• 15.01.2024
  • Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)

Sonderbetriebsausgabenabzug bei Auslandsbezug (§ 4i EStG)

Sonderbetriebsausgabenabzug bei Auslandsbezug (§ 4i EStG)

Das FG Münster hat mit Urteil vom 31.8.2023 (10 K 2613/20 F) zum Sonderbetriebsausgabenabzug bei Auslandsbezug entschieden. Die Richterin am FG Katja Kruse kommentiert das Urteil und gibt Hinweise für die Praxis:

I. Problemstellung

Im vorliegenden Fall hatte das FG zu klären, ob die von einer in den Niederlanden ansässigen Kommanditistin geleisteten Refinanzierungszinsen für Darlehen der ebenfalls in den Niederlanden ansässigen Muttergesellschaft (= Darlehensgeberin), mit der sich die Kommanditistin in den Niederlanden in einer sog. niederländischen Gruppenbesteuerung für ertragsteuerliche Zwecke (sog. „fiscale eenheid“) befand, dem steuerlichen Abzugsverbot des § 4i Satz 1 EStG unterliegen.

Dieser Entscheidung lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die in den Niederlanden ansässige Kommanditistin der Klin. hatte im Streitjahr an ihre ebenfalls in den Niederlanden ansässige Muttergesellschaft Refinanzierungszinsen geleistet und diese Refinanzierungszinsen in ihrer Sonderbilanz als SBA berücksichtigt. In dem von der Klin. erklärten Gesamtgewinn für das Streitjahr waren diese SBA entsprechend gewinnmindernd berücksichtigt. Im Rahmen einer Bp vertrat der Bekl. die Auffassung, dem Abzug der Refinanzierungszinsen stünde das Abzugsverbot des § 4i Satz 1 EStG entgegen. Die Refinanzierungszinsen seien sowohl im In- als auch im Ausland doppelt berücksichtigt worden. Dem stehe nicht entgegen, dass sich die Kommanditistin zusammen mit ihrer Darlehensgeberin in den Niederlanden in einer sog. niederländischen Gruppenbesteuerung für ertragsteuerliche Zwecke befände und danach konzerninterne Transaktionen – hier also die Darlehensbeziehungen zwischen der Kommanditistin und ihrer Muttergesellschaft – für steuerliche Zwecke in den Niederlanden unbeachtlich blieben. Denn im Ergebnis sei bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage des niederländischen Konzerns zwar der Zinsaufwand der Kommanditistin steuerlich unbeachtlich, gleichzeitig bliebe aber auch der Zinsertrag bei der Muttergesellschaft unberücksichtigt, so dass im Ergebnis dennoch eine Minderung der ausländischen Steuerbemessungsgrundlage i.S. des § 4i Satz 1 EStG vorliege.

II. Rechtslage und Rechtsauffassungen

Die Vorschrift des § 4i EStG findet erstmals für VZ ab 2017 Anwendung. Während gerichtliche Entscheidungen zu dieser Norm – soweit ersichtlich – zumindest bislang nicht veröffentlicht worden sind, hat sich das Schrifttum zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm in zahlreichen Beiträgen und Kommentierungen geäußert. Allerdings bestehen innerhalb der Literatur nicht nur zu der hier vom FG zu entscheidenden Fragestellung, sondern auch zu den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm unterschiedliche Rechtsauffassungen. Im Streitfall hatte sich das FG zunächst zu der Frage zu positionieren, nach welchen Grundsätzen die „Minderung“ der ausländischen „Steuerbemessungsgrundlage“ zu ermitteln ist. Diesbezüglich wird von einem Teil der Literatur die Auffassung vertreten, dass dieser Begriff aus dem nationalen Verständnis heraus auszulegen sei. Dagegen wird von anderer Seite argumentiert, dass die verwendeten Fachbegriffe mangels einer international einheitlich abgestimmten Begriffsbestimmung gerade nicht immer eindeutig zu bestimmen seien, so dass jedenfalls die Auslegung des Begriffs „Steuerbemessungsgrundlage“ nicht aus einem deutschen Verständnis heraus zu erfolgen habe. Daneben hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob bzw. inwieweit die spezifische steuerliche Behandlung von gruppeninternen Transaktionen einer niederländischen Konzerngesellschaft zu einer doppelten Berücksichtigung der hier streitigen Refinanzierungszinsen im In- und im Ausland geführt hat.

III. Die Entscheidung des FG

Das FG sah die Voraussetzungen des § 4i Satz 1 EStG als nicht erfüllt an und hat der Klage dementsprechend stattgegeben. Es hat dabei die Auffassung vertreten, dass auf Grund der Verwendung des spezifisch steuerlichen Begriffs „Steuerbemessungsgrundlage“ im Gesetzestext die Ermittlung der Minderung derselben aus einem nationalen Verständnis heraus zu ermitteln ist. Da die im Rahmen der sog. vollkonsolidierenden Gruppenbesteuerung in den Niederlanden geltende steuerliche Unbeachtlichkeit gruppeninterner Transaktionen im Ergebnis dazu führt, dass die Zinsaufwendungen der Kommanditistin im Rahmen der Ermittlung des Konzernergebnisses „außer Acht“ bleiben, ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass – bezogen auf die hier in Rede stehenden Schuldzinsen – tatsächlich keine Minderung vorgelegen hat. Dafür, dass neben den hier in Rede stehenden Schuldzinsen auch die entsprechend korrespondierenden Zinserträge der Muttergesellschaft, die für steuerliche Zwecke im Rahmen der vollkonsolidierenden Gruppenbesteuerung ebenfalls unbeachtlich bleiben, bei der Prüfung der Minderung der Steuerbemessungsgrundlage im Rahmen einer Gesamtbetrachtung miteinzubeziehen sind, sah das Gericht, insbesondere auch im Hinblick auf den ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzestextes sowie den systematischen Aufbau dieser Vorschrift, keine Veranlassung. Ebenfalls hat es das Gericht als unerheblich angesehen, dass die Kommanditistin in ihrem eigenen Jahresabschluss sowohl die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Muttergesellschaft bilanziert als auch die Refinanzierungszinsen als Betriebsausgaben berücksichtigt hat.

IV. Einordnung und Würdigung der Entscheidung

Der vorliegende Fall dürfte deutlich gemacht haben, dass die Vorschrift des § 4i EStG im Zusammenspiel einer grenzüberschreitenden Beteiligung an Mitunternehmerschaften mit den jeweiligen nationalen Besteuerungssystemen der einzelnen Länder komplexe Fragen aufwirft; zumal die hier zu entscheidende Streitfrage ausschließlich den Fall der sog. vollkonsolidierenden Gruppenbesteuerung in den Niederlanden betrifft. Anzumerken bleibt insoweit, dass mit der Einführung des § 4k EStG mit Wirkung ab dem 1.1.2020 ab diesem Zeitpunkt auf Grund geänderter steuergesetzlicher Regelungen ein Abzug solcher Zinsaufwendungen ausgeschlossen worden ist.

Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)

Quelle:
Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)

Fundstelle:
EFG 2023, 1765-1769

Autoren:
Richterin am FG Katja Kruse