Keine (analoge) Anwendung des § 166 Abs. 3 HGB a.F. nach Inkrafttreten des MoPeGLeitsätze 1. Die Möglichkeit, nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. auf Antrag eines Kommanditisten die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlage der Bücher und Papiere gerichtlich anordnen zu lassen, ist mit dem Inkrafttreten des MoPeG zum Ablauf des 31.12.2023 entfallen. Das Recht auf Einsicht und Auskunft bestimmt sich nunmehr nach § 166 Abs. 1 HGB n.F. und ist auf dem ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen. 2. Eine analoge Anwendung des § 166 Abs. 3 HGB a.F. scheidet aus. 3. Ist ein Antrag zurückgewiesen worden und tritt vor der Entscheidung des Beschwerdegerichts eine Erledigung der Hauptsache ein, hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren kein berechtigtes Interesse an einer Feststellung nach § 62 Abs. 1 FamFG, dass ihm die angestrebte Entscheidung zu Unrecht versagt worden ist. 4. In vermögensrechtlichen Angelegenheiten kann ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 62 Abs. 1 FamFG nicht allein daraus hergeleitet werden, dass sich die angefochtene Entscheidung für den Beschwerdeführer wirtschaftlich nachteilig ausgewirkt hat. - A.
Problemstellung Die vorliegende Entscheidung betrifft die Frage, wie mit einem Sonderverfahren nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. umzugehen ist, das zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des MoPeG am 01.01.2024 noch lief. Denn mit dem MoPeG ist das Sonderverfahren zur Durchsetzung des Kontrollrechts des Kommanditisten entfallen. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass mit Inkrafttreten des MoPeG nur noch § 166 HGB n.F. anwendbar ist und eine – auch analoge – Anwendung von § 166 Abs. 3 HGB a.F. ausscheidet.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Der Sachverhalt kann für die Zwecke dieser Anmerkung deutlich vereinfacht dargestellt werden: Die Antragstellerin, eine Kommanditistin mit einer Beteiligung von fast einem Drittel, begehrte nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. die gerichtliche Anordnung zur Auskunftserteilung gegen die Antragsgegnerin, eine GmbH & Co. KG, die vermietete Immobilien besitzt. Die Antragstellerin argumentierte, dass stille Reserven im Immobilienvermögen nicht ausreichend berücksichtigt und Mietanpassungen nicht vorgenommen wurden. Darüber hinaus seien die Verwaltungskosten unangemessen hoch. Die Antragsgegnerin vertrat hingegen die Ansicht, dass keine Auskunftspflicht bestehe. Das Amtsgericht hat am 27.12.2023 den Antrag nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. mangels wichtigen Grundes abgelehnt. Im Januar 2024 erhob die Antragstellerin gegen diesen Beschluss Beschwerde nach den §§ 58, 59 FamFG. Ohne Erfolg, denn das OLG Düsseldorf hat die Beschwerde als unzulässig verworfen. Das OLG Düsseldorf stellt zunächst fest, dass es um eine unternehmensrechtliche Streitigkeit i.S.v. § 375 Satz 1 Nr. 1 FamFG a.F. i.V.m. § 166 Abs. 3 HGB a.F. gehe. Das Beschwerdegericht als Tatsacheninstanz habe die Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen. Mit Ablauf des 31.12.2023 sei das Sonderverfahren nach § 166 Abs. 3 HGB ersatzlos entfallen. Es existieren keine Übergangsvorschriften, die eine Anwendung des alten Rechts auf anhängige Verfahren ermöglichen. Der Auskunftsanspruch richte sich nunmehr nach § 166 Abs. 1 HGB n.F. und müsse im somit ordentlichen Rechtsweg nach der ZPO – und nicht in der freiwilligen Gerichtsbarkeit – geltend gemacht werden. Dieses könne auch nicht im Wege der Analogie korrigiert werden. Es fehle bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Senat verwies darauf, dass der Gesetzgeber bewusst keine Übergangsvorschriften für Verfahren nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. vorgesehen habe, im Gegensatz zu anderen Bereichen, wie beispielsweise dem Eintragungsverfahren für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (Art. 229 § 21 Abs. 4 EGBGB). Nach dem Willen der Gesetzgeber sollte der als überholt empfundene § 166 Abs. 3 HGB ersatzlos entfallen. Das jetzige Regime sei nicht als Rechtsschutzverkürzung zu werten, da der Kommanditist seine Rechte weiterhin im Zivilprozess durchsetzen und notfalls im einstweiligen Rechtsschutz (§§ 935 ff. ZPO) sichern könne. Abschließend erteilt der Senat der im Schrifttum vertretenen Ansicht eine Absage, § 166 Abs. 3 HGB a.F. gelte für bereits anhängige Verfahren fort (so Mock, NJW 2023, 3537 Rn. 22). Dies finde weder eine Stütze im Gesetz noch den Gesetzesmaterialien. Die parallele Geltendmachung berge die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Es sei Sache des Gesetzgebers, Übergangsvorschriften zu schaffen. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, als unzureichend empfundene Übergangsregelungen des Gesetzgebers zu korrigieren. Die Beschwerde war daher aufgrund der geänderten Rechtslage unzulässig. Darüber hinaus sah der Senat keinen Grund, eine Fortsetzungsfeststellung gemäß § 62 FamFG auszusprechen, da kein berechtigtes Interesse gemäß § 62 Abs. 2 FamFG vorlag. Ein Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen nach einem Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition bestehe hier nicht. Allein aus einem wirtschaftlichen Nachteil könne sich auch in vermögensrechtlichen Streitigkeiten (§ 61 Abs. 1 FamFG) kein solches berechtigtes Interesse ergeben (Sternal/Göbel, FamFG, 21. Aufl. 2023, § 62 Rn. 5).
- C.
Kontext der Entscheidung Zum 01.01.2024 ist § 164 Abs. 3 HGB durch das MoPeG entfallen. Das MoPeG selbst geizt mit Übergangsvorschriften und sieht diese nur partiell an ausgewählten Stellen vor (vgl. Mock, NJW 2023, 3537 Rn. 1). Für den Beschlussmängelstreit, für den es im Recht der Personenhandelsgesellschaft zum konzeptionellen Wechsel vom Nichtigkeitsmodell mit Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter zum Anfechtungsmodell der §§ 110 ff. HGB mit Gestaltungsklage gegen die Gesellschaft (§ 113 Abs. 2 Satz 1 HGB) gekommen ist (dazu Bachmann, NJW 2021, 3073 Rn. 10 ff.), geht die Regierungsbegründung von einer Fortführung eines unter dem Nichtigkeitsmodell erhobenen Feststellungsklage aus ( BT-Drs. 19/27635, S. 228). Insofern liegt die Frage auf der Hand, ob dieses auch beim Sonderverfahren des § 166 Abs. 3 HGB a.F. der Fall sein soll. Dies verneint das OLG Düsseldorf mit nachvollziehbaren Erwägungen, wenn auch Begründungsschwächen im Detail. Es ist richtig, dass die MoPeG-Gesetzesverfasser § 166 Abs. 1 Satz 2 HGB als Ersatz für den als Sonderverfahrensnorm ausgestalteten § 166 Abs. 3 HGB a.F. vorgesehen haben. Diesen sahen die Gesetzesverfasser zu Recht als überholt an (vgl. dazu und zum Folgenden Begr. RegE MoPeG, BT-Drs. 19/27635, S. 253 f.). Zunächst hatte die Rechtsprechung ein allgemeines, über § 166 Abs. 1 HGB a.F. hinausgehendes Informationsrecht aus § 166 Abs. 3 HGB abgeleitet (BGH, Beschl. v. 14.06.2016 - II ZB 10/15 - BGHZ 210, 363 = ZIP 2016, 1769 Rn. 13 ff.). Darüber hinaus war schon vor