LG Coburg 51. Zivilkammer, Urteil vom
2.Mai 2024 , Az: 51 O 286/23
Langtext
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Wege der Stufenklage auf 1. Stufe Auskunft über die von der Beklagten im Rahmen einer behaupteten Kundenbeziehung verarbeiteten Daten.
Die Beklagte mit Sitz in V. (Malta) ist Betreiberin von Online-Casinos bzw. Online-Glücksspielen. Sie verfügt dort über eine nach dem Recht in Malta wirksame Erlaubnis/Lizenz, Online-Glücksspiel anzubieten. Über eine Glücksspiellizenz nach deutschem Recht, bzw. nach den deutschen landesrechtlichen Vorgaben, verfügt die Beklagte bis Juli 2021 nicht. Der Kläger ist Verbraucher mit Wohnsitz in N., Bayern. Von diesem Wohnsitz aus nahm der Kläger an Online-Glückspielen teil.
Die Beklagte verfügte bis Frühjahr 2023 über keine Lizenz zum Veranstalten und/oder Vermitteln öffentlicher Casinospiele für das Bundesland Bayern. Der vom Kläger vorliegend geltend gemachte Zeitraum betrifft allein jene Zeit, in der eine deutsche Lizenz nicht vorlag.
Die Beklagte wurde durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 26. Januar 2023 zur Datenauskunft binnen Monatsfrist aufgefordert. Eine Rückmeldung erfolgte hierauf nicht.
Der Kläger behauptet, dass er bei der Beklagten registriert gewesen sei und am von der Beklagten angebotenem Glücksspiel teilgenommen habe.
Der Kläger behauptet, er sei davon ausgegangen, dass es sich um legale Online-Glücksspiele handele. Die Beklagte habe über ihre deutschsprachigen Angebote im Internet Online-Glückspiele angeboten, ohne die dafür notwendige Lizenz zu haben. Die Rechtswidrigkeit dieses Angebots der Beklagten habe der Kläger erst durch die Tätigkeit sowie das Medienangebot seines Klägervertreters erkannt.
Der Kläger vertritt insoweit die Auffassung, dass die Beklagte die Internetseite illegal betreibe, insbesondere in Deutschland verbotene Casino-Spiele anbiete. Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, dass es sich um unerlaubtes Glücksspiel handele, denn das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet sei verboten. Die Beklagte verfüge über keine Lizenz zum Veranstalten öffentlicher Casino-Spiele für das Bundesland Bayern. Aufgrund des Glücksspielstaatsvertrages der Länder sei es zudem auch nicht möglich, legal ein Online-Casino in Bayern zu betreiben.
Der Auskunftsanspruch des Klägers beruhe auf Art. 15 DSGVO.
Der Kläger stützt den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Herausgabe der vereinnahmten Geldbeträge auf § 812 Abs. 1, Satz 1, 1. Fall BGB. Daneben stünde ihm ein Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV zu. Der Rückforderungsanspruch sei nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen und auch nicht verjährt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Coburg aus Art. 17 Abs. 1c EuGVVO ergebe. Zudem ergebe sich die örtliche Zuständigkeit aus Art. 7 Nr. 1a und b, Nr. 2 EuGVVO. Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele sei eine unerlaubte Handlung im Sinne dieser Vorschrift.
Da die geschlossenen Glücksspielverträge gegen das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstießen, seien diese gemäß § 134 BGB nichtig. Von daher sei die Beklagte zu Unrecht gemäß § 812 BGB bereichert. Die Beklagte könne sich nicht auf eine für einen anderen Mitgliedsstaat gültige Glücksspiellizenz berufen.
Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV verstoße weder gegen Verfassungsrecht noch gegen höherrangiges EU-Recht. Auf das streitgegenständliche Rechtsverhältnis finde auch deutsches Recht Anwendung.
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, dass dem Rückforderungsanspruch des Klägers auch nicht der Rechtsgedanke des § 817 Satz 2 BGB entgegenstehe. Dem Kläger sei kein Sittenverstoß vorzuwerfen, da die Beklagten bewusst versucht habe, den Anschein der Legalität des Online-Casino-Angebots zu erwecken.
