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Nr: NJRE001590639


LG Wiesbaden 4. Zivilkammer, Urteil vom 30.Juli 2024 , Az: 4 O 11.24

EUV 2016/679 Art 17

Rechtmäßigkeit der Speicherung von Daten durch eine Wirtschaftsauskunftei

Leitsatz

Zum Vorliegen einer besonderen Situation gemäß Art. 21 Abs.1 DS-GVO

Orientierungssatz

Im Rahmen des Art. 21 Abs.1 DS-GVO muss es sich um Gründe handeln, die eine atypische Konstellation begründen, welche den Interessen des Klägers ein besonderes Gewicht verleiht (LG Frankfurt, Urt. v.20.12.2018, 2/5 O 151/18 zit.n.beck-online).

Allein die Tatsache, dass jemand aufgrund der Einträge nachteilige Folgen bei der Wohnungssuche befürchtet bzw. erlebt oder nur schwer einen Immobilienkredit erhält, vermag keine atypische Situation zu begründen, sondern gleicht der Situation einer Vielzahl von Schuldnern.


Langtext

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Löschung von Daten, Unterlassung weiterer Speicherung oder Beauskunftung, Schadensersatz und auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltkosten in Anspruch.


Tatbestand

Die Beklagte ist eine Wirtschaftsauskunftei. Sie erteilt gegenüber Unternehmen unter anderem Auskünfte über die Bonität von Verbrauchern in Gestalt eines von ihr ermittelten Scorewerts. Sie gibt außerdem Auskünfte über laufende oder vergangene Insolvenzverfahren von Verbrauchern, auch über innerhalb der zurückliegenden Jahre erfolgte Restschuldbefreiung. Verbraucher können bei ihr unter anderem eine Bonitätsauskunft beantragen, um diese beispielsweise an einen Vermieter oder ein Kreditinstitut weiterzugeben. Eine solche Selbstauskunft für Kredit- und Wohnmietverträge enthält auch Informationen zu Privatinsolvenzen und Restschuldbefreiungen.

Der Kläger hatte bei der B.- Bank einen Kreditkartenvertrag. Seit 2013 war er mit Rückständen im Soll. Am 4.6.2013 kündigte die Bank den Kreditkartenvertrag und stellte dem Kläger einen Gesamtbetrag von EUR 1.605,45 fällig. Die Forderung der Vertragspartnerin wurde am 13.9.2013 durch das Amtsgericht C. mittels eines Vollstreckungsbescheids tituliert. Die Vertragspartnerin meldete der Beklagten die streitgegenständliche Forderung erstmalig am 11.11.2013 als schwerwiegende Zahlungsstörung des Klägers. Die Beklagte nahm daraufhin einen entsprechenden Eintrag in ihren Datenbestand auf.

Am 21.8.2017 erkannte der Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 3.018,19 ausdrücklich durch Unterzeichnung eines Teilzahlungsvergleichs/Schuldanerkenntnis, an. Mit Anruf des Klägers vom am 25. August 2017 fragte der Kläger nach, ob die angeforderten Unterlagen zum Einkommensnachweis anlässlich der vorgenannten Ratenzahlungsvereinbarung bei der Vertragspartnerin eingegangen seien. Am 2. Dezember 2021 beglich der Kläger die offene Forderung über EUR 105. Beklagte nahm hierauf einen entsprechenden Erledigungsvermerk in ihren Datenbestand auf.

Der Kläger wandte sich mit anwaltlichem Schreiben vom 06.07.2023 an die Beklagte und forderte sie zur Löschung des hiesigen Eintrages auf ( Anl. K2). Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 27.7.2023 ab (Anl. K3). Es folgte weiterer Schriftwechsel (Anl. K4 und K5).

Der Kläger behauptet, die Bank habe ihm in ihren Abrechnungen Umsätze in Rechnung gestellt, er zu keiner Zeit getätigt habe. Er habe sich diese Umsätze nur im Rahmen eines möglichen Kreditkartenmissbrauchs erklären können. Aus diesem Grund sei er nicht bereit gewesen, die Forderung der Bank auszugleichen und habe der Forderung widersprochen. Sodann habe er wiederholt versucht, die Angelegenheit mit der Bank telefonisch zu klären. Auch seine Schwester habe ihn hierbei unterstützt und selbst ebenfalls einige Gespräche mit der Bank geführt. Da die Bank weiterhin an ihrer Forderung festgehalten habe, habe sie die Angelegenheit irgendwann an das Inkasso D. abgegeben. Auch mit diesem Unternehmen hätten sowohl er als auch die Zeugin E. mehrfach telefoniert, jedoch ebenfalls ohne greifbares Ergebnis. Da sich die ganze Angelegenheit insgesamt über mehrere Jahre hingezogen habe und ihn Kläger eine Menge Nerven gekostet habe, habe er irgendwann aufgegeben und die Forderungen letztlich bezahlt.