Inkrafttreten des MoPeG anerkannt, dass Informationsansprüche über § 166 Abs. 3 HGB hinaus im Zivilrechtswege geltend gemacht werden können und der einstweilige Rechtsschutz gemäß den §§ 935 ff. ZPO offensteht (vgl. Weipert in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 166 Rn. 36, 45; Hopt/Roth, HGB, 42. Aufl. 2023, § 166 Rn. 14). Das zeigt aber, dass das Argument des Senats, es bestünde bei Fortbestehen des FamFG-Verfahrens für anhängige Altfälle die Gefahr der parallelen Geltendmachung, zu dünn aufgehängt ist. Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob das Verfahren nach § 166 Abs. 3 HGB a.F. fortgesetzt werden kann, ist das Normverständnis dieser Norm. Unabhängig vom Streitstand zum Verhältnis der Absätze zueinander und ob ein allgemeiner Informationsanspruch anzuerkennen ist (vgl. konzis zu den vertretenen Auffassungen Hopt/Roth, HGB, § 166 Rn. 14; K. Schmidt, JuS 2017, 469) bestand zum früheren Recht Einigkeit, dass mit § 166 Abs. 3 HGB a.F. jedenfalls ein Sonderverfahren normiert wurde. Da dieses mit dem Inkrafttreten des MoPeG entfiel, ist die Annahme der Unzulässigkeit konsequent und folgerichtig. Darin, also im Wegfall des Sonderverfahrens, liegt auch das entscheidende Abgrenzungskriterium zum Grundsatz der perpetuatio fori, die auch im Recht des FamFG gilt (vgl. § 2 Abs. 2 FamFG, § 17 GVG), nach dem Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die einmal begründete sachliche oder örtliche Zuständigkeit nicht mehr beeinflussen können. Die abweichende Behandlung einer rechtshängigen Beschlussmängelklage nach altem Recht lässt sich über den Verweis auf die Gesetzgebungsgeschichte (Begr. RegE MoPeG, BT-Drs. 19/27635, S. 228) hinaus inhaltlich rechtfertigen. Die Beschlussmängelklage betrifft mit der Beschlussfassung in der Vergangenheit einen abgeschlossenen Zeitraum und wendet auf diesen das damals geltende Beschlussmängelrecht an. Das neue Recht ist nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts nur für Beschlüsse nach Inkrafttreten des MoPeG anwendbar (Drescher in: Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl. 2024, § 110 Rn. 11). Zudem wäre ein „Spurwechsel“ schon wegen der anderen materiell-rechtlichen Voraussetzungen (vgl. z.B. die Anfechtungsfrist des § 112 Abs. 1 HGB) nicht möglich. Hingegen kann der Kommanditist sein nicht erfülltes Auskunftsverlangen nach § 166 HGB n.F. weiterhin geltend machen, er ist lediglich auf ein Verfahren nach der ZPO verwiesen. Die strenge Bewertung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 62 Abs. 1, 2 FamFG entspricht der ganz h.M. (vgl. A. Fischer in: MünchKomm FamFG, 3. Aufl. 2018, § 25 Rn. 30 ff.; Frank in: Musielak/Borth/Frank, FamFG, 7. Aufl. 2022, § 25 Rn. 3), die einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff verlangt.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Der Beschluss klärt, dass § 166 Abs. 3 HGB a.F. nach dem 01.01.2024 auch in schon vorher laufenden Verfahren nicht mehr anwendbar ist. Unerfüllte Auskunftsansprüche sind vielmehr ausschließlich nach geltendem Recht und in einem der ZPO-Verfahren geltend zu machen. Laufende Altverfahren sind als unzulässig zu verwerfen. Rechtsanwälte in noch anhängigen Altverfahren sollten eine Antragsrücknahme gemäß § 22 Abs. 1 FamFG erwägen, die bis zur Rechtskraft ohne Zustimmung des Antragsgegners möglich ist und gemäß den §§ 83 Abs. 2, 81 FamFG (anders als nach § 269 ZPO) keine zwingende Kostenfolge hat.
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