ZPO § 256 Abs 2 , BGB § 280 Abs 1 , EUV 2016/679 Art 82 Abs 1 , BGB § 307 Abs 1 S 1 ,
I.
Der Kläger macht Ansprüche im Zusammenhang mit der Löschung eines Beitrags und der Sperrung seines Nutzerkontos auf der von der Muttergesellschaft der Beklagten betriebenen Plattform „Facebook“, deren Anbieterin für Nutzer in Deutschland die Beklagte ist, geltend.
Der Kläger unterhält seit ca. 2007 ein privates Facebook-Nutzerkonto. Die Nutzung erfordert eine einmalige Anmeldung unter Angabe einer E-Mail-Adresse und das Akzeptieren der Nutzungsbedingungen der Beklagten (Anlage K 42), in denen es unter anderem heißt:
„Wir möchten, dass Personen Facebook nutzen, um sich auszudrücken und Inhalte zu teilen, die ihnen wichtig sind. Dies darf jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit und des Wohlergehens anderer oder der Integrität unserer Gemeinschaft erfolgen. Du stimmst deshalb zu, dich nicht an den nachfolgend beschriebenen Verhaltensweisen zu beteiligen [(...)]:
1. Du darfst unsere Produkte nicht nutzen, um etwas zu tun oder zu teilen, auf das Folgendes zutrifft:
- Es verstößt gegen diese Nutzungsbedingungen, unsere Gemeinschaftsstandards oder sonstige Nutzungsbedingungen und Richtlinien, die für deine Nutzung von Facebook geltend.
- Es ist rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch.
- Es verletzt die Rechte einer anderen Person [...]
Wir können Inhalte, die gegen diese Bestimmungen verstoßen, entfernen oder blockieren [...]
Wir können deine Inhalte, Dienste oder Informationen auch entfernen oder den Zugriff darauf einschränken, wenn wir feststellen, dass dies angemessenerweise erforderlich ist, um negative rechtliche bzw. regulatorische Auswirkungen für Facebook zu vermeiden oder zu mindern.“
Die Nutzungsbedingungen nehmen weiter Bezug auf die „Gemeinschaftsstandards“, die u. a. ein Verbot von „Hassrede“ aufstellen, deren Definition auszugsweise wie folgt lautet (Anlage B 4, Bl. 74):
„Wir definieren Hassrede als direkten Angriff auf Personen ― und nicht auf Konzepte oder Institutionen ― aufgrund geschützter Eigenschaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, Behinderung, religiöse Zugehörigkeit, Kaste, sexuelle Orientierung, Geschlecht, Geschlechtsidentität und ernsthafte Erkrankung. Wir definieren Angriffe als gewalttätige oder menschenverachtende Sprache, schädliche Stereotypisierung, Aussagen über Minderwertigkeit, Ausdrücke der Verachtung, der Abscheu oder Ablehnung, Beschimpfungen oder Aufrufe, Personen auszugrenzen oder zu isolieren. [...]“
Die Beklagte behält sich u. a. vor, Beiträge, die gegen die Gemeinschaftsstandards verstoßen, von der Plattform zu entfernen und den Nutzer von der Interaktion auszuschließen, so dass er Inhalte oder Nachrichten nur noch sehen kann (sog. Read-Only-Modus). Dazu ist in Ziff. 3.2 der Nutzungsbedingungen (Anlage K 42) folgendes geregelt:
„Wir können Inhalte, die gegen diese Bestimmungen verstoßen, entfernen oder blockieren.
Wenn wir einen von dir geteilten Inhalt wegen eines Verstoßes gegen unsere Gemeinschaftsstandards entfernen, werden wir dich entsprechend informieren und dir erläutern, welche Möglichkeiten du hast, eine weitere Überprüfung zu beantragen, es sei denn, du hast erheblich oder wiederholt gegen diese Nutzungsbedingungen verstoßen oder die Benachrichtigung unsererseits könnte für uns oder andere zu einer gesetzlichen Haftung führen, unserer Gemeinschaft schaden, die Integrität oder den Betrieb unserer Dienste, Systeme oder Produkte beeinträchtigen oder stören, oder wir werden aufgrund technischer Einschränkungen daran gehindert oder es ist uns aus rechtlichen Gründen untersagt.
[...] Wir können deine Inhalte, Dienste oder Informationen auch entfernen oder den Zugriff darauf einschränken, wenn wir feststellen, dass dies angemessenerweise erforderlich ist, um negative rechtliche bzw. regulatorische Auswirkungen für Facebook zu vermeiden oder zu mindern.“
Unter Ziffer 4.2. „Aussetzung oder Kündigung von Konten“ (Anlage B 3), heißt es u.a.:
„Sollten wir feststellen, dass du offensichtlich, schwerwiegend oder wiederholt gegen unsere Nutzungsbedingungen oder Richtlinien, einschließlich insbesondere gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstoßen hast, können wir dein Konto vorübergehend sperren oder den Zugriff darauf dauerhaft deaktivieren. [...]
Sollten wir solche Maßnahmen ergreifen, informieren wir dich entsprechend und erklären dir, welche Möglichkeiten du hast, um eine Prüfung zu verlangen, es sei denn, die Benachrichtigung unsererseits könnte für uns oder andere zu einer gesetzlichen Haftung führen, unserer Gemeinschaft schaden, die Integrität oder den Betrieb irgendeines unserer Dienste, Systeme oder Produkte beeinträchtigen oder stören oder wir werden durch technische Beschränkungen daran gehindert oder es ist uns aus rechtlichen Gründen untersagt.“
Der Kläger postete im Jahr 2021 folgenden Kommentar zum Ergebnis der Kreistagswahl in der Grafschaft B.:
„Die deutschen sind sowas von krank. Deutschland hat fertig…“ (Bl. 156 d. A.).
Die Beklagte löschte den Beitrag und sperrte den Kläger ohne vorherige Anhörung am 13.09.2021 für 30 Tage. Sie hatte das Konto des Klägers seit 2021 bereits mehrfach unter Verweis auf Verstöße gegen ihre Gemeinschaftsstandards gesperrt.
Der Kläger forderte die Beklagte zur Aufhebung der Sperre auf und beauftragte am 15.09.2021 seinen späteren Prozessbevollmächtigten. Dieser wandte sich mit Schreiben vom 20.09.2021 an die Beklagte (Anlage K 13). Am 13.10.2021 lief die Sperre aus. Die Rechtsanwaltskanzlei berechnete die Kosten ihrer außergerichtlichen Tätigkeit nach einem Gegenstandswert von 13.000 € auf 538,95 €.
Die Beklagte korrigierte ihre Bewertung des klägerischen Beitrags und stellte ihn am 08.11.2021 - vor Anhängigkeit der Klage am 12.11.2021 - wieder her.
Der Kläger hat behauptet, es gebe Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte Sperren auf Weisungen der Bundesregierung verhänge. Ihm sei ein immaterieller und materieller Schaden von 50 €/Tag entstanden.
Der Kläger hat beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die bei ihr gespeicherten Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass alle Lösch- und Sperrvermerke aus dem Nutzerdatensatz gelöscht werden und der Zähler, der die den einzelnen Sperren zugrundeliegenden Verstöße erfasst, vollständig zurückgesetzt wird.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten kein Recht zustand, den unter Ziff. 3 genannten, am 13.09.2021 gelöschten Beitrag des Klägers auf der Plattform www.facebook.com zu entfernen und gegen den Kläger wegen dieses Beitrags eine Sperre in Form einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Plattform zu verhängen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des in Ziff. 3 genannten Textes auf www.facebook.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen.
Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, die Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Vorständen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger auf www.facebook.com zu sperren (insbesondere, ihr die Nutzung der Funktionen von www.facebook.com wie Posten von Beiträgen, Kommentieren fremder Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems vorzuenthalten), ohne vorab über die beabsichtigte Sperrung zu informieren und die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen.
Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, die Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Vorständen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob die Sperre gem. Ziff. 2 durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgte und in letzterem Fall, durch welches.
6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat, und ggf. welche.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.500,- € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2021 zu zahlen.
8. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 538,95 € durch Zahlung an die Kanzlei R. freizustellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, ein Verstoß gegen das Verbot der Hassrede habe zunächst nahegelegen. Zur vorübergehenden Deaktivierung von Beiträgen sei sie bereits dann berechtigt, wenn ein Verstoß gegen Nutzungsbedingungen ernsthaft in Betracht käme, auch wenn sich später herausstelle, dass der Inhalt keinen Regelverstoß darstelle. In diesem Fall sei ihr einschreitendes Handeln nicht pflichtwidrig, denn sie müsse aufgrund der vielfältig zu berücksichtigenden Interessen schnell reagieren können und benötige ein gewisses Ermessen bei der Beurteilung. Im Streitfall Fall sei das Vorliegen von Hassrede jedenfalls ernsthaft in Betracht gekommen, weil die Bezeichnung der Deutschen als „krank“ deren Missachtung und Herabsetzung nahe gelegt habe. Nachdem sie nach dem Widerspruch des Klägers zunächst irrtümlich an dieser Einschätzung festgehalten habe, zähle sie den Beitrag nach weiterer Überprüfung nicht mehr als Verstoß (Bl. 69, 76).
Das Landgericht hat die Beklagte zur Berichtigung von Daten durch Löschung des Sperrvermerks und Zurücksetzung des Verstoßzählers verurteilt, dem Anspruch auf Freihaltung von Rechtsanwaltskosten teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die Feststellung, dass der Beklagten kein Recht zur Löschung und Sperre zugestanden habe, sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Sollte die Sperrung noch Rechtsfolgen haben, sei der Kläger auf die Leistungsklage zu verweisen. Ein Rehabilitierungsinteresse bestehe nicht.
Der Kläger könne aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 S. 2, 249 BGB i. V. m. dem Nutzungsvertrag eine Berichtigung seiner Daten durch Löschung des Sperrvermerks und Zurücksetzen des Verstoßzählers verlangen. Entfernung des Beitrags und Kontosperrung stellten eine Pflichtverletzung dar. Die Beklagte könne sich dafür nicht auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen. Ziffer 3.2 der Nutzungsbedingen sei unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Es fehle an der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20 und 192/20) erforderlichen verfahrensrechtlichen Sicherung. Die Beklagte sei zwar berechtigt, von den Nutzern über strafrechtliche Vorgaben hinausgehende Kommunikationsstandards zu verlangen. Doch müsse sie den Nutzer grundsätzlich vor der beabsichtigten Sperrung informieren, damit er Gelegenheit zur Äußerung bzw. Erläuterung habe. Bei der Löschung sei der Nutzer zu informieren, die Entscheidung zu begründen und das Recht auf Gegenäußerung zu gewähren. An einer solchen Regelung in den Nutzungsbedingungen fehle es. Soweit die Beklagte meine, das Vorliegen von Hassrede habe zum Zeitpunkt der Sperrung nahegelegen, werde ihr vermutetes Verschulden (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) hierdurch nicht widerlegt.
