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Nr: NJRE001590260


LG Koblenz 9. Zivilkammer, Urteil vom 22.Oktober 2024 , Az: 9 O 118/24


Langtext

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Der Kläger fordert die Löschung von bei der Beklagten gespeicherten Informationen über eine Zahlungsstörung des Klägers, die Berichtigung des Score-Werts sowie Unterlassung der erneuten Speicherung dieses Eintrags und der Tragung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft und eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft in Deutschland, die eine Wirtschaftsauskunftei zur Gewinnerzielung betreibt. Aufgabe der Beklagten ist es, ihre Vertragspartner mit Auskünften bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von potentiellen oder bestehenden Kunden kreditrelevanter Geschäfte zu unterstützen. Zu diesem Zweck unterhält die Beklagte eine Datenbank mit über 68 Millionen Datensätzen über in Deutschland wirtschaftlich aktive Personen. In dieser Datenbank sammelt sie bonitätsrelevante Informationen (sog.,,… -Einträge") und leitet daraus eine Gesamtbonität her, die sie im Rahmen des sogenannten Basisscores mit einer Kennzahl zwischen 0 und 100 (nachfolgend ,, …-Score") oder auch mit dem -Orientierungswert zwischen 100 und 600 festhält.

Der Beklagten wurde eine Zahlungsstörung des Klägers gemeldet. Dieser Zahlungsstörung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger beglich eine Forderung aus einem bestehenden Kreditverhältnis mit der Barclays Bank Ireland PLC nicht. Daraufhin wurde der Kläger von der Barclays Bank Ireland PLC mit Schreiben vom 05.03.2014 abgemahnt, außerdem forderte die Barclays Bank den Kläger zur Zahlung von 2.273,84 € auf. Mit Schreiben vom 20.03.2014 forderte die Barclays Bank den Kläger erneut zur Zahlung einer Forderung von nunmehr 3.508,72 € auf. Ferner erhielt das Schreiben einen Hinweis auf die Einmeldung an die Beklagte. Mit Kündigungsschreiben vom 24.04.2014 kündigte die Barclays Bank PLC das Vertragsverhältnis gegenüber dem Kläger fristlos, stellte die Forderung in Höhe von 15. 926,55 € binnen 14 Tagen gesamtfällig und trat die Forderung anschließend an die Host Finance AB (publ), ursprünglich firmierend als .... GmbH, ab. Nach vergeblicher außergerichtlicher Geltendmachung leitete die Host Finance AB (publ) ein gerichtliches Mahnverfahren vor dem Amtsgericht Hagen ein. Diese Forderung wurde sodann mittels eines Vollstreckungsbescheides vom 26.08.2016, dem Kläger am 30.08.2016 zugegangen, zum Aktenzeichen … in Höhe von 12.482,53 € tituliert. Der Kläger legte gegen den Mahn- und Vollstreckungsbescheid keine Rechtsmittel ein und beglich die offene Forderung über zuletzt 5.549 € am 16.08.2022.

Zudem besteht zum 06.04.2022 ein Eintrag des Klägers im Schuldnerverzeichnis, wonach der Kläger in einem laufenden Zwangsvollstreckungsverfahren nicht wie angeordnet, der Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft gegenüber dem Gerichtsvollzieher nachkam.

Die Beklagte löscht die Einträge zu erledigten Forderungen drei Jahre nach Erledigung.

Mit außergerichtlichem Anwaltsschreiben vom 26.03.2024 verlangte der Kläger unter Fristsetzung bis zum 09.04.2024 von der Beklagten erfolglos Unterlassung, Schadenersatz sowie Neuberechnung. Für die Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 26.03.2024 (Anlage KGR 1, zu Bl. 19 d.A.) genommen.

Der Kläger behauptet, er sei durch den Eintrag darin gehindert, seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu verbessern. Weiterhin sei er aufgrund der Eintragung deutlich in seiner gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabe beeinträchtigt. Infolge des Score-Wertes erhalte er für das Unternehmen keinen Kredit, er könne keine Fahrzeuge leasen oder Handyverträge abschließen. Er sei weder zahlungsunwillig noch zahlungsunfähig. Die streitgegenständliche Eintragung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem er mehrere Unternehmen geführt habe und ein Unternehmen verloren habe, dies habe zu einem Rückgang seines Einkommens geführt und es ihm erschwert, Rechnungen zu begleichen. Zudem sei er durch die Eintragung stark belastet und ihn umtreibe die Sorge der Rufschädigung. Ferner belaste ihn der negative Score-Wert wie ein Stigma, da dies zu Misstrauen im alltäglichen Leben führe und er ständig Diskriminierung in wichtigen Geschäftsbeziehungen erfahre. Die wiederholten Ablehnungen würden zu einem Gefühl persönlichen Unwertes führen, was sich negativ auf seine psychische Gesundheit auswirke.

Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO ein Löschungsanspruch und aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB ein Unterlassungsanspruch zu. Der Anspruch auf Berichtigung des …- Scores ergebe sich aus Art. 16 DSGVO. Die Beklagte habe bei der Verarbeitung seiner Daten gegen Art. 6 DSGVO verstoßen. Für eine Speicherung der Einträge über sechs Monate hinaus bestehe außerdem keine Notwendigkeit. Dies ergebe sich insbesondere aus einem Vergleich zu der Restschuldbefreiung (§ 3 InsBekV) sowie dem Schuldverzeichnis nach § 882e Abs. 3 ZPO.

Der Kläger hat unter anderem zunächst beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer … gegen die Klägerseite vom 17.08.2022 und alle damit zusammenhängenden Einträge aus ihrer über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen. Mit Schriftsatz vom 26.08.2024 hat der Kläger das Erledigungsdatum des Klageantrags zu 1) geändert.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer … gegen die Klägerseite vom 16.08.2022 und alle damit zusammenhängenden Einträge aus ihrer über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen.

2. die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr geführten Score-Werte, mit denen sie die Kreditwürdigkeit der Klägerseite bewertet, nach erfolgter Löschung zu berichtigen.

3. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter (Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, jegliche Einträge bezüglich der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer … gegen die Klägerseite, die am 17.08.2022 als erledigt gekennzeichnet wurde, erneut zu speichern oder anderweitig zu verarbeiten.

4. die Beklagte zu verurteilen, die außergerichtlichen Kosten der Klägerseite in Höhe von 973,66 EUR an diese freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, das Risiko erneuter Zahlungsstörungen sei für den Zeitraum von drei Jahren nach Erledigung einer Zahlungsstörung statistisch signifikant erhöht. Etwaige negative wirtschaftliche Folgen des Klägers seien nicht auf den negativen Score-Wert zurückzuführen. Darüber hinaus sei ihr eine weitere titulierte Forderung am 24.07.2023 von einem Vertragspartner gemeldet worden - dies bestreitet der Kläger mit Nichtwissen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die streitgegenständliche Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 f) DSGVO einschließlich der fortwährenden Speicherung nach Ziff. II. Nr. 1 b) des Code of Conduct zulässig sei; die Löschung erfolge nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist.

Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2024 persönlich angehört. Wegen der Einzelheiten des Sach - und Streitstands wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2024 (Bl. 134 f. d.A.) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Gericht ist zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 44 Abs. 1 S. 2 BDSG. Der Kläger hat seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort in Herdorf, mithin im Landgerichtsbezirk Koblenz. Die sachliche Zuständigkeit folgt - ungeachtet des Streitwerts - aus § 39 ZPO, da die Beklagte trotz ihrer abweichenden Ansicht zu dem von der Klägerin angegebenen Streitwert auf eine Rüge der Zuständigkeit des Landgerichts verzichtet hat.

Dem Kläger steht es gem. § 264 ZPO auch frei, das Erledigungsdatum des des Klageantrags zu 1), zugrundeliegenden Eintrags umzustellen und gem. § 260 ZPO mehrere Klageanträge in einer Klage zu verbinden.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1) Löschungsanspruch

Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Löschung des in dem Klageantrag zu 1) benannten Negativeintrags. Ein solcher Löschungsanspruch ergibt sich insbesondere nicht aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage. Art. 17 Abs. 1 DSGVO entfaltet dabei für andere Anspruchsgrundlagen eine Sperrwirkung (vgl. OLG Frankfurt, Urt. 30.3.2023 - 16 U 22/22; LG Düsseldorf, Urt. v. 09.04.2024 - 7 O 217/23).

Nach dieser Vorschrift hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie bezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, sofern einer der in Art. 17 Abs. 1 DSGVO aufgeführten Gründe vorliegt.

a)

Gem. Art. 17 Abs. 1 lit. a) DSGVO ist ein solcher Grund gegeben, wenn die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Zwar sind die Information über die Zahlungsstörung und den Ausgleich nach erfolgter Einmeldung personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO, da sie sich auf den Kläger als identifizierte und identifizierbare natürliche Person beziehen.

