- 28.08.2024
- Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (DZWIR)
Der Nachteilsausgleich streikbedingter Drittschäden
I. Ausgangspunkt
Streiks der letzten Zeit haben erneut gezeigt, dass der Arbeitskampf nicht nur den Arbeitgeber als Streikgegner der Arbeitnehmer betrifft, sondern, wie von der gewerkschaftlichen Streikleitung strategisch geplant, die Allgemeinheit in Mitleidenschaft zieht und zum Teil massiv schädigt. Der durch den Streik erzeugte Druck auf den Streikgegner wird also von zwei Seiten ausgeübt. Einmal als action directe und einmal als indirekt erzeugter Druck auf den Streikgegner seitens der Öffentlichkeit, die auf die vom Streikgegner zu erbringenden Leistungen angewiesen ist. Diese Nachteile und Schäden sind zwar schwer zu quantifizieren und im Sinn des Adäquanzurteils rechtlich schwer zu fassen; sie sind aber auf jeden Fall für den betroffenen Bürger einschneidend und können fallweise sogar bedrohlich sein. Einen Anhaltspunkt zur Methodik der Berechnung solcher Schäden bieten die Berechnungen zu den Kosten von Verkehrsstauungen. Damit wird die Frage nach den Grenzen des Streikrechts wieder aktuell. Zuletzt war das 2024 der Fall im Streik der GDL-Gewerkschaft deutscher Lokführer. Rechtsprechung und Literatur versuchen, solche Grenzen aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz herzuleiten. Dabei werden im Sinn einer juristischen Topik Fallgruppen isoliert, etwa aus den verschiedenen Bereichen der Daseinsfürsorge, aus welchen spezifische Interessen und Gegeninteressen ermittelt werden, die dann auf die Waage der sich jeglicher Systematik entziehenden Verhältnismäßigkeit gelegt und gewogen werden.