LG Berlin II 11. Zivilkammer, Urteil vom
10.Juni 2024 , Az: 11 O 408/23
Langtext
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Löschung eines Eintrags aus dem von ihr geführten Register einer Wirtschaftsauskunftei, Berichtigung des bei der Beklagten geführten Score-Wertes sowie Unterlassung der erneuten Speicherung des Eintrages und Schadensersatz bezüglich der vorgerichtlichen Kosten.
Die Beklagte ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft in Deutschland, die ihren Vertragspartnern Informationen in Bezug auf kreditrelevante Geschäfte zur Verfügung stellt. Zu diesem Zweck unterhält die Beklagte eine Datenbank mit über 68 Millionen Datensätzen über die Deutschland wirtschaftlich aktive Personen. In dieser Datenbank sammelt sie bonitätsrelevante Informationen (sog. … -Einträge) und leitet daraus eine Gesamtbonität her, die sie im Rahmen des sog. Basisscores mit einer Kennzahl zwischen 0 und 100 (im Folgenden: …-Score) oder auch mit dem ... Orientierungswert zwischen 100 und 600 festhält.
Die Löschung der Einträge erfolgt nach dem sog. Code of Conduct grundsätzlich drei Jahre nach ihrer Erledigung.
Der Beklagten wurde die streitgegenständliche Zahlungsstörung mit der Kontonummer … von ihrer Vertragspartnerin, der ...-BANK AG (im Folgenden: Gläubigerin) erstmalig am 23. Mai 2022 als schwerwiegende Zahlungsstörung gemeldet. Der Kläger bezog eine Kreditkarte der Gläubigerin. Das Kreditkartenkonto wies am 9. März 2022 einen Zahlungsrückstand von 57,11 € auf. Diesen Rückstand glich der Kläger trotz Mahnung nicht aus. Mit Schreiben vom 22. März 2022 mahnte die Gläubigerin eine Forderung von nun 87,26 €, die der Kläger ebenfalls nicht ausglich. Mit Schreiben vom 4. Mai 2022 wurde der Kläger von der Gläubigerin zur Zahlung von insgesamt 116,43 € aufgefordert. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Rückstand 666,68 €. Mit Schreiben vom 20. Mai 2022 kündigte die Gläubigerin das Vertragsverhältnis mit dem Kläger und stellt eine Forderung von insgesamt 673,66 € fällig. Am 8. Juni 2022 beglich der Kläger die offene Forderung. Die Beklagte ordente dem Kläger einen Basisscorewert von 67,57 zu.
Mit außergerichtlichen Schreiben vom 8. Juni 2022 widersprach der Kläger der weiteren Speicherung seiner personenbezogenen Daten und forderte die Beklagte zur umgehenden Löschung auf. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 16. Juni 2022 (Anlage KGR_1) die Löschung der beanstandeten Daten sowie eine Berichtigung des Score-Wertes ab.
Der Kläger behauptet, er leide an Depressionen mit Angstzuständen und Panikattacken, weswegen der sich bereits in psychologischer Behandlung befunden habe und dauerhaft Medikamente habe einnehmen müssen. Aufgrund der Score-Werte habe er vielfältige Nachteile erleiden müssen, deren Folgen bis heute andauern. Es sei durch die Bewertung der Beklagten nicht möglich, eine größere Wohnung zu beziehen, um seiner Familie eine bessere Wohnsituation zu verschaffen. Dies verstärke seien labilen psychischen Zustand. Eine größere Wohnung, als die derzeit von ihm bewohnte 3-Zimmerwohnung, könne er sich auch leisten.
