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Nr: NJRE001602127


LG Wiesbaden 3. Zivilkammer, Urteil vom 19.Februar 2025 , Az: 3 O 269/24


Langtext

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Dem Kläger werden die Kosten des Rechtsstreites auferlegt.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 20.000, -- EUR festgesetzt.


Tatbestand

Der Kläger begehrt die Löschung der im Datenbestand der Beklagten gespeicherten, im Klageantrag bezeichnete Einträge der G. P.P. GmbH zur Kontonummer ... samt Forderungsverlauf, der Unterlassung erneuter Speicherung sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Die Beklagte ist eine Wirtschaftsauskunftei. Sie erteilt gegenüber Unternehmen u.a. Auskünfte über die Bonität von Verbrauchern in Gestalt eines von ihr ermittelten Score-Wertes. Sie gibt außerdem Auskünfte über laufende oder vergangene Insolvenzverfahren von Verbrauchern, auch über innerhalb der zurückliegenden Jahre erfolgten Restschuldbefreiungen nach § 300 InsO. Verbraucher können bei ihr unter anderem eine Bonitätsauskunft beantragen, um diese beispielsweise an einen Vermieter oder ein Kreditinstitut weiterzugeben.

Die Datei der Beklagten enthält den im Klageantrag genannten Eintrag.

Der Kläger wandte sich mit anwaltlichem Schreiben vom 23.02.2024 an die Beklagte und forderte sie zur Löschung auf.

Die Beklagte lehnte die Löschung des streitgegenständlichen Eintrages ab.

Der Hintergrund des Eintrages ist, dass der Kläger seinerzeit ein Konto mit einem Dispositionskredit bei der S.Bank unterhalten hat. Das Girokonto hatte der Kläger zum 25. März 2019 um EUR 785,69 überzogen. Am 17. November 2020 trat die S.-Bank W. eG die zugrundeliegende Forderung an die GFKL ab, welche, nachdem der Kläger die Forderung immer noch nicht ausgeglichen hatte, das gerichtliche Mahnverfahren gegen den Kläger vor dem Amtsgericht Hagen einleitete. Am 30. Dezember 2020 erließ das Amtsgericht Hagen einen Vollstreckungsbescheid über EUR 1.100,38 gegen den Kläger zum Aktenzeichen ... Diesen stellte das Amtsgericht Hagen dem Kläger am 7. Januar 2021 zu. Weder gegen den Mahn- noch gegen den Vollstreckungsbescheid legte der Kläger Rechtsmittel ein. Ab März 2021 begann der Kläger die Gesamtforderung in Teilbeträgen abzuzahlen. Anfang 2022 belief sich die Forderung auf EUR 228, --. Die GFKL machte dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 25.10.2022 die zu diesem Zeitpunkt noch rückständige Forderung in Höhe von 232,40 Euro einschl. Zinsen und Kosten geltend. Am 9. November 2022 beglich der Kläger die offene Forderung über zuletzt EUR 228,--, die inzwischen an die Beklagte gemeldet worden war. Die Beklagte hat hierauf einen entsprechenden Erledigungsvermerk in ihren Datenbestand aufgenommen.

