GKG 2004 § 47 Abs 1 , GKG 2004 § 52 , GKG 2004 § 53 Abs 2 Nr 2 , JuSchG § 18 Abs 1 S 1 ,
A. Der Senat entspricht dem Antrag der Antragstellerin, Frau D. Z., E.-straße, X., beizuladen, nicht. Gemäß § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht einen Dritten beiladen, wenn dessen Interessen durch die Entscheidung berührt werden. Dafür genügt die Möglichkeit der Verbesserung oder Verschlechterung der Rechtslage des Beizuladenden durch die Entscheidung.
Czybulka/Kluckert, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 65, Rn. 84.
Eine „Berührung“ rechtlicher Interessen entfällt indessen mit der Folge, dass für eine Beiladung im allgemeinen kein Raum ist, wenn der Dritte in einem Parallelverfahren gegen einen der Hauptbeteiligten zur Wahrung seiner Interessen bereits um Rechtsschutz nachgesucht hat. Denn damit hat der Dritte die Wahrung seiner rechtlichen Interessen, die die Beiladung ermöglichen soll, bereits in die eigene Hand genommen.
BVerwG, Urteil vom 15. März 1989 - 7 C 10.88 -, DVBl. 1989, 933, juris, Rn. 14.
Das ist hier der Fall. Frau D. Z. hat selbst sowohl einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich der auch vorliegend verfahrensgegenständlichen Entscheidung Nr. 0000 der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien (Prüfstelle) bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz vom 14. September 2023 zur Indizierung der Online-Broschüre „XXX“ gestellt als auch gegen den ablehnenden erstinstanzlichen Beschluss Beschwerde eingelegt. Eine notwendige Beiladung nach § 65 Abs. 2 VwGO ist vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht geboten.
B. Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässig, aber unbegründet. Der Senat prüft nach § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO nur die fristgerecht dargelegten Gründe. Diese rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern und dem Aussetzungsantrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 19 K 5975/23 VG Köln gegen die Entscheidung Nr. 0000 der Prüfstelle bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz vom 14. September 2023 zur Indizierung der Online-Broschüre „XXX“ der Antragstellerin und D. Z. stattzugeben.
1. Das Verwaltungsgericht hat der von ihm vorzunehmenden Interessenabwägung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO den zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Es hat im Einklang mit der Senatsrechtsprechung wegen des in § 25 Abs. 4 Satz 1 JuSchG gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs zu Recht geprüft, ob die angefochtene Entscheidung offensichtlich rechtswidrig ist oder ob dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers aus sonstigen besonderen und gewichtigen Gründen ausnahmsweise der Vorrang vor dem öffentlichen Vollzugsinteresse einzuräumen ist. Dieser Maßstab entspricht demjenigen der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung, die in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ebenfalls darauf abstellt, ob im konkreten Einzelfall besondere individuelle Umstände vorliegen, die eine diesen Vorrang ausnahmsweise überwindende Eilentscheidung rechtfertigen.
OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2016 - 19 B 1188/15 -, juris, Rn. 2, und vom 3. Juni 2015 - 19 B 463/14 -, juris, Rn. 4.
Dies steht auch nicht im Widerspruch zu dem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. September 2016 - 1 BvR 1335/13 -. Danach ist bei der gerichtlichen Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich eine summarische Prüfung verfassungsrechtlich unbedenklich; die notwendige Prüfungsintensität steigt jedoch mit der drohenden Rechtsverletzung, die bis dahin reichen kann, dass die Gerichte unter besonderen Umständen - wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen - dazu verpflichtet sein können, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen.Droht einem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, irreparable Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, ist - ggf. unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs - einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (Rn. 20). Im Hinblick auf die angegriffene Indizierungsentscheidung der Prüfstelle fehlt es indessen bereits an einer irreparablen Grundrechtsverletzung. Denn die Aufhebung der Entscheidung einschließlich der Streichung des Mediums aus der Liste kann ohne Weiteres auch noch nach einer stattgebenden Hauptsacheentscheidung erfolgen. Ein in der Indizierungsentscheidung liegender Grundrechtseingriff, insbesondere in die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Meinungsfreiheit, kann damit wieder beseitigt werden. Unabhängig davon lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen, dass die gerügte summarische Prüfung durch das Verwaltungsgericht hier tatsächlich zu einer erheblichen Verkürzung der Rechtsschutzintensität geführt hat. Es nimmt in der erstinstanzlichen Entscheidung eine rechtlich umfassende Beurteilung vor. Auch in tatsächlicher Hinsicht ist mit der Beschwerde nicht aufgezeigt, ob und inwieweit noch weiterer Aufklärungsbedarf bestanden haben soll.