Der geschuldete Schadensersatz durch Naturalrestitution beinhalte die Berichtigung der Daten um die unberechtigte Sperrung und Löschung und das Zurücksetzen des Verstoßzählers.
Mangels Wiederholungsgefahr habe der Kläger keinen Anspruch auf Unterlassung, ihn für das Einstellen des gleichen Beitrags erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen. Die Beklagte habe selbst erkannt, dass sie dies zu unterlassen habe und den Beitrag wiederhergestellt. Weiterhin habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Unterlassung, ihn auf Facebook zu sperren, ohne vorab über die beabsichtigte Sperrung zu informieren und die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen. Zwar setze eine Sperre in der Regel auch eine vorherige Anhörung des Nutzers voraus, allerdings nicht in allen Fällen, die von dem Antrag umfasst seien. So seien Äußerungen denkbar, die auch bei weitester Auslegung des Art. 5 GG nicht gerechtfertigt seien, etwa einen Straftatbestand verwirklichten.
Der Kläger könne keine Auskunft beanspruchen, ob die Sperre durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgte und ob die Beklagte Weisungen von der Bundesregierung oder nachgeordneten Stellen erhalten habe. Weder folge ein solcher Auskunftsanspruch aus dem Vertrag noch gebe es einen gesetzlichen Anspruch. Ob die Beklagte die Sperre aus eigenem Antrieb oder durch einen beauftragten Dienstleister vorgenommen habe, sei für Ansprüche des Klägers unerheblich. Dritte hafteten ihm wegen des relativen Charakters des Schuldverhältnisses weder auf Erfüllung noch auf Schadensersatz, sondern seien ggf. Erfüllungsgehilfen der Beklagten (§ 278 BGB). Was mögliche Weisungen der Bundesregierung betreffe, ließen sich die durch das NetzDG ausgelösten Handlungsaufforderungen für Netzwerkbetreiber dem Gesetz entnehmen. Im Übrigen habe sich die Beklagte bei der Sperre erkennbar auf ihre Gemeinschaftsstandards gestützt und liege eine Einwirkung von Regierungsseite fern.
Der Kläger könne keinen Schadensersatz von 1.500 € beanspruchen. Ein materieller Schaden liege nicht vor. Auch eine vertragswidrige Sperre des Kontos führe nicht zu einer Vermögensbeeinträchtigung. Einen Anspruch auf eine fiktive Lizenzgebühr habe der Kläger nicht dargelegt. Die fehlende Möglichkeit, sich über das soziale Netzwerk öffentlich zu äußern, stelle nur eine immaterielle Beeinträchtigung dar. Mangels schwerwiegenden Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht könne der Kläger auch keinen immateriellen Schadensersatz verlangen. Ein Anspruch folge auch nicht aus Art. 82 DSGVO.
Freizustellen habe die Beklagte den Kläger von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit seiner Bevollmächtigten nach einem Verfahrenswert von bis zu 3.000 €.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Parteien mit ihren wechselseitigen Berufungen.
Der Kläger verfolgt seine vom Landgericht abgewiesenen Anträge im Wesentlichen weiter. Er habe einen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Sperrung, da deren Aufhebung für die Vergangenheit nicht möglich sei. Es stelle eine rehabilitierungsbedürftige Herabsetzung dar, von der Facebook-Teilnahme ausgegrenzt zu werden. Seine gesellschaftliche Stellung sei fühlbar beeinträchtigt worden. Immerhin habe die Beklagte ihm öffentlich mindestens einmal moralisch verwerfliche bzw. dem Anstandsgefühl widersprechende, möglicherweise sogar strafbare Handlungen unterstellt.
Aus dem Nutzungsvertrag stehe ihm ein beitragsbezogener Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verhängung einer Sperre für das Einstellen der Texte sowie deren Entfernung zu. Die Wiederholungsgefahr entfalle durch die Wiederfreischaltung nicht, wenn die Beklagte wie hier noch mit ihrem Berufungsvortrag die Rechtmäßigkeit der Löschung vertrete. Im Übrigen sei es vorgekommen, dass Beiträge nach Wiederfreischaltung erneut entfernt wurden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte nochmals — bspw. durch einen anderen Sachbearbeiter — von einem Verstoß ausgehe.
Weiterhin könne er die Unterlassung von Sperren verlangen, soweit die Beklagte nicht vorab hierüber informiere und zunächst die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einräume. Dies gelte zum einen, wenn nur Verstöße gegen Gemeinschaftsstandards der Beklagten, aber nicht auch gegen gesetzliche Vorschriften in Rede stünden. Da die AGB der Beklagten bis dato kein Anhörungsverfahren entsprechend den Anforderungen des Bundesgerichtshofs regelten, müsse der Unterlassungsantrag nicht enger gefasst werden. Es sei Wiederholung zu befürchten, zumal die Beklagte durch einen Klageabweisungsantrag zu erkennen gebe, dass sie sich eine erneute Sperre ohne vorherige Anhörung vorbehalten wolle. Begründet sei der Unterlassungsantrag auch, soweit er Fälle vollständiger Kontodeaktivierungen umfasse, denn das Anhörungserfordernis gelte in diesem Fall erst recht.
Der begehrte Schadensersatz von 50 € für jeden Kalendertag der rechtswidrigen Sperre sei auch unter dem Gesichtspunkt eines Hemmungs- und Disziplinierungseffektes erforderlich, andernfalls die marktbeherrschende Beklagte straflos rechtswidrig handeln könne.
Die Beklagte verteidigt das Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Insbesondere stehe dem Kläger kein pauschaler Unterlassungsanspruch zu, weil dieser — mit dem Bestimmtheitsgebot unvereinbar — dazu führe, dass der Streit über die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden würde. Soweit der Kläger den übereinstimmend für erledigt erklärten Auskunftsanspruch in der Berufungsbegründung erstmals auch auf Art. 15 Abs. 1 lit. c) DSGVO gestützt habe, sei die Offenlegung der Identität der Diensteanbieter nicht zu verlangen, weil dies deren Sicherheit gefährden würde, für die Rechte des Klägers hingegen ohne Bedeutung sei.
Zur Begründung ihrer Berufung bringt die Beklagte vor, dem Kläger stehe der geltend gemachte Datenberichtigungsanspruch auch in Bezug auf den streitgegenständlichen Beitrag nicht zu. Zum einen sei sie zu einer zwischenzeitlichen Deaktivierung von Inhalten, bei denen ein Verstoß gegen Nutzungsbedingungen aus objektiver Perspektive ernsthaft in Betracht komme, berechtigt. Unabhängig davon habe das Landgericht ihren entscheidungserheblichen Vortrag übergangen, dass sie an der Beitragsentfernung nach erneuter Überprüfung nicht festgehalten, den Beitrag wiederhergestellt habe und den irrtümlich angenommenen Verstoß auch nicht mehr als solchen zähle. Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten könne der Kläger nicht beanspruchen, weil die vorübergehenden Maßnahmen rechtmäßig gewesen seien. Unabhängig davon komme eine Ersatzfähigkeit auch nur unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB) in Betracht.
Der Kläger verteidigt das Urteil, soweit das Landgericht den Anträgen stattgegeben hat. Neben einem vertraglichen Anspruch auf Datenberichtigung stehe ihm ein Anspruch auf Löschung der Daten des Lösch- und Sperrvorgangs auch aus der DSGVO zu. Es verstoße gegen Art. 5 Abs. 1 lit. b) DSGVO, wonach personenbezogene Daten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden müssten, weiter gegen Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO („Datenminimierung") und Art. 5 Abs. 1 lit. d) DSGVO („Richtigkeit") wenn ein rechtswidriger Lösch- und Sperrvorgang im Nutzerdatensatz gespeichert werde. Dies könne die Beklagte auch auf keine der Bedingungen für eine rechtmäßige Datenverarbeitung nach Art. 6 DSGVO stützen. Soweit Lösch- und Sperrvermerke nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht mehr als Verstoß gezählt werden, folgte der Anspruch auf Löschung und das damit verbundene Recht des Nutzers auf „Vergessenwerden“ im Übrigen aus Art. 17 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Die Datenverarbeitung sei auch nicht gem. Art. 17 Abs. 3 lit. e) DSGVO zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich.
Nachdem die Parteien den Berufungsantrag des Klägers auf Auskunft, ob die Sperre durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgte und in letzterem Fall, durch welches, übereinstimmend für erledigt haben, nachdem die Beklagte die Auskunft erteilt hat (Bl. 363 R, Bl. 366 d. A.), beantragt der Kläger zuletzt:
1. Das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 02.08.2022 [richtig: 28.07.2022], Az. 10 O 400/21, wird teilweise abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten kein Recht zustand, den am 13.09.2021 gelöschten Beitrag des Klägers auf der Plattform www.facebook.com
„Die Deutschen sind sowas von krank. Deutschland hat fertig“
zu entfernen und gegen den Kläger wegen dieses Beitrags eine Sperre in Form einer Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Plattform zu verhängen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des in Ziff. 2 genannten Textes auf www.facebook.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen.
Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, die Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Vorständen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger auf www.facebook.com zu sperren (insbesondere, ihm die Nutzung der Funktionen von www.facebook.com wie Posten von Beiträgen, Kommentieren fremder Beiträge und Nutzung des Nachrichtensystems vorzuenthalten), ohne vorab über die beabsichtigte Sperrung zu informieren und die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einzuräumen; hilfsweise, wenn die Sperrung auf behauptete Verstöße gegen Nutzungsbedingungen gestützt wird, beziehungsweise nachträglich über Maßnahmen zu informieren und die Gelegenheit zur Gegenäußerung und anschließenden Neubescheidung eingeräumt wird, wenn die Maßnahme auf eine behauptete Rechtswidrigkeit gestützt wird.
Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, die Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Vorständen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat, und ggf. welche.
7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.500 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2021 zu zahlen.
8. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 538,95 € durch Zahlung an die Kanzlei R. freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 28.07.2022 zurückzuweisen;
die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe vom 28.07.2022 (10 O 400/21) vollständig abzuweisen,
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Parteien haben zwischenzeitlich einen weiteren Rechtsstreit vor dem Landgericht geführt, nachdem die Beklagte das Facebook-Konto des Klägers in der Folge weiterer von ihr angenommener Verstöße dauerhaft deaktiviert hatte. Die Beklagte ist rechtskräftig verurteilt worden, das am 18.04.2022 deaktivierte Profil des Klägers vollständig wiederherzustellen (Urteil vom 3. August 2023, Anlage zum SS vom 07.09.2024).
II.
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Parteien haben teilweise Erfolg.
Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus Art. 17 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO; ABl. L 351 vom 20. Dezember 2012, S. 1). Danach kann der Kläger als Verbraucher, der die Plattform der Beklagten privat und nicht beruflich oder gewerblich nutzt, gegen die Beklagte, die ihre gewerbliche Tätigkeit auch auf Deutschland ausgerichtet hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes erheben.
Der geltend gemachte Anspruch ist ebenso wie die weiteren Ansprüche nach deutschem Recht zu beurteilen. Aufgrund der Rechtswahlklausel in Nr. 4.4 der Nutzungsbedingungen der Beklagten (Anlage K 42/B 3) unterliegt der zwischen den Parteien geschlossene Nutzungsvertrag nach Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) dem deutschen Recht. Dessen Anwendbarkeit ergäbe sich im Übrigen auch ohne Rechtswahl der Parteien aus Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom I-VO, weil ein Verbrauchervertrag vorliegt (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 26).
I. Berufung des Klägers
1. Der Kläger kann die Feststellung beanspruchen, dass der Beklagten kein Recht zustand, seinen Beitrag zu entfernen und gegen ihn wegen des Beitrags eine Sperre zu verhängen (Berufungsantrag zu 2.).
a) Der Antrag ist zulässig.
aa) Die begehrte Feststellung hat ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO zum Gegenstand. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage grundsätzlich die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Unter Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2000 - XII ZR 41/98, NJW 2000, 2663, 2664; Urteil vom 7. Juni 2001 – I ZR 21/99, juris Rn. 15).
Soweit das Landgericht - mit einigen Oberlandesgerichten (OLG Nürnberg, Urteil vom 13. Dezember 2022 - 3 U 4205/21, juris Rn. 40 f. 170 sowie die von der Beklagten genannten Entscheidung des OLG Rostock, Hinweisbeschluss vom 3. Juli 2024, 2 U 46/24, n.v.) - gemeint hat, die Feststellung sei unzulässigerweise nur auf ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses - die Rechtswidrigkeit eines bereits vergangenen Verhaltens zumal gerichtet - ist dieser Beurteilung nicht zu folgen. Zwar kann Gegenstand der Feststellungsklage grundsätzlich nur ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis sein und sind bloße Vorfragen und Elemente eines Rechtsverhältnisses ebenso wie abstrakte Rechtsfragen der Feststellungsklage nicht zugänglich (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - I ZR 21/99, NJW 2001, 3789 und Urteil vom 9. Mai 2019 - VII ZR 154/18, NZBau 2019, 572 Rn. 26). Für die Abgrenzung zwischen einem gegenwärtigen und einem nicht mehr feststellungsfähigen vergangenen Rechtsverhältnis kann allerdings nicht allein darauf abgestellt werden, ob das Rechtsverhältnis in der Vergangenheit liegt. Auch bezüglich eines bereits abgeschlossenen Rechtsverhältnisses kann dann ein rechtliches Interesse an der Feststellung bejaht werden, wenn dieses bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse als schutzwürdig anzusehen ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Mai 2022 - 14 U 270/20, juris Rn. 60). Dafür kommt es entscheidend darauf an, ob sich aus ihm noch Rechtsfolgen für die Gegenwart oder Zukunft ableiten lassen, was z. B. bei Vorliegen von Wiederholungsgefahr im Hinblick auf Unterlassungsansprüche, wie sie auch hier streitgegenständlich sind, der Fall ist, weiter etwa bei Vorliegen eines Rehabilitierungsinteresses angenommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 253/08, NJW 2010, 534 Rn. 9; Urteil vom 17. Juni 2016 – V ZR 272/15, NJW-RR 2016, 1404, Rn. 13).
Gleichermaßen ist auch die Abgrenzung zwischen einem Rechtsverhältnis und einem Element eines Rechtsverhältnisses nicht allein im Wege begrifflicher Subsumtion möglich, was sich darin zeigt, dass gegebenenfalls auch die Feststellung von Teilrechtsverhältnissen oder einzelner Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis zugelassen wird. So wird einerseits die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten rechtmäßig oder rechtswidrig ist, zwar nicht als Rechtsverhältnis angesehen, andererseits aber angenommen, dass einzelne Rechte und Pflichten, die sich aus einem Rechtsverhältnis ergeben, feststellungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2018 - V ZR 106/17, NJW 2018, 3441 Rn. 13; Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 159/11, NZM 2012, 640 Rn. 16; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. § 256 Rn. 24 ff., 27; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl. § 256 Rn. 4; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl. § 256 Rn. 27 a). Es bedarf daher auch hinsichtlich des Rechtsverhältnisses einer wertenden Beurteilung, ob der Klageantrag — nach Auslegung — ein anzuerkennendes Rechtsschutzinteresse erkennen lässt (vgl. MünchKommZPO/Becker-Eberhard, a.a.O. Rn. 27; Stein/Jonas/Roth, a.a.O. Rn. 27 b). Dabei ist der Feststellungsantrag unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht, auszulegen (BGH, Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 296/1, NJW-RR 2015, 915 Rn. 7 f.). Nach diesen Grundsätzen ist dem Antrag des Klägers zu entnehmen, dass es ihm hinsichtlich der Beitragsentfernung und Kontosperrung um die Klärung von Rechten und Pflichten aus dem Nutzungsvertrag mit der Beklagten, auch im Hinblick auf daraus folgende weitere Ansprüche, wie sie hier ebenfalls streitgegenständlich sind, geht.
bb) Ob hierfür ein Feststellungsinteresse anzuerkennen ist, hat das Landgericht sodann zwar geprüft und — was wiederum der Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte entspricht (OLG Karlsruhe, Urteil vom 24. Mai 2022 - 14 U 270/20, juris Rn. 59; OLG München, Urteil vom 18. Februar 2020, 18 U 3465/19, juris Rn. 58 f.) — verneint, wobei dem Landgericht jedenfalls darin beizupflichten ist, dass der Kläger sich nicht auf ein Rehabilitierungsbedürfnis berufen kann, denn worin die von ihm - abstrakt - behaupteten diskriminierenden Nachwirkungen oder Beeinträchtigungen seiner gesellschaftlichen Stellung bestehen sollten, ist nicht ersichtlich (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 50).
Ob das Feststellungsinteresse aus anderen Gründen zu bejahen ist, insbesondere daraus folgt, dass die Beklagte ungeachtet der Korrektur ihrer Maßnahmen daran festhält, berechtigt gehandelt zu haben, kann dahinstehen (vgl. zum Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Berühmung BeckOK-ZPO/Bacher, 54. Ed., § 256 Rn. 22), denn der Antrag ist unabhängig hiervon als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Mit der Zwischenfeststellungsklage wird es einem Kläger ermöglicht, neben einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage auch eine solche über nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nicht fähige streitige Rechtsverhältnisse herbeizuführen, auf die es für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt. Für die Zwischenfeststellungsklage ist das Feststellungsinteresse als besonderes Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich nicht erforderlich, an seine Stelle tritt das Merkmal der „Vorgreiflichkeit“ (vgl. Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 21. Aufl., § 256 Rn. 41).
Mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit von Beitragslöschung und Kontensperrung begehrt der Kläger eine Entscheidung über ein für weitere geltend gemachte Ansprüche vorgreifliches Rechtsverhältnis. Vorgreiflich ist das Rechtsverhältnis für den beitragsbezogenen und für den allgemeinen Unterlassungsanspruch bezüglich des Erfordernisses einer Wiederholungsgefahr, sowie für die Ansprüche auf Schadensersatz (Berufungsanträge 7 und 8) und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Ihr Bestehen setzt unter anderem die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen der Beklagten voraus. Insoweit ist das Rechtsverhältnis auch streitig, denn ungeachtet der erreichten Einigkeit der Parteien über die Zulässigkeit des Beitrags macht die Beklagte geltend, aufgrund einer vertretbaren vorläufigen Beurteilung zu den einschränkenden Maßnahmen berechtigt gewesen zu sein, so dass dem Kläger Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche bereits aus diesem Grund nicht zustünden (im Ergebnis ebenso für die Zulässigkeit einer Zwischenfeststellungsklage OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2020 - 9 U 125/19, juris Rn. 35; a. A. OLG Rostock, Urteil vom 29. September 2021 - 2 U 4/20, juris Rn. 29; OLG Nürnberg, Urteil vom 13. Dezember 2022 - 3 U 4205/21, juris Rn. 40, wonach auch eine Zwischenfeststellungsklage am fehlenden Rechtsverhältnis scheitere).
Allerdings ist auch für eine Zwischenfeststellungsklage kein Raum, wenn mit dem Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend geregelt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 247/05 BGHZ 169, 153 Rn. 12 f; Zöller/Greger, ZPO, 35. Aufl. § 256 Rn. 40). Danach ist auch für die Zwischenfeststellungsklage im Sinne eines Rechtsschutzbedürfnisses zu fordern, dass die angestrebte Zwischenfeststellung für die Rechtsbeziehungen der Parteien über die Hauptanträge, für die das Rechtsverhältnis inzidenter zu klären ist, hinaus Bedeutung hat oder gewinnen kann (BeckOK-ZPO/Bacher, 54. Ed., § 256 Rn. 45). Jedoch kommt es hierauf dann nicht an, wenn mit der Hauptklage mehrere selbstständige Ansprüche aus dem Rechtsverhältnis verfolgt werden, mögen sie auch in ihrer Gesamtheit die Ansprüche erschöpfen, die sich aus ihm überhaupt ergeben können (vgl. RG, RGZ 144, 54, 59 ff.; RGZ 170, 328, 330; BGH, Urteil vom 7. März 2013 - VII ZR 223/11, NJW 2013, 1744, Rn. 19). Dies folgt daraus, dass in diesem Fall ein Teilurteil ergehen kann und deshalb die Entscheidungen über das zu Grunde liegende Rechtsverhältnis für nachfolgende Teilurteile und das Schlussurteil von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 7. März 2013, a.a.O.; MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. § 256 Rn. 86).
Diese Voraussetzung liegt hier vor. Mit dem beitragsbezogenen Unterlassungsanspruch, dem Schadensersatzanspruch — bei diesem stellen auch der Anspruch auf immateriellen Schadensersatz und ein geltend gemachter materieller Schaden verschiedene Streitgegenstände dar — und dem Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, der, soweit er die Kosten für die nicht mehr streitgegenständliche Abwehr der Löschung und Sperrung durch das Verlangen von Wiederfreischaltung von Beitrag und Nutzerkonto zum Gegenstand hat, keine Nebenforderung darstellt, verfolgt der Kläger mehrere selbständige Ansprüche, die allesamt voraussetzen, dass die Maßnahmen der Beklagten rechtswidrig waren.