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers durch die Beklagte ist jedoch gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO rechtmäßig.

Nach dieser Vorschrift ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.

Die demnach vorzunehmende umfassende Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für die Frage der Rechtmäßigkeit geht zugunsten der Beklagten aus.

Das Interesse des Klägers als Verbraucher ergibt sich einerseits an der ungehinderten Teilnahme am alltäglichen wirtschaftlichen Verkehr sowie dem Schutz seiner personenbezogenen Daten andererseits.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten dient andererseits dem berechtigten Interesse des Geschäftsmodells der Beklagten. Die Beklagte schließt Verträge mit Unternehmen, die Leistungen anbieten, die jedenfalls auch kreditorischer Natur sein können. Entgelte erhält sie von ihren Kunden für die Möglichkeit, von ihr für kreditrelevant gehaltene Informationen über deren potentielle Kunden zu erlangen. Da alle Interessen im Sinne des Art. 6 DSGVO berechtigt sein können, die rechtlicher, persönlicher, ideeller, aber auch rein wirtschaftlicher Natur sind, stellt auch das rein geschäftliche Interesse der Beklagten an der Speicherung grundsätzlich ein derartiges berechtigtes Interesse dar. Die Speicherung zu diesem Zweck ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden bzgl. den Kläger betreffenden Anfragen mangels vollständiger Datengrundlage sonst nicht erfüllen kann (OLG Stuttgart, Urt. v. 10.08.2022 - 9 U 24/22).

Darüber hinaus dient die Speicherung auch den Interessen von Vertragspartnern der Beklagten als potentielle Kreditgeber oder Vertragspartner des Klägers. Denn sie bildet die Datengrundlage für erbetene Auskünfte dieses umgrenzten Personenkreises unter Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zum Kläger regelmäßig vorliegen wird. Dass das Interesse der potentiellen Kunden der Beklagten nicht nur berechtigt, sondern auch von der -europäischen wie auch innerstaatlichen - Rechtsordnung als besonders schützenswert angesehen wird, ist insbesondere an den zur Umsetzung des Art. 8 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ersichtlich, die die Vergabe von Verbraucherkrediten unter die Voraussetzung einer u. a. auf Daten wie der Beklagten basierenden Kreditwürdigkeitsprüfung stellt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.01.2022 - 15 U 153/21). Des Weiteren ist aber auch das objektivierte Interesse des Klägers im Sinne eines Selbstschutzes vor vorschneller neuer Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen. Denn die Verpflichtung potentieller Kreditgeber zur Kreditwürdigkeitsprüfung auf der Grundlage des Art. 8 der Verbraucherkredit-RL, also nach §§ 505a f. BGB in nationaler Umsetzung, dient zumindest auch dem Schutz der Kreditnehmer vor der Gefahr der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit (EuGH, Urt. v. 27.03.2014 - C-565/12). Die Mitteilung der Kreditwürdigkeit und die Erteilung von Bonitätsauskünften bilden das Fundament des deutschen Kreditwesens und damit auch der Funktionsfähigkeit der Wirtschaft (BT-Drs. 18/11325, S.101; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urt. v. 03.07.2023 - 1 U 8/22).

Diese Interessen der Beklagten gelten auch konkret für die verspätete Begleichung titulierter Forderungen. Insbesondere die Speicherung und Mitteilung von Daten zu einem Vollstreckungstitel sind für Vertragspartner und das Kreditsicherungssystem von besonderer Bedeutung. Diese Umstände geben Rückschlüsse auf die frühere Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des (früheren) Schuldners und sind für die Vertragspartner jedenfalls relevant, sonst würden etwaige Auskünfte seitens der Vertragspartner von der Beklagten nicht eingeholt werden (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.2015 - 16 U 41/14). Zudem erfolgt die Speicherung bereits getilgter Forderungen seitens der Beklagten nicht anlasslos, sondern beruhen auf den vom Schuldner eigens zu verantwortenden Zahlungsausfällen und Vollstreckungstiteln.