Der Kläger vertritt u.a. die Auffassung, ihm stehe gegen die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 DS-GVO ein Anspruch auf sofortige Löschung des Eintrags nach Tilgung der der Einmeldung zugrundeliegenden Forderung, spätestens jedoch sechs Monate nach Tilgung zu. Eine bereits erledigte Forderung, wie vorliegend, die über die aktuelle Kreditwürdigkeit keine hinreichend sichere Auskunft mehr gebe und deswegen nicht zu deren Bewertung herangezogenen und erst recht nicht übermittelt werden dürfe, sei mangels gesetzlicher Berechtigung zur Speicherung zu löschen. Die Verarbeitung sei im maßgeblichen Zeitpunkt des Löschungsverlangens rechtswidrig, so dass der Anspruch auch aus Art. 17 Abs. 1 lit. a) DS-GVO folge. Erkennbar stellten das Schuldnerverzeichnis und dessen Möglichkeit der Durchsetzung eines Löschungsverlangens nach § 882e Abs. 3 ZPO eine Parallelsituation zum Insolvenzregister und der Löschfrist in § 3 der InsBekV dar. Damit sei es wertungswidersprüchig, dass die Behandlung von Einträgen zu getilgten und durch Restschuldbefreiung erloschen Forderungen unterschiedlich sei. Dem Europäischen Gesetzgeber sei es bei den Regelungen der DS-GVO darauf angekommen, einen echten Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und individuellen Interessen zu schaffen. Deshalb seien datenschutzrechtliche Erlaubnistatbestände ausgewogen auszulegen und die Interessen im Einzelfall abzuwägen. Nach Erwägungsgrund 39 zur DS-GVO sollten die personenbezogenen Daten für die Zwecke, zu denen sie verarbeitet werden, angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke ihrer Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Diese Anforderungen würden erst recht für eine erfüllte Forderung gelten. Die vorliegend vorzunehmende Einzelfallabwägung falle zugunsten des Klägers aus. Zudem bestehe ein Anspruch des Klägers auf Berichtigung des ... -Scores gemäß Art. 16 DS-GVO.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, den Eintrag über die Erledigung der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer ... gegen die Klägerseite vom 8. Juni 2022 und alle damit zusammenhängenden Einträge aus ihrer über die Klägerseite geführten Kartei zu löschen;
2. die Beklagte zu verurteilen, die bei ihr geführten Score-Werte, mit denen sie die Kreditwürdigkeit der Klägerseite bewertet, nach erfolgter Löschung zu berichtigen;
3. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 EUR, ersatzweise an ihrem gesetzlichen Vertreter ( Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft, oder einer an ihrem gesetzlichen Vertreter ( Vorstand) zu vollstreckender Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, jegliche Einträge bezüglich der früheren Forderung unter der bei der Beklagten geführten Kontonummer ... gegen die Klägerseite, die am 8. Juni 2022 als erledigt gekennzeichnet wurde, erneut zu speichern oder anderweitig zu verarbeiten;
4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerseite von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 973,66 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Meinung, dass ihre Speicherung der Daten über einen Zeitraum von drei Jahren rechtmäßig und im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung sei. Die Beklagte speichere die streitgegenständliche Information rechtmäßig, um sie an ihre Vertragspartner zu beauskunften, wenn diese vor dem Abschluss bonitätsrelevanter Verträge die Bonität des Klägers prüfen würden. Diese Information sei auch weiterhin für die Beurteilung der Bonität des Klägers erforderlich, denn ein nachlässiges Zahlungsverhalten in der Vergangenheit kann die Annahme rechtfertigen, dass auch in Zukunft Schwierigkeiten in der Vertragserfüllung auftreten. Die Speicherung der streitgegenständlichen Informationen sei daher weiterhin erforderlich, um potentiellen Vertragspartnern eine Entscheidung über einen Vertragsschluss mit dem Kläger auf einer zutreffenden und hinreichenden Informationsgrundlage zu ermöglichen. Im Wesentlichen dokumentiere diese Information, dass der Kläger eine Forderung zunächst nicht begleichen konnte oder wollte. Die spätere Erledigung der zugrundeliegenden Forderung ändere aber nichts an den berechtigten Interessen an der Speicherung der streitgegenständlichen Information oder der Notwendigkeit der Speicherung und damit auch nicht an der Rechtmäßigkeit der Speicherung. Der Erledigungsvermerk zeige den Vertragspartnern der Beklagten, dass sich die zugrundeliegende Forderung zu einem späteren Zeitpunkt zugunsten des Klägers erledigt habe. Auch dieser Umstand werde von potentiellen Vertragspartnern des Klägers bei der Prüfung seiner Bonität berücksichtigt. Die Speicherfristen für Informationen im Schuldnerverzeichnis oder die derzeit angewandte Speicherfrist für Restschuldbefreiungen seien nicht als Maßstäbe heranzuziehen, da die Fallgestaltungen nicht vergleichbar seien. Es bestehe bereits mangels Anspruchsgrundlage kein Anspruch des Klägers auf Berichtigung des Score-Wertes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Berlin ist gem. §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 44 Abs. 1 S. 1 BDSG.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte weder keinen Anspruch auf Löschung des Negativeintrages aus Art. 17 Abs. 1 lit. d), a) oder c) DS-GVO. Er hat auch ebenso wenig einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Speicherung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 BGB wie auf Berichtigung des Scorewertes und Erstattung von Rechtsanwaltskosten.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Löschung der streitgegenständlichen Daten nach Art. 17 Abs. 1 lit. d) DS-GVO.
Die Verarbeitung durch die Beklagte erfolgte zur Wahrung ihrer eigenen sowie der berechtigten Interessen zumindest ihrer Vertragspartner als Dritte, ohne dass überwiegende Interessen des Klägers dem entgegenstehen (Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO). Die sich auf den Kläger beziehenden Daten verarbeitete die Beklagte nicht unrechtmäßig. Sie verarbeitete die Daten, indem sie diese nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO erhob, erfasste, organisierte, ordnete und speicherte. Die Verarbeitung erfolgte und erfolgt weiterhin rechtmäßig.