Diese Zwischenfeststellungsklage kann über den Wortlaut der Vorschrift hinaus zugleich mit der Hauptklage (MünchKommZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. § 256 Rn. 88) und auch in solchen Fällen erhoben werden, in denen bereits vor dem Prozess Streit über das Rechtsverhältnis bestanden hat (OLG Schleswig, Urteil vom 26. Februar 2020 - 9 U 125/19, juris Rn. 35).
b) Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die von der Beklagten ergriffenen Maßnahmen — die Entfernung des Beitrags und Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit des Klägers — verletzten die aus dem Nutzungsvertrag folgenden Pflichten der Beklagten als Plattformbetreiberin gegenüber dem Kläger als Nutzer. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob die von der Beklagten herangezogenen Nutzungsbedingungen hinsichtlich des Verbots von Hassrede und der daran anknüpfenden Sanktionen wirksam sind (vgl. hierzu die Entscheidungen des BGH vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20 und III ZR 192/20) oder im Fall ihrer Unwirksamkeit ggfls. Eingriffsbefugnisse aus ergänzender Vertragsauslegung begründet werden können. In jedem Fall durften die streitgegenständlichen Maßnahmen nicht gegen den streitgegenständlichen Beitrag ergriffen werden, der nicht gegen die Nutzungsbedingungen verstößt, sondern eine geschützte Meinungsäußerung darstellt. Zwischen den Parteien ist nicht mehr streitig, dass der Beitrag des Klägers tatsächlich nicht gegen Nutzungsbedingungen verstößt. Er ist nicht als Hassrede im Sinne der Gemeinschaftsstandards der Beklagten zu qualifizieren. Er stellt eine scharf formulierte politische Kritik an Wahlergebnissen dar, wobei die Bezeichnung der Deutschen als „sowas von krank“ in dem Zusammenhang nicht wörtlich, im Sinne der Behauptung einer psychischen Erkrankung, noch als personale Herabwürdigung aller Deutschen verstanden werden muss.
Nicht anerkannt werden kann das von der Beklagten reklamierte Recht zu Löschung und Sperre bereits im Fall der subjektiven Annahme eines Verstoßes, die sich jedoch später als falsch herausstellt. Die an die sog. Anscheinsgefahr im Ordnungsrecht - eine ex ante vertretbar getroffene Gefahrenprognose, die sich im Nachhinein im Lichte besseren Wissens oder weiterer Sachverhaltsaufklärung als nicht mehr haltbar erweist - erinnernde Konstruktion ist im vorliegenden Zusammenhang nicht begründbar. Ein Verstoß gegen Nutzungsbedingungen ist nach der Subsumtion unter die Definition von Hassrede festzustellen oder nicht; für Maßnahmen wegen eines Anscheins eines Verstoßes ist ebenso wenig Raum wie umgekehrt die falsche Annahme einer noch geschützten Äußerung den Nutzer vor der Löschung seines unzulässigen Beitrags bewahren könnte. Entscheidend ist immer die objektive Zu- oder Unzulässigkeit eines Beitrags (a. A. LG Frankenthal, Urteil vom 8. September 2020 - 6 O 23/20, juris Rn. 73, wonach der Beklagten im Fall „in Betracht kommender Hassrede [...] im Rahmen der ersten Beurteilung ein gewisse[r] Ermessensspielraum einzuräumen [sei] ohne dass dies im Falle einer fehlerhaften Ersteinschätzung sogleich weitere Rechtsfolgen nach sich ziehe“). Ob die Nutzungsbedingungen neben objektiven Verstößen gegen Gemeinschaftsstandards überhaupt wirksam Entfernungsvorbehalte bei „Anscheinsverstößen“ vorsehen könnten, ohne dass der Beklagten damit ein mit der Meinungsfreiheit nicht zu vereinbarendes Belieben freigestellt wäre, kann dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 192/20, juris Rn. 94, wonach Entfernungsvorbehalte in den Nutzungsbedingungen gewährleisten müssen, dass die darauf gestützten Entscheidungen nachvollziehbar sind, nicht an bloß subjektive Einschätzungen oder Befürchtungen, sondern an objektive, überprüfbare Tatbestände anknüpfen.)
2. Der vom Kläger mit seinem Berufungsantrag zu 3. weiterverfolgte beitragsbezogene Unterlassungsanspruch steht ihm mangels einer Wiederholungsgefahr nicht zu.
Allerdings hat die Beklagte mit der Entfernung des streitgegenständlichen Beitrags des Klägers und seiner deswegen verhängten Nutzungsbeschränkung bereits gegen ihre Vertragspflichten verstoßen. Bei der Verletzung von Vertragspflichten kann ein Unterlassungsanspruch bestehen. Ein solcher vertraglicher Unterlassungsanspruch setzt - ebenso wie ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB - allerdings eine Erstbegehungs- beziehungsweise Wiederholungsgefahr voraus. Was letztere betrifft, kann aus der bereits begangenen Pflichtverletzung eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr folgen (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, Rn. 101 - 103).
Das Landgericht hat eine solche Vermutung hier jedoch aus überzeugenden Gründen nicht angenommen, weil die Beklagte den Beitrag vorprozessual wiederhergestellt und seine Zulässigkeit im Rechtsstreit ausdrücklich eingeräumt hat. Es fehlt an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte hiervon künftig wieder abrücken und nicht nur künftige Beiträge des Klägers, die sich für sie als Verstoß darstellen könnten, sondern gerade den konkret streitgegenständlichen Beitrag nochmals löschen könnte. Hierin liegt eine nur theoretische Möglichkeit.
Soweit dagegen in der obergerichtlichen Rechtsprechung unter Berufung auf die zu quasinegatorischen Ansprüchen analog § 1004 BGB anerkannten Grundsätze angenommen wird, dass schon die erfolgte Pflichtverletzung die tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr begründe, und diese Vermutung regelmäßig nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung entkräftet werden könne (OLG Celle, Urteil vom 22. Dezember 2022 - 5 U 67/22, GRUR-RS 2022, 56839 Rn. 17 ff; OLG München, Urteil vom 12. April 2022 - 18 U 6473/20 Pre Rn. 39; OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. April 2022 - 14 U 136/21, juris Rn. 40) überzeugt dies für solche Fallgestaltungen, in denen der Verstoß nicht mehr andauert, weil die Beklagte ihre Bewertung eines Beitrags korrigiert hat, nicht. Die vom OLG Celle vertretene Auffassung, wonach auch das Eingeständnis eines Pflichtverstoßes durch die Beklagte die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht entfallen lässt, kann nach Ansicht des Senats nicht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Juli 2020, III ZR 179/20 gestützt werden. Dort ist ein Unterlassungsanspruch in der „besonderen Konstellation, in der die Beklagte bereits einmal ihre Pflichten aus dem - fortbestehenden - Vertragsverhältnis verletzt hat und die Vertragsverletzung - in Gestalt der Entfernung des Beitrags der Kl. - teilweise noch andauert“ (BGH, Urteil vom 29. Juli 2020, III ZR 179/20, BGHZ 230, 347 Rn. 102) angenommen worden. Im hier zu beurteilenden Streitfall hat die Beklagte den betreffenden Beitrag dagegen wieder freigeschaltet und geht nicht mehr von einem Verstoß aus.
Dafür, dass sich die Pflichtverletzung unter diesen Umständen nicht nur im Umgang mit anderen oder künftigen Beiträgen wiederholen, sondern abermals den konkreten Beitrag zum Gegenstand haben könnte, spricht keine tatsächliche Vermutung. Tatsächliche Vermutungen, die im Gegensatz zu gesetzlichen Vermutungen (§ 292 ZPO) mangels normativer Verankerung nicht die gesetzliche Beweislastverteilung verändern können, sind in der Beweiswürdigung nur insoweit berechtigt, als sie als Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung die richterliche Überzeugungsbildung tatsächlich leiten können (vgl. MünchKommZPO/Prütting, 6. Aufl. § 292 Rn. 29 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Dass die Beklagte den konkreten Beitrag zumal in Anbetracht des hierüber geführten Rechtsstreits ein weiteres Mal sanktionieren könnte, erscheint - auch wenn der Kläger andere Fälle erinnert, in denen so etwas schon vorgekommen sei - lediglich nicht gänzlich auszuschließen, aber es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach dies naheliegend und wahrscheinlich wäre.
Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte nach wie vor geltend macht, seinerzeit in Anbetracht des Anscheins eines Verstoßes berechtigt vorläufige Maßnahmen ergriffen zu haben (so aber für die Begründung der Wiederholungsgefahr herangezogen von OLG München, 18 U 6473/20 Pre, juris Rn. 42). Zwar mag dies erwarten lassen, dass die Beklagte in anderen Fällen gleichermaßen verfahren und dabei wiederum Sanktionen auch an Beiträge knüpfen wird, die tatsächlich nicht gegen Gemeinschaftsstandards verstoßen, was bei gründlicher Prüfung unter Einbindung auch der Aufklärungsmöglichkeiten einer Nutzeranhörung oft vermeidbar sein dürfte. Dies begründet entgegen der Auffassung des Klägers jedoch nicht die Befürchtung, dass die Beklagte seinen konkreten Beitrag erneut aufgreifen und ihn in Abkehr von den hierzu erreichten Erkenntnissen abermals als Verstoß gegen Gemeinschaftsstandards behandeln könnte. Bereits eine im Zuge eines hierüber geführten Rechtsstreits erreichte Klärung der Zulässigkeit des konkreten Beitrags lässt eine erneute vorläufige Annahme eines Anscheinsverstoßes hinsichtlich des konkreten Beitrags sinnwidrig erscheinen. Das von der Beklagten in Anspruch genommene Recht auf Maßnahmen bei Anscheinsverstößen zielt darauf, die Annahme einer Pflichtverletzung und daran anknüpfende Rechtsfolgen — etwa eine Ersatzpflicht hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten der Nutzer — auszuschließen. Dass die Beklagte hingegen nach der Klärung der Zulässigkeit eines bestimmten Beitrags für sich das Recht reklamieren wollte, ihre Bewertung wieder zu ändern und einen Beitrag aufs Neue als Verstoß werten zu dürfen, ist fernliegend.
Soweit der Kläger seinen Unterlassungsanspruch — was nach dem Wortlaut des Antrags nicht ausgeschlossen wäre — allerdings gar nicht auf den konkreten Beitrag in seinem Äußerungskontext — einen Kommentar zu Kommunalwahlergebnissen — bezogen, sondern davon losgelöst die Zulässigkeit der Sätze „die Deutschen sind sowas von krank, Deutschland hat fertig“ geklärt wissen wollte, könnte er dies nicht beanspruchen. Aus dem Kontext ihrer Verwendung losgelöst können diese Worte, die im Unterschied zu einem aus sich heraus verständlichen Text nicht in sinnvoller Weise allein stehen können, nicht unter die Gemeinschaftsstandards subsumiert werden. Ihre Bedeutung hängt zuallererst davon ab, worauf sie bezogen werden. Dass sie in gar keinem denkbaren Kontext gegen Gemeinschaftsstandards verstoßen können, kann nicht festgestellt werden.
