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Nr: NJRE001591787


OLG Köln 15. Zivilsenat, Urteil vom 31.Oktober 2024 , Az: 15 W 99/24


Verfahrensgang

vorgehend LG Köln 03.09.2024 28 O 175/24

Langtext

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Beschluss der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 3. September 2024 - 28 O 175/24 - im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als die Anträge zu 1 a bis c, i, j und l sowie der Antrag zu 1 g hinsichtlich des Äußerungsteils "R." zurückgewiesen worden sind.

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet, dass die Verfügungsbeklagte es zu unterlassen hat, in Bezug auf den Verfügungskläger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:

a) "R. ...",

b) "R..",

c) "R..",

g) "R. ...".,

i) "R..‘" und

j) "R..",

wenn dies geschieht wie in dem am 00.00.2024 auf www.W..de veröffentlichten Artikel R."

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oder in dem am selben Tag auf den Seiten 10 und 11 der K. veröffentlichten Artikel "R."

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Im Wege der einstweiligen Verfügung wird weiter angeordnet, dass die Verfügungsbeklagte es zu unterlassen hat, in Bezug auf den Verfügungskläger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:

l) "R..",

wenn dies geschieht wie in der Überschrift des am 00.00.2024 auf www.W..de veröffentlichten und oben eingeblendeten Artikels "R.".

Der Verfügungsbeklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten oder eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an einem Mitglied ihrer Geschäftsführung, angedroht.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Verfügungsbeklagten tragen der Verfügungskläger zu 24 %, die frühere Antragstellerin zu 2 zu 7 % und die Verfügungsbeklagte zu 69 %. Die außergerichtlichen Kosten des Verfügungsklägers tragen der Verfügungskläger zu 28 % und die Verfügungsbeklagte zu 72 %. Die außergerichtlichen Kosten der früheren Antragstellerin zu 2 tragen die frühere Antragstellerin zu 2 und die Verfügungsbeklagte jeweils zur Hälfte.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen der Verfügungskläger zu 29 % und die Verfügungsbeklagte zu 71 %.


Gründe

Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers hat Erfolg. Der mit der sofortigen Beschwerde weiterverfolgte Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, über den der Senat nach mündlicher Verhandlung durch Urteil entscheidet (vgl. KG, Urteil vom 20. August 2019 - 21 W 17/19, NJW-RR 2019, 1231 Rn. 15; MüKo-ZPO/Drescher, 6. Aufl., § 922 Rn. 20), ist, soweit der Verfügungskläger den Antrag nicht zurückgenommen hat, zulässig und begründet.

1. Ein Verfügungsgrund (§ 935 ZPO) liegt vor.

Dem Verfügungskläger ist es nicht zuzumuten, ein Hauptsacheverfahren abzuwarten, denn nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag sind die angegriffenen Äußerungen auf dem Internetportal W..de weiterhin abrufbar, weshalb die geltend gemachte Rechtsverletzung andauert. Soweit sich der Antrag gegen Äußerungen in der K. vom 18. August 2024 richtet, sind diese Äußerungen identisch mit den auf W..de veröffentlichten Äußerungen.

Ein Fall der Selbstwiderlegung der Dringlichkeit liegt nicht vor (vgl. dazu Senatsurteil vom 21. Mai 2024 - 15 W 34/24, juris Rn. 28). Denn der Verfügungskläger hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bereits einen Tag nach Veröffentlichung der angegriffenen Artikel eingereicht und hat das Verfahren in der Folgezeit zügig betrieben. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten folgt nichts Anderes daraus, dass der Verfügungskläger in seinem Schriftsatz vom 2. September 2024 nur zu den vom Landgericht im Beschluss vom 28. August 2024 geäußerten Bedenken Stellung genommen hat, der Schriftsatz aber keine vollständige Replik auf die Antragserwiderung enthält, der Verfügungskläger also insoweit von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme zunächst keinen Gebrauch gemacht hat. Angesichts des Umfangs der Antragserwiderung von 31 Seiten und der Kürze der vom Landgericht gesetzten Frist von nur zwei - nicht drei - Werktagen (Zustellung des Beschlusses und der Antragserwiderung am Donnerstag, den 29. August 2024, Fristablauf am Montag, den 2. September 2024) erlaubt das Vorgehen des Verfügungsklägers noch keinen tragfähigen Rückschluss darauf, dass ihm an einem zeitnahen Erlass der einstweiligen Verfügung überhaupt nicht gelegen war. Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdebegründung, in der der Verfügungskläger entsprechend seiner Ankündigung im Schriftsatz vom 2. September 2024 innerhalb der Beschwerdefrist ergänzend zur Antragserwiderung genommen hat, kein neues tatsächliches Vorbringen enthält, das für den Prozesserfolg des Verfügungsklägers entscheidend wäre.

