I.
Der Betroffene wurde am […]1974 geboren. Weitere Angaben zur Person und den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen wurden auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt.
Sein Fahreignungsregisterauszug weist eine Voreintragung auf. Mit Bescheid vom 27.05.2022, rechtskräftig seit 03.11.2022, verhängte die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg gegen ihn wegen einer verbotswidrigen Benutzung eines elektronischen Gerätes als Führer eines Kraftfahrzeuges eine Geldbuße in Höhe von 130,00 Euro.
II.
Der Betroffene befuhr am 21.06.2023 zwischen 09:26:20 Uhr und 09:31:29 Uhr mit dem LKW Sattelzug DAF, amtliches Kennzeichen […], den außerörtlichen Bereich der BAB 9 in den Gemarkungen Wiedemar und Schkeuditz in Fahrtrichtung München mit einer Geschwindigkeit (nach Toleranzabzug) von 84 km/h, obwohl für seine Kraftfahrzeugklasse (LKW mit Anhänger) die zulässige Höchstgeschwindigkeit gemäß § 18 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 StVO auf 80 km/h begrenzt war. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hielt der Betroffene zumindest für möglich und nahm sie zum Zwecke des schnelleren Vorwärtskommens billigend in Kauf. Der Betroffene wurde gegen 09:33 Uhr auf der BAB 9 bei Kilometer 120,0 in Fahrtrichtung München fahrend von den Polizeibeamten S. und W. festgestellt und anschließend auf dem Autohof der Anschlussstelle Großkugel einer Kontrolle unterzogen.
III.
1. Die Feststellung zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen ergibt sich aus seiner Einlassung bzw. den polizeilichen Feststellungen und aus der verlesenen Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes vom 29.05.2024. Weitergehende Details konnte das Gericht nicht feststellen.
2. Die Feststellung, dass der Betroffene Fahrzeugführer des unter II. genannten Fahrzeuges zur genannten Tatzeit am genannten Tatort war, ergibt sich aus der für den Betroffenen abgegebenen Erklärung des mit besonderer Vertretungsvollmacht versehenen Verteidigers des Betroffenen. Ergänzend hierzu wurde der Sachstandsbericht der den Betroffenen fahrend feststellenden Beamten vom Tattag verlesen (Bl. 2 - 4 d. A.).
Der Verteidiger des Betroffenen hat sein Unverständnis über die aus seiner Sicht kleinliche Anzeige erklärt. Zudem habe der LKW einen Begrenzer bei 89 km/h. Schließlich seien die zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht geeignet, den Tatvorwurf zu belegen.
Der Betroffene ist der unter Ziffer II. genannten Tatbegehung durch die vorliegenden Beweismittel überführt.
a) Die unter Ziffer II. festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenen wurde infolge der Auswertung der DDD-Datei des digitalen Kontrollgerätes des vom Betroffenen gesteuerten LKWs durch die entsprechend geschulte Polizeibeamtin R. festgestellt, die als Zeugin vor Gericht vernommen wurde und einen entsprechenden Ausdruck der Auswertung der Akte beigefügt hat (Bl. 5 d. A.), der verlesen und in Augenschein genommen wurde und auf den gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO in Verbindung mit § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird.
Die Feststellung von Geschwindigkeitsverstößen kann anhand von digitalen Kontrollgeräten bei Fahrzeugen, die mit Kontrollgeräten ausgerüstet sein müssen, erfolgen, wobei die Aufzeichnungen dieser Geräte zur Verfolgung und Ahndung von Geschwindigkeitsverstößen herangezogen werden können (vgl. bereits Thüringer Oberlandesgericht, Beschl. v. 27.09.2004 - 1 Ss 112/04 -; OLG Hamm, Beschl. v. 08.10.2003 - 4 Ss OWi 644/03 -, beide juris). Gemäß den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Überwachung des Straßenverkehrs (VwV Verkehrsüberwachung - VwV VKÜ) vom 21.05.2014 in Anlage 1 Nr. 7 wurden hier die Daten des digitalen Kontrollgeräts ordnungsgemäß durch die entsprechend befähigte Polizeibeamtin R. der LKW-Kontrollgruppe der Polizeidirektion Leipzig ausgelesen und gesichert. Die DDD-Datei wurde nach entsprechender Anforderung dem Verteidiger zur Auswertung zur Verfügung gestellt.