2. Die Antragstellerin macht mit ihrem Beschwerdevorbringen keine durchgreifenden Gründe gegen die erstinstanzliche Feststellung, die Voraussetzungen für eine Indizierung nach § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG seien gegeben, geltend. Es liegt weder eine unzulässige Ausdehnung des Begriffs der „Eignung zur Jugendgefährdung“ im Sinn des § 18 Abs. 1 JuSchG vor (a)), noch ist mit der Beschwerde aufgezeigt, dass es dem Inhalt der Online-Broschüre an hinreichendem Gewicht für deren Einstufung als zur Jugendgefährdung geeignet fehlte (b)).
a) Es trifft auf keine rechtlichen Bedenken, die Erfüllung der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG daran zu knüpfen, dass das Medium zur „sozialethischen Desorientierung“ gefährdungsgeneigter Minderjähriger geeignet erscheint. Die mit dieser Begrifflichkeit umschriebene Tatbestandsvoraussetzung der Eignung, „die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden“ entspricht der gefestigten höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung und hat so auch Eingang in die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefunden.
BVerfG, Beschlüsse vom 20. Oktober 2022 - 1 BvR 201/20 -, GRUR 2023, 157, juris, Rn. 26, vom 10. September 2007 - 1 BvR 1584/07 -, NVwZ-RR 2008, 29, juris, Rn. 23 f., und vom 11. Januar 1994 - 1 BvR 434/87 -, BVerfGE 90, 1, juris, Rn. 69; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019 - 6 C 18.18 -, BVerwGE 167, 33, juris, Rn. 30 m. w. N.
Dabei werden die Voraussetzungen für die Eignung eines Mediums zur sozialethischen Desorientierung gefährdungsgeneigter Minderjähriger durch die Regelbeispiele des § 18 Abs. 1 Satz 2 JuSchG verdeutlicht. In dieser Aufzählung der Tatbestände von jugendgefährdenden Medien liegt keine Beschränkung („vor allem“). Ein Medium kann auch als jugendgefährdend bewertet werden, wenn es aus anderen Gründen geeignet ist, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Person zu gefährden. Die Qualität der in den Regelbeispielen genannten Merkmale lässt insbesondere aber erkennen, dass eine Indizierung erst bei einem deutlichen Gefährdungsgrad und einer erheblichen Intensität der Gefahr in Betracht kommt.
BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1994, a. a. O., Rn. 64; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019, a. a. O., Rn. 31.
In der so verstandenen Auslegung des § 18 Abs. 1 Satz 1 JuSchG liegt auch, wie die Antragstellerin weiter geltend macht, keine unzulässige Ausweitung des Tatbestands, die einer zwingenden Regelung durch den Gesetzgeber bedürfte.
Vgl. zur hinreichenden Bestimmtheit des vormaligen Indizierungstatbestandes des § 1 Abs. 1 GjS BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1994, a. a. O., Rn. 64.
b) Gemessen daran lässt sich der Beschwerdebegründung kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht dem Inhalt der Online-Broschüre ein hinreichendes Gewicht beigemessen hätte, um deren Eignung zur Jugendgefährdung zu bejahen. Das Vorbringen der Antragstellerin erschöpft sich insoweit in der in keiner Weise näher substantiierten Annahme, der gegen sie gerichtete Vorwurf sei „schlicht zu gering“. Damit nimmt die Antragstellerin (allenfalls) eine eigene Bewertung der Inhalte der Online-Broschüre im Hinblick auf deren Eignung zur Jugendgefährdung vor. Dies ist insbesondere auch nach den bereits vom Verwaltungsgericht ausführlich dargestellten (Seite 6 des Beschlusses) Maßstäben unzureichend, um die maßgeblichen sachverständigen Wertungen der Prüfstelle mit Erfolg anzugreifen.
Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2019, a. a. O., Rn. 48 ff.
3. Keinen Erfolg hat die Antragstellerin mit ihrem Einwand, die Indizierungsentscheidung sei rechtsfehlerhaft, weil die Prüfstelle und das Verwaltungsgericht sich nicht mit § 18 Abs. 4 JuSchG auseinandergesetzt hätten. Nach dieser Regelung kann in Fällen geringer Bedeutung davon abgesehen werden, ein Medium in die Liste aufzunehmen. Die Prüfstelle hat in der angefochtenen Indizierungsentscheidung (S. 29) das Vorliegen eines Falls von geringer Bedeutung im Sinn von § 18 Abs. 4 JuSchG verneint, weil die Verbreitung der im Internet frei verfügbaren Broschüre als nicht nur geringfügig eingestuft werde. Die Antragstellerin legt indessen schon nichts Substantiiertes dafür dar, dass es sich entgegen dieser sachverständigen Bewertung um einen Fall von geringer Bedeutung handeln könnte. Nur dann hätte es einer entsprechenden Ermessensausübung durch das Zwölfer-Gremium bedurft.
4. Die Antragstellerin bleibt ferner erfolglos mit ihrer Rüge, eine fehlerhafte Ermessensausübung liege in der unterbliebenen Unterscheidung der Antragsgegnerin zwischen der Indizierungsentscheidung und der Veröffentlichung dieser Entscheidung im Bundesanzeiger. Aus den unterschiedlich formulierten Voraussetzungen in § 24 Abs. 2 Satz 1 und § 24 Abs. 3 JuSchG, wonach nur die Indizierungsentscheidung, nicht aber deren Veröffentlichung unverzüglich stattfinden müsse, folge, dass eine unverzügliche Veröffentlichung einer besonderen Begründung bedürfe. Dies ist nicht nachvollziehbar. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung geben etwas für ein solches Begründungserfordernis her. Ebenso ist nicht verständlich, unter welchem Gesichtspunkt dies auf einen Ermessensfehler führen soll.
5. Ebenfalls keinen Erfolg hat der pauschale Einwand der Beschwerde, das Verwaltungsgericht hätte weitere Grundrechte der Antragstellerin wie Pressefreiheit und Elternrecht prüfen müssen. Mangels jeglicher Darlegungen ist bereits nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt dem Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hier eine gegenüber der - von Zwölfer-Gremium und Verwaltungsgericht umfänglich berücksichtigten - Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG noch eine eigenständige, in die Abwägung einzubeziehende Bedeutung zukommen soll, der zudem bei einer Abwägung mit den Belangen des Jugendschutzes der Vorrang einzuräumen wäre. Auch ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin durch die Indizierung der Online-Broschüre in ihrem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG betroffen sein soll.
6. Soweit die Antragstellerin abschließend darauf verweist, dass „sämtlicher Vortrag ... aus der ersten Instanz aufrecht erhalten“ bleibe, muss sich der Senat damit nicht befassen, da der pauschale Verweis auf erstinstanzliches Vorbringen ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht genügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Die Bedeutung der Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien nach § 18 Abs. 1 JuSchG für die Antragstellerin, auf die es nach diesen Vorschriften für die Streitwertfestsetzung ankommt, bemisst der Senat mit dem Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG, der im Eilrechtsstreit zu halbieren ist.
Zur Streitwertfestsetzung bei Indizierungsentscheidungen BVerwG, Streitwertbeschluss zum Urteil vom 30. Oktober 2019, a. a. O. (insoweit unveröffentlicht); OVG NRW, Beschluss vom 16. Oktober 2023 - 19 B 435/23 -, juris, Rn. 17 f. m. w. N.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).