Entsprechend § 148 ZPO ist die Aussetzung eines Rechtsstreits zulässig, wenn dessen Entscheidung von einer Frage abhängt, die bereits dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde, und zwar auch ohne gleichzeitiges weiteres Vorabentscheidungsersuchen im auszusetzenden Rechtsstreit (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 35. Aufl., 8 148 Rn. 3b, 3c). Die von dem maltesischen Gericht aufgeworfenen Vorlagefragen, die Gegenstand des beim Gerichtshofs der Europäischen Union anhängigen Verfahren C-440/23 sind, betreffen auch die im vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Frage, ob § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 unionsrechtskonform war. So lautet beispielsweise eine der Vorlagefragen:
Ist Art. 56 AEUV dahin auszulegen, dass er der Anwendung eines in § 4 Abs. 1 und 4 des deutschen Staatsvertrags zum Glücksspielwesen (GlüStV) enthaltenen generellen Verbots von Online-Casino-Glücksspiel entgegensteht, wenn die deutsche Glücksspielregelung (Glücksspielstaatsvertrag, GlüStV) in ihrem § 1 nicht auf ein generelles Glücksspielverbot abzielt, sondern darauf, „den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken“ und eine beträchtliche Nachfrage von Spielern nach Online-Automatenspielen besteht?
Dies hat den Bundesgerichtshof zu der Entscheidung veranlasst, in einem Rechtsstreit das Verfahren entsprechend § 148 ZPO auszusetzen, in dem darüber zu entscheiden ist, ob ein Veranstalter eines im Inland verbotenen Online-Pokerspiels (bei dem nicht gegen andere Menschen gespielt wird), die verlorenen Spieleinsätze eines Spielers erstatten muss (Beschluss vom 10.01.2024 - I ZR 53/23, vgl. auch BGH Presseerklärung Nr. 9/2024)
Die Frage, ob § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 unionsrechtskonform war, stellt sich auch im vorliegenden Rechtsstreit, in dem der Kläger gleichfalls Spieleinsätze aus im Inland verbotenen Online-Glücksspielen von der in Malta ansässigen Beklagten zurückverlangt.
Bisher vertritt der Senat hat die Auffassung (vgl. Urteil 27.10.2022 - 10 U 736/22 - juris),
1. dass ein in M. ansässiger Glückspielanbieter mit maltesischer Glücksspiellizenz, der im Zeitraum vom 01.07.2012 bis 30.06.2021 die Teilnahme an Online-Glücksspielen in D. (außerhalb von S.-H.) angeboten hat, gegen den zu dieser Zeit geltenden § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 (GlüStV 2012) verstoßen hat,
2. dass der zwischen einem solchen Glücksspielanbieter und einem sich in S./D. aufhaltenden Spieler geschlossene Spielvertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012,
3. dass Ausgestaltung und Auslegung des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 der Regelung des Art. 56 AEUV nicht entgegensteht,
4. dass Leistungen des Spielers an einen solchen Online-Glücksspielanbieter ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind und nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zurückgefordert werden können,
5. dass die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB in solchen Fällen nicht anwendbar ist wegen des Sinns und Zwecks des Verbotsgesetzes.
und er beabsichtigt, an dieser Auffassung festzuhalten, es sei denn der Europäische Gerichtshof entscheidet anders bezüglich der Auslegung von Art. 56 AEUV und der EU-Rechts-Konformität von § 4 Abs. 4 GlüStV 2011. Die Frage ist also auch zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits vorgreiflich.
Der Senat übt das ihm eröffnete Ermessen im Sinne des § 148 ZPO insbesondere unter Berücksichtigung der Prozessökonomie daher dahin aus, den vorliegenden Rechtsstreit auszusetzen.