3. Mit einer Einschränkung dringt der Kläger allerdings mit dem Berufungsantrag zu 4. durch. Er hat einen Anspruch auf Unterlassung künftiger Sperren durch die Beklagte, die erfolgen, ohne dass die Beklagte ihn vorab über die beabsichtigte Sperre informiert und die Möglichkeit zur Gegenäußerung mit anschließender Neubescheidung einräumt, dies allerdings nur, soweit es sich nicht um Ausnahmefälle handelt, hinsichtlich derer sie zuvor in den AGB die Sperre ohne Vorabverfahren geregelt hat.
a) Dieser Antrag ist auch ohne die in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2024 erklärte hilfsweise Ergänzung (Bl. 415 d. A.) zulässig.
Allerdings werden entsprechende Unterlassungsanträge von Teilen der obergerichtlichen Rechtsprechung als unzulässig beurteilt. Zum einen werden sie für zu unbestimmt gehalten, weil sie faktisch bloß die Rechtslage nach den Urteilen des BGH vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20 und III ZR 192/20 zu den Voraussetzungen für die Vornahme einer Sperre wiederholten (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 59). Zudem seien Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt, so dass sich die Beklagte nicht erschöpfend verteidigen könne und letztlich die Entscheidung darüber, was ihr verboten sei, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibe. Es gebe nicht nur den Fall der Konto-Sperre, die nur nach Anhörung und Möglichkeit der Gegenäußerung zulässig wäre, denn von einer Anhörung vor der Maßnahme könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in eng begrenzten, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen näher zu bestimmenden Ausnahmefällen abgesehen werden. Auch in Wiederholungsfällen sei eine nochmalige Anhörung vor einer Sperre entbehrlich (OLG Frankfurt, a.a.O. Rn. 60). Gegen die Zulässigkeit des Unterlassungsantrags spreche auch, dass dieser in der Sache auf ein zukünftiges positives Tun, einen Leistungsanspruch auf Information und Neubescheidung vor einer möglichen Sperre gerichtet sei. Ein solcher Antrag sei nach § 259 ZPO nur zulässig, wenn ein Anspruch bereits entstanden sei, was vor der Vornahme der Einstellung eines Beitrags, der zu einer Sperre Anlass geben könnte, nicht der Fall (OLG Frankfurt, a.a.O. Rn. 61). Nach der Auffassung des Kammergerichts sind die bei Löschungen und Sperrungen bestehenden Informationspflichten der Beklagten nicht selbständig einklagbar, da sie keinen eigenen Leistungszweck verfolgten. Gegen rechtswidrige Maßnahmen müsse der Nutzer jeweils im Klageweg vorgehen (KG Berlin, Urteil vom 14. März 2022 - 10 U 1075/20, juris Rn. 70).
Diese Bedenken erachtet der Senat nicht für durchgreifend. So ist der Antrag eindeutig auf alle Sperrungen von Nutzer-Funktionen, die ohne das näher bezeichnete Vorabverfahren vorgenommen werden, bezogen und damit hinreichend bestimmt. Die Verwendung von Begriffen, die einer Konkretisierung im Vollstreckungsverfahren bedürfen, ist bei Unterlassungstiteln nicht immer vermeidbar (vgl. Stein/Jonas/Bartels, ZPO, 23. Aufl. § 890 Rn. 10 m. w. N.). Der wesentliche Inhalt der Unterlassungspflicht - keine Sperre ohne vorherige Anhörung - ist nach dem Antrag Gegenstand des Erkenntnisverfahrens; ob eine Zuwiderhandlung vorliegt, kann naturgemäß erst im Verfahren nach § 890 f. ZPO entschieden werden. Soweit die begehrte Unterlassung Fälle erfasst, in denen Ausnahmen von der Anhörungspflicht anzuerkennen sind, betrifft dies eine materiell-rechtliche Frage der Begründetheit des Antrags. Anerkannt ist zudem, dass Unterlassungspflichten auch aktives Verhalten, etwa die Verhinderung einer zu unterlassenden Störung, verlangen können (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2003 - V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235, 1236). Selbst wenn sich die Zulässigkeit des Unterlassungsantrags nach § 259 ZPO beurteilte, läge die danach vorausgesetzte Besorgnis nicht rechtzeitiger Leistung in Anbetracht der bereits erfolgten Sperre des Klägers ohne vorherige Anhörung, dem von der Beklagten im Rechtsstreit hierzu vertretenen Standpunkt und der ausstehenden Regelung des nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlichen Verfahrens mit Anhörung und ggfls. definierten Ausnahmen vor (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl. § 259 Rn. 8). Der Unterlassungsantrag ist schließlich auch nicht auf die Erteilung einer Information gerichtet, die nicht selbständig einklagbar wäre. Der Kläger begehrt die Unterlassung weiterer Sperren ohne vorherige Angabe eines Grundes und Möglichkeit der Stellungnahme, mithin das Unterlassen einer rechtswidrigen Sperre; einen isolierten Anspruch auf Erteilung einer Information macht er nicht geltend (ebenso OLG München, Urteil vom 20. September 2022 - 18 U 6314/20 Pre, juris Rn. 40).
Zuletzt sprechen auch prozessökonomische Gründe für die Zulassung des Antrags, da der Kläger andernfalls gezwungen wäre, angesichts künftiger Sperren bei unveränderten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten jeweils erneut gegen einzelne Sperrungen im Klagewege vorzugehen (OLG München, Urteil vom 20. September 2022, ebenda Rn. 41).
b) Der Antrag ist mit der eingangs genannten Einschränkung auch begründet. Die Beklagte hat durch die Sperrung des klägerischen Nutzerkontos gegen ihre Pflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsvertrag verstoßen. Unabhängig davon, dass der zur Sperrung führende Beitrag des Klägers die Gemeinschaftsstandards der Beklagten schon nicht verletzte, war die Beklagte nach den Nutzungsbedingungen auch deshalb nicht zur Sperrung des Nutzerkontos des Klägers berechtigt, weil der in Nr. 4.2. vorgesehene Vorbehalt für die Sperrung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist. Denn ein verbindliches Verfahren zur Anhörung des betroffenen Nutzers ist nicht geregelt (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, Rn. 83 ff., 87 ff.).
Die erforderliche Abwägung der einander gegenüberstehenden Grundrechte und Interessen der Parteien sowie der einzubeziehenden Drittinteressen ergibt, dass die Beklagte als Anbieterin eines sozialen Netzwerks zwar grundsätzlich berechtigt ist, den Nutzern ihres Netzwerks in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Einhaltung objektiver, überprüfbarer Kommunikationsstandards vorzugeben, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. In diesem Rahmen darf sie sich das Recht vorbehalten, bei Verstoß gegen die Kommunikationsstandards Maßnahmen zu ergreifen, die eine Entfernung einzelner Beiträge und die Sperrung des Netzwerkzugangs einschließen (vgl. BGH a.a.O., Leitsatz 2 und Rn. 78). Für einen interessengerechten Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen und damit die Wahrung der Angemessenheit im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jedoch erforderlich, dass sich die Beklagte in ihren Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet, den betreffenden Nutzer über die Entfernung seines Beitrags zumindest unverzüglich nachträglich und über eine beabsichtigte Sperrung seines Nutzerkontos grundsätzlich vorab zu informieren, ihm den Grund dafür mitzuteilen und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einzuräumen, an die sich eine Neubescheidung anschließt (BGH a.a.O., Leitsatz 3 und Rn. 85, 87 f.).
Dabei ist die Anhörung des Nutzers, soweit die Beklagte eine Sperrung des Nutzerkontos beabsichtigt, vor Durchführung dieser Maßnahme geboten, von eng begrenzten, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen näher zu bestimmenden Ausnahmefällen abgesehen. Die Kontosperrung ist im Verhältnis zur Entfernung eines einzelnen Beitrags die deutlich schwerwiegendere Maßnahme, da der betroffene Nutzer während des gesamten Zeitraums der Sperrung sein Profil nicht aktiv nutzen und dementsprechend auf der Kommunikationsplattform der Beklagten nicht nur eine bestimmte Meinungsäußerung, sondern jegliche Meinungsäußerung nicht tätigen kann. Die Kontosperrung dient zudem nicht unmittelbar der Beseitigung eines aktuellen Verstoßes des Nutzers gegen die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards der Beklagten, sondern der Sanktionierung eines Verstoßes und der Prävention im Hinblick auf künftige Verstöße. Ein Interesse der Beklagten, diese Maßnahme möglichst zügig und noch vor Anhörung des Nutzers durchführen zu können, ist nicht erkennbar (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, Rn. 87). Den genannten verfahrensrechtlichen Anforderungen genügen die im Streitfall maßgeblichen Nutzungsbedingungen der Beklagten nicht.
Bei der Verletzung von Vertragspflichten kann sich nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aus § 280 Abs. 1 BGB ein Unterlassungsanspruch ergeben. Ein vertraglicher Unterlassungsanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB setzt — ebenso wie ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 i. V. m.§ 823 Abs. 1 BGB — eine Erstbegehungs- beziehungsweise Wiederholungsgefahr voraus (BGH a.a.O., Rn. 102 f m.w.N.). Aus der bereits begangenen Pflichtverletzung der Beklagten, die den Kläger ohne vorherige Anhörung gesperrt hat, der hierzu im Rechtsstreit vertretenen Rechtsauffassung der Beklagten sowie aus dem Umstand, dass die Regelung eines entsprechenden Anhörungsverfahrens in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach wie vor nicht ersichtlich ist, folgt die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr (ebenso OLG München, Urteil vom 20. September 2022 - 18 U 6314/20 Pre, juris Rn. 48; a.A. OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. Mai 2022 - 14 U 136/21, juris Rn. 46, wonach ein tatsächlich vorgekommener Verstoß nicht genüge, um auch für den allgemein formulierten Unterlassungsanspruch die Wiederholungsgefahr zu begründen).
Da das Anhörungsverfahren nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar regelmäßig, aber — wie das Landgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat — nicht ausnahmslos vor der Kontosperrung durchzuführen ist, müssen allerdings die somit möglichen Ausnahmefälle, die allerdings einer näheren Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bedürfen, berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – III ZR 179/20, Rn. 87). In dem Fall, dass eine entsprechende Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam getroffen worden ist und ein danach anzuerkennender Ausnahmefall vorliegt, kann der Kläger das Unterlassen einer Sperre ohne vorherige Anhörung nicht verlangen. Entgegen der insoweit von einigen Oberlandesgerichten vertretenen Auffassung (OLG München, Urteil vom 12. April 2022 - 18 U 6473/20 Pre, GRUR-RS 2022, 11666 Rn. 52; KG, Beschluss vom 20. Februar 2023 - 10 W 85/22, MMR 2023, 509 Rn. 29) bestehen indes keine Bedenken, dem Unterlassungsantrag deshalb nur mit einer entsprechenden Einschränkung stattzugeben (ähnlich OLG München, Urteil vom 20. September 2022 - 18 U 6314/20 Pre, juris Rn. 46, allerdings mit einer weitergehenden Einschränkung).
Es ist allein Aufgabe der Beklagten, die eng begrenzten Ausnahmefälle zu regeln, in denen eine Sperrung ohne vorherige Anhörung möglich sein soll. In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle hat der Nutzer einen Anspruch darauf, dass sein Konto nicht ohne vorherige Anhörung gesperrt wird. Das kann nicht dadurch in sein Gegenteil verkehrt werden, dass die Beklagte ihrer Aufgabe nicht nachkommt, die eng begrenzten Ausnahmefälle zu definieren. So lange sie das nicht tut, besteht der Unterlassungsanspruch unbegrenzt. Es ist weder Aufgabe des Nutzers noch Aufgabe des Gerichts, Ausnahmefälle zu erdenken, in denen eine Kontosperrung ohne vorherige Anhörung zulässig sein könnte.
Soweit die Beklagte in dem Zusammenhang auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung von Nutzerverträgen verweist (§ 314 BGB), bleibt dieses von dem Unterlassungsanspruch unberührt.
4. Der Kläger kann von der Beklagten keine Auskunft verlangen, ob sie Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneter Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat (Berufungsantrag zu 6.). Ein solcher Auskunftsanspruch besteht weder aus dem Vertrag noch ist er aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) begründbar. Danach kommen Auskunftsansprüche in Betracht, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte schuldlos über Bestehen oder Umfang eines Rechts im Unwissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. An dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt es, wenn der Kläger mit seinem Auskunftsverlangen unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - III ZR 329/14, Rn. 10). Der nach Art einer Popularklage auf die gesamte Gruppe der Plattformnutzer bezogene Auskunftsanspruch lässt kein individuelles Rechtsschutzbedürfnis des Klägers erkennen.
5. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Beitragsentfernung und Sperre steht dem Kläger nicht zu (Berufungsantrag zu 7.).
a) Der Antrag genügt jedenfalls dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, nachdem der Kläger klargestellt hat, den Anspruch in erster Linie auf den geltend gemachten immateriellen Schaden — der einen vom materiellen Schadensersatz verschiedenen Streitgegenstand bildet — zu stützen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2024, Bl. 415 d. A.). Ob diese Reihenfolge bereits zuvor im Wege der Auslegung des klägerischen Vorbringens zum Schaden angenommen werden konnte (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 64) kann dahinstehen.
b) Materiell-rechtlich ist der Antrag nicht begründet. Der Senat schließt sich der eingehenden und überzeugenden Begründung des OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 130 - 161 an, wonach der Zahlungsanspruch unter den gegebenen Umständen trotz pflichtwidriger Beitragsentfernung und Sperre des Nutzerkontos unter keinem rechtlichen Aspekt besteht und macht sich die diesbezüglichen Ausführungen des OLG Frankfurt zu eigen:
aa) Der Kläger kann keine Geldentschädigung wegen einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) verlangen. Ein Anspruch auf eine immaterielle Geldentschädigung besteht nicht bei jeder schuldhaften Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Erforderlich ist vielmehr ein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, deren Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung und Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessenschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 22. Februar 2022 - VI ZR 1175/20 Rn. 44). Eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt im Streitfall nicht vor. Auch wenn die Beklagte durch die unberechtigte Löschung des Beitrages des Klägers und die hiermit einhergehende vorübergehende Sperrung seines Nutzerkontos nicht nur eine Vertragsverletzung begangen, sondern auch der mittelbaren Drittwirkung der Meinungsfreiheit des Klägers nicht Rechnung getragen hat, verletzt die pflichtwidrige Einschränkung von Kommunikationsmöglichkeiten, die dem Kläger nur aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Nutzungsvertrags zur Verfügung stehen, ihn nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die zeitweilige Sperrung des Profils des Klägers war nicht mit einer umfassenden Einschränkung seiner personalen Entfaltung im vorgenannten Sinne verbunden. Während der Zeit der befristeten Funktionseinschränkung war die Nutzung seines Facebook-Kontos nicht völlig aufgehoben, er konnte weiterhin Nachrichten empfangen, auf seine persönlichen Inhalte zugreifen und fremde Inhalte zur Kenntnis nehmen. Er war lediglich darin gehindert, Beiträge zu veröffentlichen, nicht aber, seine Meinung außerhalb der Plattform kundzutun. Da die Sperrung nicht öffentlich mitgeteilt wurde und zudem nicht von einer staatlichen Stelle, sondern lediglich von einem Rechtssubjekt des Privatrechts ausgesprochen wurde, ist auch nicht ernsthaft eine Prangerwirkung zu erkennen (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 130 ff.).
bb) Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen für einen immateriellen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO vor. Nach Art. 82 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen. Es kann dahinstehen, ob die unberechtigten Maßnahmen auch gegen Vorschriften der DSGVO verstoßen haben. Jedenfalls ist dem Kläger kein immaterieller Schaden i.S. des Art. 82 DSGVO entstanden. Art. 82 DSGVO begründet keinen Schadensersatzanspruch bei jedwedem Verstoß (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 140 m.N.).
Der Schadensbegriff nach der DSGVO ist zwar autonom und weit auszulegen; ein Schaden kann nicht nur materiell, sondern auch immateriell sein; eine Erheblichkeitsschwelle gibt es nicht. Es muss aber vom Anspruchsberechtigten nachgewiesen werden, dass der Verstoß gegen die DSGVO negative Folgen gehabt hat, welche einen jedenfalls immateriellen Schaden nach sich gezogen haben (EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2023, C-456/22, NZA 2024, 231 Rn. 21 und Urteil vom 4. Mai 2023, C-300/21, NJW 2023, 1930 Rn. 50). Die DSGVO nennt in Erwägungsgrund 75 als Beispiele für eine möglicherweise einen (immateriellen) Schaden und damit die Schadensersatzpflicht auslösende Verarbeitung den Identitätsdiebstahl, die Rufschädigung, den Verlust der Vertraulichkeit oder anderen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Schaden. Solche Beeinträchtigungen sind nicht dargelegt.
cc) Auch materielle Schadensersatzansprüche scheiden aus. Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Befreiung von einer Leistungspflicht aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB besteht nicht. Zwar bildet die Ermöglichung der Nutzung der Facebook-Dienste eine Hauptleistungspflicht der Beklagten, welche dem Kläger für den Zeitraum der Sperrung — mit Ausnahme des weiterhin bereitgestellten Read-Only-Modus — vorenthalten worden war. Diese Leistung war mit Ablauf der Sperrfrist infolge Zeitablaufs objektiv unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB), so dass der Erfüllungsanspruch ab diesem Zeitpunkt ausgeschlossen war. Damit stand ihm für die Dauer der unberechtigten Sperre grundsätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu, ohne dass es einer Fristsetzung bedurfte. Allerdings fehlt es an einem beim Kläger eingetretenen Vermögensschaden, der bei vertraglichen Ansprüchen mangels ausdrücklicher Anordnung allein ersatzfähig ist (§ 253 Abs. 1 BGB). Ihm konkret entstandene Schadenspositionen wie etwa Aufwendungen zur anderweitigen Beschaffung der von der Beklagten geschuldeten Leistung oder entgangenen Gewinn hat der Kläger nicht dargetan. Allein der zeitweise Verlust der Nutzungsmöglichkeit hinsichtlich der Facebook-Dienste stellt sich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dar, sondern als individuelle Genussschmälerung. Dasselbe gilt für die Löschung seines Beitrags. Bei der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstands als wirtschaftlicher Schaden gewertet werden kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Das verlangt die in § 253 BGB getroffene gesetzgeberische Entscheidung, wonach immaterieller Schaden nur ausnahmsweise, nämlich in den gesetzlich geregelten Fällen zu ersetzen ist (BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, Rn. 9). Zwar ist die Nutzbarkeit des Internets als ein Wirtschaftsgut anzusehen, dessen ständige Verfügbarkeit nach der Verkehrsanschauung für die Lebensgestaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt; die Möglichkeit zum weltweiten Austausch zwischen seinen Nutzern etwa über soziale Netzwerke stellt aber lediglich einen einzelnen Teilbereich dar, den der Bundesgerichtshof für die Gesamtbedeutung eines Internetzugangs aufgeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - III ZR 98/12, Rn. 17). Allein die Nutzbarkeit der über den Read-Only-Modus hinausgehenden, von der Beklagten vertragsgemäß zur Verfügung zu stellenden Leistungen, die sozialen Netzwerken immanente Möglichkeit des Kommentierens, Postens, Teilens und des Nachrichtenaustauschs, ist nach dem gebotenen strengen Maßstab kein Wirtschaftsgut in dem vorstehend dargelegten Sinne (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 147).
dd) Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Herausgabe des Werts der erlangten Gegenleistung nach §§ 346 Abs. 2 Nr. 1, 326 Abs. 1 und 4 BGB in Höhe von 1.500 € zu. Zwar hat die Beklagte während der Sperrung des Nutzerkontos des Klägers die von ihr vertraglich geschuldete Leistung teilweise nicht erbracht, auch wenn der Kläger weiterhin in der Lage war, Beiträge zu lesen; denn zum Kern des Angebots gehört die Möglichkeit, „sich auszudrücken und Inhalte zu teilen“. Da es sich bei dem Nutzungsvertrag der Parteien um ein Dauerschuldverhältnis handelt, ist durch die Nichtleistung der Beklagten Teilunmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB eingetreten. Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt bei Leistungsbefreiung des Schuldners wegen Unmöglichkeit der Anspruch auf die Gegenleistung, und bei einer Teilleistung findet § 441 BGB entsprechende Anwendung. Allerdings ist im vorliegenden Fall nicht feststellbar, dass der Kläger eine anteilige nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt hat, die die Beklagte nach § 326 Abs. 4 BGB zurückerstatten müsste. Die bei der Nutzung automatisch anfallenden Daten und die Einräumung von deren Nutzungsmöglichkeit zu bestimmten Werbezwecken durch die Beklagte ist die Gegenleistung für die gegenwärtige Nutzung des sozialen Netzwerks selbst. Berücksichtigungsfähig ist daher ausschließlich der Wert der während des Sperrzeitraums von dem Kläger zur Verfügung gestellten Datennutzungsrechte. Die vom Kläger ab Beginn des zwischen den Parteien bestehenden Dauerschuldverhältnisses angefallenen Daten, die durch die Beklagte im Rahmen des ihr eingeräumten Nutzungsrechts und der vom Kläger erteilten Einwilligung verarbeitet werden durften, sind durch die damit jeweils korrespondierende Möglichkeit zur Nutzung des sozialen Netzwerks bereits abgegolten. In Ansehung des Rechtsgedankens des § 346 Abs. 2 Satz 2 BGB ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien die Leistung, hier also die Gesamtheit der beklagtenseits vertragsgemäß zur Verfügung zu stellenden Leistungen im Zusammenhang mit dem sozialen Netzwerk, und die Gegenleistung, nämlich die Einräumung von Nutzungsrechten des Klägers an seinen bei der Nutzung des sozialen Netzwerks anfallenden Daten, welche der Beklagten die Platzierung zielgerichteter Werbung ermöglicht, auch für die Dauer des Dauerschuldverhältnisses als gleichbleibend äquivalent ansehen. Denn in welchem Umfang das soziale Netzwerk der Beklagten genutzt und im Gegenzug Nutzungsrechte an Nutzungsdaten des Klägers eingeräumt werden, bleibt nach der Eigenart des Dauerschuldverhältnisses offen. Umfang und Wert von Leistung und Gegenleistung hängen vielmehr vom Nutzungsverhalten des Klägers ab. Verhält er sich in dem sozialen Netzwerk besonders aktiv und nimmt dabei die Infrastruktur der Beklagten, z. B. Serverkapazitäten, stark in Anspruch, wächst seine Gegenleistung durch den größeren Anfall an Nutzungsdaten, an denen er der Beklagten vorab Nutzungsrechte eingeräumt hat, entsprechend. Mangels entgegenstehender Darlegung der Parteien sind die jeweils vom Kläger zur Verfügung gestellten Daten demnach nur Gegenleistung für die zeitgleiche Inanspruchnahme der Nutzung des sozialen Netzwerks.