Zwischenzeitlich sei jedoch bereits der hiesige Eintrag im Datenbestand der Beklagten erfolgt. Er trage keinerlei Verantwortung für die Entstehung dieses Negativ-Eintrages der B.-Bank. Als er erstmalig Kenntnis von einer möglichen Forderung gegen ihn erlangt habe, habe er dieser umgehend widersprochen. Allein aus diesem Grund hätte die Beklagte die Forderung nicht in ihrem Bestand aufnehmen dürfen, sodass sie umgehend zu löschen sei.

Der Eintrag behindere ihn Kläger nunmehr erheblich in seiner persönlichen Lebensgestaltung. Er wohne derzeit noch bei seiner Mutter. Da er beruflich fest auf dem Boden stehe (angestellt bei (…) mit einem monatlichen Gehalt von ca. 5.700,00 Euro netto), möchte er endlich in eine eigene Wohnung mit seiner Freundin zusammenziehen, sodass er auf der Suche nach einer Wohnung sei. Er und seine Freundin hätten bereits umfangreich auf dem Online-Portal ebay-kleinanzeigen.de gesucht sowie sich bei der L… und A… in Stadt F. nach einer Immobilie erkundigt. Aufgrund der negativen XY leider ohne Erfolg. Sie hätten sich zudem bereits auf zahlreiche Anzeigen telefonisch gemeldet und auch Besichtigungen durchgeführt. Überall werde zwingend eine positive XY-Auskunft beider Mieter für die Anmietung einer Wohnung vorausgesetzt. In einem Fall habe sich der Vermieter sogar bereits für den Kläger und die Zeugin G. nach einer Besichtigung entschieden. Zum Schluss sei jedoch die XY-Auskunft zur Sprache gekommen, woraufhin der Vermieter seine Entscheidung wieder rückgängig gemacht habe und der Kläger die Wohnung nicht bekommen habe. Es werde als bekannt vorausgesetzt, dass es mittlerweile nicht möglich sei, eine entsprechende Immobilie mit einer negativen XY-Auskunft anzumieten, da von den potentiellen Vermietern regelmäßig die Vorlage einer (positiven = ohne Zahlungsstörungen) XY-Auskunft gefordert werde. Aufgrund der derzeitigen Wohnungsknappheit und des stark umkämpften Mietmarktes stünden einem potentiellen Vermieter in der Regel mehrere solvente Mieter, die zudem über eine positive XY-Auskunft verfügten, zur Auswahl, so dass der Kläger regelmäßig das Nachsehen habe. Mit der streitgegenständlichen negativen Auskunft sei es ihm daher kaum möglich, ein Besichtigungstermin zu bekommen geschweige denn, eine Wohnung anzumieten, da er über diesen laut der Beklagten anerkannten (positiven = ohne Zahlungsstörungen) Standard bei Wohnungsvermietungen aufgrund des streitgegenständlichen Eintrages gerade nicht verfüge. Die Beeinträchtigung bei der Wohnungssuche wiege schwer. Hierdurch werde es ihm Kläger zum einen unmöglich gemacht, seine private Lebensgestaltung in einem Kernaspekt so zu gestalten, wie dies notwendig sei und eine neue Wohnung gemeinsam mit seiner Freundin anzumieten. Hinzu komme, dass aufgrund der stets zunehmenden Wohnungsknappheit die Mietpreise immer weiter steigen, sodass er Kläger mit längerem Zuwarten immer mehr Miete für eine vergleichbare Wohnung werde bezahlen müssen. Über die Länge einer in der Regel mehrjährigen Mietdauer drohe dem Kläger daher ein enormer finanzieller Schaden. Gegebenenfalls sei auch angedacht, gleich eine Eigentumswohnung zu erwerben, die dem Kläger auch als Altersvorsorge dienen könnte. Bezüglich der für den Erwerb notwendigen Finanzierung habe er sich bereits bei der Fa. i. Stadt F. beraten lassen. Obwohl seine finanzielle Lage für den Erwerb einer Eigentumswohnung hervorragend aussehe, habe er dort die Aussage bekommen, er solle abwarten oder dafür sorgen, dass der hiesige Eintrag gelöscht werde und solle dann nochmals wiederkommen. Der streitgegenständliche Eintrag sei dabei das Ausschlusskriterium, das sich sowohl als Negativmerkmal als auch durch verminderten Scoringwert regelmäßig negativ auf die Entscheidung der Bank zwecks Kreditgewährung auswirke, mit der Folge, dass dem Kläger die Aufnahme des benötigten Darlehens mit dem streitgegenständlichen Eintrag nicht möglich sei.

