ich bin fassungslos.
00:40: Beweise für Manipulationen in diesem Kampf gibt es nicht. Für die Schiedsrichter sind Entscheidungen im Säbelfechten oft schwierig. Treffer mit dem bloßen Auge häufig so gut wie gar nicht zu erkennen. Selbst für Schiedsrichter nur schwer. Nicht mal in Zeitlupe. Auch wenn Elektronik eingesetzt wird, haben Schiedsrichter einen Ermessensspielraum und immer das letzte Wort. Und da fängt das Problem an. J... W... war Kampfrichter bei Olympia im Säbelfechten. Er weiß, dass dieser Ermessensspielraum, den diese Funktion mit sich bringt, besonders heutzutage missbraucht werden kann.
01:17 J... W...: Das größte Problem ist, dass das Regelwerk so kompliziert geworden ist, dass es extrem interpretierbar ist und eben damit auch manipulierbar für den Kampfrichter. Ich kann heute etwa 50 in 50 % der Fälle, in denen beide Fechter aufeinander zustürzen und treffen, nicht entscheiden. Weiß nicht, warum der Treffer so fällt.
01:42: Trotz Möglichkeiten der Rückverfolgung per Video, wer nach einer Aktion den Punkt bekommt, ist oft Auslegungssache. Der Intransparenz bei Entscheidungen sind Tür und Tor geöffnet, wird etwa im großen Stil betrogen. Wir haben mit einer Person, die auf höchster Ebene international als Schiedsrichter im Einsatz war, gesprochen. M... S... hatte erstmals auf einem US-Internetportal ausgepackt. Es wurde kaum registriert. Bis vor einem Jahr war S... Referee. Er berichtet von einem Treffen mit einem früheren Trainer, der bestens vernetzt ist im internationalen Fechtsport.
02:20 M... S...: Ich habe mich sehr gefreut, ihn zu sehen. Da hast du mir gesagt M..., ich muss mit dir reden. Ja, klar, kein Problem. Und dann sind wir auf sein Hotelzimmer gegangen, und da hat er mir gesagt M..., wärst du bereit, eine gewisse, einen gewissen Vorteil anzunehmen, wenn nicht sogar wofür denn? Für den und den Fechter würden wir dir 5.000 € bieten. Ich habe natürlich gesagt, auf gar keinen Fall. Und er meinte dann zu mir Sei nicht naiv. Versuchst du jetzt ein guter Junge zu sein oder was? So wirst du es nie nach oben schaffen. Sie werden dich nie nach oben lassen. Du wirst nie ein Top Kampfrichter werden. Entweder spielst du mit uns oder du bist gegen uns. Und wenn du gegen uns.
02:56: Ihm sei, so S... damals, Bestechungsgeld angeboten wurden, um einen Fechter bei einer Olympiaqualifikation zu bevorteilen. Gestern in Paris, letzter Tag der Säbelwettbewerbe, haben sich etwa Fechter durch Schiebung und Korruption für Olympia qualifizieren können, auch für Paris.
03:14 M... S...: Das ganze System ist darauf ausgerichtet, bei Olympia zu betrügen, weil Olympia ist die einzige Veranstaltung im Fechten, die irgendwie weltweite Aufmerksamkeit findet. Und darauf läuft alles zu. Und deswegen wird schon am Unterbau alles so manipuliert, dass alles, was dazu läuft, das so wenig wie möglich dem Zufall überlassen.
03:32: Die Bestechung von Schiedsrichtern sei es aber nicht allein, es laufe auch über Druck und Angst, sagt der frühere Olympia Kampfrichter J... W...
03:42 J... W...: Ein bezahlter Kampfrichter, dem man sagt, was er zu tun hat. Erfordert eigentlich gar nicht ein ein Bestechungsgeld in dem Sinne, sondern der wird, dem wird gesagt, der und der muss gewinnen. Und wenn er das nicht macht, dann, na ja, verliert er möglicherweise seinen Job oder wird nicht mehr eingesetzt.
04:01: In den USA gab es deshalb schon Alarm. In mehreren Schreiben des US Fechtverbandes Athleten werden diese Ende 2023 verwarnt. Es bestehe der Verdacht, sie profitierten von verdächtigen Schiedsrichteraktivitäten. Man sei im Besitz von Daten, die die Manipulation des Sports nahelegten.
04:23 M... S...: Wenn Sie sagen würden, wir haben jetzt zehn Top Kampfrichter im Säbelelite weltweit, dann sind fünf von denen, sagen wir mal, beeinflussbar. Ja, und das reicht ihnen dann, die Leute dann zu protegieren, die dann weiterkommen sollen. Und insofern reichen Ihnen dann fünf Leute, um eigentlich ein komplettes Turnier zu manipulieren.