Der Kläger behauptet, dass er den Dispositionskredit mit lediglich 150, -- EUR in Anspruch genommen habe. Da er kurze Zeit später mit seinem Konto zur S.kasse gewechselt sei, sei der Ausgleich des Dispos in diesem Zusammenhang unglücklicherweise in Vergessenheit geraten. Der Kläger ist der Auffassung, dass im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen sei, dass es sich lediglich um eine geringe Bagatellforderung gehandelt habe, die er zudem direkt, nachdem er von der GFKL diesbezüglich angeschrieben worden sei, vollständig ausgeglichen habe. Da er auch später nicht mehr zahlungsfällig geworden sei, stelle er keinerlei Gefahr für die deutsche Finanzwirtschaft dar. Er ist der Auffassung, dass ein Löschungsanspruch bestehe; da die weitere Speicherung gem. Art. 17 Abs. 1 lit. a) DSGVO nicht mehr notwendig sei. Des Weiteren ist der Kläger der Auffassung, dass die GFKL zur Meldung des Zahlungsrücktandes an die Beklagte nicht bevollmächtigt gewesen sei. Eine entsprechende Beauftragung zur Meldung ergebe sich insbesondere nicht automatisch im Rahmen einer Beauftragung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz, die, anders als Art. 28 DS-GVO durch die Dokumentationspflicht implizit verlangt, auch mündlich erfolgen könne. Insoweit beinhalte eine Rechtsdienstleistung keine Berechtigung des Rechtsdienstleisters, Daten an einen Dritten zu übermitteln. Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass er ein besonderes Interesse an der vorzeitigen Löschung gem. Art. 17 Abs. 1 lit. c) DSGVO iVm. Art. 21 DSGVO habe, welches das Interesse der Beklagten an der Speicherung überwiege. Hierzu behauptet er, dass er zusammen mit seiner Ehefrau und den zwei Kindern (6 Jahre alter Junge und 10 Jahre altes Mädchen) derzeit eine Wohnung mit 2 Zimmern und ca. 58 qm Fläche bewohne. Die beiden Kinder nutzten dabei eine kleine Nische in der Wohnung mit ca. 8 qm Fläche als Kinderzimmer, wobei sie in einem Hochbett schlafen würden. Dieses Zimmer sei für die beiden Kinder deutlich zu klein (geworden), dies auch deshalb, weil die Familie bei der Anmietung 2016 nur aus 3 Personen bestanden und auch kein weiterer Nachwuchs geplant gewesen sei. Da der mittlerweile 6-jährige Junge zudem ebenfalls schulpflichtig sei, benötige er Platz sowie einen Schreibtisch, um zu lernen und um Hausaufgaben machen zu können. Hinzu komme, dass die Kinder aufgrund ihres fortschreitenden Alters und der unterschiedlichen Geschlechter ohnehin räumlich getrennt werden müssten. Aus diesem Grund seien sie seit über einem Jahr auf der Suche nach einer größeren Wohnung, was jedoch bislang ausschließlich aufgrund der durch den hiesigen Eintrag bedingten negativen ... Auskunft gescheitert sei. Mittlerweile sei es nicht möglich, eine entsprechende Immobilie mit einer negativen ... Auskunft anzumieten, da von den potentiellen Vermietern regelmäßig die Vorlage einer (positiven = ohne Zahlungsstörungen) ... Auskunft gefordert werde. Aufgrund der derzeitigen Wohnungsknappheit und des stark umkämpften Mietmarktes ständen einem potentiellen Vermieter in der Regel mehrere solvente Mieter, die zudem über eine positive ... Auskunft verfügten, zur Auswahl, so dass er und seine Frau regelmäßig das Nachsehen hätten, obwohl ihr monatliche Einkommen mit insgesamt ca. 4.000,00 Euro netto zzgl. Kindergeld in Höhe von 500, -- EUR ausreichen würde. Erschwerend komme hinzu, dass sich in der jetzigen Wohnung starker gesundheitsgefährdender Schimmel an der Decke sowohl in der Küche als auch im Bad über die letzten 1,5 Jahre ausgebreitet habe. Ein Verbleib in der Wohnung bis zur regulären Löschung des hiesigen Eintrages im November 2025 sei ihnen daher auch aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Letztlich sei aber auch die Küche in der derzeitigen Wohnung für nunmehr 4 Personen mit nur ca. 3 qm viel zu klein. Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass auch ein Unterlassungsanspruch bestehe, da die Gefahr einer erneuten Speicherung bestehe. Es sei so, dass die Beklagte selbst nach erfolgter Löschung aus der ... Auskunft noch über alle (ehemals) vorhandenen Einträge verfüge und diese denklogisch auch beauskunften könnte bzw. in anderen Verfahren schon beauskunftet habe. Dieses ergebe sich aus einem vor dem Landgericht Wiesbaden vormals anhängigen Parallelverfahren zum Az. 5 O 117/21. In diesem Verfahren habe die Beklagte auf Seite 3 ff. zahlreiche und detaillierte Ausführungen zu – vermeintlichen – Einträgen aus dem Datenbestand des dortigen Klägers gemacht, die bereits seit über einem Jahr und länger gelöscht waren und von denen sie keinerlei – detaillierte – Kenntnis mehr hätte haben dürften. Aufgrund dieser Erfahrung mit der Beklagten müsse daher auch im hiesigen Fall davon ausgegangen werden, dass die Beklagte im Fall der Löschung der hiesigen Einträge diese weiterhin „intern“ speichern und sie wieder gegenüber Dritten beauskunften würde, spätestens dann, wenn ihre eigenen Interessen betroffen seien oder sie sich einen Vorteil davon verspreche. Des Weiteren ist der Kläger der Auffassung, dass er gemäß Art. 82 Abs. 1, 2 DS-GVO auch einen Anspruch auf Ersatz seines immateriellen Schadens in Gestalt eines Schmerzensgeldes habe. Durch die rechtswidrige Speicherung und Verwendung der vorliegenden Daten sei er stigmatisiert worden. Zudem würde ihn die schon lange andauernde erfolglose Suche nach einer neuen Wohnung psychisch sehr belasten. Hinzu kommt die tägliche gesundheitliche Belastung durch den großflächigen Schimmel der gesamten Familie des Klägers, die ihm psychisch ebenfalls extrem zusetze.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt,

a) die folgenden bezüglich des Klägers in ihrem elektronischen Datenbestand gespeicherten Daten zu löschen:

