Der Kläger begehrt Rückzahlung von Spieleinsätzen aus Online-Glücksspielen.
Die Beklagte ist Betreiberin eines Online-Casinos mit Sitz auf M. und bietet über die deutschsprachige Internetdomain ... Casinospiele im Internet an. Eine Glücksspiellizenz für D. hatte die Beklagte im hier relevanten Zeitraum nicht. Der Kläger unterhielt bei der Beklagten ein Spielerkonto und spielte bei der Beklagten Slot, Online-Poker gegen echte Gegner sowie Sportwetten. Eine genaue Aufteilung dieser drei Spielarten kann der Kläger nicht mehr vornehmen.
Zwischen dem 28.03.2014 und dem 27.09.2022 zahlte der Kläger 26.915,16 € sowie 25,42 USD auf sein Spielerkonto ein und ließ sich im Laufe der Spieltätigkeit 6.415 € auszahlen.
Der Kläger beantragt zuletzt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 20.094,90 und USD 25,42 jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.08.2023 zu zahlen,
hilfsweise, soweit das Gericht einen Anspruch auf Rückzahlung von eingesetzten USD-Beträgen ablehnt,
die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 20.114,22 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18.08.2023 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 904,16 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger sei für die Ansprüche nicht aktiv legitimiert, da er sich eines Prozessfinanzierers bedienen würde. Der Kläger habe auch im Ausland an dem Spielangebot der Beklagten teilgenommen. Darüber hinaus macht die Beklagte die Einrede der Verjährung geltend. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
Zur Vervollständigung des Tatbestands wird verwiesen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie sonstige Aktenteile.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 (Brüssel-Ia-VO). Der Kläger ist als Verbraucher gegenüber der gewerblich tätigen Beklagten aufgetreten und macht Ansprüche aus einem Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 17 Abs.1 lit. c Brüssel-Ia-VO geltend. Der Begriff „Ansprüche aus einem Vertrag“ ist dabei weit zu verstehen und umfasst auch den Anspruch auf Rückgewähr von Beträgen, die auf der Grundlage dieses Vertrags ohne Rechtsgrund gezahlt wurden (EuGH, Urteil vom 20.04.2016, Az. C-366/13, EuZW 2016, 94). Die Beklagte hat ihr Angebot auf den deutschen Markt ausgerichtet, was sich aus der Verwendung der deutschen Sprache auf der genannten Internetseite der Beklagten ergibt.
II. Der Kläger ist auch aktiv legitimiert. Es ist richtig, dass der Kläger die Ansprüche an einen Prozessfinanzierer sicherungshalber abgetreten hat (Anlage K7), gleichzeitig wurde in dem Finanzierungsvertrag (Ziff. V Abs. 3) vereinbart, dass der Kläger vor der Offenlegung verpflichtet ist, die Ansprüche treuhänderisch weiter zu halten und gerichtlich als Berechtigter der Ansprüche aufzutreten, in anderen Worten also als Prozessstandschafter aufzutreten. Überdies hat der Prozessfinanzierer ausweislich Anlage K3 den Kläger berechtigt, die Ansprüche in eigenem Namen geltend zu machen.
Die Einwände der Beklagte gegen diese Abtretung und die Ermächtigung dringen nicht durch. Welche juristische Person nun tatsächlich Inhaberin der Forderung ist, spielt im Rahmen der Aktivlegitimation keine Rolle, solange eine wirksame Prozessstandschaft vorliegt. Dies ist der Fall und es liegt auch ein hinreichendes schutzwürdiges Eigeninteresse des Klägers vor (Zöller/Althammer, ZPO, 35. A., vor § 50, Rn. 40). Im Gegenzug dazu bestehen bei der Beklagten keine ungerechtfertigten Nachteile als Prozessgegner. Die Beklagte ist insoweit nicht schutzwürdig, da weder eine Verschlechterung der Beweislage noch sonstige Nachteile zu befürchten sind. Im Gegenteil sichert die Teilnahme des Klägers am Prozess eine konkrete und sachverhaltsorientierte Befragung des Spielers, was der Sachaufklärung dienlich ist.
III. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückgewähr der von ihm an die Beklagte geleisteten Zahlungen unter Abzug erhaltener Ausschüttungen für den hier geltend gemachten Zeitraum nicht zu.
1. Anwendbar ist deutsches Recht, was sich aus Art. 6 Abs. 1 lit. b Rom-I-VO ergibt. Der Kläger hat in D. seinen gewöhnlichen Aufenthalt und hat in seiner Eigenschaft als Verbraucher an den Online-Glücksspielen der Beklagten teilgenommen. Wie bereits oben unter Ziffer I. ausgeführt, hat die Beklagte ihre Tätigkeit auf D. zumindest auch ausgerichtet.
2. Der Kläger hat an drei Spielformen bei der Beklagten teilgenommen. Dies waren Online-Poker gegen echte Menschen unter Zuhilfenahme der Homepage der Beklagten, Slot sowie Sportwetten. Während es sich beim Spiel von Slot um echtes Glücksspiel handelt und die Sportwetten vorliegend auch unter § 4 GlüStV fallen dürften, da die Beklagte nicht vorträgt, selber Inhaberin einer entsprechenden Lizenz im hier relevanten Zeitraum gewesen zu sein, wäre die Klage insoweit zuzusprechen gewesen.