04:46: Diese beiden Kampfrichter zum Beispiel werden in den USA beschuldigt, systematisch Fechter protegiert zu haben. Ein Kasache und ein Bulgare. Wie das System ansonsten auch funktionieren kann, zeigt das Beispiel des Trainers V... N... der arbeitet in einem Familienunternehmen einer Fechtakademie in den USA gemeinsam mit einem Trainer aus Aserbaidschan, der ist zugleich internationaler Säbelfechtschiedsrichter und wird bei Gefechten mit usbekischen Athleten eingesetzt, bei denen es dann wiederum zu strittigen Entscheidungen zugunsten usbekischer Athleten kommt. Ein Interessenkonflikt und zugleich deshalb nach den Statuten des Weltverbandes ein eindeutiger Regelverstoß. Es passiert dennoch. Apropos U... Der kremlnahe Oligarch A... U... 2008 zum Präsidenten des Weltverbandes gewählt, mit usbekischem und russischem Pass, pumpte insgesamt geschätzt mehr als 80 Millionen $ weltweit in nationale Fechtverbände, förderte Funktionäre, schuf so ein Netz von weltweiten Abhängigkeiten in Verbänden, auch mit großem Einfluss auf das Schiedsrichterwesen.
06:02 M... S...: Dass tatsächlich ganze Ligen von Kampfrichtern ausgewählt werden und das quasi von oben nach unten gedrückt, von den Organen in den Sport. Das hat eine ganz andere Dimension angenommen.
06:13 J... W...: Solange das Säbelfechten in der Form manipulierbar ist, sollte es nicht im olympischen Programm weitergeführt werden.
06:24: U... noch vor wenigen Jahren in enger Bande mit IOC Präsident Bach hat sich 2022 nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine selbst als Weltverbandsboss suspendiert. Doch in der Fechtszene gilt als sicher, dass er hinter den Kulissen weiterhin die Fäden zieht und für die Kultur der Korruption im Schiedsrichterwesen entscheidende Mitverantwortung trägt.
06:49 Moderatorin: Und es gibt einiges aufzuarbeiten. „H...“ S... schön, dass du hier bist. Wir haben es gerade gesehen. Ihr habt zwei deutsche Informanten, mit denen ihr sprechen konnte. Wie kam es dazu? Das ist ja schon besonders.
06:59 „H...“ S...: Ich habe vor ein paar Wochen ein Video von einem Informanten geschickt bekommen, dem habe ich aber keine große Beachtung ehrlicherweise am Anfang geschenkt, weil wir so massiv mit Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele beschäftigt waren, dass ich es erst mal hinten rangelassen hatte. Dann habe ich es mir aber doch mal näher angeschaut und dann habe ich festgestellt, da tritt ja einer auf, nämlich der M... S... den wir jetzt eben auch im Interview gesehen haben, der übrigens ziemlich heiser war, wie man vielleicht gehört hat, der hat eine Erkältung, hat sich aus dem Urlaub aber extra Zeit genommen für uns, um mit uns zu sprechen. Und das haben wir dann doch weiterverfolgt und gemeinsam mit dem anderen Informanten, Herrn ..., haben wir dann Gespräche geführt. Das Ganze passierte gestern und heute, also alles noch recht frisch. Und die haben dann schon sehr deutlich geredet, weil sie der Auffassung sind, das ist ja nicht immer so im Sport, dass Leute offen reden. Sie haben gesagt, wenn das nicht öffentlich wird, dann wird sich gar nichts verbessern. Und deswegen haben sie gesagt Wir werden jetzt auch mit der ARD reden. Na ja, und deswegen haben wir jetzt diesen Film gezeigt, der möglicherweise den ein oder anderen zum Nachdenken bringt.
08:01 Moderatorin: Und man muss ja auch sagen, dass die beiden sich damit auch gegen ein System stellen. Also wir könnten ja theoretisch auch Konsequenzen befürchten.
08:07 „H...“ S...: Das kann gut sein. Und einer der beiden hat auch gesagt, ich glaube, es wird ein heißer Herbst quasi für ihn werden. Das könnte sehr belastend werden in den nächsten Monaten, aber er hat gesagt, das musste einfach sein. Aus meiner Sicht hat er auch eine Haltung daraus gesprochen, nämlich die Haltung, dass man für fairen Sport sich einsetzt. Es geht ja nicht immer nur um Doping, es gibt ja ganz andere Möglichkeiten des Sportbetrugs. Das ist eine davon, die wir jetzt hier gesehen haben, eben Schiedsrichterbestechung oder Beeinflussung, sagen wir es mal so, und insofern, ja, das hat Mut offensichtlich war nötig, aber haben Sie aufgebracht, aber am Ende muss ich schon ehrlicherweise sagen, das hat uns auch wirklich schwer beeindruckt.