Eintrag der G. P.P. GmbH zur Kontonummer

... samt Forderungsverlauf.

b) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von höchstens 25.000,00 Euro oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken gegen eines der Mitglieder des Vorstandes der Beklagten, zu unterlassen, die folgenden Daten nach erfolgter Löschung erneut zu speichern oder gegenüber Dritten zu beauskunften:

Eintrag der G. P.P. GmbH zur Kontonummer

... samt Forderungsverlauf,

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 5.000,00 Euro, zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit,

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 1.305,43 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Löschungsanspruch nicht bestehe, da die gespeicherten Informationen für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Klägers von erheblicher Bedeutung seien. Die streitgegenständlichen Informationen verdeutlichten, dass der Kläger seine Verbindlichkeiten nicht wie geschuldet beglichen habe. Dieses sei für potentielle Vertragspartner von erheblicher Bedeutung, denn ein nachlässiges Zahlungsverhalten in der Vergangenheit könne die Annahme rechtfertigen, dass auch in Zukunft Schwierigkeiten in der Vertragserfüllung auftreten würden. Hieraus folge ein berechtigtes Interesse potentieller Vertragspartner am Schutz vor dem Abschluss kreditrelevanter Verträge mit Zahlungsunfähigen oder –unwilligen. Des Weiteren ist die Beklagte der Auffassung, dass auch keine besondere Situation wegen des vorgetragenen Wunsches auf Anmietung einer Immobilie bzw. Wohnung bestehe, zumal die Anmietung einer Wohnung trotz des bestehenden Eintrages nicht völlig ausgeschlossen sei. Die vom Kläger behauptete Situation, deren Vorliegen die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, sei schon nicht geeignet, besonders zugunsten des Klägers berücksichtigt zu werden oder sogar eine besondere Situation im Sinne des Artikel 21 Absatz 1 DS-GVO darzustellen. Voraussetzung des Art. 21 Abs.1 DS-GVO sei, dass es sich um eine atypische Situation handle, die die jeweilige Person deutlich von anderen Personen unterscheide. Die Erschwerung des Erwerbs einer Immobilie oder eines neuen Autos seien gerade keine individuellen Schwierigkeiten, die den Kläger von sonstigen Schuldnern unterscheide. Es handele sich dabei vielmehr gerade um die typischen Folgen früheren nicht vertragsgemäßen Zahlungsverhaltens. Des Weiteren bestehe auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nicht, da sich die dem streitgegenständlichen Eintrag zugrundeliegende Forderung unstreitig am 9. November 2022 erledigt habe. Für eine erneute Einmeldung der zugrundeliegenden Forderung durch die Vertragspartnerin bestehe daher kein Anlass. Insbesondere nehme sie generell keine zum Zeitpunkt der Einmeldung bereits erledigten Forderungen in ihren elektronischen Datenbestand auf. Letztendlich bestreitet die Beklagte auch den Eintritt eines kausal auf den Eintrag beruhenden Schadens


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der mit dem Klageantrag geltend gemachte Anspruch auf Löschung der bei der Beklagten gespeicherten Daten des Klägers besteht nicht.

Soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit der Speicherung mit der fehlenden Vollmacht der Inkassodienstleisterin begründet, verfängt dieser Einwand bereits deshalb nicht, da die ursprüngliche Vertragspartnerin des Klägers die Forderung unstreitig an diese abgetreten hatte, so dass sie als Anspruchsinhaberin auch für die Einmeldung der Forderung bei der Beklagten aktivlegitimiert war.