Demgemäß war mit dem während der Sperrzeit allein verfügbaren Read-Only-Modus nicht nur ein Weniger an Leistungen der Beklagten verbunden. Umgekehrt ersparte sich der Kläger auch denjenigen Teil der Gegenleistung, der dem nicht erbrachten Teil der geschuldeten Leistung entspricht, denn indem er während der Sperrung keinen Gebrauch von den Möglichkeiten des Postens, Teilens, Kommentierens und Nachrichtenaustauschs machen konnte, fielen auch entsprechend weniger Nutzungsdaten an (vgl. ähnlich OLG Nürnberg Urteil vom 4. August 2020 - 3 U 3641/19, juris Rn. 200). Lediglich soweit der Kläger die Funktionen des Read-Only-Modus nutzte, fielen auch Daten an, die er zur Verfügung stellte - nicht anders als bei sonstigen Onlineformaten, bei denen Nutzer kostenfrei Inhalte konsumieren. Diese Leistungen des Klägers sind dann aber, soweit die Daten nicht schon ohnehin für die Vertragsdurchführung selbst erforderlich sind, die - reduzierte - Gegenleistung für die - reduzierten - Leistungen der Beklagten (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 155).
ee) Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch für die unberechtigte Nutzung seiner Daten zu Werbezwecken aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB (Eingriffskondiktion), welche der Rechtsfolge nach auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr gerichtet wäre, steht dem Kläger schon dem Grunde nach nicht zu. Selbst wenn die Beklagte während des Zeitraums der unberechtigten Sperrung seine persönlichen Daten zu Werbezwecken weitergenutzt und dadurch Einnahmen erzielt haben sollte, erfolgte dies nicht ohne Rechtsgrund. Die Beklagte verfügte auch während der Sperrzeit über ein Nutzungsrecht an den vom Kläger zur Verfügung gestellten Daten und Inhalten und über eine datenschutzrechtliche Einwilligung in die Datenverarbeitung. Denn mit Abschluss des Nutzungsvertrags hat der Kläger der Beklagten seine Einwilligung zu der in den Nutzungsbedingungen geregelten Befugnis zur Verwendung seiner bei der Nutzung anfallenden Daten erteilt (vgl. Nutzungsbedingungen 3. Deine Verpflichtungen gegenüber Facebook, 3.2.). Dieses der Beklagten vertraglich eingeräumte Nutzungsrecht erlosch während der Dauer einer rechtswidrigen Sperrung nicht. Eine vertragswidrige teilweise Nichterfüllung seitens der Beklagten lässt die Wirksamkeit der Einräumung von Nutzungsrechten und der datenschutzrechtlichen Einwilligung unberührt. Ebenso wenig kann der Kläger sich für das Fehlen eines Rechtsgrunds auf eine etwaige Einrede nach § 320 bzw. § 273 BGB berufen. Nach dem dispositiven Vertragsrecht für gegenseitige Verträge erlischt im Fall einer Vertragsverletzung des anderen Teils die eigene Vertragsverpflichtung nur ausnahmsweise automatisch. Die Vorschrift des § 320 BGB zeigt, dass auch bei einer Nichterfüllung der einen Seite dem anderen nur ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Die Weiternutzung der Werberechte durch die Beklagte erfolgte deshalb mit Rechtsgrund. § 812 BGB lässt die Kondiktion nur zu, wenn der rechtliche Grund gänzlich fehlt, nicht jedoch bei dilatorischen Einreden. Für einen Anspruch nach § 813 BGB fehlt es an einer dauernden Einrede. Nur aufschiebende Einreden, wie die aus §§ 320, 273 BGB, genügen nicht (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 158 m. N.)
ff) Dem Kläger ist schließlich auch kein nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu ersetzender materieller Schaden entstanden. Ein materieller Schaden besteht aus der Differenz zwischen der tatsächlich durch das Schadensereignis geschaffenen und der unter Ausschaltung dieses Ereignisses gedachten Vermögenslage des Geschädigten (Grüneberg/Grüneberg, 83. Aufl., Vor § 249 Rn. 10). Allein das Vorliegen einer unzulässigen Datenverarbeitung genügt nicht (Gola/Heckmann/Gola/Piltz, DS-GVO, 3. Aufl., Art. 82 Rn. 12). Dass der Kläger durch die Entfernung seines Beitrags eine Vermögensminderung erfahren hätte, ist nicht dargelegt. Der zeitweiligen Einschränkung der privaten Kommunikationsmöglichkeit auf Facebook kommt für sich genommenen kein Vermögenswert zu; sie stellt daher keinen Schaden in diesem Sinne dar (OLG München Urteil vom 18.2.2020 - 18 U 3465/19, juris Rn. 108; OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 161 m.w.N.). Das bloße Affektionsinteresse ist nicht ersetzbar (OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, ebd.).
6. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, ihn von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit seiner späteren Prozessbevollmächtigten in Höhe von 368,78 € freizustellen (Berufungsantrag zu 7.).
Der Anspruch folgt aus § 280 Abs. 1 BGB. Soweit im Rahmen von Streitigkeiten zwischen Nutzern und der Beklagten mitunter auch bei Bestehen eines Anspruchs des Nutzers auf Wiederherstellung eines entfernten Beitrags und Aufhebung einer Sperre vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nur unter den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs für ersatzfähig gehalten werden (so OLG Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2022 - 16 U 229/20, juris Rn. 163), folgt der Senat dem nicht. Entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt geht es hierbei nicht um einen Erfüllungsanspruch auf Aufhebung der Sperre und [...] Wiedereinstellung des Beitrags, zu dessen Durchsetzung Anwaltskosten nur über § 280 Abs 1, 2 i. V. m § 286 BGB und damit erst nach einer entsprechenden Mahnung ersatzfähig sind, sondern um den nach einer vertraglichen Pflichtverletzung zu beanspruchenden Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 192/20, Rn. 39; OLG Karlsruhe, Urteil vom 4. Februar 2022 - 10 U 17/20, juris Rn. 163).
Dass der Kläger keinen Schadensersatz- sondern lediglich einen vertraglichen Erfüllungsanspruch verfolgt hätte, ließe sich nur auf der Basis der Annahme begründen, dass die Maßnahmen der Beklagten keine vertragliche Pflichtverletzung darstellten, weil die Beklagte auch bei Anscheinsverstößen - vertretbar, wenn auch letztlich unzutreffend angenommenen Verstößen - zu vorläufiger Entfernung und Sperre berechtigt sei. Ein solches Recht der Beklagten zur vorläufigen Reaktion auf Anscheinsverstöße ist indes abzulehnen (oben 1 b)). Unabhängig davon kann jedenfalls der mangels Regelung einer Gegenäußerung bei der Löschung und Anhörung bei der Kontosperrung unwirksame Entfernungs- und Sperrvorbehalt in Nr. 4.2 der Nutzungsbedingungen zu der ergriffenen Maßnahme nicht berechtigen (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - III ZR 179/20, Rn. 101).
Nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen können Anwaltskosten Teil des Schadens sein, der durch die Pflichtverletzung entstanden ist. Sie sind ersatzfähig, ohne dass es auf die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs ankommt, wenn sie aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (Staudinger/Höpfner BGB (2021) § 249 Rn. 265). Das ist für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen einer vertraglichen Pflichtverletzung zu bejahen, soweit der Betroffene nicht darauf zu verweisen ist, den Vertragspartner ohne anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zur Aufhebung der Sperre hat der Kläger die Beklagte hier sogar zunächst ohne Erfolg selbst aufgefordert. Es war ihm aber angesichts der nicht allgemein geläufigen Rechtsfragen, die vom Laien ohne rechtliche Beratung nicht zutreffend beurteilt werden können, nicht zuzumuten, seine aus der Pflichtverletzung folgenden Ansprüche gegenüber der wirtschaftlich überlegenen Beklagten ohne anwaltliche Hilfe zu verfolgen.
Maßgeblich für den ersatzfähigen Gegenstandswert der vorgerichtlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers (Forderungsschreiben vom 20.9.2021 Anlage K 13) sind über die vom Landgericht (LGU 13) berücksichtigten Gegenstände der Wiederherstellung des Beitrags und Aufhebung der Sperre hinaus auch der beitragsbezogene Unterlassungsanspruch — zur Zeit der anwaltlichen Geltendmachung dauerte der Verstoß noch an und konnte Wiederholungsgefahr angenommen werden (vgl. oben 2.) — der Anspruch auf Berichtigung des Nutzerdatensatzes mit Zurücksetzung des Verstoßzählers sowie der allgemeine Anspruch auf Unterlassung von Sperrungen ohne vorherige Anhörung mit der tenorierten Ausnahme. Dagegen stellt sich der Auskunftsanspruch bezüglich beauftragter Dienstleister, obgleich berechtigt (hierzu unten) nicht als Schadensersatzanspruch dar, da er nicht aus vertraglicher Pflichtverletzung, sondern unabhängig von einer solchen aus § 15 DSGVO folgt.