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Auskunft zu erteilen über die im Rahmen der Kundenbeziehung verarbeiteten Daten, insbesondere zu den nachfolgenden Fragen:
a) Welche personenbezogenen Daten der Klagepartei verarbeitet die Beklagte?
b) Zu welchem Zweck (welchen Zwecken) verarbeitet die Beklagte diese Daten?
c) Woher stammen diese Daten?
d) Hat die Beklagte diese Daten an Dritte übermittelt oder plant die Beklagte, diese an Dritte zu übermitteln? Wenn ja, an wen, wann und zu welchem Zweck?
e) Die vollständige Zahlungs- und Spielhistorie aller Spielkonten der Klagepartei sind im maschinenlesbaren Excel-Format bereitzustellen.
f) Wie lange wird die Beklagte die Daten verarbeiten?
g) Hat die Beklagte hinsichtlich der Klagepartei ein Profil angelegt? Falls ja, mit welchem Inhalt und in welcher Art und Weise ist dieses Profil zustande gekommen?
2. Die Beklagte wird auf zweiter Stufe der Klage verurteilt, an die Klagepartei einen sich aus der Auskunft ergebenden und noch zu beziffernden Betrag zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, dass sie keine illegalen Glücksspiele im Internet anbiete. Das Angebot der Beklagten sei rechtlich zulässig gewesen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das Online-Glücksspiel in Deutschland nicht pauschal verboten sei, es sogar in Schleswig-Holstein erlaubt ist. Auch bestünde bisher eine aktive Duldung des Online-Glücksspiels durch die verschiedenen Aufsichtsbehörden in Deutschland, so auch in Bayern. Hieraus ergebe sich, dass das Online-Glücksspiel nicht verboten sei. Zwischenzeitlich verfüge die Beklagte zudem über eine deutsche Lizenz der Gemeinsamen Glückspielbehörde der Länder nach dem derzeit gültigen Glücksspielstaatsvertrag.
Dem Kläger stehe kein Auskunftsanspruch zu. Der Vortrag hierzu sei bereits unsubstantiiert und nicht ausreichend bestimmt. Jedenfalls stehe der Beklagten hierzu jedoch ein Weigerungsrecht zu, da das Verhalten des Klägers vorliegend als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Der Kläger wolle datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche dazu nutzen, etwaige Rückzahlungsanspruche gegen die Beklagte durchzusetzen. Hierbei wolle er die ihm obliegende Substantiierungspflicht hinsichtlich ihm günstiger Tatsachen, namentlich die Darlegung angeblich erlittenen Verlustes, auf die Beklagte abwälzen. Die Geltendmachung der Auskunftsansprüche diene vorliegend allein dazu, den zivilrechtlichen Beibringungsgrundsatz sowie Grundsätze der Beweislastverteilung zu unterlaufen.
Die Beklagte ist weiter der Ansicht, dass vom Kläger geltend gemachte Rückforderungsansprüche auch unbegründet seien, da die Leistungen des Klägers mit Rechtsgrund erfolgt seien. § 4 Abs. 4 GlüStV sei unionsrechtswidrig und damit kein Verbotsgesetz. Bis zur Einführung eines unionsrechtkonformen Konzessionsverfahrens könne sich die Beklagte deshalb auf die unionsrechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV berufen.
Etwaige Ansprüche seien zudem nach § 242 BGB ausgeschlossen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2024 und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. Das Gericht hat den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört. Auch diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Zulässigkeit
Das Landgericht Coburg ist international, sachlich und örtlich zuständig und damit zur Entscheidung berufen.
I. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Coburg für die streitgegenständlichen Ansprüche folgt aus Art. 17 Abs. 1 c) Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: EuGVVO).
Danach kann der Verbraucher an seinem Wohnsitz seinen Vertragspartner wegen Streitigkeiten aus einem Vertrag verklagen, wenn sein Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
Als Verbraucher ist jede natürliche Person anzusehen, die Verträge zur Deckung ihres privaten Eigenbedarfs schließt, sofern diese nicht ihrer (gegenwärtigen oder zukünftigen) beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden können (Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2017, Art. 17 EuGVVO, Rn. 2). Der Kläger ist somit Verbraucher mit Wohnsitz in Nordhalben.
