- 29.05.2024
- juris PraxisReport Familien- und Erbrecht
Rechtsprechungsänderung zur Elternschaft leiblicher Väter
Besteht nicht nur eine rechtliche Vaterschaft eines nicht leiblichen Vaters, sondern zudem auch eine sozial-familiäre Beziehung zwischen ihm und dem Kind, ist eine Anfechtung durch den leiblichen Vater (§§ 1599 ff. BGB) gemäß § 1600 Abs. 2, 3 BGB nicht möglich. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 hatte das BVerfG zu diesem gesetzlichen Ausschluss ausgeführt, dass Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu entnehmen sei, dass sich die leibliche stets gegenüber der rechtlichen Elternschaft durchsetzen müsse. Die Grundrechtsnorm gewähre kein Recht des leiblichen Vaters, in jedem Fall vorrangig vor dem rechtlichen Vater die Vaterstellung eingeräumt zu erhalten und diesen damit aus seiner Vaterposition zu verdrängen (BVerfG, Beschl. v. 09.04.2003 - 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/01 - NJW 2003, 2151, 2154). Dass der Gesetzgeber mit § 1600 Abs. 2, 3 BGB dem rechtlichen, nicht leiblichen, Vater bei bestehender sozial-familiärer Beziehung einen Vorrang eingeräumt hat, akzeptierte das BVerfG seinerzeit unter Hinweis darauf, dass mit der andernfalls eintretenden rechtlichen Neuzuordnung der Zusammenhalt des bisherigen Familienverbands, in dem das Kind lebt, durch die Auflösung der Rechtsbeziehungen seiner Mitglieder beeinträchtigt würde. Aus der Divergenz von rechtlicher Zuordnung und sozial-familiärer Beziehung könnten Konflikte entstehen, die einerseits eine Erziehung des Kindes zu seinem Wohl gefährdeten und andererseits dem Kind die Orientierung erschwerten, zu wem es gehört.
Ob diese Auffassung in Anbetracht neuerer Erkenntnisse aufrechterhalten werden kann, musste das BVerfG anlässlich einer Verfassungsbeschwerde eines leiblichen Vaters entscheiden, welchem vom Oberlandesgericht trotz erheblicher eigener Bemühungen, Elternstelle zu werden, ausschließlich wegen einer sozial-familiären Beziehung zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung zum rechtlichen Vater der Zugang zum Elternrecht verweigert wurde.