2. In der Sache selbst sind die nach teilweiser Antragsrücknahme im Beschwerdeverfahren (Anträge zu 1 d und h sowie g in Bezug auf "beschädigte Elektrogeräte") noch geltend gemachten Verfügungsansprüche gerechtfertigt (§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog).

a) Die mit den Anträgen zu 1 a, c und l angegriffenen Äußerungen verletzen das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers (zum Persönlichkeitsrecht juristischer Personen vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2017 - VI ZR 123/16, AfP 2017, 316 Rn. 16), da die Verfügungsbeklagte mit der Schilderung des "Falls Q." rechtswidrig über einen von Verantwortlichen des Verfügungsklägers angeblich begangenen strafbaren Betrug berichtet.

aa) So heißt es in dem Artikel, "R." funktioniere, zeige der "Fall Q". Der Verfügungskläger habe am 1. August in einem auf B. veröffentlichten Video mit Bildern der Katze Q. und mit der Aussage, die Katze müsse in die Klinik, zum Spenden aufgerufen, obwohl die Katze zu diesem Zeitpunkt bereits tot gewesen sei. Weiter heißt es, diese Geschichte sei kein Einzelfall. Strafrechtler wie M. Z. sprächen "R.."

Zwar behauptet die Verfügungsbeklagte nicht ausdrücklich, dass Verantwortliche des Verfügungsklägers die Betrachter der Videos vorsätzlich getäuscht haben und die Verantwortlichen nicht nur versehentlich Bilder von verstorbenen Katzen veröffentlicht haben. Eine vorsätzliche Täuschung wird dem Leser aber als unabweisbare Schlussfolgerung nahegelegt (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2021 - VI ZR 166/19, AfP 2021, 336 Rn. 12 mwN). Bei seiner abweichenden Würdigung hat das Landgericht die mit dem Antrag zu 1 a angegriffene Äußerung nicht berücksichtigt. Danach zeigt der "Fall ‚Q.‘", "R.". Auf Grund dieser Äußerung wird der Leser annehmen, dass es Teil des Geschäfts des Verfügungsklägers ist, die Follower in sozialen Netzwerken in der exemplarisch geschilderten Weise zu täuschen. Gehört aber das Einwerben von Spenden für bereits verstorbene Katzen zum "Geschäft", wird der Leser davon ausgehen, dass die insoweit Verantwortlichen planvoll und mit Absicht gehandelt haben. Es tritt dann nur noch ergänzend hinzu, dass der Vorgang als strafbarer Betrug eingeordnet und der durchschnittliche Leser wissen wird, dass Betrug ein Vorsatzdelikt ist und eine versehentliche Falschinformation nicht zu einer Betrugsstrafbarkeit führt.

bb) Ausgehend hiervon ist die mit den Anträgen zu 1 a und c angegriffene Schilderung des "Fall[s] ‚Q.‘" rechtswidrig, weil das Schutzinteresse des Verfügungsklägers die schutzwürdigen Belange der anderen Seite (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK) überwiegt. Die Verfügungsbeklagte berichtet über eine ehrenrührige, nicht erweislich wahre Tatsache, ohne sich mit Erfolg auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen zu können.

Die Verfügungsbeklagte hat den ihr gemäß § 186 StGB wegen der Ehrenrührigkeit des erhobenen Vorwurfs obliegenden Nachweis, dass die für den Verfügungskläger handelnden Personen - wie zwischen den Zeilen behauptet und für eine Strafbarkeit nach § 263 Abs. 1 StGB erforderlich - vorsätzlich gehandelt haben, nicht geführt. Der Verfügungskläger hat im vorliegenden Verfahren ein vorsätzliches Handeln unter Verweis auf Ziffer 4 der eidesstattlichen Versicherung der früheren Antragstellerin zu 2 (Anlage AST 6) substanziiert bestritten. Dem ist die Verfügungsbeklagte nicht entgegengetreten.

Auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) kann die Verfügungsbeklagte sich nicht berufen. Die Voraussetzungen einer zulässigen identifizierenden Verdachtsberichterstattung liegen jedenfalls deshalb nicht vor, weil die Berichterstattung nicht ausgewogen ist und eine Vorverurteilung enthält (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2023 - VI ZR 262/21, AfP 2023, 417 Rn. 25 mwN). Der Leser, dem der "Fall ‚Q.‘" als Beleg dafür vorgestellt wird, wie das "Geschäft" des Verfügungsklägers funktioniert, wird nicht, jedenfalls nicht hinreichend darüber aufgeklärt, dass ein Täuschungsvorsatz bislang nicht nachgewiesen ist und nur ein Betrugsverdacht besteht. Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass die Aussage, Strafrechtler sprächen "R." durch den in Anführungszeichen gesetzten Konditionalsatz "R." eingeschränkt wird. Denn dem Leser erschließt sich nicht, ob und inwieweit aus Sicht der Verfügungsbeklagten Zweifel am Vorliegen der im Konditionalsatz referierten Tatbestandsmerkmale bestehen könnten. Auch der Wiedergabe des angeblich pauschalen Dementis des vom Verfügungskläger beauftragten Anwalts am Ende des Artikels wird der Leser nicht entnehmen, dass der Wahrheitsgehalt der Vorwürfe auch aus Sicht der Verfügungsbeklagten ungeklärt ist. Es kommt noch hinzu, dass die Wiedergabe der Stellungnahme des Anwalts ohnehin unrichtig ist (dazu unten unter j).

Der Unterlassungsanspruch erstreckt sich auch auf die im ersten Absatz des Antrags zu 1 c wiedergegebenen Äußerungen, auch wenn diese Schilderung der äußeren Umstände für sich gesehen unstreitig wahr ist. Im vorliegenden Kontext sind auch diese Äußerungen rechtswidrig, weil sie der Verfügungsbeklagten als Beleg dafür dienen, wie das "Geschäft" des Verfügungsklägers funktioniert und das Geschehen als strafbarer Betrug eingeordnet wird.

cc) Des Weiteren erstreckt sich der Unterlassungsanspruch auch auf die mit dem Antrag zu 1 l angegriffene - vor der Bezahlschranke - stehende Überschrift der Veröffentlichung auf W..de ("R."). Denn aus dem Artikel und aus der - ebenfalls vor der Bezahlschranke stehenden - zweiten Überschrift ("R.) erschließt sich, dass sich die angegriffene Überschrift auf die Schilderung des "Fall[s] ‚Q.‘" bezieht. Die Überschrift ist deshalb ebenso wie die nicht angegriffene Überschrift des Berichts in der K. Bestandteil der rechtswidrigen Berichterstattung über die Betrugsvorwürfe. Durch sie und die Bewertung des Vorgangs als "miese[s] Geschäft" wird der unabweisbare Eindruck eines vorsätzlichen Handelns weiter verstärkt.

b) Eine weitere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers liegt in der mit dem Antrag zu 1 b angegriffenen Äußerung "R.. Es handelt sich dabei nicht um eine rein wertende Äußerung. Der durchschnittliche Leser wird der Äußerung vielmehr auch einen tatsächlichen Bestandteil entnehmen, nämlich den angeblich bestehenden Verdacht ("soll"), der Verfügungskläger habe andere Personen dazu veranlasst, Kritikern des Verfügungsklägers eine Gewaltanwendung (vgl. duden.de/rechtschreibung/bedrohen) oder zumindest irgendein anderes empfindliches Übel (vgl. § 241 StGB) in Aussicht zu stellen. Diese erheblich ehrenrührige Verdachtsbehauptung ist entgegen den Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Verfügungsbeklagte dem Verfügungskläger keine hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2023 - VI ZR 262/21, AfP 2023, 417 Rn. 25 mwN).

Hierfür reicht es nicht aus, dass die Verfügungsbeklagte den Verfügungskläger in ihrer E-Mail vom 14. August 2024 (Anlage AST 2) mit dem - noch dazu nicht ganz korrekt wiedergegebenen - Inhalt der eidesstattlichen Versicherung der Zeugin A. (Anlage AG 03) konfrontiert hat. Denn die eidesstattliche Versicherung der Zeugin A. deutet allenfalls auf die Bedrohung einer Kritikerin hin, während in der angegriffenen Berichterstattung der Verdacht geäußert wird, der Verfügungskläger habe eine Mehrzahl an Kritikern bedrohen lassen.

Soweit die Verfügungsbeklagte im vorliegenden Verfahren zum Nachweis der angeblichen Bedrohungen weiterer Kritiker als Anlagen AG 04 bis 08 weitere eidesstattliche Versicherungen vorgelegt hat und zuletzt darüber hinaus auf einen Chat zwischen der früheren Antragstellerin zu 2 und der Zeugin V. verwiesen hat, hätte sie dem Verfügungskläger mindestens einen dieser weiteren Vorwürfe vor der Veröffentlichung der Berichterstattung konkret zur Kenntnis bringen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 35; BeckOK-InfoMedienR/Söder, § 823 BGB Rn. 253 [Stand: 1. August 2024]; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 10 Rn. 159c). Dies ist nicht geschehen. Der in der E-Mail enthaltene allgemeine Vorhalt, Menschen, die Kritik am Verfügungskläger übten oder kritische Fragen stellten, berichteten von Bedrohungen (Anlage AST 2), reicht nicht aus. Mangels konkreter Angaben zu den weiteren Bedrohungsvorwürfen konnte der Verfügungskläger diese Vorwürfe nicht prüfen und sich nicht in zumutbarer Weise zu ihnen einlassen. Dass er das vorgerichtlich nicht geltend gemacht hat, ist unerheblich.

Es kommt auch bezüglich der mit dem Antrag zu 1 b angegriffenen Verdachtsäußerung noch hinzu, dass die Verfügungsbeklagte die Stellungnahme des Anwalts des Verfügungsklägers unrichtig wiedergegeben hat (dazu unten unter j).

Soweit es auf die Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme nicht ankommen könnte, wenn die Verfügungsbeklagte nicht nur einen Mindestbestand an Beweistatsachen, sondern die als Verdacht geäußerte Tatsache selbst glaubhaft gemacht hätte (§§ 936, 920 Abs. 2, § 294 ZPO in Verbindung mit § 186 StGB), liegt ein solcher Fall nicht vor. Die substanzarmen Angaben in den als Anlagen AG 03 bis 08 vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen reichen nicht aus, um es als überwiegend wahrscheinlich zu erachten, dass die Zeuginnen oder zumindest zwei der Zeuginnen auf Veranlassung des Verfügungsklägers tatsächlich bedroht worden sind, ihnen also auf Veranlassung des Verfügungsklägers von einem Dritten irgendein empfindliches Übel (welches?) in Aussicht gestellt worden ist. Der Umstand, dass auch die angegriffene Berichterstattung in Bezug auf den Vorwurf der Bedrohung substanzarm ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn auch ein substanzarmer Vorwurf muss jedenfalls im gerichtlichen Verfahren glaubhaft gemacht werden, was voraussetzt, dass das Gericht einen konkreten Sachverhalt als hinreichend wahrscheinlich erachtet, der den Vorwurf tragen kann. Soweit die Verfügungsbeklagte sich zuletzt auf einen Chat zwischen der früheren Antragstellerin zu 2 und der Zeugin V. bezogen hat, ergibt sich unter Berücksichtigung des vom Verfügungskläger unwidersprochen vorgetragenen Gesamtkontextes (Anlage BF 3) auch daraus kein Sachverhalt, der in einer öffentlichen Berichterstattung ohne weitere Erläuterung und Einordnung dahin beschrieben werden darf, der Verfügungskläger habe Kritiker bedrohen lassen.