Die Beklagte übt ihre gewerbliche Tätigkeit in Deutschland aus. Die Beklagte als Vertragspartner hat ihr gewerbliches Angebot der Veranstaltung von Glücksspielen auf Deutschland, wo der Kläger seinen Wohnsitz hat, ausgerichtet, indem sie ihre Dienste über eine - von der Beklagten unbestritten gebliebene - deutschsprachige Internetdomain insbesondere Kunden in Deutschland angeboten hat. Einigkeit besteht darüber, dass das autonom auszulegende Tatbestandsmerkmal des „Ausrichtens“ jedenfalls erfüllt ist, wenn dem Vertragsschluss im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung des Vertragspartners vorausgegangen ist (OLG Düsseldorf Urteil vom 1. März 2018 – 16 U 83/17, BeckRS 2018, 14040 Rn. 26, beck-online). Mit dem Anbieten der Dienste in deutscher Sprache kommt zum Ausdruck, dass eine Werbung um Kunden in Deutschland und auch ein Angebot der Dienste insbesondere in Deutschland, dem Wohnsitzstaat des Klägers, durch die Beklagte beabsichtigt und angestrebt war. Das „Ausrichten“ der Tätigkeit i.S.v. Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO ist vorliegend auch ausreichend. Auf den Ort des Vertragsschlusses oder der hierfür erforderlichen Rechtshandlungen kommt es nicht an (BGH MDR 2013, 1365). Wo die Handlungen, die zum Vertragsschuss führten, vorgenommen worden sind, ist im Übrigen bei Vertragsschluss im Internet auch selten feststellbar. Der Schaden ist dort eingetreten, wo der Kläger seinen regelmäßigen Wohnsitz hat (so LG Meiningen, Urteil vom 26.01.2021, AZ: 2 O 616/20; Landgericht München I, Urteil vom 13.04.2021, AZ: 8 O 16058/20).
Der prozessuale Verbraucherschutz gilt für Ansprüche aus einem Vertrag und für den Streit um das Zustandekommen des Vertrages. Erfasst sind auch Bereicherungsansprüche und nach der Rechtsprechung des EuGH auch deliktische Ansprüche, wenn die Ansprüche „untrennbar mit einem zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden tatsächlich geschlossenen Vertrag verbunden ist“ (Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, Art. 17, Rn. 1 b).
Damit liegt eine Verbrauchersache im Sinne von Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO vor, womit die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen des Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner (Beklagte) gemäß Art. 18 Abs. 1, 2. Alt. EuGVVO gegeben ist.
II. Aus Art. 18 Abs. 2, 2. Alt. EuGVVO folgt neben der internationalen zugleich auch die örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., Art. 18 EuGVVO Rn. 3). Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Nordhalben, mithin im hiesigen Landgerichtsbezirk.
III. Ferner ergibt sich die örtliche Zuständigkeit daneben auch aus Art. 7 Nr. 2) EuGVVO, wonach Ansprüche aus unerlaubter Handlung vor dem Gericht des Ortes geltend gemacht werden können, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Der Kläger stützt seinen Anspruch auch auf einen Verstoß gegen § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlückStV. Anzuknüpfen ist an den Ort, „an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht“ ist. International zuständig nach Nr. 2 ist mithin das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Das schädigende Ereignis i.S.d. Nr. 2 ist sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens. Der Ort des Geschehens wird als Handlungsort, der Ort des Schadenseintritts als Erfolgsort bezeichnet. Der Geschädigte kann nach seiner Wahl, den Beklagten vor dem Gericht eines diese beiden Orte verklagen (BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 40. Edition, Stand: 01.03.2021, Rn. 81 ff.). Der Kläger hat vorgetragen, sämtliche Handlungen von seinem jeweiligen Wohnsitz aus veranlasst zu haben. Dies ist von der Beklagten nicht bestritten worden. Somit erfolgte der Spieleinsatz vom Kläger zur Beklagten in Deutschland (so LG Meiningen, Urteil vom 26.01.2021, AZ: 2 O 616/20). Hinsichtlich der weiter vom Kläger geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Ansprüche würde sich eine örtliche Zuständigkeit auch nach Art. 7 Nr. 1 EuGVVO ergeben (Zöller, 33. Aufl. 2020, Art. 7, Rn. 34).
IV. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Coburg ergibt sich aus den §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG.
B. Begründetheit
I. Anwendung deutschen Rechts
Auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt findet gemäß Art. 6 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (im Folgenden: Rom I-VO) deutsches materielles Recht Anwendung.