Bezüglich der Sportwetten ist der Hinweis auf den Vorlagebeschluss des BGH vom 25.07.2024 (Az. I ZR 90/23) erforderlich, worin der BGH die Dienstleistungsfreiheit nur für diejenigen Fälle für relevant hält, in welcher sich das jeweilige Glücksspielunternehmen auf diese Dienstleistungsfreiheit überhaupt berufen könnte bzw. im Inland auch berufen hat, indem es eine Glücksspiellizenz beantragt hat. Derartiges trägt die Beklagte selber nicht vor. Was ein Eintrag der Holdinggesellschaft der Beklagten auf einer Whitelist aus dem Jahr 2023 mit einer entsprechenden Lizenz der Beklagten für die hier relevanten Jahre 2014-2022 zu tun haben soll, bleibt das Geheimnis der Beklagten. Auch geht das Gericht nicht davon aus, dass eine Lizenz für die Holdinggesellschaft der Beklagten auch tatsächlich für die rechtlich selbständige Beklagte selber im Inland Relevanz hätte. Die Beklagte behauptet nicht einmal, ihr sei europarechtswidrig eine Lizenz vorenthalten worden, geschweige denn dass sie eine solche bis zum 27.09.2022 überhaupt beantragt hat.
Entgegen der bislang geäußerten Auffassung des Gerichts sieht das Gericht Online-Poker sehr wohl als Glücksspiel an, da wie das Landgericht Stuttgart im Verfahren 27 O 137/23 richtigerweise entschieden hat. Denn der Spieler hat keinen Einfluss auf das Spiel der anderen Gegner. Im Gegensatz zum Skat, in welchem man durch das entsprechende Ausspielen der Karten und den Zwang, Karten nach Farbe zuzugeben, noch Kontrolle über den Spielfluss ausüben kann bzw. die Gegner auch zum entsprechenden Zugeben von Karten zwingen kann, geht das beim Poker gerade nicht. Die an den jeweiligen Spieler ausgeteilten Karten sind unveränderlich und können auch nicht mit den anderen Spielern getauscht werden. D. h. der jeweilige Pokerspieler ist mit seinen Karten den jeweiligen auf dem Spielfeld (im Falle des Texas Hold ‘em) liegenden Karten „ausgeliefert“ und kann auf diese Zusammensetzung seines Blattes keinen Einfluss nehmen, sodass insoweit tatsächlich ein echtes Glücksspiel folgt.
Von daher ist der Glücksspielstaatsvertrag grundsätzlich anwendbar, allerdings scheitert ein Anspruch des Klägers daran, dass er den genauen Anteil am Online-Poker nicht angeben kann, vorliegend allerdings die Verluste aus dem Online-Poker aber nicht von der Beklagten zurückgefordert werden können.
3. Im Falle des Spiels gegen echte Gegner sind Bereicherungsansprüche in der jeweiligen Leistungsbeziehung rückabzuwickeln. Es gilt der allgemeine, von der Rechtsprechung geprägte Vorrang der Leistungskondition, d. h. die jeweilige Leistungsbeziehung hat Vorrang, es gilt der normative Leistungsbegriff (Palandt/Sprau, 83. A., § 812, Rn. 54). Nach dem normativen Leistungsbegriff wollte der Kläger allerdings in Bezug auf die Spieleinsätze beim Poker (Einsatz in den sogenannten Pot) nicht an die Beklagte leisten, sondern an die anderen Spieler. Auch wenn er sich der Beklagten bedient, weil er auf deren Spielerkonto Gelder einzahlt, um mit diesen den Pot zu befüllen, will er mit diesem Geld nicht das Vermögen der Beklagten mehren, sondern möchte eine Einzahlung an den Pot vornehmen, also das Vermögen der anderen Mitspieler. Lediglich die Tischgebühr (Rake) ist zwischen dem Kläger und der Beklagten mit einer Leistungsbeziehung versehen. Die Beklagte tritt insoweit als Zahlungsvermittler auf, die in Bezug auf das (hier verbotene) Glücksspiel nicht für sich handelt und deswegen nicht Schuldner des relevanten Bereicherungsanspruchs für diejenigen Zahlungen, die der Kläger in den Pot vorgenommen hat, sein kann (Palandt/Sprau, a. a. O., Rn. 55).
Nachdem der Kläger allerdings den genauen Anteil am Poker und der Höhe des Rakes im Hinblick auf die Gesamtforderung nicht angeben kann, es somit an der Bestimmtheit des Klageantrags fehlt, kann insoweit auch im Hinblick auf die Sportwetten und die Slotspiele kein Ersatz zugesprochen werden, da insoweit keine trennscharfe, der Rechtskraft fähige Abgrenzung der jeweiligen Spiele möglich ist. Auf Vermutungen und ungefähren Angaben kann das Gericht eine Verurteilung der Beklagten nicht stützen.
4. Insoweit kommt es auf die Frage des Auslandsspiels und der Verjährung nicht an.
IV. Mangels Hauptanspruch besteht auch kein Anspruch auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
V. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO. Der Streitwert folgt der Klageforderung. Der Hilfsantrag erhöht nicht den Streitwert.