g) Der Antrag zu 1 g ist entgegen der Auffassung des Landgerichts begründet, soweit die Behauptung angegriffen wird, im Hof lägen "R.". Die Verfügungsbeklagte geht selbst zutreffend davon aus, dass die Bezeichnung "Wrack" für ein defektes, beschädigtes und deshalb nicht mehr brauchbares Fahrzeug verwendet wird. Ausgehend von diesem Verständnis hat die Verfügungsbeklagte die im vorliegenden Kontext ehrenrührige (§ 186 StGB) Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Zwar ist unstreitig, dass auf dem fraglichen Gelände zwei abgemeldete Fahrzeuge abgestellt sind, von denen eines einen platten Reifen hat. Jedoch ist ein Fahrzeug nicht alleine deshalb ein "Wrack", weil es abgemeldet ist. Zu weiteren Umständen fehlt in Bezug auf eines der beiden Fahrzeuge jeder Vortrag. Ob das andere Fahrzeug wegen des platten Reifens als "Wrack" bezeichnet werden darf, kann dahinstehen, weil die Verfügungsbeklagte im Plural von "R." spricht.

i) Ebenfalls rechtswidrig ist die mit dem Antrag zu 1 i angegriffene Äußerung "wegen ihrer Kritik an T. O.". Der unbefangene Durchschnittsleser wird dieser Wendung entnehmen, dass der Anruf eines angeblichen E.-N.-Mitglieds bei der Influencerin Y. und der in dem Telefonat erfolgte Einschüchterungsversuch, über die in den weiteren Satzteilen in Form eines angeblich wörtlichen Zitats einer Äußerung der Zeugin A. berichtet wird, entweder nach Einschätzung der Zeugin oder nach Einschätzung der Verfügungsbeklagten gerade "wegen" einer von der Zeugin am Verfügungskläger geäußerten Kritik erfolgt sind und der Anrufer dies in dem Telefonat auch zum Ausdruck gebracht hat. Der Leser wird annehmen, der Verfügungskläger reagiere auf Kritik, indem er versuche, die Kritiker einzuschüchtern. Für diese ehrenrührige Behauptung fehlt es an einer Glaubhaftmachung der beweisbelasteten (§ 186 StGB) Verfügungsbeklagten.

Denn zwar hat die Zeugin A. an Eides Statt versichert, sie sei im Auftrag der früheren Antragstellerin zu 2 bedroht worden und habe durch ein angebliches Mitglied der E.N. eingeschüchtert werden sollen (Anlage AG 03). Zu den Hintergründen des von der Zeugin als Bedrohung bezeichneten Verhaltens und des Einschüchterungsversuchs verhält sich die eidesstattliche Versicherung aber nicht. Die Zeugin hat nicht einmal ausdrücklich erklärt, den Verfügungskläger überhaupt kritisiert zu haben; die Rede ist nur von Hilfsangeboten. Die eidesstattliche Versicherung bietet deshalb keinen Anhalt dafür, dass die Zeugin gerade "wegen" einer am Verfügungskläger geäußerten Kritik angerufen und eingeschüchtert worden ist.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts und der Verfügungsbeklagten wird die Richtigkeit der angegriffenen Äußerung auch nicht durch die eigene eidesstattliche Versicherung der früheren Antragstellerin zu 2 belegt, die der Verfügungsbeklagten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des angegriffenen Artikels im Übrigen noch nicht vorlag. Denn zwar hat die frühere Antragstellerin zu 2 eingeräumt, die Zeugin A. habe im September 2021 in sozialen Netzwerken massiv gegen den Verfügungskläger agitiert. Die frühere Antragstellerin zu 2 hat ferner eingeräumt, einen Freund kontaktiert zu haben, der die Zeugin A. angerufen und zur Mäßigung aufgerufen habe. Die frühere Antragstellerin zu 2 hat aber ausdrücklich bestritten, die Zeugin A. gerade wegen ihrer Kritik am Verfügungskläger kontaktiert zu haben. Vielmehr sei sie davon ausgegangen, die Zeugin A. sei dafür verantwortlich gewesen, dass der Verfügungskläger mehrfach bedroht worden sei. Diese Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der früheren Antragstellerin zu 2 rechtfertigen nicht die Annahme, die Zeugin A. sei gerade "wegen ihrer Kritik" am Verfügungskläger bedroht worden. Soweit das Landgericht demgegenüber angenommen hat, die Zeugin A. habe den telefonischen Aufruf zur Mäßigung auf ihre Kritik am Verfügungskläger beziehen dürfen, spekuliert es ohne ausreichende Tatsachengrundlage über den Inhalt des Telefonats, der nicht dargelegt ist und in der eidesstattlichen Versicherung nicht wiedergegeben wird.

