Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Kläger war zum Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co KG bestellt worden. Der Beklagte war einer der drei Kommanditisten. Die Schuldnerin war als Dienstleisterin für Bauvorhaben ausführende Projektgesellschaften tätig. Sie arbeitete von Anfang an nicht rentabel. Die fälligen Verbindlichkeiten überstiegen jeweils die liquiden Mittel. Der Beklagte übernahm aufgrund einer Vereinbarung mit der Schuldnerin seit Beginn des Jahres 2017 die gesamte Bauleitung und Baubetreuung für die von der Schuldnerin zu betreuenden Bauvorhaben. Die Leistungen wurden in dem auf die Leistungserbringung folgenden Monat abgerechnet und bezahlt. Mit Schreiben vom 29.05.2019 wies der Geschäftsführer der späteren Insolvenzschuldnerin die Gesellschafter darauf hin, dass Liquiditätsprobleme bestünden, und forderte sie auf, bis zum 11.07.2019 jeweils 200.000 Euro nachzuschießen. Er teilte weiterhin mit, dass bis dahin keine weiteren Verbindlichkeiten bezahlt werden würden. Der Beklagte zahlte die 200.000 Euro nicht ein. Die Schuldnerin bezahlte entgegen ihrer Ankündigung die Rechnungen des Beklagten für den Monat April und Mai 2019. Ebenso erhielt jedenfalls ein weiterer Gläubiger erhebliche, wenn auch nicht vollständige Zahlungen auf seine Verbindlichkeiten.
Der Kläger verlangt vom Beklagten nunmehr die erhaltenen Zahlungen zurück. Das Landgericht hatte den Beklagten im Wesentlichen verurteilt, das Berufungsgericht die Klage unter Hinweis auf das Vorliegen eines Bargeschäftes abgewiesen.
Der BGH hat sich der Argumentation des Berufungsgerichts im Wesentlichen angeschlossen.
Aufgrund der Stellung des Beklagten als Gesellschafter und der offensichtlich erheblichen finanziellen Schieflage der Insolvenzschuldnerin war im Revisionsverfahren nur die Frage entscheidungserheblich, ob, wie vom Kläger angenommen, der fortlaufend unrentable Geschäftsbetrieb eine „unlautere“ Abwicklung der Bargeschäfte darstelle. Der BGH hat klargestellt, dass auch im Rahmen der Neufassung des § 142 InsO eine „unlautere“ Vorgehensweise nur dann vorliegt, wenn es dem Schuldner gezielt um die Benachteiligung der Gläubiger geht.
Der BGH hat drei Fallgestaltungen beschrieben, in denen eine solche Annahme gerechtfertigt ist:
1. sofern es sich um Gegenleistungen handelt, die nicht zur Fortführung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind (Kauf flüchtiger Luxusgüter; Abstoßung von zur Betriebsfortführung notwendigen Vermögens, wenn es dem Schuldner darum geht, den Gegenwert den Gläubigern zu entziehen),
2. wenn es dem Schuldner auf die Bevorzugung eines Gläubigers ankommt, so etwa bei Zahlungen zur Abwendung eines Insolvenzantrages oder für eine Sanierungsberatung im Rahmen eines untauglichen Sanierungsversuches,
3. wenn der Leistungsaustausch mit nahestehenden Personen i.S.d. § 138 InsO stattfindet und der Schuldner seine übrigen Gläubiger anders behandelt, der Schuldner die letzten Vermögenswerte auf einen Gläubiger überträgt oder das Bargeschäft dazu dient, Waren und Dienstleistungen auf verbundene Unternehmen zu übertragen.
Der Senat hat in der reinen Fortsetzung eines unrentablen Geschäftsbetriebes keine „unlautere“ Vorgehensweise gesehen. Sinn und Zweck der Schaffung des „Bargeschäftes“ i.S.d. § 142 InsO sei es gewesen, dass der Schuldner sich auch in der Krise weiter am Geschäftsverkehr beteiligen kann. Hierfür müsse ihm dann aber die Möglichkeit gegeben werden, Rechtsgeschäfte anfechtungsfest durchführen zu können, da anderenfalls die Vertragspartner einer Fortsetzung der Geschäftstätigkeit kaum zustimmen werden. Diese Sichtweise werde auch durch die Gesetzesbegründung zur Einfügung des Merkmales der Unlauterkeit gestützt. So hatte der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es an einer Unlauterkeit fehlen soll, wenn der Schuldner erkannt habe, dass die Betriebsfortführung verlustträchtig ist (
BT-Drs. 18/7054, S. 19). Änderungsvorschläge des Bundesrates sind nicht Gesetz geworden. Darüber hinaus folge aus einer Verletzung der §§ 15a, 15b InsO keine Unlauterkeit. Der Senat hat sich hierzu auf seine Rechtsprechung zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz i.S.d. § 133 InsO bezogen, in der er festgestellt hatte, dass das von den §§ 15a, 15b InsO verfolgte, anderen Voraussetzungen unterliegende Schutzkonzept zugunsten der Gesamtheit der Gläubiger nicht darüber bestimmt, wann ein Eingriff in die Interessen eines einzelnen Gläubigers zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 03.03.2022 - IX ZR 78/20 - BGHZ 233, 70 Rn. 29 ff.). Im Rahmen eines Bargeschäftes könne für die Frage, ob eine „unlautere“ Vorgehensweise vorliege, nichts anderes gelten.
Im konkreten Fall hat der Senat die Entscheidung des Berufungsgerichtes bestätigt. Der Beklagte sei zwar eine nahestehende Person gewesen, allerdings habe die Schuldnerin sie nicht anders als andere Gläubiger behandelt.