08:45 Moderatorin: Und die Korruptionsanfälligkeit, das haben wir gerade gesehen im Fechtsport, scheint extrem hoch zu sein, insbesondere im Säbelfechten. Ist das denn weltweit überall gleich?
08:54 „H...“ S...: Ja, das ist ganz interessant. Ich habe ja natürlich noch weitere Gespräche mit den beiden geführt, und da haben sie zum Beispiel auch erzählt, dass es natürlich Länder gibt, in denen Leute sehr viel weniger verdienen, und genau da wird die Daumenschraube dann angesetzt. Da weiß man okay, wenn man sich ein Zubrot verdienen möchte oder wenn man, wie auch schon angeklungen im Beitrag die Leute so unter Druck setzt und ihnen sagt Ja, du verlierst deinen Job, das ist dein Job, mit dem du nicht nur dich selber, sondern auch deine Familie ernährt, ernährst, dann ist natürlich zwangsläufig damit auch ein Stück weit der Weg in die Korruption möglicherweise geöffnet. Und das wiederum ist ein Problem, das vor allem in Ländern des Ostblocks, wie wir gehört haben, des ehemaligen Ostblocks eine Rolle spielt. Und U... der Präsident, der kommt aus R... bzw. U..., er hat beide Pässe. Und dieser Mann hat dieses System, das wissen eigentlich alle, das pfeifen die Spatzen von den Dächern etabliert.
09:50 Moderatorin: Und ist mittlerweile suspendiert, aber scheint ja seine Strippen trotzdem noch zu ziehen. Wie groß ist seine Bedeutung einzuschätzen?
09:55 „H...“ S...: Sehr groß. Er ist ein Milliardär, er gehört zu den reichsten Männern in R..., hat auch eine durchaus gewisse Nähe zu Wladimir Putin. Er bestreitet das zwar, er sagt, er sieht ihn nur zu gewissen Anlässen ab und zu mal, er steht auf den EU-Sanktionslisten, auch auf den Sanktionslisten anderer Länder. Er ist natürlich eine sehr umstrittene Figur, aber was nützt das alles, wenn man so viel Geld ausgeben kann und damit natürlich nationale Verbände Funktionäre davon leben. Die haben ja quasi auch eine gewisse Abhängigkeit von ihm. Die wissen, wenn ich den Mund halte, dann weiß ich, dass das Geld weiter fließt, oder dann zumindest wird mir nicht geschadet. Das ist ein ganz fatales System russische Funktionäre im Weltsport, das ist von Putin aufgebaut worden, schon vor einigen Jahren, vor vielen Jahren muss man sagen, ein Masterplan quasi. Und das hat sich im Weltsport dann auch deutlich erkennbar gezeigt in den letzten Jahren, dass das möglicherweise dann auch zu solchen Dingen führt, wie wir sie jetzt hier im Film gesehen haben.
10:52 Moderatorin: Und noch mal zum Abschluss die Frage: die Vorfälle sind ja schwerwiegend. Was bedeutet das denn für die Zukunft des Säbelfechtens? Also müssen wir eventuell davon ausgehen, dass das Säbelfechten jetzt aus dem olympischen Programm genommen werden könnte.
11:06 „H...“ S...: Ja. Meine Kollegen R... K... und T... K..., die auch an diesem Film mitgewirkt haben, die unterstützt haben, die haben gesagt, dass sie mit dem Säbelbundestrainer Szabo gesprochen haben, und der hat in der Tat die Befürchtung zum Ausdruck gegeben, es könnte sein, dass das irgendwann mal das Ende des Säbelfechten sein wird, so wie das Boxen ja auch durchaus zur Disposition steht, aber ob das realistisch ist, da bin ich nicht ganz so sicher, denn wir wissen T... B... ist ein Fechter, Olympiasieger in der Mannschaft, 1976 zwar Florettfechter, nicht Säbelfechter, und insofern, glaube ich, ist es eher unrealistisch, dass es dazu kommt. Aber möglicherweise ist jetzt ein bisschen mehr Druck im Kessel, wenn das Ganze öffentlich wird. Ich bin gespannt, ob sich was ändert. Manchmal tut es das nach Berichterstattung, manchmal allerdings auch nicht.
11:51 Moderatorin: Wir sind gespannt, was jetzt noch passiert. „H...“, ihr werdet dranbleiben. Danke für deinen Besuch und.
11:56 „H...“ S...: Gerne.