Den Unterlassungsanspruch begründet der Kläger mit Wiederholungsgefahr unter Bezugnahme auf anderen Verfahren.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte ihm neben der Löschung auch immateriellen Schadensersatz gemäß § 82 DSGVO schulde, der das Ermessen des Gerichts gestellt werde, aber mindestens 5000 € betragen sollte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift und die Replik verwiesen.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen,

a) die folgenden bezüglich des Klägers in ihrem elektronischen Datenbestand gespeicherten Daten zu löschen:

- B.-Bank S.A. (Abw. ProCash Collection Services) Kreditinstitute

Abwicklungskonto

Der Vertragspartner hat uns darüber informiert, dass eine Zahlungsstörung vorliegt und daher ein Abwicklungskonto existiert.

Kontonummer xxx

Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinen Unterlagen.

13.09.2013

Datum des Ereignisses

Saldo tituliert Der Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass die Forderung tituliert wurde. Dabei kann es sich beispielsweise um ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid handeln.

2.350 € Gemeldeter Forderungsbetrag

24.07.2014

Datum des Ereignisses

Saldo Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.746 € Gemeldeter Forderungsbetrag

27.07.2015

Datum des Ereignisses

Saldo Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.823 € Gemeldeter Forderungsbetrag

18.07.2016

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.902 € Gemeldeter Forderungsbetrag

12.04.2017

Datum des Ereignisses

Saldo Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.958 € Gemeldeter Forderungsbetrag

25.07.2017

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

3.013 € Gemeldeter Forderungsbetrag

25.07.2018

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.986 € Gemeldeter Forderungsbetrag

25.07.2019

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

1.825 € Gemeldeter Forderungsbetrag

22.07.2020

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

420 € Gemeldeter Forderungsbetrag

22.07.2021

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

105 € Gemeldeter Forderungsbetrag

31.08.2021

Datum der Mitteilung

Forderung ausgeglichen

Der Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass der vorbezeichnete Vorgang inzwischen seine Erledigung gefunden hat. Im Falle eines positiven Vertragsverlaufs wurden die vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfüllt und das Vertragsverhältnis wurde daher ordnungsgemäß beendet. Im Falle einer Zahlungsstörung (Abwicklungskonto) wurde die offene Forderung zum angegebenen Datum durch Zahlung ausgeglichen.

b) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von höchstens 25.000,00 Euro oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken gegen eines der Mitglieder des Vorstandes der Beklagten, zu unterlassen, die folgenden Daten nach erfolgter Löschung erneut zu speichern oder gegenüber Dritten zu beauskunften:

- B.-Bank S.A. (Abw. ProCash Collection Services) Kreditinstitute

Abwicklungskonto

Der Vertragspartner hat uns darüber informiert, dass eine Zahlungsstörung vorliegt und daher ein Abwicklungskonto existiert.

Kontonummer xxx

Der Vertragspartner führt den Vertrag unter dieser Nummer in seinen Unterlagen.

13.09.2013

Datum des Ereignisses

Saldo tituliert

Der Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass die Forderung tituliert wurde. Dabei kann es sich beispielsweise um ein Urteil oder einen Vollstreckungsbescheid handeln.

2.350 € Gemeldeter Forderungsbetrag

24.07.2014

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.746 € Gemeldeter Forderungsbetrag

27.07.2015

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.823 € Gemeldeter Forderungsbetrag

18.07.2016

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.902 € Gemeldeter Forderungsbetrag

12.04.2017

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.958 € Gemeldeter Forderungsbetrag

25.07.2017

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

3.013 € Gemeldeter Forderungsbetrag

25.07.2018

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

2.986 € Gemeldeter Forderungsbetrag

25.07.2019

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

1.825 € Gemeldeter Forderungsbetrag

22.07.2020

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

420 € Gemeldeter Forderungsbetrag

22.07.2021

Datum des Ereignisses

Saldo

Hat ein Vertragspartner einen Vertrag des Verbrauchers gekündigt, informiert er die XY in regelmäßigen Abständen über den noch offenen Forderungsbetrag inklusive Zinsen und Bearbeitungsgebühren.

105 € Gemeldeter Forderungsbetrag

31.08.2021

Datum der Mitteilung

Forderung ausgeglichen

Der Vertragspartner hat uns mitgeteilt, dass der vorbezeichnete Vorgang inzwischen seine Erledigung gefunden hat. Im Falle eines positiven Vertragsverlaufs wurden die vertraglichen Vereinbarungen vollständig erfüllt und das Vertragsverhältnis wurde daher ordnungsgemäß beendet. Im Falle einer Zahlungsstörung (Abwicklungskonto) wurde die offene Forderung zum angegebenen Datum durch Zahlung ausgeglichen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5.000,00 Euro, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

3. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 1.305,43 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die streitgegenständliche Information sei rechtmäßig verarbeitet worden. Sie stützt die Rechtmäßigkeit auf Art. 6 Abs.1 lit. f. DS-GVO. Ein Löschungsanspruch bestehe ihrer Meinung nach daher nicht. Die Verarbeitung sei erforderlich und es stünden keine überwiegenden Interessen des Klägers entgegen. Die Anforderungen nach § 31 BDSG sei ebenfalls erfüllt. Titulierte Forderungen seien generell für die Beurteilung der Bonität von erheblicher Bedeutung.