Der von den Bevollmächtigten des Klägers zugrunde gelegte Gegenstandswert von 13.000 € ist allerdings zu hoch. So wird selbst beim Streit um eine endgültige Löschung eines Facebook-Kontos nur ein Streitwert von 10.000 € angenommen (LG Hanau, Beschluss vom 28. Februar 2023 - 9 O 213/23, GRUR-RS 2023, 6759 und das Urteil des LG Itzehoe vom 3. August 2023, S. 15). Angemessen sind folgende Werte:
Wiederfreischaltung des Beitrags, Rücksetzung des Zählers, Löschung des Sperrvermerks: 3.000 €
Beitragsbezogener Unterlassungsanspruch: 1.500 €
Allgemeiner Unterlassungsanspruch: 2.000 €
Summe Gegenstandswert 6.500 €
Damit ergeben sich vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten:
0,65 Geschäftsgebühr 289,90 €
VV 7002 20,00 €
Umsatzsteuer 58,88 €
Summe 368,78 €
Die Berücksichtigung der von VV Vorb. 3 Abs. 4 RVG vorgeschriebenen Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr bei der Abrechnung für die außergerichtliche Tätigkeit ergibt sich aus dem diesbezüglichen Klageantrag.
II. Berufung der Beklagten
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung verwendet, „die bei ihr gespeicherten Daten des Klägers dahingehend zu berichtigen, dass der Sperrvermerk betreffend den streitgegenständlichen Beitrag [...] aus dem Nutzerdatensatz gelöscht wird und der Zähler, der diesen Beitrag als Verstoß erfasst, insoweit zurückgesetzt wird.“ Anders als das Landgericht gemeint hat, konnte der Kläger Naturalrestitution nicht mehr beanspruchen, nachdem die Beklagte seinen Beitrag bereits vorprozessual wiederhergestellt, die Sperre aufgehoben, den Beitrag nicht mehr als Verstoß gewertet und gezählt, mithin ihre vorherigen Sanktionen fallen gelassen und korrigiert hatte. Die Beklagte kann hierzu auf ihren erstinstanzlich gehaltenen Vortrag verweisen, wonach sie ihre Entscheidung, den Beitrag als Verstoß zu werten, vor Anhängigkeit der Klage als irrtümlich erkannt und korrigiert habe, von ihr fehlerhaft angenommene Verstöße würden auch nicht als Verstöße gezählt und im Übrigen verfielen selbst tatsächliche Verstöße nach einem Jahr (Klageerwiderung Bl. 69, 76). Der Kläger hatte nur eingewandt, er sei über eine bereits am 08.11.2021 erfolgte Freischaltung nicht informiert worden (Bl. 238 d. A.). Dass es sich anders als von der Beklagten vorgetragen verhalten hätte, hat das Landgericht nicht festgestellt.
Damit liegt Erfüllung des Anspruchs vor, den unrechtmäßig entfernten Beitrag wiederherzustellen, die unberechtigte Sperrung aufzuheben und an den nicht zu beanstandenden Beitrag keine sonstigen nachteiligen Folgen zu knüpfen, ihn insbesondere nicht als früheren Verstoß zu zählen, der bei etwaigen zukünftigen Verstößen sanktionsverschärfend wirken würde. Während das Landgericht bezüglich des Anspruchs auf Wiederfreischaltung des Beitrags auch zutreffend von vorprozessualer Erfüllung ausgegangen ist (LGU 13 sub. III), muss Gleiches für die Beseitigung des Sperrvermerks und der Zurücksetzung des Zählers gelten.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, einen Anspruch auf Löschung auch auf die DSGVO stützen zu können (Bl. 312R ff. d. A.), trägt dies den vom Landgericht ausgeurteilten und von der Beklagten mit der Berufung angegriffenen Berichtigungsanspruch nicht. Dieser ist nach der vorprozessual erfolgten Berichtigung dahingehend, dass kein Verstoß des Klägers angenommen wird, nicht auf Art. 16 DSGVO zu stützen, da insoweit keine „unrichtigen Daten“ vorliegen. Die Unrichtigkeit der Daten ist im Zusammenhang mit dem Verarbeitungskontext und -zweck im Zeitpunkt der Erhebung zu beurteilen (vgl. dazu BeckOK Datenschutzrecht/Worms, DS-GVO Art. 16 Rn. 49). Damit waren die ursprünglichen Daten, denen zufolge der Kläger gegen das Verbot der Hassrede verstoßen habe, unrichtig. Gibt der Datensatz jedoch die korrigierten Lösch- und Sperrvorgänge mit der Berichtigung wieder, ist dies nicht unrichtig, da diese Vorgänge - Löschung und Sperrung, dann Aufhebung und Korrektur derselben - tatsächlich erfolgt sind.
Ob dem Kläger, wie er in der Berufungserwiderung geltend macht, ein Anspruch auf Löschung auch der berichtigten Daten aus Art. 17 DSGVO (Recht auf Vergessenwerden) zusteht, muss aber dahinstehen. Denn hierbei handelt es sich um einen anderen prozessualen Anspruch, mit dem ein anderes Rechtsschutzziel als mit dem tenorierten Anspruch auf Löschung eines Sperrvermerks und Zurücksetzung des Zählers verfolgt würde - letzterer zielt auf Berichtigung bzw. Korrektur einer unberechtigten Wertung, jener auf Löschung von Daten überhaupt, auch die von der Beklagten korrigierten Daten umfassend. Bestünde ein solcher Anspruch, folgt daraus nicht, dass auch der vom Landgericht tenorierte Berichtigungsanspruch besteht.
III. Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, für die Berufungsinstanz i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO. Es war von folgenden Streitwerten auszugehen:
Antrag zu 1 (Datenberichtigung - Verstoßzähler, Sperrvermerk): 2.000 €
Antrag zu 2 (Feststellung): 800 €
Antrag zu 3 (beitragsbezogener Unterlassungsanspruch): 1.500 €
Antrag zu 4 (Allgemeiner Unterlassungsanspruch): 2.000 €. Aufgrund der Einschränkung im Tenor erscheint es angemessen, dem Kläger insoweit nur einen Obsiegensanteil von 1.500 € zuzurechnen.
Antrag zu 5 (Auskunft beauftragte Unternehmen): 1.000 €
Antrag zu 6 Auskunft Weisungen Bundesregierung: 1.000 €
Antrag zu 7 (Schadensersatz): 1.500 €
Summe: 9.800 €
Für die Obsiegensquote des Klägers waren die Streitwerte der Anträge 2, 4 (dieser mit Einschränkung) und 5 zusammenzurechnen. Das ergibt sich für letzteren Antrag, den nach Auskunftserteilung übereinstimmend für erledigt erklärten Auskunftsantrag bezüglich beauftragter Unternehmen, neben dem Gesichtspunkt der freiwilligen Erfüllung durch die Beklagte (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 26. Juli 2000 - 7 W 6/00, juris Rn. 4) daraus, dass dieser Antrag voraussichtlich aus Art. 15 Abs. 1 lit. c) DSGVO begründet gewesen wäre. Danach hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen: [...] c) die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen. Die Beklagte ist auch Verantwortliche im Sinne der Vorschrift. Bei Social Media Plattformen ist dies typischerweise der im Impressum angegebene Plattformbetreiber (BeckOK Datenschutzrecht/Schmidt-Wudy, 49. Ed., DS-GVO Art. 15 Rn. 40). Für die von der Beklagten angeführten Gefahren für die Dienstleister im Fall der Auskunftserteilung gab es keine konkreten Anhaltspunkte.
Demgemäß waren hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens 3.300 € ins Verhältnis zu 9.800 € zu setzen. Die Kostenentscheidung für die erste Instanz berücksichtigt, dass dort auch der erledigte Anspruch auf Wiederfreischaltung Gegenstand war, für den es angesichts vorprozessualer Erledigung kein Rechtsschutzbedürfnis gab (3.300 € zu 10.800 €).
IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs, im Übrigen aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
V. Die Revision war mit der im Tenor genannten Einschränkung wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO zuzulassen. Das Verfahren wirft zahlreiche grundsätzliche Fragen zu den Voraussetzungen der beiden Unterlassungsansprüche auf, die für Verfahren gegen die hiesige Beklagte von wesentlicher Bedeutung sind. In der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilte Fragen zum - soweit es den in zahlreichen Verfahren gegen die Beklagte nach unberechtigter Beitragsentfernung und Sperre gestellten Feststellungsanspruch betrifft - Vorliegen eines Rechtsverhältnisses und eines Feststellungsinteresses, soweit es die Unterlassungsansprüche betrifft, zu deren Bestimmtheit und zum Vorliegen Wiederholungsgefahr, erfordern eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Hingegen werden in der hiesigen Fallkonstellation Auskunftsansprüche in Bezug auf etwaige Weisungen der Bundesregierung und Schadensersatzansprüche in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig verneint.
VI. Streitwert: Hinsichtlich der Gegenstandswerte der Anträge wird auf Ziffer III. Bezug genommen. Teilweise streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind zwar die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die keine Nebenforderung darstellen, soweit sie sich auf die im Berufungsverfahren nicht mehr streitgegenständliche Wiederfreischaltung beziehen. Auf die Aufforderung zur Wiederfreischaltung entfällt bei einem vorgerichtlichen Gegenstandswert von insgesamt 6.500 €, der zu Kosten von 368,78 € führt (oben I 6.), allerdings nur ein Bruchteil dieser Kosten, der nicht zur Überschreitung der Wertstufe bis 10.000 € führt.
Die übereinstimmende Erledigterklärung des Auskunftsantrags im Berufungsverfahren führt nicht zu einer zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren, die sich allenfalls im Fall der Beendigung des gesamten Verfahrens etwa durch Klagerücknahme oder übereinstimmender Erledigterklärung des gesamten Rechtsstreits vermindern und nur auf der Ebene des Gebührensatzes (vgl. Nr. 1211 KV-GKG, vgl. NK-GK/Schneider, 3. Aufl., § 63 GKG Rn. 64 ff; OLG München, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 15 U 2407/16, juris Rn. 16 mwN). Soweit sich die Rechtsanwalts-Terminsgebühren im Berufungsverfahren wegen der übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen bezüglich des Berufungsantrags zu 5. aus einem geringeren Wert als dem für die Erhebung der Gerichtsgebühren maßgeblichen berechnen, eröffnet § 33 Abs. 1 RVG die Möglichkeit, den Wert für die anwaltliche Vergütung auf Antrag durch Beschluss selbstständig festzusetzen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 2. März 2018 - 26 W 62/17, juris Rn. 9; OLG München, Beschluss vom 13. Dezember 2016, a.a.O). Danach wäre der Gegenstandswert für die RVG-Gebühren im Berufungsverfahren auf bis 10.000 € bis 29.01.2024 und auf bis 9.000 € ab dem 30.01.2024 festzusetzen, denn im Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung eines Teils der Hauptforderung richtet sich der Wert - hier mangels einer diesbezüglichen Nebenforderung, die zur Hauptforderung würde - nach der restlichen Hauptforderung (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2012 - IV ZB 19/11, juris Rn. 5).