Dies ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der glaubwürdigen Zeugin R. Die Zeugin R. erklärte insofern, dass sie die Kontrollkarte in den Slot und einen Stick in eine separate Schnittstelle des digitalen Fahrtenschreibers bzw. Massespeichers des LKWs gesteckt und die DDD-Datei ausgelesen habe. Sie habe alles auf Ordnungsgemäßheit geprüft und den Stick an ihren Laptop gesteckt, auf dem sich eine entsprechende Software zur Auswertung befinden würde. Die zurückgelegten Geschwindigkeitsprofile könne man sich dann anzeigen lassen, wobei die Anzeige auf die letzten 24 gefahrenen Stunden beschränkt sei. Die der Akte beigefügte Auswertung der digitalen Geschwindigkeitsdaten habe sie mit dem Programm erstellt (Bl. 5 d. A.). Anhand der Inaugenscheinnahme dieses Geschwindigkeitsprofils durch alle Beteiligten erläuterte die Zeugin R. hierzu, dass der Fahrer und das Kennzeichen automatisch ausgelesen werden würden. Das Datum 21.06.2023, 10:03:30 sei der Zeitpunkt, zu dem die Auslese stattgefunden habe. Die beiden zu erkennenden gestrichelten Linien würde das Programm automatisch setzen. Infolge dessen würde hier die programmgestützte Auswertung ergeben, dass der Fahrer am 21.06.2023 im Zeitraum zwischen 09:26:20 Uhr und 09:31:29 Uhr konstant mit einer Geschwindigkeit vor Toleranzabzug von 90 km/h gefahren sei und er sich hierbei beim Startzeitpunkt 12.982,98 Meter und beim Endzeitpunkt 5.251,43 Meter vom Ende seiner Fahrt entfernt befunden habe. Sie wähle den Zoom bei dem auswertenden Schaublatt stets recht groß, um auch kleine Ausreißer der Geschwindigkeit zu erkennen, die gerade auch hier vor der markierten Strecke erkennbar seien. Infolgedessen könne hier festgestellt werden, dass über eine Fahrstrecke von über 7 km konstant die 90 km/h gehalten worden seien.
Die Angaben der Zeugen R. sind glaubhaft. Sie gab die vorgenannten Schilderungen aus präsentem Wissen sowie den Vorhalt erläuternd ruhig und sachlich widerspruchsfrei an. Sie konnte die Auswertung des digitalen Kontrollgerätes adäquat und für das Gericht absolut nachvollziehbar erläutern. Das Gericht vermochte keinen Grund festzustellen, weshalb sie den Betroffenen zu Unrecht belasten sollte.
Nach alledem ergeben sich hier keine Hinweise auf die Verletzung von Bedien- und Auswertevorschriften oder Messfehler. Solche tatbezogenen Hinweise sind auch von der Verteidigung, nachdem der Beweisantrag in der Hauptverhandlung abgelehnt wurde, wobei dahingehend auf die aus dem Protokoll ersichtliche Begründung verwiesen wird, nicht (mehr) vorgetragen worden.