Die Übermittlung der Daten an die Beklagte war zunächst jedenfalls nach Art. 6 Abs. 1 f) DS- GVO rechtmäßig, da sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich war und dies die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Klägers überwog.
Die obergerichtliche Rechtsprechung hat für Einträge über Zahlungsstörungen grundsätzlich anerkannt, dass die Beklagte solche Einträge nach dem Ausgleich der Forderung noch für drei Jahre speichern darf, um ihren Vertragspartnern Auskunft darüber geben zu können, ob aus den vergangenen drei Jahren Informationen über Zahlungsstörungen vorliegen ( vgl. Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 10. August 2022, Az. 9 U 24/22, ZVI 2022, 386, 390; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 3. Juli 2023, Az. 1 U 8/22, GRUR-RS 2023,16930; Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 3. November 2022, Az. 5 U 31/22, GRUR-RS 2022, 30961 Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18. Januar 2023, Az. 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583).
a) Interesse der Beklagten gem. Art 6 Abs. 1 f) DSGVO
aa) Die Datenverarbeitung durch die Beklagte in Form der Speicherung der streitgegenständlichen Daten erfolgte zunächst im berechtigten Interesse der Beklagten als allgemeine Grundlage für ihr Geschäftsmodell. Unter den Begriff der berechtigten Interessen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO sind nach Maßgabe des Erwägungsgrunds Nr. 47 die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhenden vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person zu verstehen, wobei es sich grundsätzlich um jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse handeln kann ( vgl. OLG München, GRUR-RR 2019, 137Rn. 30; OVG Lüneburg, ZD 2021, 222Rn. 15; Sydow/Marsch/Reimer, DS-GVO, BDSG, 3. Auflage, Art. 6 DS-GVO Rn. 75).
Die Beklagte ist eine Gemeinschaftseinrichtung der kreditgebenden Wirtschaft in Deutschland. Aufgabe der Beklagten ist es, ihre Vertragspartner mit Auskünften bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von potentiellen oder bestehenden Kunden kreditrelevanter Geschäfte zu unterstützen. Zu diesem Zweck unterhält die Beklagte eine Datenbank mit über 68 Millionen Datensätzen über in Deutschland wirtschaftlich aktive Personen.
Da alle Interessen im Sinne des Art. 6 DSGVO berechtigt sein können, die rechtlicher, persönlicher, ideeller, aber auch rein wirtschaftlicher Natur sind ( vgl. BeckOK DatenschutzR/Albers/Veit, 45. Ed. 1.8.2023, DS-GVO Art. 6 Rn. 68; Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs, Schlussanträge vom 19. Dezember 2018, Fashion ID, Rechtssache C-40/17, Randnummer 122), stellt auch das rein geschäftliche Interesse der Beklagten an der Speicherung grundsätzlich ein derartiges berechtigtes Interesse dar.
Die Speicherung der Daten zu diesem Zweck ist auch erforderlich, weil die Beklagte ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden in Form von Anfragen zur Bonität des Klägers mangels vollständiger Datengrundlage sonst nicht erfüllen kann ( vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 10.08.2022 - 9 U 24/22 - zit. n. Juris; OLG Frankfurt a. M. ( 7. Zivilsenat), Urteil vom 18.01.2023 - 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583).
Darüber hinaus diente die Speicherung auch und insbesondere den Interessen von Vertragspartnern der Beklagten als potentielle Kreditgeber des Klägers. Die Speicherung der streitgegenständlichen Daten bildete die Datengrundlage für erbetene Auskünfte dieses umgrenzten Personenkreises unter Darlegung eines berechtigten Interesses, was bei einer konkret beabsichtigten Geschäftsbeziehung zum Kläger regelmäßig vorliegen wird. Dass das Interesse der potentiellen Kunden der Beklagten nicht nur berechtigt, sondern auch von der europäischen und der innerstaatlichen Rechtsordnung als besonders schützenswert angesehen wird, ist insbesondere an den zur Umsetzung des Art. 8 der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates ersichtlich, die die Vergabe von Verbraucherkrediten unter die Voraussetzung einer auf Daten wie der Beklagten basierenden Kreditwürdigkeitsprüfung stellt ( vgl. OLG Frankfurt a. M. ( 7. Zivilsenat), Urteil vom 18.01.2023 - 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583; OLG Köln, Urteil vom 27.01.2022 - 15 U 153/21 - zit. n. Juris). Diese und die darauf beruhende Übermittlung der angefragten Daten, ebenfalls Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DSGVO, sind zur Wahrung dieser berechtigten Interessen erforderlich, da die anfragenden Kunden das frühere Zahlungsverhalten auch für die eigene, potentiell beabsichtigte Geschäftsbeziehung zur Klägerin offensichtlich für vertragsrelevant halten. Andernfalls würden sie eine Auskunft über derartige, von der Beklagten typischerweise gespeicherte Daten nicht einholen (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.01.2023 - 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583).
bb) Zur Wahrung dieser Interessen war die Aufnahme eines Negativeintrags bezüglich der vom Kläger zunächst nicht beglichenen Forderung erforderlich. Denn der Umstand, dass eine geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht worden ist, ist für die Beurteilung der Zahlungswilligkeit bzw. -fähigkeit des Betroffenen grundsätzlich bedeutsam. Im Streitfall ergibt sich keine Ausnahme von diesem Grundsatz.