Der Kläger hat als natürliche Personen ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit als Verbraucher einen Vertrag mit der Beklagten geschlossen, wobei letztere mit dem Anbieten von Online-Glücksspielen in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit handelte (Unternehmer) und diese jedenfalls auch auf den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers (Deutschland) ausrichtete, Art. 6 Abs. 1 b) Rom I-VO.
II. Begründetheit
1. Der Klageantrag zu 2. ist unzulässig, denn die Voraussetzungen eines unbezifferten Leistungsantrages liegen nicht vor. Ein solcher wäre zulässig, wenn die Voraussetzung einer Stufenklage vorlägen, was hier jedoch nicht der Fall ist.
Gemäß § 254 ZPO kann im Wege der Stufenklage die bestimmte Angabe der Leistung bis zur Rechnungslegung vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet. Die Verbindung zwischen Auskunfts- und Leistungsansprüchen in der gemäß § 254 ZPO vorgesehenen Weise ist entsprechend im Zweck dieser Vorschrift nur dann zulässig, wenn die gewährte Auskunft dazu dient, den Leistungsanspruch zu beziffern oder in sonstiger Weise zu konkretisieren. Die im Rahmen der Stufenklage verfolgte Rechnungslegung ist lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmten Leistungsanspruch und vorbereiteten Auskunftsanspruch steht deshalb nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dient, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht im Zusammenhang stehenden Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (vgl. BGH v. 06.04.2016, VIII ZR 143/15).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die erhobene Stufenklage unzulässig.
Der erforderliche Zusammenhang zwischen Auskunfts- und Leistungsbegehren fehlt insbesondere deshalb, weil die Auskunft dem Kläger die Beurteilung ermöglichen soll, ob ihm der Anspruch dem Grunde nach zusteht, ob also ein - zum Beispiel zum Schadensersatz verpflichtendes - Verhalten der Beklagten vorliegt und ob dieses für ein, dem Kläger entstandenen Schaden kausal ist (BGH-Urteil v. 02.03.2000, III ZR 65/99).
Die vom Kläger hier begehrte Auskunft dient nach dem klägerischen Vortrag (S. 4 der Klageschrift) ausschließlich der Durchsetzung bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsansprüche, welche der Kläger gegen die Beklagte zu haben vermutetet. Daraus ergibt sich, dass die Stufenklage der Beschaffung von Beweisen dienen soll.
Dies zeigt sich auch daran, dass der klägerische Vortrag lediglich Angaben dazu enthält, der Kläger habe in einem bestimmten (nicht konkretisierten) Zeitraum am Internetangebot der Beklagten mittels eines Accountes teilgenommen. Es fehlt - trotz des ausdrücklichen Hinweises in der Klageerwiderung - an jedem Vortrag dazu, mittels welchen Accounts, auf welcher der Beklagten zuzuordnenden Website, in welchem Zeitraum der Kläger gespielt haben will. Der Vortrag überhaupt bei der Beklagten gespielt zu haben, ist ausschließlich pauschal und insoweit auch nicht durch diese zugestanden. Insbesondere gibt es keine konkrete Bezifferung von Verlusten, die die Beklagte hätte zugestehen können.
2. Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet, denn dem Kläger steht gegen die Beklagte kein materiell-rechtlicher Auskunftsanspruch zu.
a) DSVGO
Der begehrte Auskunftsanspruch der Klagepartei findet keine Stütze in der DSVGO.
Gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten sowie über diverse weitere Informationen nach Art. 15 Abs. 1 a) bis h) DS-GVO. Weitere Voraussetzungen, wie beispielsweise ein besonderes Auskunftsinteresse, sieht die Vorschrift gerade nicht vor.
