- 21.02.2024
- Steuer und Wirtschaft (StuW)
Zur Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften
Wer eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zu einem über dem Buchwert liegenden Preis veräußert, realisiert einen Gewinn. Es läge nahe, dass solcher Gewinn – ebenso wie ein Gewinn aus der Veräußerung von Waren oder Grundstücken – auch in voller Höhe steuerlich erfasst würde. Ein Blick in das geltende Recht offenbart, dass dies nicht der Fall ist (§ 8b Abs. 2 KStG, § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a–c, § 32d Abs. 1 EStG). Stattdessen werden Rechtsfolgen ausgelöst, die denen entsprechen, die auf ausgeschüttete Gewinne einer Kapitalgesellschaft angewendet werden, demnach Rechtsfolgen, mit denen eine auf Ebene der Kapitalgesellschaft angefallene Körperschaft- und Gewerbesteuerbelastung pauschalierend angerechnet wird (§ 8b Abs. 1 KStG, § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d, § 32d Abs. 1 EStG). Es sind Rechtsfolgen, die dem Besteuerungsaufschub Rechnung tragen, welcher seit der Abkehr vom Anrechnungsverfahren das geltende Körperschaftsteuerrecht prägt. Auf der Suche nach einer Begründung, die den Gesetzgeber vor über zwanzig Jahren dazu veranlasst haben könnte, derartige Veräußerungsgewinne wie ausgeschüttete Gewinne zu besteuern, stößt man auf die „These von der Totalausschüttung“. Diese Abhandlung zeigt auf, ob und inwieweit diese These zur Begründung der rechtlichen Gleichstellung von Veräußerungs- und Ausschüttungsvorgängen taugt. Dabei wird erkennbar, dass bei Beteiligungsveräußerungen innerhalb der derzeitigen Körperschaftsteuersystematik mit einem zweiten Besteuerungsaufschub umzugehen ist, der seit je mit stillen Reserven einhergeht und üblicherweise bei Veräußerung (Realisation) endet. Mit diesem zuletzt genannten Besteuerungsaufschub hat die „These von der Totalausschüttung“ aber nichts zu tun. Eine unvollständige Besteuerung bei Realisation stiller Reserven im Rahmen von Beteiligungsveräußerungen kann sie nicht begründen.