Sie behauptet, bei dem Kläger habe eine schwerwiegende Zahlungsstörung vorgelegen, die sie nach Meldung der Vertragspartnerin Ende 2013 in ihren Datenbestand aufgenommen habe. Die Vertragspartnerin habe dem Kläger eine Kreditkarte ausgestellt. Der Kläger habe diese nach den der Beklagten vorliegenden Informationen für Zahlungen genutzt und entsprechend Kreditbeträge durch die Vertragspartnerin in Anspruch genommen. Zum 4.4.2013 habe das Saldo zu Lasten des Klägers EUR 1.535,37 betragen. Sie bestreite, dass der Kläger telefonisch Kontakt zur Vertragspartnerin aufgenommen und dabei erläutert habe, dass er diese Umsätze nicht getätigt habe. Anhaltspunkte für einen Kontomissbrauch habe der Kläger nicht geäußert. Der Kläger habe sich vielmehr erstmals im Jahr 2017 bei der Vertragspartnerin gemeldet. Mit Schreiben vom 4.4.2013 habe die Vertragspartnerin den Kläger zur Zahlung des fälligen Mindestbetrags von EUR 88,34 bis zum 22.4.2013 aufgefordert. Weiterhin habe der Kläger nicht reagiert und die offene Forderung nicht ausgeglichen. Mit Schreiben vom 6. Mai 2013 habe die Vertragspartnerin den Kläger zur Zahlung von EUR 135,46 bis zum 21. Mai 2013 aufgefordert. Dieses Schreiben habe weiter einen Hinweis auf die Meldung des nicht vertragsgemäßen Verhaltens an die Beklagte enthalten. Ein Widerspruch des Klägers hinsichtlich der offenen Forderung sei nicht erfolgt.

Nachdem der Kläger die Forderung weiter nicht beglichen habe, habe die Vertragspartnerin am 4.6.2013 den Kreditkartenvertrag gekündigt und dem Kläger den Gesamtbetrag von EUR 1.605,45 fällig gestellt. Dieses Kündigungsschreiben habe einen Hinweis auf die Meldung des nicht vertragsgemäßen Verhaltens an die Beklagte enthalten. Weiter habe die Vertragspartnerin den Kläger in diesem Schreiben zur Zahlung der offenen Forderung bis spätestens zum 30. Juni 2013 aufgefordert. Ein Widerspruch des Klägers hinsichtlich der offenen Forderung sei nicht erfolgt. Die Vertragspartnerin habe Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet, worauf sich der Kläger nach den der Beklagten vorliegenden Informationen erstmals bei der Vertragspartnerin am 14. August 2017 gemeldet habe und um eine Ratenzahlung gebeten habe. Von einem Widerspruch gegen die offene Forderung oder einem vermeintlichen Kontomissbrauch sei nicht die Rede gewesen.

Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger aufgrund der streitgegenständlichen Informationen Auswirkungen zu erleiden habe, die besonders zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen seien. Die Erschwerung des Erwerbs einer Immobilie seien keine individuellen Schwierigkeiten, die in von sonstigen Schuldnern unterscheiden würden. Es handele sich um die typischen Folgen früheren nicht vertragsgemäßen Zahlungsverhaltens Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung Seiten 13-18 Bezug genommen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass kein Unterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr bestehe, denn die dem streitgegenständlichen Eintrag zu Grunde liegende Forderung habe sich unstreitig am 2.12.2021 durch vollständigen Ausgleich erledigt. Für eine erneute Einmeldung durch die einmeldende Stelle sei kein Anlass ersichtlich.

Die Beklagte bestreitet auch, dass der Kläger aufgrund der streitgegenständlichen Information stigmatisiert worden sei oder ihm aufgrund zunehmender Wohnungsknappheit und weiter steigender Zinsen für Immobiliendarlehen ein enormer finanzieller Schaden entstünde.

Hinsichtlich der rechtlichen Ausführungen der Beklagte wird auf die Seiten 18-55 der Klageerwiderung Bezug genommen.

Der Kläger hat mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.7.2024 weiter vorgetragen ( Bl. 152 ff.d.A.).


Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der mit dem Klageantrag zu 1. a und b geltend gemachte Anspruch auf Löschung und Unterlassung erneuter Speicherung oder Beauskunftung nach erfolgter Löschung der bei der Beklagten gespeicherten Daten des Klägers besteht nicht.