Ein Anspruch auf Löschung der Daten ergibt sich auch nicht aus Art. 17 Abs. 1 lit. d DSGVO. Die Speicherung der Daten ist rechtmäßig erfolgt. Die Speicherung der Daten des Klägers ist zulässig gemäß Art. 5 und 6 DSGVO. Die Beklagte stellt ihren Vertragspartnern Informationen zur Verfügung, die geeignet sind, die Vertragspartner vor Verlusten im Kreditgeschäft mit natürlichen Personen zu schützen. Die Speicherung der Daten erfolgt auf rechtmäßige und nachvollziehbare Weise (Art. 5 Abs. 1 lit. a DSGVO). Der genannte Zweck der Datenspeicherung ist eindeutig festgelegt und legitim (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO). Die Speicherung der Daten ist angemessen und erheblich, die Daten sind zudem sachlich richtig und auf dem neuesten Stand (Art. 5 Abs. 1 lit. c, d DSGVO). Die Verarbeitung der Daten ist auch zur Wahrung der berechtigten Interessen der Vertragspartner der Klägerin erforderlich (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Die Beklagte speicherte Daten zur Wahrung ihrer berechtigten Interessen als Schutzorganisationen der Wirtschaft sowie im Interesse ihrer Vertragspartner (BGH, Urteil vom Juli 2018 – 111 ZR 183/17). Die Tätigkeit der Beklagten erfolgt somit einerseits im Interesse der Allgemeinheit, andererseits aber insbesondere auch im Interesse der Vertragspartner der Beklagten (Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 31. Juli 2019 – 8 O 49/19, Amtsgericht Wiesbaden, Urteil vom 11. März 2019 – 93 C 2195/18 (77); Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 21. Februar 2019 – 2 O 237/18; Landgericht Köln, Urteil vom 23. August 2019 -7 O 348/18). Indem die Beklagte ihren Vertragspartnern Informationen zu einer Kreditentscheidung bereitstellt, schützt sie diese vor Verlusten und Risiken im Kreditgeschäft und ermöglicht eine schnelle Prüfung von Chancen und Risiken eines potentiellen Geschäftsabschlusses. Sinn und Zweck eines solchen Kreditinformationssystems, wie es die Beklagte unterhält, ist der Schutz der Wirtschaftsteilnehmer vor zahlungsunfähigen und zahlungsunwilligen Schuldnern (LG Wiesbaden, Urteil vom 2.12.2015 - 40 30/15). Kreditinformationssysteme erfüllen wirtschaftsschützende Funktionen und sind als wichtige Voraussetzung für das Wirtschaftsleben anzusehen. Die von der Beklagten bereitgestellten Informationen tragen letztlich auch dazu bei, dass Kreditinteressenten schneller und einfacher Kredite erhalten können. Die Persönlichkeitsrechte des Klägers überwiegen nicht die berechtigten Interessen der Beklagten und ihrer Vertragspartner. Bonitätsauskünfte sind von dem Kläger hinzunehmen (BGH, Urteil vom 24. 6. 2003 - VI ZR 3/03). Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte geht vorliegend zu Gunsten einer Zulässigkeit der Bonitätsauskunft aus. Es besteht kein überwiegendes Interesse des Klägers an der Löschung der Eintragungen. In Bezug auf ein etwaiges überwiegendes Interesse oder Grundrechte oder Grundfreiheiten des Klägers, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO („sofern nicht`)). Wenn der Kläger seiner ihm obliegenden Darlegungs- und Glaubhaftmachungspflicht nicht nachkommt, genügt die Darlegung des Vorliegens der berechtigten Interessen der Verarbeitung durch die Beklagte (OLG Hamm, Urteil vom 13. März 2018, Az. 26 U 4/18 in CR 2018, 396; LG Köln, Urteil vom 4. Oktober 2018, Az. 70 114/18). Überwiegende Interessen des Klägers sind vorliegend nicht zu erkennen. Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich ein solches Interesse nicht daraus, dass über ihn im Rahmen des gesamten Zeitraumes lediglich die Meldung eines Vertragspartners hinsichtlich eines vertragswidrigen Verhaltens vorliegt. Im Rahmen der Interessenabwägung sind nämlich auch die Anzahl der Mahnungen und der Zeitraum bis zur Erfüllung der Forderung zu berücksichtigen sowie der Umstand, dass die Forderung erst nach Titulierung beglichen wurde. Das gesamte Zahlungsverhalten des Klägers hinsichtlich der streitgegenständlichen Forderung steht einer vorzeitigen Löschung entgegen. Allein der Umstand, dass der Kläger über diesen langen Zeitraum nicht in der Lage war, die entsprechenden Zahlungen zu erbringen, rechtfertigt es für die Beklagte, die Daten nach dem dargestellten Schutzzweck zu speichern. Soweit der Kläger behauptet, dass er die Forderung lediglich „vergessen“ habe, stellt dieses eine reine Schutzbehauptung des Klägers dar. In Anbetracht des seitens der Vertragspartnerin eingeleiteten Mahnverfahrens, in dem nicht nur ein Mahnbescheid- sondern auch ein Vollstreckungsbescheid erlassen wurde, erscheint es abwegig, dass der Kläger erst durch das Schreiben der GFKL Kenntnis von der Forderung erlangte. Der Kläger kann eine Löschung auch nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. a DSGVO verlangen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Notwendigkeit der Speicherung der Daten nicht dadurch entfallen, dass die Forderung inzwischen getilgt wurde. Wie bereits ausgeführt, ist für Vertragspartner der Beklagten auch der Umstand, dass der Kläger derartige Forderungen erst nach über einem Jahr und letztlich erst nach erfolgter Titulierung von erheblichem wirtschaftlichem Gewicht. Die Beklagte speichert den Forderungsverlauf im Übrigen zutreffend, d.h. aus der Bonitätsauskunft des Klägers ergibt sich, dass die Forderung getilgt wurde. Eine vollständige Löschung wegen fehlender Notwendigkeit kann jedoch nicht verlangt werden. Insoweit stellen die Prüfungs- und Löschungsfristen durch die Verhaltensregeln des Verbandes „Die Wirtschaftsauskunfteien e.V." eine zulässige Konkretisierung der Speicherfristen vor.