Das Gericht sieht den ausweislich des Fallprotokolls (Bl. 5 d. A.) festgestellten Geschwindigkeitswert von 90 km/h über einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten als korrekt ermittelt an. Bauartbedingt und aufgrund Nr. 7 c) der Anlage 1 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren zur Überwachung des Straßenverkehrs vom 21.05.2014 sind bei den mittels Kontrollgerät aufgezeichneten Geschwindigkeitswerten 6 km/h als Toleranzwert zugunsten der betroffenen Person abzuziehen, weshalb dem Betroffenen eine gefahrene Geschwindigkeit von 84 km/h über einen Zeitraum von mehr als 5 Minuten anzulasten ist.
b) Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung des Betroffenen in vorsätzlicher Begehungsweise erfolgte. Der Betroffene hat sich trotz des gerichtlichen Hinweises nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 265 StPO, dass auch eine vorsätzliche Tatbestandsverwirklichung in Betracht kommt, hierzu nicht eingelassen.
Die Auswertung des vorgelegten Schaublattes der DDD-Datei lässt zur Überzeugung des Gerichts nur den Schluss zu, dass der Betroffene wissentlich und willentlich den Tempomat des Fahrzeugs auf 90 km/h und damit eine höhere als die für die von ihm benutzte Fahrzeugklasse zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h voreingestellt hatte. Anders lässt sich nicht erklären, dass das digitale Kontrollgerät, das kleinste Geschwindigkeitsveränderungen von 1 km/h sofort registriert, über einen Zeitraum von über 5 Minuten konstant 90 km/h erfasst hat und das Fahrzeug des Betroffenen in dieser Zeit eine Wegstrecke über 7.700 Meter zurückgelegt hat. Das Gericht erachtet es insbesondere für ausgeschlossen, dass dies einem Fahrer - auch einem geübten Berufskraftfahrer - ohne Zuschaltung eines Tempomaten gelingen könnte. Dafür sind Zeit und zurückgelegte Strecke schlicht zu lang (vgl. dahingehend BGH, Beschl. v. 11.09.1997 - 4 StR 557/96 - NZV 1997, 497).
IV.
Aufgrund des unter Ziffer II. festgestellten Sachverhalts ist der Betroffene wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften von 80 km/h für mehr als 5 Minuten Dauer von 4 km/h als Führer eines LKW gemäß §§ 18 Abs. 5, 49 StVO, § 24 StVG zu ahnden. Dem Betroffenen wurde im Bußgeldbescheid zwar nur fahrlässiges Handeln zur Last gelegt. Ein gerichtlicher Hinweis, dass eine vorsätzliche Begehungsweise in Betracht kommt, wurde in der Hauptverhandlung erteilt.
V.
Ausweislich des bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten ist für eine solche Tat bei fahrlässigem Verhalten und für einen Ersttäter der Ausspruch einer Geldbuße von 140,00 Euro vorgesehen (11.1.3 BKat).
Besonderheiten in der Person des Betroffenen und/oder in den Umständen der Tatbegehung, die ein Abweichen von der dort vorgesehen Sanktion rechtfertigen konnte, sind im vorliegenden Fall im Hinblick auf die vorsätzliche Begehungsweise sowie einer berücksichtigungsfähigen Voreintragung zu erkennen. Die Bußgeldkatalogverordnung geht beim Regelsatz, soweit der Verstoß - wie hier - in Abschnitt I des Bußgeldkatalogs aufgeführt ist, von fahrlässiger Begehungsweise aus (§ 1 Abs. 2 BKatV). In Abweichung hiervon ist es damit im Hinblick auf die vorsätzliche Begehungsweise zunächst erforderlich, in Anwendung von § 3 Abs. 4a BKatV den Regelsatz der Geldbuße zu verdoppeln und anschließend geringfügig zu Lasten des Betroffenen die zu berücksichtigende Voreintragung zu werten, wobei unter Berücksichtigung dieser Ahndungskriterien eine Geldbuße in Höhe von 300,00 Euro zur Überzeugung des Gerichts als tat- und schuldangemessene Sanktionierung angesehen wird, auch wenn der Betroffene keinen Einblick in seine berufliche Stellung und wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt hat. Jedoch ist nicht davon auszugehen, dass der Betroffene durch diese Verurteilung in wirtschaftlich unzumutbarer Weise beansprucht wird (§ 17 Abs. 3 OWiG).
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG.