Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
In 2001 verstarb R. Aufgrund testamentarischer Erbfolge wurde er zu 1/2 von seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen beerbt. Die Erbengemeinschaft wurde nicht auseinandergesetzt. 2017 verstarb die Ehefrau. Sie wurde von ihren beiden Söhnen aus der Ehe mit R. beerbt. Auch diese Erbengemeinschaft wurde nicht auseinandergesetzt. Einer der Söhne verstarb in 2019. Beerbt wurde er aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau (Klägerin zu 1) und seinen Kindern (Kläger zu 2 und 3). Ihre Klage richtet sich gegen den noch lebenden Sohn von R. und dessen Ehefrau (Schwager und Onkel der Kläger).
Mit ihrer Stufenklage verfolgen die Kläger auf erster Stufe Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin (Ziffer 1), über den Verbleib von Nachlassgegenständen (Ziffer 2) und Schenkungen der Erblasserin an den Beklagten und an Dritte (Ziffer 3). Hinsichtlich der Anträge zu Ziffer 1 und 2 erklärten die Parteien übereinstimmend die Erledigung der Anträge. Durch Teilurteil wurde der Beklagte zu Auskunftserteilung über sämtliche Schenkungen der Erblasserin verurteilt. Im Übrigen wurde die Klage auf der ersten Stufe abgewiesen. Der Beklagte wandte sich mit seiner Berufung gegen das Urteil, soweit es zu seinen Ungunsten erging.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Das OLG Naumburg hat umfangreich mögliche Auskunftsansprüche der Kläger geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Auskunftserteilung über lebzeitige Schenkungen der Erbin an den Beklagten haben. So gebe es keinen Auskunftsanspruch aus § 2027 BGB, § 2314 BGB, § 666 BGB oder § 2057 BGB.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung bestätigt unter Berücksichtigung der einschlägigen Normen, dass der geltend gemachte Auskunftsanspruch nicht besteht.
1. Auskunftsanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer
Der Auskunftsanspruch von miterbenden Nichtbesitzern von Nachlassgegenständen gegen den besitzenden Miterben besteht grundsätzlich. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Miterbe die Nachlassgegenstände für die Gesamtheit der Erben im Besitz nimmt. Zwischen dem nicht besitzenden Erben und dem mitbesitzenden Miterben besteht aber kein Auskunftsanspruch nach § 2027 BGB. Ein Auskunftsanspruch aus § 2027 BGB umfasst Ansprüche über tatsächlich von der Auskunftsperson in Besitz genommene Nachlassgegenstände und Vermögenswerte, die im Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhanden waren. Auskunftsansprüche über Vermögenswerte, die durch lebzeitige Schenkungen weggefallen sind, werden von § 2027 BGB nicht erfasst (Weidlich in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 2027 Rn. 1 m.w.N.). Ansprüche gegen den Erbschaftsbesitzer können sich gegen diesen nur ergeben, soweit die Gegenstände oder Forderungen sich im Zeitpunkt des Erbfalls noch im Nachlass befanden.
2. Anspruch aus § 2314 BGB gegen den Erben
Der Anspruch aus § 2314 BGB auf Auskunft ist akzessorischen an die Stellung des Auskunftssuchenden als Pflichtteilsberechtigter gebunden. Der Erbe kann sich nicht auf § 2314 BGB wegen gewünschter Auskunft berufen.
3. Anspruch aus dem Auftragsrecht nach § 666 BGB
In ständiger Rechtsprechung auch des OLG Naumburg ist davon auszugehen, dass mit der Erteilung einer Kontovollmacht und konkreten Anweisung zur Nutzung der Vollmacht über ein Konto des Erblassers in der Regel ein Auskunftsverhältnis begründet wird. Hieraus können sich grundsätzlich Auskunftsansprüche ergeben. Diese Auskunftsansprüche können durch Erfüllung erlöschen. Davon ist auszugehen, wenn der Erblasser die Kontoauszüge erhielt, selbstständig prüfte und verwahrte. Tritt der Erbe in dieser Situation an die Stelle des Erblassers, sind Auskunftsansprüche gegen ihn erloschen.
4. Auskunftsanspruch aus § 2057 BGB
Der Auskunftsanspruch aus § 2057 BGB betrifft Zuwendung, die ein Miterbe gegenüber anderen Miterben nach den §§ 2050 bis 2053 BGB zur Ausgleichung zu bringen hat. Es müssen dann aber auch deren Voraussetzungen gegeben sein und im Verfahren dargelegt werden. Hat der Erblasser zu seinen Lebzeiten auf Verbindlichkeiten eines Miterben geleistet, die zu dem Zweck gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, handelt es sich um Zuschüsse i.S.d. § 2050 Abs. 2 BGB (Weidlich in: Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 2050 Rn. 8). Ausgleichspflichtige Zuschüsse nach § 2050 Abs. 2 BGB sind aber nur dann ausgleichspflichtig, wenn und soweit sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß übersteigen. Stehen die Leistungen des Erblassers sowohl bei isolierter Betrachtung als auch in der Gesamtschau des jährlichen Umfangs in einem angemessenen Verhältnis zu dem Einkommen und Vermögen des Erblassers, entstehen keine Ausgleichspflichten und damit auch keine Auskunftspflicht.