(1) Unerheblich ist, ob sich der streitgegenständliche Eintrag auf eine eher geringfügige Forderung bezieht. Eine betragsmäßige Bagatellgrenze für die Berechtigung einer Einmeldung gibt es nicht. Gerade Zahlungsverzögerungen mit relativ geringfügigen Beträgen, können im Geschäftsverkehr nämlich den Anschein erwecken, der Schuldner sei nicht einmal zur Begleichung kleinerer Forderungen in der Lage (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. August 2022 - 9 U 65/22; Urteil vom 28. Juli 2021 - 9 U 108/21; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 18. Januar 2023 - 7 U 100/22, BeckRS 2023, 583; BGH, Urteil vom 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10, Rdn. 23 nach juris; Kämer, NJW 2018, 347, 348 mwN).
(2) Der Kläger hatte ausreichend Zeit zur Begleichung der eingemeldeten unstreitigen Forderung. Die Gläubigerin hat den Kläger wegen der unstreitig fälligen Forderung unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 lit. a) bis d) BDSG gemahnt. Sie kündigte schließlich das Vertragsverhältnis aufgrund des Zahlungsrückstandes fristlos, nachdem sie den Kläger in den Mahnungen vom 22. März 2022 und 4. Mai 2022 gemäß § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 BDSG über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet hatte. Sofern der Kläger behauptet, er habe versucht, die Forderung durch Echtzeitüberweisung zu tilgen, haben die Mahnungen ausdrückliche Hinweise darauf enthalten, dass dies nicht möglich sei. Darüber hat der Kläger jeglichen substantiierten Vortrag zu den behaupteten Überweisungen unterlassen und insoweit auch keinen Beweis angetreten.
b) Der Speicherung des streitgegenständlichen Negativeintrags stehen eigene Interessen des Klägers entgegen, weil sie die Grundlage für die spätere Datenübertragung an die Kunden der Beklagten ist. Der Kläger ist dabei als Betroffener für seine in der späteren konkreten Abwägung zu berücksichtigenden Interessen darlegungs- und beweisbelastet. Aus der Formulierung und Systematik der Verarbeitungsbeschränkung in Art. 6 Abs. f lit. f), 2. Halbs. DS-GVO ergibt sich ein vom Betroffenen zu widerlegendes Regel-Ausnahme-Verhältnis für die Zulässigkeit der zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlichen Datenverarbeitung ( vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. August 2022 - 9 U 65/22; Urteil vom 10. August 2022, Az.: 9 U 24/22 m.w.N.).
Da Vertragspartner der Beklagten typischerweise Daten über den Kläger als Entscheidungsgrundlage für die Eingehung eines Vertragsverhältnisses mit ihm abfragen, werden die Information über die nicht umgehend erfolgte Zahlung einer unstreitigen fälligen Forderung auf eine damalige Zahlungsunfähigkeit oder - unwilligkeit des Klägers schließen lassen und das Verhalten potentielle Vertragspartner zu Lasten des Klägers negativ beeinflussen.
Soweit der Kläger vorträgt, er sei durch den Eintrag gehindert, einen Mietvertrag über eine größere Wohnung, die er aufgrund seines Gesundheitszustandes dringend benötige abzuschließen, unterlässt er bereits jeglichen substantiiert Vortrag zu konkret abgelehnten Vertragsabschlüssen, bei denen er unter Berücksichtigung der sonstigen für den Vermieter entscheidungserheblichen Kriterien, wie Höhe der regelmäßigen Einkünfte und Mietschuldensbescheinigung abgelehnt worden wäre. Soweit der Kläger geltend macht durch den Eintrag massiv beeinträchtigt zu sein, ist schon nicht ersichtlich welche Beeinträchtigungen das genau sein sollen. Es ist nicht ersichtlich, dass sich seine Beeinträchtigung außerhalb der üblichen Nachteile im Wirtschaftsleben wegen verschlechterter Bonität aufgrund nachlässigen Zahlungsverhaltens bewegen. Unverhältnismäßige oder gar existenzielle Belastungen durch den Negativeintrag trägt er nicht vor.