Die Speicherung der Daten ist rechtmäßig erfolgt.

Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten ergibt sich nicht bereits aus dem vorgelegten „Code of Conduct für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten“. Denn dieser gewährt als Verhaltensregel i. S.d. Art. 40 I DS-GVO keine eigenen Rechte, sondern dient lediglich als Leitlinie für die ordnungsgemäße Anwendung der DS-GVO (OLG Stuttgart, BeckRS 2022, 20818, Rn. 23) sowie zur Präzisierung der Interessen der Verantwortlichen (VG Wiesbaden, NJW 2021, 713, Rn. 5). Aus dem bloßen Verweis auf Verhaltensregeln gemäß Art. 40 DS-GVO ergibt sich keine gesetzliche Legitimation. Denn diese erforderte zumindest gemäß Art. 40 IX DS-GVO einen Beschluss der europäischen Kommission zu deren allgemeinen Gültigkeit. Ein derartiger Beschluss ist nicht ersichtlich. Der „Code of Conduct“ wurde lediglich gemäß Artikel 40 V DS-GVO durch die zuständige Behörde genehmigt (vgl. OLG Stuttgart, BeckRS 2022, 20818, Rn. 23).

Die Speicherung der Daten des Klägers ist zunächst zulässig gemäß Art. Artikel 5 und rechtmäßig gemäß Artikel 6 DS-GVO. Die Beklagte stellt ihren Vertragspartnern Informationen zur Verfügung, die geeignet sind, die Vertragspartner vor Verlusten im Kreditgeschäft mit natürlichen Personen zu schützen. Die Speicherung der Daten erfolgt auf rechtmäßige und nachvollziehbare Weise (Artikel 5 Absatz 1 lit. a DS-GVO). Der genannte Zweck der Datenspeicherung ist eindeutig festgelegt und legitim ( Artikel 5 Absatz 1 lit. b DS-GVO). Die Speicherung der Daten ist angemessen und erheblich, die Daten sind zudem sachlich richtig und unstreitig auf dem neuesten Stand (Artikel 5 lit. c, d DSGVO). Einen Verstoß gegen die DSGVO hat der Kläger als Anspruchsteller darzulegen und zu beweisen ( LG Karlsruhe, Urteil vom 2.8.2019, 8 O 26/19) . Insoweit bleibt es bei den allgemeinen Regeln zur Beweislastverteilung, nach der im Grundsatz die betroffene Person die Beweislast für den haftungsbegründenden Tatbestand trägt (Plath/Becker, DSGVO, 3. Auflage, Art. 82 Rn. 4 Kühling/Buchner/Bergt, DS-GVO, 2. Auflage, Art. 82 Rn. 46). Unstreitig ist der Kläger gegenüber seiner Vertragspartnerin in Zahlungsrückstand geraten. Die Forderung wurde zweimal angemahnt, zuletzt am 6.5.2013 (B 4), der Kreditkartenvertrag wurde daraufhin fristlos gekündigt ( B5). Gegen den Kläger erging am 13.9.2023 ein Vollstreckungsbescheid, der nicht angegriffen wurde. Das alles ereignete sich bereits im Jahr 2013. Erst 2017 schloss der Kläger unter Anerkennung der offenen Forderung einen Ratenzahlungsvergleich und zahlte über Jahre bis 2021 den Rückstand von etwas über 3.018 € zzgl. Zinsen und Kosten komplett ab. Vor diesem Hintergrund erscheint ein vermuteter Kreditkartenmißbrauch für den der Kläger beweisbelastet wäre, alles andere als lebensnah.

Die Verarbeitung der Daten ist auch zur Wahrung der berechtigten Interessen der Vertragspartner des Klägers erforderlich ( Artikel 6 Absatz 1 f DS-GVO). Die Beklagte speichert Daten zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen als Schutzorganisationen der Wirtschaft sowie im Interesse ihrer Vertragspartner (BGH, Urteil vom 20.6.1978 - BGH Aktenzeichen VIZR6677 VI ZR 66/77). Die Tätigkeit der Beklagten erfolgt somit einerseits im Interesse der Allgemeinheit (BGH, Urteil vom 7.7.1983 - BGH Aktenzeichen IIIZR15982 III ZR 159/82), andererseits aber insbesondere auch im Interesse der Vertragspartner der Beklagten. Indem die Beklagte ihren Vertragspartnern Informationen zu einer Kreditentscheidung bereitstellt, schützt sie diese vor Verlusten und Risiken im Kreditgeschäft und ermöglicht eine schnelle Prüfung von Chancen und Risiken eines potentiellen Geschäftsabschlusses. Sinn und Zweck eines solchen Kreditinformationssystems, wie es die Beklagte unterhält, ist der Schutz der Wirtschaftsteilnehmer vor zahlungsunfähigen und zahlungsunwilligen Schuldnern (LG Wiesbaden, Urteil vom 2.12.2015 - Aktenzeichen 4 O 30/15). Kreditinformationssysteme erfüllen wirtschaftsschützende Funktionen und werden als wichtige Voraussetzung für das Wirtschaftsleben angesehen. Die von der Beklagten bereitgestellten Informationen tragen letztlich auch dazu bei, dass Kreditinteressenten schneller und einfacher Kredite erhalten können.