Die Vorschrift des Art. 12 Abs. 5 S. 2 DS-GVO führt zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag auf. Die Verwendung des Worts „insbesondere“ macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will und insoweit nicht abschließend ist (vgl. Heckmann/Paschke, in Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 2. Aufl., Art. 12 Rn. 43). Bei der Auslegung, was idS rechtsmissbräuchlich ist, ist auch der Schutzzweck der DS-GVO zu berücksichtigen (ZD 2024, 97Rn. 14, beck-online). Nach Erwägungsgrund 63 S. 1 soll die betroffene Person „ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können“. Die in Art. 15 DS-GVO geregelten Ansprüche sind mithin Hilfsansprüche und dienen dazu, die betroffene Person in die Lage zu versetzen, ihre Rechte auf Löschung, Berichtigung und Einschränkung der Bearbeitung und Datenübertragbarkeit (Art. 16 ff. DS-GVO) sowie Schadensersatzansprüche (Art. 82 DS-GVO) geltend zu machen (NZA 2022, 513, beck-online). Um ein solches Bewusstwerden zum Zweck einer Überprüfung der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten geht es dem Kläger nach seinem eigenen Klagevorbringen jedoch nicht. Sinn und Zweck der von ihm begehrten Auskunftserteilung ist vielmehr ausschließlich die Geltendmachung behaupteter bereicherungsrechtlicher Ansprüche wegen behaupteter Spielverluste auf einer Internetseite der Beklagten. Eine solche Vorgehensweise ist vom Schutzzweck der DSGVO nicht umfasst (vgl. Senat Urt. v. 17.3.2023 – 11 U 208/22; Beschl. v. 4.5.2022 – 11 U 239/21Rn. 9; OLG Hamm Beschl. v. 15.11.2021 – 20 U 269/21 [= ZD 2022, 237] Rn. 8 ff.; OLG München Beschl. v. 24.11.2021 – 14 U 6205/21 [= ZD 2022, 468 (Ls.)] Rn. 55; OLG Brandenburg; ZD 2024, 97Rn. 15, beck-online).
b) § 242 BGB
Aus den gleichen Erwägungen kann die begehrte Auskunft auch nicht über § 242 BGB erlangt werden. Zwar kann sich aus einem Schuldverhältnis nach Treu und Glauben auch die Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung ergeben. Dies kann auch zu der Verpflichtung eines Vertragspartners führen, dem anderen Teil Unterlagen zur Verfügung zu stellen (vgl. Senat Beschl. v. 4.5.2022 – 11 U 239/21; OLG Schleswig Urt. v. 18.7.2022 – 16 U 181/21 [= ZD 2023, 156] Rn. 51 ff., jew. mwN). Es genügt jedoch nicht, dass der Kläger behauptet, die begehrte Information sei für ihn von Bedeutung bzw. er sei auf sie angewiesen. Voraussetzung ist vielmehr, dass der Kläger über den Inhalt der geforderten Information in entschuldbarer Weise im Unklaren ist, die Beklagte die Auskunft unschwer erteilen kann (stRspr; vgl. etwa BGH Urt. v. 8.2.2018 – III ZR 65/17Rn. 23 mwN) und ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein bestimmter durchsetzbarer Anspruch existiert (vgl. BGH Versäumnisurteil v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01Rn. 9; OLG Schleswig Urt. v. 18.7.2022 – 16 U 181/21 [= ZD 2023, 156] Rn. 52). Diese Voraussetzungen sind hier erkennbar nicht gegeben (ZD 2024, 97Rn. 10, beck-online). Nachdem der Kläger weder Zeitraum, Internetseite noch Art und Umfang des behaupteten Spieles dargelegt hat, besteht die naheliegende Möglichkeit, dass der Kläger sämtliche in Malta ansässigen Betreiber von Onlineglückspielseiten auf Verdacht in Anspruch nimmt und mit der begehrten Auskunft erhofft, eine Grundlage für eine etwaige Rückforderung zu schaffen.
Weiterhin führt der Kläger vor dem Landgericht Coburg eine Vielzahl von Verfahren im Zusammenhang mit der Rückforderung von Einzahlungen aus Online-Glückspielen, erstmals mit Klage vom 15.12.2020 im Verfahren 12 O 835/20. Der klägerische Vortrag, ihm sei die Illegalität von Glückspielen erstmals im Sommer 2021 bewusst geworden, ist damit erkennbar falsch und kann einem Anspruch gegen die Beklagte aus § 242 BGB insoweit auch nicht zu Grunde gelegt werden. Der Kläger ist trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2024 nicht erschienen.
Die Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 91, 709 ZPO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 44 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO. Dabei hat das Gericht als Interesse des verfolgten wirtschaftlichen Anspruches mangels Angaben zur Höhe dem Rechtsgedanken des § 52 Abs. 2 GKG folgend mit 5.000,00 € bewertet.