Die Beklagte erbringt unter der Marke V. Telekommunikationsdienstleistungen.
Die Parteien verbindet ein Vertrag über Telekommunikationsdienstleistungen (im Folgenden: Mobilfunkvertrag). Eine Einwilligung zur Übermittlung von Daten an die S. Holding AG (im Folgenden: S.) erteilte die Klägerin nicht.
Am 06.09.2016 und am 20.04.2021 meldete die Beklagte jeweils den Abschluss eines Telekommunikationsvertrages an die S. unter Mitteilung der jeweiligen Servicekonten (Nr. 108042193 bzw. Nr. 1050472110). Auf die S. Auskunft vom 27.10.2022 (Anl. K1, Bl. 9 ff. der Akte) wird Bezug genommen.
Ab dem 20.03.2023 löschte die S. selbstständig alle bei ihr noch gespeicherten Vertragsdaten.
Mit Schreiben vom 26.11.2023 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 5.000 € auf (Anl. K2, Bl. 6 der Akte). Eine Rückmeldung hierzu erfolgte nicht.
Die Klägerin behauptet, durch die Weitergabe der Positivdaten sei der S.-Score unmittelbar beeinflusst worden. Ferner sei nach Kenntnis der Weitergabe ein Gefühl der Ohnmacht über die Daten und Tragweite der Datenweitergabe bei der Klägerin entstanden. Ihr drohe eine potentielle Stigmatisierung. Bei der Klägerin habe sich unmittelbar ein Gefühl des Kontrollverlustes ergeben.
Sie behauptet, es sei ihr nicht möglich gewesen auf günstigere Mobilfunkverträge zu wechseln.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Übermittlung der Positivdaten an die S. durch die Beklagte sei rechtswidrig erfolgt, da die Übermittlung weder unter Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b) noch unter Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO falle.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite ein in das Ermessen des Gerichts gestellten immateriellen Schadensersatz in Höhe von mindestens 5.000,00 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerseite von den vorgerichtlichen Anwaltsgebühren der Kanzlei C. L., J. Str. …, … H. i.H.v. 818,72 € freizuhalten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Hinblick auf die Datenübermittlung am 06.09.2016 wendet die Beklagte (vorsorglich) Verjährung ein.
Die Beklagte ist der Ansicht, ein Anspruch gemäß Art. 82 Abs. 1 DSG VO bestünde nicht. Weder läge ein Verstoß gegen die Vorschriften der DSGVO vor, noch habe die Klägerin einen kausal hierauf beruhenden Schaden erlitten.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes i.H.v. 5.000,00 € aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO.
Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
Es kann dahinstehen, ob ein Verstoß gegen die Bestimmungen der DSGVO vorliegt. Denn das Gericht kann nicht feststellen, dass der Klägerin einen kausal auf die behaupteten Verstöße zurückzuführenden Schaden erlitten hat.
Nach allgemein Grundsätzen obliegt es der Klägerin, die Mitursächlichkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung ist ein Verstoß gegen die DSGVO nicht unmittelbar mit einem Schaden gleichzusetzen. Es geht aus dem Wortlaut von Art. 82 Abs. 1 DSGVO klar hervor, dass das Vorliegen eines Schadens eine der Voraussetzungen für den in dieser Bestimmung vorgesehenen Schadensersatzanspruch darstellt, ebenso wie das Vorliegen eines Verstoßes gegen die DSGVO und eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Schaden und dem Verstoß, wobei diese drei Voraussetzungen kumulativ sind (EuGH, Urt. v. 04.05.2023, Rs. C-300/21, NZA 2023, 621, beck-online; LG Darmstadt Urt. v. 12.06.2024, Az. 2 O 18/24, GRUR-RS 2024, 13733, beckonline). Allerdings ergibt sich keine Erheblichkeitsschwelle für das Vorliegen eines Schadens, es können auch Bagatellschäden umfasst sein. Zu verlangen ist aber jedenfalls, dass ein konkreter immaterieller Schaden auch tatsächlich eingetreten ist (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 02.03.2022, 13 U 206/20 = GRUR-RS 2022, 4491 Rn. 61 ff, beck-online; LG Gießen, Urteil vom 31. Mai 2024 – 9 O 530/23 –, Rn. 37, juris). Diesen muss der Kläger zunächst darlegen.