Die sich auf den Kläger beziehenden Daten hat die Beklagte nicht unrechtmäßig verarbeitet ( Art. 17 Abs. 1 d DSGVO) . Die Verarbeitung ist zur Wahrnehmung ihrer eigenen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritter erfolgt. Die Beklagte schließt Verträge mit Unternehmen, die Leistungen anbieten, welche jedenfalls auch kreditorischer Natur sein können. Entgelte erhält sie von ihren Kunden für die Möglichkeit, von ihr für Kredit relevant gehaltene Information über deren potentielle Kunden zu erlangen. Die Datenverarbeitung durch die Beklagte dient deren eigenen geschäftlichen Interessen, weil sie ihre vertraglichen Pflichten Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden bezüglich den Kläger betreffenden Anfragen mangels vollständiger Datengrundlage sonst nicht erfüllen kann. Auch dieses rein wirtschaftliche Interesse ist im Rahmen des Art. 6 DSGVO zu berücksichtigen (OLG Stuttgart, Urteil vom 31.8.2022, 9U 65/22). Das von der Beklagten aufgebaute Informationssystem dient darüber hinaus den berechtigten Interessen kreditgebenden Wirtschaft als auch dem berechtigten Interesse des einzelnen Kreditnehmers. Denn es ermöglicht dem gesamten Kreditwesen eine Arbeit ohne wesentliches Risiko, so das Personalkredite ohne Formalitäten schnell und reibungslos abgewickelt und über dies zinsgünstig und vielfach ohne Sicherheitsleistung des Kreditnehmers gewährt werden können (OLG Stuttgart am angegebenen Ort mit weiteren Nachweisen). Diese und die darauf beruhende Übermittlung der angefragten Daten, ebenfalls Verarbeitung im Sinn des Art. 4 Nr. 2 DSGVO, sind zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich, da die anfragenden Kunden das frühere Zahlungsverhalten auch für die eigene, potentiell beabsichtigte Geschäftsbeziehung zum Kläger offensichtlich für Vertrags relevant halten. Andernfalls würden sie eine Auskunft über derartige, von der Beklagten typischerweise gespeicherten Daten nicht einholen. Zudem sind die Kunden der Beklagten als potentielle Kreditgeber nach Art. 8 der Verbraucherkredit-RL sowie nach §§ 505 Buchst. a, 505 Buchst. b Abs. 1 S. 1 BGB zu Nutzung vorhandener Datenbanksysteme verpflichtet, was eine vorausgehende Speicherung erfordert. Zur Wahrung dieser Interessen war die Aufnahme eines Negativeintrags bezüglich der vom Kläger zunächst über mehr als 10 Jahre nicht beglichenen verhältnismäßig geringfügigen Forderung erforderlich. Denn der Umstand, dass eine geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, ist für die Beurteilung der Zahlungswilligkeit bzw.-fähigkeit des Betroffenen grundsätzlich bedeutsam (OLG Stuttgart am angegebenen Ort). Wenn eine gespeicherte bereits offene Forderung beglichen wird, muss der Negativeintrag ergänzt werden, kann grundsätzlich aber weiterhin gespeichert bleiben, weil die Kreditwirtschaft ein legitimes Interesse an der Zuverlässigkeit bei der Vertragserfüllung in der Vergangenheit hat. Denn ein nachlässiges Zahlungsverhalten in der Vergangenheit kann die Annahme rechtfertigen, dass auch in Zukunft Schwierigkeiten in der Vertragserfüllung auftreten. Eine betragsmäßige Bagatellgrenze für die Berechtigung einer Einwendung gibt es nicht. Gerade Zahlungsverzögerungen mit relativ geringfügigen Beträgen können im Geschäftsverkehr den Anteil Anschein erwecken, der Schuldner sei nicht einmal zur Forderung Begleichung kleinerer Forderungen in der Lage (OLG Stuttgart, Urteil vom 28.7.2021,9 U 108/21; BGH, Urteil vom 22. 2. 2011, VI ZR 120/10 juris Rz. 23).

Die Persönlichkeitsrechte des Klägers überwiegen nicht die berechtigten Interessen der Beklagten und ihrer Vertragspartner. Bonitätsauskünfte sind von dem Kläger hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 24. 6. 2003 - BGH Aktenzeichen VI ZR 3/03). Vertragspartner der Beklagten fragen typischerweise Daten über den Kläger als Entscheidungsgrundlage für die Eingehung eines Vertragsverhältnisses ab. Wenn eine Information über die nicht umgehend erfolgte Zahlung einer Forderung auf eine damalige Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Klägers schließen lässt, werden sich dessen potentielle Vertragspartner typischerweise mit dem Vertragsschluss mit dem Kläger schwerer tun, als wenn sie von diesem Umstand nichts wüssten. Bei verbleibenden Zweifeln nehmen sie dann vom Vertragsschluss eher Abstand oder bieten diesen zu vergleichsweise ungünstigen Konditionen an. Je nachdem, welche Verträge der Kläger abzuschließen beabsichtigt, kann ihn die auf der zuvor erfolgten Speicherung beruhende Datenübermittlung somit in der Wahrnehmung seiner Grundrechte und Grundfreiheiten beeinträchtigen. Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte geht indes zu Gunsten einer Zulässigkeit der Bonitätsauskunft aus.

Der Kläger hat den angemahnten Rückstand nicht etwa sofort ausgeglichen bzw. mit der Bank den behaupteten Missbrauch geklärt- hierzu trägt er auch nichts vor-, sondern die Forderung musste tituliert werden und erst 4 Jahre danach zahlte der Kläger aufgrund eines Vergleichs in Raten a 50 € monatlich den Rückstand von knapp über 3000 € über weitere 4 Jahre ab. Dies ist ein Indiz für eine schwerwiegende Zahlungsstörung.

Die Information über ein derart unzuverlässiges Zahlungsverhalten ist für die Beurteilung der Bonität des Klägers als eine schwerwiegende Zahlungsstörung einzustufen und unabhängig von den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BDSG, die zudem allesamt erfüllt sind ( Nr. 1,3,4 und 5), für potentielle Vertragspartner der Beklagten in berechtigter Weise von Interesse.

Auf den Zugang der Mahnung vom 6.5.2013 und der Kündigung vom 4.6.2013, die der Kläger mit der Behauptung, diese Schreiben seien ihm nicht mehr erinnerlich, bestritten hat, kommt es danach nicht an, denn es sind die übrigen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Nr.1,3 und 5 BDSG unzweifelhaft erfüllt. Das Gericht geht aber auch von dem Vorliegen des § 31 Abs. 2 Nr. 4 BDSG aus Das Vorbringen des „Nicht mehr Erinnerns“ ist unbeachtlich. Denn es handelt sich bei diesen beiden Schreiben nicht um völlig unbedeutende Schreiben, die schnell in Vergessenheit geraten, sondern um ein Mahnschreiben in Bezug auf die nicht ausgeglichene Forderung bei der B.-Bank mit entsprechenden eindeutigen Hinweisen auf einen möglichen XY Eintrag ( B 4) . Das erste Mahnschreiben datiert vom 4.4.2013, somit lagen zwischen den Mahnschreiben auch mindestens 4 Wochen ( § 31 Abs. 2 Nr. 4 b BDSG ). Soweit der Kläger behauptet, die Forderung bestritten zu haben, gibt es hierzu keinen Schriftverkehr, der darauf hinweist und es sprechen die gesamten Umstände ( Titulierung durch Vollstreckungsbescheid und Ratenzahlungsvergleich) dagegen. Auch die fristlose Kündigung der Bankverbindung ( B 6) ist kein belangloses Schreiben, das schnell in Vergessenheit gerät. Im Falle des Ausgleichs des Gesamtrückstands von 1.605,45 € hat die B.-Bank die Weiterführung des Vertrags zugesichert. Sie beinhaltet ebenfalls den Hinweis auf eine Meldung an die XY.