Schließlich besteht auch kein Löschungsanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. c DSGVO. Danach ist erforderlich, dass die betroffene Person gemäß Art. 21 Abs. 1 DSGVO Widerspruch gegen die Verarbeitung eingelegt hat und keine vorrangigen berechtigten Gründe für die Verarbeitung vorliegen. Der Widerspruch dient als Korrektiv im Einzelfall, indem er eine rechtmäßige Datenverarbeitung ausnahmsweise unterbindet. Um die Wertung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO nicht auszuhöhlen, muss daher eine atypische Situation etwa rechtlicher, wirtschaftlicher, ethischer, sozialer, gesellschaftlicher und/oder familiärer Natur vorliegen. Die betroffene Person muss ihren Widerspruch mit konkreten Tatsachen begründen und hat auf Verlangen des Verantwortlichen Nachweise beizubringen (LG Stade, Urteil vom 27.2020, 6 O 274/19, Seite 7, Paal-Pauly, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 21 Rn. 12, Taeger-Gabel-Munz, DSGVO, Art. 21, Rn. 15,16 m.w.N.). Vorliegend hat der Kläger eine solche atypische Situation, aufgrund derer eine fortdauernde Verarbeitung unzumutbar wäre, nicht dargelegt. Die geschilderte Situation um die Erforderlichkeit der Anmietung einer größeren und mangelfreien Wohnung begründet eine derartige besondere Situation nicht. Die Erschwerung der Anmietung einer größeren Wohnung sind gerade keine individuellen Schwierigkeiten, die den Kläger von sonstigen Schuldnern unterscheiden. Es handelt sich dabei vielmehr gerade um die typischen Folgen früheren nicht vertragsgemäßen Zahlungsverhaltens. (vgl. Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 10. August 2022, Az. 9 U 24/22, ZVI 2022, 386), die dazu führen, dass neuere Anschaffungen sowie die Verbesserung des bisherigen Lebensstandards durch die Neuanmietung von größeren oder hochwertigeren Wohnraum für einen bestimmten Zeitraum erschwert wird. Soweit der Kläger auf den vorhandenen Schimmel in den derzeitigen Mieträumen hinweist, so stehen ihm-soweit dieser Mangel aus der Sphäre des Vermieters stammt- die Gewährleistungsrechte des Mietrechts zur Verfügung. Er ist insoweit gehalten, die in diesem Fall bestehenden Mängelbeseitigungsrechte gegenüber dem Vermieter geltend zu machen.

Dem Kläger ist es daher zumutbar, mit der Anmietung einer neuen Wohnung bis zur Löschung der Einträge zuzuwarten. Überwiegende Interessen des Klägers ergeben sich daher aus den von ihm geschilderten Umständen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Der Kläger hat zudem keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB. Wie dargelegt, besteht kein Anspruch auf Löschung der streitgegenständlichen Einträge.

Mangels Rechtswidrigkeit der Eintragung ergeben sich auch weder ein Anspruch auf Schmerzensgeld noch auf die Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten, da der Beklagten insoweit kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Entsprechend ergibt sich daraus auch kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen.

Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.