c) Die obigen Interessen des Klägers überwiegen nicht. Maßgeblich ist insoweit eine auf den Einzelfall bezogene konkrete Interessenabwägung (vgl. Erwägungsgrund 47 Satz 3 zur DS-GVO; vgl. OLG Stuttgart, Urteile vom 31.08.2022 - 9 U 65/22, vom 10.08.2022 - 9 U 24/22 und vom 28.07.2021 - 9 U 108/21). Abzuwägen sind einerseits die Auswirkungen, die die Datenverarbeitung für die betroffene Person mit sich bringt, und andererseits die Interessen des Verantwortlichen oder Dritten. In diesem Zusammenhang sind Art, Inhalt und Aussagekraft der betroffenen Daten an dem mit der Datenverarbeitung verfolgten Zweck zu messen (vgl. OLG Stuttgart, Urteile vom 31.08.2022 - 9 U 65/22 und vom 28.07.2021 - 9 U 108/21; BGH, Urteil vom 23.06.2009 - VI ZR 196/08, juris Rn. 26; Urteil vom 17.12.1985 - VI ZR 244/84, juris Rn. 14; Urteil vom 15.12.1983 - III ZR 207/82, juris Rn. 11; Kühling/Buchner/Buchner/Petri, 3. Aufl., Art. 6 Rn. 149 DS-GVO).
d) Nach diesen Maßstäben hat der Kläger die streitgegenständliche Datenverarbeitung hinzunehmen, auch wenn sein Interesse am Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie das Recht auf Schutz personenbezogener Daten gemäß Art. 8 GRCh geschützt wird.
Das aus Art. 2 Abs. 1 GG abzuleitende Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt im vorliegenden Einzelfall weder das Recht der Beklagten noch ihrer Kunden als potentielle Kreditgeber. Vorliegend handelt es sich nicht um eine anlasslose Datenspeicherung, sondern um eine vom Kläger konkret zu verantwortende Einmeldung einer unstreitigen und mehrfach gemahnten Forderung gegen ihn. Dem Kläger droht auch keine besondere Härte aufgrund des Negativeintrags.
2.
Der Kläger hat auch nicht aufgrund fehlender Notwendigkeit der Verarbeitung Anspruch auf Löschung des Negativeintrags aus Art. 17 Abs. 1 lit. a) DS-GVO.
Die Notwendigkeit der Speicherung ist nicht dadurch entfallen, dass die Forderung zwischenzeitlich getilgt worden ist und ein entsprechender Eintrag in das Schuldnerverzeichnis nach § 882e ZPO zu löschen wäre, wenn die Begleichung der Forderung nachgewiesen wird.
a) Für eine Verpflichtung der Beklagte zur Übermittlung nur jüngerer Daten bestehen keine Anhaltspunkte. Anhaltspunkte dafür, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die personenbezogenen Daten des Klägers für die Zwecke, für die sie erhoben bzw. verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig wären, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte die Daten für eine Dauer von drei Jahren speichert. Die DSGVO enthält für die Dauer einer Speicherung von personenbezogenen Daten selbst keine konkreten Regelungen und Höchstgrenzen, sondern knüpft die Rechtmäßigkeit der weiteren Verarbeitung allein an das Kriterium der Notwendigkeit und damit an eine Abwägung im Einzelfall. Insofern schreibt Erwägungsgrund Nr. 39 der DSGVO vor, dass die Speicherfrist für personenbezogene Daten auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränkt bleiben und der Verantwortliche - was in Massengeschäften wie dem der Beklagten allein sachgerecht ist - Fristen für ihre Löschung oder regelmäßige Überprüfung vorsehen soll. Art. 40 DSGVO bietet dazu Branchenverbänden die Möglichkeit, Anwendungsfelder mit den zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden durch zumindest für sie und die Aufsichtsbehörden verbindliche Verhaltensregeln zu konkretisieren.
Das ist vorliegend geschehen. Die Prüfungs- und Löschungsfristen von Wirtschaftsauskunfteien sind durch Verhaltensregeln (Code of Conduct) verbindlich festgelegt. Sie wurden zwischen dem Verband „Die Wirtschaftsauskunfteien e. V.", dessen Mitglied die Beklagte ist, und den Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder - und damit auch der für die Beklagten zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit - nach Art. 40 Abs. 2 DSGVO abgestimmt und auf Antrag des Branchenverbands von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt (Art. 40 Abs. 5 DSGVO). In diesen Verhaltensregeln sind für die einzelnen personenbezogenen Daten der Schuldner bestimmte Prüf- und Löschfristen aufgeführt.
Die dementsprechend vorgesehen dreijährige Speicherfrist steht dabei den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit.f DSGVO ebenfalls nicht entgegen. Die Unrechtmäßigkeit der Datenverarbeitung ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der deutsche Gesetzgeber im Rahmen von § 3 Abs.1 InsOBekV eine sechsmonatige Speicherfrist vorsieht und damit einhergehend ein nach Ablauf der Sechsmonatsfrist überwiegendes Interesse der betroffenen Person annimmt. Denn diese Regelung bezieht sich auf die Löschungsfristen von Insolvenzbekanntmachungen nach Erteilung der Restschuldbefreiung in öffentlich zugänglichen Portalen. Dies ist mit der Wirtschaftsauskunftei der Beklagten und den dort gespeicherten Informationen nicht zu vergleichen. Während eine Auskunftserteilung der Beklagten an Dritte nur bei Darlegung eines berechtigten Interesses und zudem gegen Entgelt erfolgt, ist die Einsicht in die Insolvenz-Bekanntmachungen jedermann kostenfrei und ohne größeren Aufwand durch Internetabruf möglich. Damit sind diese Bekanntmachungen nicht nur für potentielle Geschäftspartner des Betroffenen einsehbar, sondern auch für Nachbarn, Kollegen und Bekannte, die außer der Befriedigung persönlicher Neugier kein Interesse an der Informationserlangung haben. Damit ist die Eingriffsintensität der Speicherung und Veröffentlichung nach den unterschiedlichen Rechtsvorschriften nicht im Ansatz vergleichbar (LG Heilbronn, Urteil vom 11.4.2019, 13 O 140/18, Rn. 29 zitiert nach Juris; vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 1.3.2016, 12 U 32/16, Rn. 25, zitiert nach Juris; OLG Köln, Urteil vom 27.01.2022, Az.: 1-15 U 6065/23 153/21 - Zitiert nach Juris). Unmittelbar ist die gesetzliche Regelung auf Eintragungen in der Datenbank der Beklagten ohnehin schon nicht anwendbar, denn die in der Vorschrift angeordnete Speicherfrist betrifft allein öffentliche Bekanntmachungen im Rahmen eines Insolvenzverfahren (so auch OLG Oldenburg, GRUR-RS 2021, 35540 Rn. 18). Weiter ist insofern auch das typische - und berechtigte - Interesse potentieller Kreditgeber an der Kenntnis des bisherigen Zahlungsverhaltens des Kreditnehmers zu berücksichtigen, das sich nicht nur auf die letzten sechs Monate bezieht. Das Interesse der Vertragspartner ist auch im Hinblick auf eine Speicherfrist von drei Jahren als vorrangig zu erachten. Andere über die reine wirtschaftliche Beurteilung der objektiven Tragfähigkeit der Belastung hinausgehenden Möglichkeiten zur Abschätzung des Ausfallrisikos eines auszureichenden Darlehens hat der potentielle Vertragspartner und Kreditgeber schlicht nicht. Auch ist hinsichtlich der Dauer der Speicherung zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Einträge regelmäßig auch auf einem nicht nur sechs-monatigen Zahlungsverhalten des Schuldners zurückzuführen sind, sondern die wirtschaftliche Zuverlässigkeit über einen längeren Zeitraum widerspiegeln.
Die von der Beklagten praktizierte Frist deckt sich zudem auch mit der Löschungsfrist für Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis nach § 882e Abs. 1 ZPO, das - ähnlich wie den Vertragspartnern der Beklagten - nach § 882f Abs. 1 ZPO nur für diejenigen einsehbar ist, die ein berechtigtes Interesse an den Daten wie etwa zur erforderlichen Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit des Schuldners darlegen können. Gerade hierin ist eine Wertung des Gesetzgebers zu sehen, wie lange potentiellen Kreditgebern eine Berechtigung am Informationsinteresse über früheres Zahlungsverhalten zuzugestehen ist (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 14.12.2022 - 9 U 142/22). Auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 07.12.2023 (GRUR-RS 2023, 34945) kommt eine abweichende Beurteilung der zulässigen Dauer der Speicherfrist im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Denn diese bezieht sich gerade auf solche Daten, die im Zuge eines durchgeführten Insolvenzverfahrens und der gerichtlich erteilten Restschuldbefreiung von der Beklagten verarbeitet werden. Die vom Europäischen Gerichtshof hinsichtlich der von der Beklagten praktizierten Speicherfrist angeführten Überlegungen lehnen sich dabei insbesondere an die vom deutschen Gesetzgeber vorgesehen Speicherfrist von sechs Monaten für Bekanntmachungen in öffentlichen Insolvenzregistern nach § 3 Abs. 1 InsOBekV an. Dieser ist aber, wie bereits aufgezeigt, auf die hier streitgegenständlichen Einträge in Bezug auf bloß einzelne Zahlungsausfälle weder direkt noch entsprechend anzuwenden. Dem steht auch nicht die von der Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Oldenburg vom 13. März 2024 - 13 W 9/24 - (eingereicht von dem Kläger mit Schriftsatz vom 27. Mai 2024) entgegen. Denn dort stammte die Information über die Erteilung einer Restschuldbefreiung aus einem öffentlichen Register, für das die in § 3 InsoBekV geregelten Speicherfrist von 6 Monaten gilt. Hier handelt es sich weder um eine Information aus einem öffentlichen Register, noch gilt für diese eine für diese dort geltende abweichende Frist.
b) Zwar nimmt die Relevanz eingemeldeter Daten für die Bewertung der Kreditwürdigkeit einer Person im Zeitverlauf ab und es ist nach längerer Zeit nur noch von einer verringerten „Rückfallgefahr" auszugehen. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass die im streitgegenständlichen Negativeintrag beschriebene Zahlungsstörung, die auf seinerzeit fehlende Zahlungsfähigkeit bzw. -willigkeit schließen lässt, nicht auch noch zum jetzigen Zeitpunkt für die Einschätzung der Kreditwürdigkeit des Klägers von Bedeutung wäre. Es entspricht dem legitimen Informationsinteresse potentieller Kreditgeber, sich ein umfassendes Bild von ihren Vertragspartnern zu machen, dass sie ohne die Datenübermittlung aufgrund der typischerweise bestehenden Ungleichheit der Informationsgrundlagen typischerweise nicht erlangen.
c) Es liegt entgegen der Ansicht des Klägers insofern keine ungerechtfertigte oder sinnwidrige Ungleichbehandlung von Einträgen, die aus dem Schuldnerverzeichnis übernommen werden, und anderen Einträgen vor. Denn es handelt sich um unterschiedlich gelagerte Sachverhalte. In das Schuldnerverzeichnis wird nicht bereits das bloße Vorliegen eines Vollstreckungstitels eingetragen, sondern nach § 882b Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO werden Eintragungen nur in den dort bestimmten Fällen vorgenommen. Die Eintragung nach § 882c ZPO ist Teil des Vollstreckungsverfahrens und setzt eine besondere Eintragungsanordnung des Gerichtsvollziehers voraus. Im Gegensatz dazu beruht die Eintragung in anderen Fällen in der Regel auf der Meldung eines Gläubigers. Die Löschung eines Eintrags im Schuldnerverzeichnis erfolgt entweder taggenau nach drei Jahren oder aber vorzeitig, wenn die Löschung des Eintrags in das Schuldnerverzeichnis durch das zentrale Vollstreckungsgericht mitgeteilt wird. Dies setzt eine besondere Löschungsanordnung des zentralen Vollstreckungsgerichts voraus (§ 882e ZPO), zu deren Erlass der Schuldner die Befriedigung des Gläubigers oder den Wegfall des Eintragungsgrundes gegenüber dem zentralen Vollstreckungsgericht nachzuweisen hat (so auch OLG Frankfurt BeckRS 2023, 583 Rn. 37). Eine dem Schuldnerverzeichnis vergleichbare Situation ist bei der Speicherung und Verarbeitung von Daten durch die Beklagte nicht gegeben. Diese erteilt nur ihren Vertragspartnern (Banken, Sparkassen, Genossenschaftsbanken, Kreditkarten-, Factoring- und Leasingunternehmen etc.) und auch diesen erst bei „ berechtigtem Interesse" Auskünfte, wobei ein solches „ berechtigtes Interesse" unter anderem vorliegt, wenn ein Unternehmen gegenüber dem betreffenden Schuldner mit einer Dienstleistung oder einer Lieferung in Vorleistung geht und damit ein wirtschaftliches Risiko trägt. Damit ist zum einen der Kreis an potentiellen Auskunftsberechtigten gegenüber demjenigen des Schuldnerverzeichnisses deutlich geringer und zum anderen wird eine Auskunft von der Beklagten als privatrechtlicher-juristischer Person an diesen personell geringeren Kreis nur in bestimmten Konstellationen, nämlich bei einer finanziellen Vorleistung gegenüber dem Schuldner, aufgrund eines erkennbaren Interesses erteilt ( a.a.O.). Für eine entsprechende Anwendung der Vorgaben für Einträge aus dem Schuldnerverzeichnis besteht angesichts dessen kein Raum ( vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil vom 23.11.2021 - 13 U 63/21 - zit. n. juris; OLG Köln, Urteil vom 27.01.2022 - 1-15 U 153/21 -, juris.; OLG Stuttgart a.a.O.).
d) Auch die Erwägungen zu einer vorzeitigen Löschung von Einträgen über Restschuldbefreiungen sind nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Für die Eintragung einer Restschuldbefreiung ist in § 3 Abs. 1 S. 1 InsBekV ausdrücklich vorgesehen, dass diese spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens aus dem Insolvenzregister, aus dem die Beklagte ihre Informationen bezieht, gelöscht wird. Da eine dem § 3 InsBekV vergleichbare Regelung für Negativeinträge wie den hier streitgegenständlichen fehlt, ist die Angemessenheit der Drei- Jahres- Frist des Code of Conduct unter Berücksichtigung der Abwägung der gegenläufigen Interessen nach Maßgabe des Erwägungsgrunds 39 DS-GVO zu beurteilen (OLG Brandenburg a.a.O.). Neben dem Umstand, dass die Beklagte sich auf nach den Vorgaben des Art. 40 Abs. 2 DS-GVO erstellte und durch die zuständige Aufsichtsbehörde genehmigte Verhaltensregeln bezieht, ist auch zu berücksichtigen, dass sie nur gegenüber ihren Vertragspartnern und auch diesen gegenüber erst bei einem berechtigten Interesse Auskünfte erteilt, also wenn eines dieser Vertragsunternehmen gegenüber dem Kläger mit einer Dienstleistung oder einer Lieferung in Vorleistung geht und damit ein wirtschaftliches Risiko trägt. Damit ist zum einen der Kreis an potentiellen Auskunftsberechtigten gegenüber demjenigen des Schuldnerverzeichnisses oder auch des Insolvenzregisters deutlich geringer und zum anderen wird eine Auskunft von der Beklagten als privatrechtlicher juristischer Person an diesen personell geringeren Kreis nur in bestimmten Konstellationen, nämlich bei einer finanziellen Vorleistung gegenüber dem Schuldner, erteilt.
3.
Ein Anspruch auf Löschung des Eintrags folgt auch nicht aus Art. 17 Abs. 1 c) DSGVO.
Nach Art. 17 Abs. 1 c) ist es erforderlich, dass die betroffene Person gemäß Art. 21 Abs. 1 DS-GVO Widerspruch gegen die Verarbeitung eingelegt hat und keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vorliegen. Der Widerspruch dient als Korrektur, indem er eine rechtmäßige Datenverarbeitung ausnahmsweise unterbindet. Um die Wertung des Art. 6 Abs. 1 f) DS- GVO nicht auszuhöhlen, muss eine atypische Situation rechtlicher, wirtschaftlicher, ethischer, sozialer und oder/familiärer Natur vorliegen. Es müssen konkrete Umstände des Einzelfalls eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen begründen (Martini in: Paal/Pauly, DS-GVO BDSG, 2021, Art. 21 DS-GVO Rdn. 30).
Solche Gründe hat der Kläger nicht vorgetragen. Der von ihm behauptete Umstand, Mietverträge über eine größere Wohnung nicht abschließen zu können, sind nicht Folge einer atypischen Situation, sondern vielmehr typische Folge einer Bonitätsauskunft. Weitere Umstände, die eine atypische Situation begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Soweit der Kläger behauptet, unter Depressionen und psychischen Problemen zu leiden, fehlt jeglicher substantiierte Vortrag, der eine Ausnahmesituation begründen könnte.
4.
Ein Anspruch auf Unterlassung künftiger Verarbeitung des streitgegenständlichen Datensatzes aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB steht dem Kläger schon auf Grund des Anwendungsvorrangs des Art. 17 Abs. 1 DS-GVO ( OLG Brandenburg, Urteil vom 3. Juli 2023 - 1 U 8/22) und auf Grund der rechtmäßigen Verarbeitung der streitgegenständlichen Daten ( s.o.) nicht zu.
Darüber hinaus würde es auch an einer Wiederholungsgefahr für eine erneute Speicherung der streitgegenständlichen Eintragung fehlen. Wenn eine Löschung nach der Drei-Jahres-Frist erfolgt ist, würde nur dann eine erneute Speicherung der streitgegenständlichen Information drohen, wenn der Vertragspartner die Forderung erneut an die Beklagte meldet und die Beklagte die entsprechende Information in ihren Datenbestand aufnehmen würde. Dies ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Denn die dem Eintrag zugrunde liegende Forderung ist inzwischen unstreitig beglichen. Für eine erneute Meldung durch die ...-BANK ist daher keine Veranlassung ersichtlich.
5.
Auch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Berichtigung Score-Wertes besteht nicht. Denn Voraussetzung eines Berichtigungsanspruchs gemäß Art. 16 Abs. 1 DSGVO ist, dass es sich bei der gespeicherten Eintragung um eine unrichtige Tatsache handelt. Dabei sind die gespeicherten Informationen aufgrund derer die Beklagte den Score-Wert berechnet bereits nicht unrichtig. Die angegriffenen Daten werden durch die Beklagte rechtmäßig gespeichert und dürfen damit hinsichtlich der Ermittlung des Score-Werts weiterhin berücksichtigt werden. Darüber hinaus unterliegen sie bereits deshalb nicht der Berichtigungspflicht, weil es sich insoweit um Werturteile handelt (vgl. Woms in: BeckOK, DatenschutzR, 45. Ed. 1.8.2023, DS-GVO Art. 16 Rdn. 52-56).
5.
Mangels Hauptanspruchs hat der Kläger auch weder aus § 823 BGB noch aus Verzugsgesichtspunkten einen Anspruch auf Ersatz außergerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.