Die Unrechtmäßigkeit der Verarbeitung folgt insbesondere auch nicht aus einer überlangen Speicherungsdauer. Die DSGVO trifft zu der Speicherungsdauer von personenbezogenen Daten keine konkrete Regelung. Für die Dauer der Speicherung ist vielmehr - ausgehend von dem Wort ,,Notwendigkeit" - eine einzelfallabhängige Abwägung entscheidend. Dabei ist nach dem Erwägungsgrund Nr. 39 die Speicherfrist für personenbezogene Daten auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß zu beschränken und von der Verantwortlichen - insbesondere in Massengeschäften wie der der Beklagten - Fristen für ihre Löschung oder regelmäßige Überprüfung vorzusehen. Dies ist hier aber geschehen. Vorliegend sind durch den Verband der Wirtschaftsauskunfteien e.V. gemäß Art. 40 Abs. 2 DSGVO mit dem ,,Code of Conduct",,Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.05.2018" im Sinne einer Selbstverpflichtung der Mitglieder aufgestellt worden, die durch die zu- ständige Datenschutzbehörde des Landes Nordrhein-Westfalens genehmigt worden sind. Diese Verhaltensregeln legen unter Ziff. II. Nr. 1 b) CoC eine dreijährige Löschungsfrist nach dem Ausgleich der Forderungen fest. Obwohl diese Regelung keine eigene materielle Rechtsgrundlage für die Dauer der Datenspeicherung darstellt, wird sie in der Rechtsprechung als ein jedenfalls im Regelfall beachtlicher und sachgerechter Interessenausgleich zwischen den Beteiligten für eine datenschutzkonforme, weil an den Grundsätzen der Erforderlichkeit orientierte Speicherung von Informationen herangezogen und anerkannt, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine abweichende Bewertung im Einzelfall vorgetragen oder sonst ersichtlich sind (vgl. OLG Köln, ZD 2022, 233 Rn. 27; OLG Oldenburg, ZD 2022, 103 Rn. 36 f.; LG Düsseldorf, Urt. v. 09.04.2024 - 7 O 217/23).

Dies ist auch hier der Fall. Der Kläger hat schon nicht konkret vorgetragen, wann, von wem und zu welchem Anlass ihm ein Vertragsabschluss verweigert wurde, weil seinen potentiellen Vertragspartner Informationen von der Beklagten zur Verfügung gestellt bekommen hätten. Insoweit verlieren sich die Bekundungen des Klägers in pauschalen Angaben, dass er an dem Abschluss von Mobilfunkverträgen und Kreditverträgen für sein Unternehmen oder der Möglichkeit, ein Fahrzeug zu leasen gehindert worden wäre.

Darüber hinaus ist der Einwand des Klägers, die Eintragungen spiegelten nicht seine Zahlungsfähigkeit und seine Zahlungswilligkeit wieder, bereits unzureichend. Denn an der Zahlungsfähigkeit und der Zahlungswilligkeit des Klägers bestehen bereits Zweifel, da jedenfalls eine erhebliche Zahlungsverzögerung streitgegenständlich ist. Dies gilt auch für den Vortrag des Klägers, die streit- gegenständliche Forderung stamme aus einer Zeit, in der er mehrere Unternehmen geführt habe und ein Unternehmen verloren habe. Dies habe zu finanziellen Engpässen geführt und der Tatsache, dass er an der Forderungsbegleichung gehindert worden sei. Dies spiegele seine aktuelle Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit nicht wieder. Auch an diesem Vortrag bestehen Zweifel, denn zum 06.04.2022 besteht ein Eintrag im Schuldnerverzeichnis, wonach der Kläger in einem laufenden Zwangsvollstreckungsverfahren nicht wie angeordnet, der Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft gegenüber dem Gerichtsvollzieher nachkam, gemäß § 882c Absatz 1 Nr. 1 ZPO. Zudem gibt der streitgegenständliche Negativeintrag nur einen zutreffenden Sachverhalt wieder und ruft hinsichtlich des Klägers unter keinem Gesichtspunkt ein ,,falsches Bild" hervor (OLG Stuttgart, Urt. v. 31.08.2022 - 9 U 65/22 sowie Urt. v. 28.07.2021 - 9 U 108/21; LG Ravensburg, Urt. v. 11.01.2024 - 4 O 271/23).