Schließlich kann der Kläger auch keine Löschung nach Art. 17 Abs. 1 lit. c DS-GVO in Verbindung mit einem Widerspruch nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO verlangen. Eine besondere Situation des Klägers im Sinne der genannten Vorschrift liegt nicht vor. Die Auswirkung der Datenspeicherung bei der Beklagten ist vielmehr die wirtschaftliche Konsequenz aus dem Zahlungsverhalten des Klägers und entspricht der Situation anderer Schuldner oder ehemaliger Schuldner vergleichbarer Forderungen. Die erforderliche atypische Konstellation liegt nicht vor. Dem Kläger steht ein Widerspruchsrecht zu, wenn er Gründe darlegt, die aufgrund seiner besonderen Situation gegen die Verarbeitung der Daten sprechen, und die Beklagte keine schutzwürdigen Gründe nachweisen kann, die die Interessen, Rechte und Freiheiten des Klägers überwiegen. Hierbei muss es sich um Gründe handeln, die eine atypische Konstellation begründen, welche den Interessen des Klägers ein besonderes Gewicht verleiht (LG Frankfurt, Urt. v. 20.12.2018, 2/5 O 151/18, zit. n. beck-online). Eine besondere Situation bei einer atypischen Konstellation ist eine solche, durch welche sich die betroffene Person in spezifischer und individueller Weise von der Situation anderer Personen unterscheidet. Hier aber entspricht die Situation des Klägers derjenigen einer Vielzahl anderer Schuldner vergleichbarer Forderungen, die weiterhin am Wirtschaftsleben teilnehmen möchten. Allein die Tatsache, dass jemand aufgrund der Einträge nachteilige Folgen bei der Wohnungssuche befürchtet bzw. erlebt oder nur schwer einen Immobilienkredit erhält, vermag keine atypische Situation zu begründen, sondern gleicht der Situation einer Vielzahl von Schuldnern. Vortrag zu besonderen Umständen, die geeignet wären, eine besondere Situation anzunehmen, ist nicht erfolgt. Der Kläger hat nur pauschal zu einem Vermieter, der sich aufgrund des Eintrags gegen ihn entschieden habe vorgetragen. Weder die betreffende Wohnung, die er wegen des Eintrags nicht bekommen habe, noch Namen des Vermieters wurden genannt. Gleiches gilt für seinen pauschalen Vortrag, er bekomme kein Darlehen für den angedachten Erwerb einer Immobilie. Er hat diesbezüglich nicht vorgetragen, wann und mit wem er ein Gespräch über die Finanzierung hatte.

Im Übrigen überwiegen die Interessen der Beklagten und ihrer Vertragspartner an einer Datenverarbeitung gegenüber dem Interesse des Klägers. Denn die Kreditwirtschaft in Form von Banken und Vermietern hat vor Vergabe eines Kredits die Pflicht, die Bonität der jeweiligen potentiellen Kreditnehmer sorgfältig und objektiv zu prüfen. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Von erheblicher Bedeutung für potentielle Vertragspartner ist vorliegend die lange Dauer der Rückführung der verhältnismäßig geringfügigen Schulden bei der Vertragspartnerin. Wer eine Forderung von knapp über 3000 € nur in monatlichen Raten von 50 € zurückführen kann und hierzu 4 Jahre benötigt, dokumentiert deutlich eine finanzielle Krise und kann sich für seine weitere Teilhabe am Wirtschaftsleben nicht darauf berufen, dass sein Interesse an der Löschung der Daten zu überwiegen hat.

Soweit der Kläger unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Wiesbaden vom 27.9.2021, 6 K 549/21 einwendet, der Ratenzahlungsvergleich begründe eine Stundung und habe die Fälligkeit entfallen lassen, ist das Vorbringen für den vorliegenden Fall unbeachtlich. In dem vom VG Wiesbaden zu entscheidenden Fall hätte die Eintragung von Anfang an nicht erfolgen dürfen, da nach Kündigung der Vergleich geschlossen worden ist. Es fehlte dort bereits an der Fälligkeit zum Zeitpunkt der Eintragung. So liegt der hier zu entscheidende Fall nicht. Der Ratenzahlungsvergleich wurde erst 4 Jahre nach Mahnung, Kündigung und Titulierung im Jahr 2014 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Eintragungsvoraussetzungen längst vor und die weitere Entwicklung des Zahlungsverhaltens bis zur Tilgung war für die Wirtschaft von großem Interesse und deshalb nach Art. 6 Abs. 1 f DS GVO eintragungsfähig.

Mangels Verstoßes gegen die DSGVO steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß §§ 253 BGB i. V. m. § 82 DSGVO gegen die Beklagte zu ( Antrag Ziff.2) . Entgegen der durch den Klägervertreter dargelegten Rechtsansicht liegt ein Verstoß gegen die DSGVO hier auch nicht darin, dass die Beklagte auch nach Widerspruchs des Klägers dessen Daten entgegen Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO weiter verarbeitete und verwendete. Ein Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 Satz 2 DSGVO lag nicht vor, da dem Kläger ein Widerspruchsrecht nicht zustand. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 DSGVO setzt ein Widerspruchsrecht der betroffenen Person voraus, dass diese Gründe darlegt, die aufgrund ihrer besonderen Situation gegen die Verarbeitung der Daten sprechen. Derartige Gründe hat der Kläger aus den vorstehend bereits näher dargelegten Gründen nicht dargetan.

Mangels Begründetheit der Hauptansprüche besteht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ( Antrag Ziff.3).

Als unterlegene Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen ( § 91 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 24.7.2024 konnte ungeachtet der Frage, ob das Vorbringen überhaupt erheblich ist, keine Berücksichtigung mehr finden ( § 296 a ZPO).



Sachgebiete

Bürgerliches Recht

Schlagworte

Schufa-Eintrag