j) Ebenfalls rechtswidrig ist die mit dem Antrag zu 1 j angegriffene Äußerung "Alle Vorwürfe seien unwahr.", die sich auf den Inhalt der Stellungnahme des vom Verfügungskläger beauftragten Rechtsanwalts bezieht.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch das Recht am eigenen Wort. Es schützt den Einzelnen davor, dass ihm Äußerungen zugeschrieben werden, die er nicht getan hat und die seine Privatsphäre oder den von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Der grundrechtliche Schutz wirkt dabei nicht nur gegenüber Fehlzitaten, sondern auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung (vgl. BGH, Urteile vom 21. Juni 2011 - VI ZR 262/09, NJW 2011, 3516 Rn. 11 mwN; vom 26. November 2019 - VI ZR 12/19, NJW 2020, 770 Rn. 14 f.; vom 29. November 2021 - VI ZR 248/18, NJW 2022, 847 Rn. 25; BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 1980 - 1 BvR 185/77, NJW 1980, 2070, 2071). Vorliegend kommt hinzu, dass die angegriffene Äußerung dazu diente, im Rahmen einer Verdachtsberichterstattung die Stellungnahme des Betroffenen wiederzugeben. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass eine solche Wiedergabe zumindest sinngemäß richtig sein muss und dies auch dann gilt, wenn die Stellungnahme durch einen Vertreter des Betroffenen abgegeben wird.

Gemessen daran verletzt die angegriffene Äußerung das Persönlichkeitsrecht des Verfügungsklägers, weil die Verfügungsbeklagte den vom Verfügungskläger beauftragten Anwalt - in indirekter Rede - sinnentstellend falsch zitiert. Der Anwalt hat in seiner Stellungnahme vom 16. August 2024 nicht alle Vorwürfe, sondern lediglich "alle aus Ihren Fragestellungen sprechenden Kernvorwürfe" gegen den Verfügungskläger als unwahr bezeichnet (Anlage AST 3). Er hat demnach nur eine Teilmenge der in der E-Mail der Verfügungsbeklagten vom 14. August 2024 (Anlage AST 2) angesprochenen Vorwürfe zurückgewiesen. Richtig ist zwar, dass er abgesehen von der vollständigen Zurückweisung von Vorwürfen strafbaren Verhaltens nicht näher erläutert hat, welche der angesprochenen Vorwürfe er nicht zu den "Kernvorwürfe[n]" zählt. Das ändert aber nichts daran, dass er eben nicht "alle" Vorwürfe zurückgewiesen hat.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich auch nicht um eine wertneutrale Falschbehauptung. Denn für den durchschnittlichen Leser und dessen Beurteilung der Vorwürfe kann es einen gewissen Unterschied machen, ob der Verfügungskläger alle Vorwürfe uneingeschränkt abstreitet oder er sein Bestreiten auf die - insbesondere strafrechtlichen relevanten - "Kernvorwürfe" beschränkt und im Übrigen von einer Stellungnahme absieht. Die Einschätzung, ob der Verfügungskläger mit seiner tatsächlich erfolgten Einlassung allenfalls unwesentliche Randvorwürfe zugestanden hat und ob die tatsächlich erfolgte Einlassung für den Verfügungskläger günstiger ist als es ein vollumfängliches Dementi gewesen wäre, muss entgegen den Ausführungen der Beschwerdeerwiderung dem Leser überlassen bleiben.

3. Die Ordnungsmittelandrohung folgt aus § 890 Abs. 2 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Bei der Verteilung der Kosten ist der Senat entsprechend der unangefochtenen Wertfestsetzung des Landgerichts davon ausgegangen, dass die Anträge zu 1 l bis n einen Wert von jeweils 5.000 EUR und dass alle anderen Anträge einen Wert von jeweils 10.000 EUR haben. Gemessen am Gesamtwert von 145.000 EUR unterliegt der Verfügungskläger in Höhe von 35.000 EUR, die frühere Antragstellerin zu 2 in Höhe von 10.000 EUR und die Verfügungsbeklagte in Höhe von 100.000 EUR. Für das Rechtsmittelverfahren ergibt sich ein Gesamtwert von 85.000 EUR; davon unterliegt der Verfügungskläger in Höhe von 25.000 EUR und die Verfügungsbeklagte in Höhe von 60.000 EUR.

Streitwert des Rechtsmittelverfahrens: 85.000 EUR