Entgegen der Auffassung des Klägers greifen auch nicht die Erwägungen zu einer vorzeitigen Löschung von Einträgen über Restschuldbefreiungen nach §§ 286, 287a Abs. 1 S. 1 InsO durch. In § 3 Abs. 1 S. 1 InsBekV ist niedergelegt, dass die für die Restschuldbefreiung in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgte Veröffentlichung von Daten aus einem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens zu löschen sind. Dies gilt ebenso für das Schuldnerverzeichnis, wonach nach § 882e Abs. 3 ZPO eine Eintragung in Abweichung zu § 882e Abs. 1 ZPO, der eine dreijährige Löschungsfrist vorsieht, zu löschen ist. Der hier vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich hiervon jedoch. Vorliegend bezieht die Beklagte ihre Informationen nicht aus einem öffentlich, für jedermann zugänglichen Register, sondern von ihren Kunden, die mit dem jeweiligen Verbraucher einen Vertrag abgeschlossen haben. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte etwaige Informationen bzw. Auskünfte nur gegenüber ihren Vertragspartnern bei einem berechtigten Interesse erteilt. Damit entfaltet die Datenbank der Beklagten im Vergleich zum Schuldnerverzeichnis oder aber dem Insolvenzregister eine weitaus weniger ,,stigmatisierende" Wirkung, da der Kreis an potentiellen Auskunftsberechtigten begrenzt ist (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.04.2024 - 7 O 217/23).

Schließlich streitet auch § 35 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 BDSG a.F. für die Beklagte. Danach war - wie hier - im Falle eines erledigten Sachverhalts zum Ende des dritten Kalenderjahres lediglich eine Prüfung der Erforderlichkeit geschäftsmäßig verarbeiteter personenbezogener Daten vorgesehen (LG Düsseldorf, Urt. v. 09.04.2024 - 7 O 217/23).

Aus den oben genannten Gründen ist die Erhebung bzw. Verarbeitung der Daten auch immer noch notwendig.

b)

Ein Anspruch auf Löschung der personenbezogenen Daten folgt auch nicht aus Art. 17 Abs. 1 lit. d) DSGVO. Demnach hat eine Löschung zu erfolgen, wenn die Datenverarbeitung nicht rechtmäßig erfolgte. Dies ist aus vorstehenden Gründen gerade nicht der Fall.

c)

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Löschung der personenbezogenen Daten aus Art. 17 Abs 1 lit. c) DSGVO. Nach dieser Vorschrift ist erforderlich, dass die betroffene Person gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO Widerspruch gegen die Verarbeitung eingelegt hat und keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vorliegen. Um die Wertung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nicht zu unterlaufen, ist eine atypische Situation rechtlicher, wirtschaftlicher, ethischer, sozialer, gesellschaftlicher und/oder familiärer Natur vorliegen. Es müssen konkrete Umstände des Einzelfalls eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen begründen (Martini, in: Paal/Pauly, DSGVO BDSG, 2021, Art. 21 DSGVO Rn. 30).

Der Umstand, dass für Kläger - unter Wahrunterstellung- im Alltag und bei wichtigen Geschäftsbeziehungen Probleme mit dem Abschluss von Mobilfunkverträgen, Kreditverträgen oder Leasingverträgen von Fahrzeugen hat, sind jedenfalls keine atypischen Situationen, sondern typische Folgen einer Bonitätsauskunft (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 03.07.2023 - 1 U 8/22; OLG Frankfurt, Urt. v. 18.01.2023 - 7 U 100/22, LG Frankenthal, Urt. v. 16.05.2024 - 3 O 305/23). Soweit der Kläger vorträgt, er erfahre Diskriminierungen aufgrund des Eintrags, ihn umtreibe die Sorge der Rufschädigung, dies wirke sich negativ auf seine psychische Gesundheit aus, verliert sich auch dieser Vortrag in pauschalen Behauptungen. Weitere Umstände, die eine atypische Situation begründen könnten, sind nicht ersichtlich.

2) Neuberechnung des Schufa-Scores

Der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch auf Berichtigung des sogenannten Score-Werts, der im Wege der Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB dahingehend zu verstehen ist, dass der Kläger keine statische Berechnung, sondern vielmehr die Verpflichtung der Beklagten erreichen will, seinen Score-Wert jeweils ohne Berücksichtigung der gelöschten Eintragungen neu zu ermitteln, ist ebenfalls unbegründet, da die angegriffenen Daten rechtmäßig gespeichert werden (s.o.) und damit auch bei der Ermittlung des Score-Werts weiterhin berücksichtigt wer- den dürfen.

3) Unterlassungsanspruch

Ein Anspruch auf Unterlassung künftiger Verarbeitungen des streitgegenständlichen Datensatzes aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB steht dem Kläger bereits nicht zu, da die Verarbeitung rechtmäßig erfolgt (s.o.).

4) Nebenforderungen

Die geltend gemachten Nebenforderungen in Gestalt der Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten teilen das Schicksal der Hauptforderung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, 2 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.