Auch unter Berücksichtigung eines weiten Verständnisses des immateriellen Schadens, dass ausdrücklich auch Bagatellschäden einschließt, vermag der formelhafte klägerische Vortrag das Tatbestandsmerkmal des Schadens nicht schlüssig auszufüllen. Ein abstrakter Kontrollverlust reicht allein für einen immateriellen Schaden nicht aus. Für eine darüberhinausgehende Beeinträchtigung trägt die Klägerin als diejenige, die den Anspruch geltend macht, die Beweislast.
Es ist nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin ein Gefühl des Kontrollverlustes, der Ohnmacht oder der großen Sorge konkret bezogen auf die Mitteilung durch die Beklagte eingetreten ist.
Im Rahmen Ihrer persönlichen Anhörung hat die Klägerin ausgeführt, dass ihre Prozessbevollmächtigten „eigentlich“ nicht gefragt hätten, wie es ihr geht. Vielmehr seien die Umstände erfragt, aber nicht näher darauf eingegangen worden. Mithin wurde sie nicht hinsichtlich ihrer emotionalen Lage befragt. Die Darlegungslast für den Eintritt des konkreten immateriellen Schadens liegt jedoch beim Betroffenen und kann bei behaupteten persönlichen bzw. psychologischen Beeinträchtigung nur durch die Darlegung konkreter individueller und nicht wie hier in einer Vielzahl von Fällen gleichartiger dem Beweis zugängliche Indizien erfüllt werden. Im Rahmen der Klageschrift und der Replik wird lediglich auf ein Gefühl der Ohnmacht und einen abstrakten Kontrollverlust Bezug genommen. Im Rahmen Ihrer persönlichen Anhörung äußerte die Klägerin jedoch nicht, einem Ohnmachtsgefühl erlegen zu sein. Sie teilte lediglich mit, dass sie sich durch die Mitteilung benachteiligt gefühlt habe, weil sie zu keinem günstigeren Telefontarif habe wechseln können. Mittlerweile habe sie auch keine Sorgen mehr hinsichtlich der Bonität.
Dass bloße negativen Gefühle wie Unmut, Unzufriedenheit und Sorge, die an sich Teil des allgemeinen Lebensrisikos und des täglichen Erlebens sind, Grundlage für einen Schadensersatzanspruch sein können, hält das Gericht jedenfalls dann für nicht gerechtfertigt, wenn wie hier kein Einfluss auf die Lebensführung ersichtlich und damit ein konkreter Rückschluss von äußeren Umständen auf diese inneren Tatsachen nicht möglich ist.
Der erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Vortrag, die Klägerin habe aufgrund der S.-Meldung bei in Anspruch genommenen Ratenkrediten höhere Zinsen zahlen müssen und keine günstigeren Mobilfunkverträge abschließen können, erfolgte ohne nähere Anknüpfungspunkte ins Blaue hinein. Die Klägerin stellt lediglich Vermutungen auf, ohne diese näher zu begründen. Sie konnte auch nicht darlegen, dass tatsächlich höhere Zinsen angefallen seien. Sie trägt auch nicht vor, hierdurch besondere Sorgen oder Ängste zu erleiden. Insbesondere ist dieses pauschale Behaupten auch nicht nachvollziehbar, da ausweislich der S.-Mitteilung vom 27.10.2022 (Anlage K 1) neben der Mitteilung der Mobilfunkverträge weitere Meldungen vorhanden sind. Es sind auch vielfältige Gründe für die Ablehnung eines Tarifwechsels denkbar (beispielsweise Vertragsbindung, Missachtung einer Kündigungsfrist).
Mangels Hauptanspruch hat die Klägerin gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Freistellung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO.