juris PraxisReporte

Anmerkung zu:BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 14.02.2025 - V ZR 236/23
Autor:Dr. Johannes Hogenschurz, Vors. RiLG
Erscheinungsdatum:13.03.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 20 WoEigG, § 22 WoEigG, § 47 WoEigG, § 10 WoEigG, § 16 WoEigG
Fundstelle:jurisPR-MietR 5/2025 Anm. 1
Herausgeber:Norbert Eisenschmid, RA
Zitiervorschlag:Hogenschurz, jurisPR-MietR 5/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Erstmalige Kostenbelastung bei vereinbarter Kostentrennung?



Leitsatz

Sieht die Gemeinschaftsordnung eine objektbezogene Kostentrennung vor, so dass nur diejenigen Wohnungseigentümer, deren Sondereigentum (bzw. Sondernutzungsrecht) sich in dem jeweiligen Gebäudeteil (bzw. in dem jeweiligen separaten Gebäude) befindet, die darauf entfallenden Kosten zu tragen haben (hier: Kosten der Tiefgarage), widerspricht es in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (bzw. auf das separate Gebäude) entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen; anders kann es nur dann liegen, wenn ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht.



A.
Problemstellung
„Menschen kaufen sich eine Wohnung … nicht deshalb, weil sie Teil eines gesellschaftsähnlichen Verbands werden wollen; vielmehr geht es ihnen primär darum, sich die Räumlichkeiten zu eigen zu machen, in ihnen als Eigentümer zu wohnen oder sie als Kapitalanlage zu nutzen“ (Brückner, DNotZ 2025, 11).
Diese Erwartung des Wohnungseigentümers mag mit der Annahme einhergehen, die finanziellen Belastungen seien überschaubar oder vorhersehbar. Tatsächlich trifft ihn im Innenverhältnis eine unbegrenzte und nicht begrenzbare Nachschusspflicht, weil es der Gesetzgeber des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) unterlassen hat, eine entsprechende Regelung insbesondere für Schrottimmobilien zu schaffen (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2021 - V ZR 225/20 Rn. 20, 35 - WuM 2021, 761). Während dieses Risiko in prosperierenden Immobilienmärkten nach Fertigstellung der Wohnungseigentumsanlage gering sein mag (vgl. zum steckengebliebenen Bau BGH, Urt. v. 20.12.2024 - V ZR 243/23 - WuM 2025, 58), ergibt sich ein weiteres Risiko aus den durch das WEMoG eingeführten Beschlusskompetenzen, die zwar die beklagte Versteinerung des Wohnungseigentums aufbrechen, andererseits den Minderheitenschutz auf eine repressive gerichtliche Kontrolle der Einhaltung ohnehin weiter Ermessensgrenzen beschränken und dem vermeintlich unangemessen benachteiligten Wohnungseigentümer eine Anfechtungslast auferlegen. Dabei tritt für die Änderung der Kostenverteilung die Frage hinzu, welche Grenzen überhaupt bestehen. Der BGH hat derzeit zahlreich Gelegenheit, die Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung bei der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zu konkretisieren. Geklärt ist zunächst, dass der einmal bestandskräftig beschlossene Kostenverteilungsschlüssel anzuwenden ist (BGH, Urt. 15.11.2024 - V ZR 239/23 m. Anm. Hogenschurz, jurisPR-MietR 4/2025 Anm. 1). Dabei enthält das Merkmal „bestimmte Arten von Kosten“ keine Beschränkung der Beschlusskompetenz, sondern beschreibt das allgemein für Beschlüsse geltende Bestimmtheitserfordernis (BGH, Urt. v. 14.02.2025 - V ZR 128/23). Die Beschlusskompetenz ermöglicht auch eine Änderung des Kreises der Kostenschuldner (BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 81/23 Rn. 8 - WuM 2024, 228). Für die deshalb allein entscheidende Frage, ob die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, ist zunächst anerkannt, dass der Grundsatz der Maßstabdskontinuität nicht zu beachten ist (BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 87/23 Rn. 16 - WuM 2024, 293). Beschließen die Wohnungseigentümer für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Änderung der bisherigen Verteilung, dürfen sie jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt; werden Kosten von Erhaltungsmaßnahmen, die nach dem zuvor geltenden Verteilungsschlüssel von allen Wohnungseigentümern zu tragen sind, durch Beschluss einzelnen Wohnungseigentümern auferlegt, also der Kreis der Kostenschuldner verkleinert, entspricht dies jedenfalls dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt (BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 87/23 Rn. 11 - WuM 2024, 293).
In der hier vorgestellten Entscheidung kann der BGH die umgekehrte Fallgestaltung der Erweiterung des Kreises der Kostenschuldner klären, nämlich inwieweit eine vereinbarte objektbezogene Kostentrennung, etwa die Kostentrennung in Mehrhausanlagen oder die Umlage von Kosten der Tiefgarage nur auf die Stellplatzeigentümer, einer Änderung der Kostenverteilung Grenzen setzt.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
In der Gemeinschaftsordnung von 1971 ist die Nutzung der 15 Tiefgaragenstellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zugeordnet. Weiter ist geregelt: „Die Kosten für die Instandhaltung sowie Rücklagen für alle Fälle eventueller Erneuerungen und erforderlicher Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums in und an der Garagenhalle einschließlich des Wagenwaschraumes werden im Verhältnis der Wohnungseigentümer ausschließlich von den Berechtigten der Einstellplätze im Garagentrakt […] gemeinsam getragen.“ Zur Finanzierung der Sanierung des Flachdachs oberhalb der Tiefgarage mit Kosten von voraussichtlich gut 400.000 Euro wird beschlossen, dass ein Teil durch Erhebung einer Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen von allen Wohnungseigentümern erfolgen soll.
Die Anfechtungsklage eines Wohnungseigentümers, dessen Einheit nicht über ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz verfügt, hat bis zum Landgericht (LG Braunschweig, Urt. v. 13.10.2023 - 6 S 47/23 - ZMR 2024, 326) zunächst Erfolg, weil § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG nicht ermögliche, bislang von der Kostentragung freigestellte Wohnungseigentümer erstmalig mit Kosten zu belasten.
Diese Begründung hat vor dem BGH nach seiner zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung keinen Bestand.
Der Beschluss führt zur Veränderung eines vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels. Hier enthält die Gemeinschaftsordnung eine umfassende objektbezogene Kostentrennung (vgl. zur Auslegung BGH, Urt. v. 12.11.2021 - V ZR 204/20 Rn. 19 und 26 - ZWE 2022, 123), die auch die bei der Sanierung der Abdichtung des Daches oberhalb der Tiefgarage entstehenden Kosten umfasst. Aus der Formulierung „für alle Fälle eventueller Erneuerungen und erforderlicher Reparaturen“ folgt dabei klar und deutlich, dass diese Kostenverteilung für alle Erhaltungsmaßnahmen unabhängig von der Schadensursache gelten soll, auch soweit diese zur Behebung bei der Errichtung der Anlage angelegter Mängel erfolgen sowie von Schadensereignissen, die von außen kommend auf die Tiefgarage einwirken. Das soll durch den Beschluss geändert werden.
Die gesetzliche, aber auch eine vereinbarte Kostenregelung kann durch Beschluss gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG abgeändert werden, auch wenn dadurch der Kreis der Kostenschuldner verändert und ein Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet wird (BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 81/23 Rn. 8 - WuM 2024, 228). Diese Beschlusskompetenz gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gilt zwar nicht für bauliche Veränderungen (§ 16 Abs. 3 WEG), doch ist die erstmalige mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums keine bauliche Veränderung i.S.v. § 20 Abs. 1 WEG (so schon BGH, Urt. v. 26.02.2016 - V ZR 250/14 Rn. 10 - WuM 2016, 451 zu § 22 WEG a.F.).
Die Vereinbarung zur Kostentrennung steht der Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch Beschluss nicht entgegen. Aus § 47 WEG folgt für die hier vorliegende Altvereinbarung, die vor dem Inkrafttreten des WEMoG vereinbart worden war, der eindeutige Wille des Gesetzgebers, bei der Auslegung von Vereinbarungen im Zweifel dem neuen Recht zur Geltung zu verhelfen (BGH, Urt. v. 21.07.2023 - V ZR 90/22 Rn. 16 - WuM 2023, 628; BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 141/23 Rn. 18 - WuM 2024, 352).
Weil also der vom Berufungsgericht als durchgreifend angesehene Gesetzesverstoß nicht vorliegt, muss es nach Aufhebung und Zurückverweisung die weiteren Angriffe gegen den Beschluss prüfen. Dafür gibt der BGH wichtige Hinweise zu den Grenzen des durch § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG eröffneten Ermessens für den Fall der Erweiterung des Kreises der Kostenschuldner; denn vor Inkrafttreten des WEMoG gab es für diesen Fall keine Öffnungsklausel, war ein vereinbarungsändernder Beschluss schon mangels Beschlusskompetenz nichtig (BGH, Urt. v. 01.06.2012 - V ZR 225/11 Rn. 12 f. - WuM 2012, 466).
Im Ausgangspunkt dürfen Wohnungseigentümer bei einer Änderung der Kostenverteilung jeden Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 81/23 Rn. 14 - WuM 2024, 228). Weil dabei an die Auswahl eines angemessenen Kostenverteilungsschlüssels nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden dürfen, ist ein sachlicher Grund für eine Änderung der Kostenverteilung im Allgemeinen nicht erforderlich; sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Änderung dürfen lediglich nicht willkürlich sein.
Manche Stimmen nehmen zu § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG an, dass eine erstmalige Belastung der durch Vereinbarung von Kosten befreiten Wohnungseigentümer grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung widerspreche, wenn nicht ausnahmsweise die bisherige Kostenbefreiung sachlich nicht oder nicht mehr gerechtfertigt bzw. unbillig sei (vgl. etwa Jennißen in: Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 16 Rn. 88; Scheller in: MünchKomm BGB, 9. Aufl., § 16 WEG Rn. 53; s.a. Becker in: Bärmann, WEG, 15. Aufl., § 16 Rn. 146). Dagegen wird geltend gemacht, dass das schutzwürdige Vertrauen eines Wohnungseigentümers in den Bestand der Vereinbarung nur eines von mehreren Abwägungskriterien im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung sein könne (vgl. Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 7 Rn. 66).
Der BGH nimmt für den Fall der Vereinbarung einer objektbezogenen Kostentrennung an, dass es in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (bzw. auf das separate Gebäude) entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen, wenn nicht ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht.
Dazu ordnet er die Fallkonstellation in denkbare Sachverhaltsvarianten ein: Im Ausgangspunkt ist es grundsätzlich nicht unbillig, wenn ein Wohnungseigentümer für die Kosten nach Miteigentumsanteilen aufkommen muss, obwohl er die betreffenden Teile des Gemeinschaftseigentums nicht nutzt oder nicht nutzen kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.2010 - V ZR 114/09 Rn. 31 - BGHZ 184, 88 = WuM 2010, 175). Wenn der Kreis der Kostenschuldner von allen auf wenige oder gar einzelne Wohnungseigentümer eingeschränkt wird, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die beschlossene Kostenverteilung den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs berücksichtigt; ein Vertrauensschutz besteht nicht (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 81/23 Rn. 14, 17 - WuM 2024, 228). Denn auch der allgemeine Kostenverteilungsschlüssel in § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG enthält eine pauschalierende und Rechtsklarheit schaffende Regelung (BGH, Urt. v. 16.09.2022 - V ZR 69/21 Rn. 41 - WuM 2022, 753). Ein Anspruch auf Änderung der Kostenverteilung nach Gebrauchsmöglichkeit besteht nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 WEG (BGH, Urt. v. 16.09.2022 - V ZR 69/21 Rn. 39 - WuM 2022, 753). Gebrauch bzw. die Gebrauchsmöglichkeit sind aber ein rechtssicherer und in der Praxis weithin als sinnvoll anerkannter Maßstab für die Kostenverteilung, schon weil dieser Maßstab die Wohnungseigentümer zu einem sorgsamen Umgang mit dem gemeinschaftlichen Eigentum anhält.
Wenn eine objektbezogene Kostentrennung vereinbart ist, erscheint dies in typisierender Betrachtung grundsätzlich als angemessen, weil dies der konkreten Struktur, insbesondere der unterschiedlichen Gebrauchsmöglichkeit in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer angemessen Rechnung trägt. Davon durch Kostenbeteiligung zuvor befreiter Wohnungseigentümer abzuweichen, bedarf es eines sachlichen Grundes. Ob dies auch gilt, wenn eine objektbezogene Kostentrennung „nur“ beschlossen worden ist, lässt der BGH offen.
Im zu entscheidenden Fall widerspricht der Beschluss damit wegen der bei typisierender Betrachtung von Gebrauch und Gebrauchsmöglichkeit abweichenden Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sich für diese Abweichung kein sachlicher Grund findet. Dazu nennt der BGH auf den Fall bezogene Beispiele: Ein sachlicher Grund kann es sein, wenn die Schäden am Dach der Tiefgarage von dem übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren, denn die gemeinsame Kostentragung bildet dann die Verantwortung der gesamten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für die Schadensursache ab. Dies gilt auch, wenn sich das Problem, für dessen Beseitigung die Kosten anfallen, auf die gesamte Anlage erstreckt, und aus diesem Grund eine Gesamtsanierung der Anlage unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer beschlossen wird. Allein kein sachlicher Grund soll es dagegen sein, wenn die Schäden an der Tiefgarage auch für das übrige Gemeinschaftseigentum – insbesondere aus Gründen der Statik – von Bedeutung sind, denn die Kosten für den Erhalt dieser Teile wären in der Regel bei einer Bauweise ohne Tiefgarage nicht angefallen.


C.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung gibt der Praxis wichtige Entscheidungshilfen für die Beschlussfassung an die Hand. Zusammen mit dem weiteren Urteil des BGH vom 14.02.2025 (V ZR 128/23) klärt der BGH, wann eine Umverteilung nur mit sachlichem Grund möglich ist und wann gar nicht.
Soweit die Entscheidung eine „typisierende Betrachtung“ anspricht, darf diese nicht mit der „typisierenden Betrachtungsweise“ verwechselt werden, also die ergänzende Vertragsauslegung von Vereinbarungen über die zulässige Nutzung (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.07.2022 - V ZR 127/21 Rn. 10 - NJW 2022, 3154). Die „typisierende Betrachtung“ dient nach der ständigen Rechtsprechung des BGH vielmehr als Maßstab für das bei der Kostenverteilung geschützte Vertrauen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 22.03.2024 - V ZR 81/23 Rn. 17 - WuM 2024, 228).
Wegen der weiten Beschlusskompetenz gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG gilt: Wer nicht anficht, muss mitzahlen, auch wenn der Beschluss zu einer unbilligen Benachteiligung führt.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Aussagen der Entscheidung erschöpfen sich nicht auf Vereinbarungen über die objektive Kostentrennung hinsichtlich der Tiefgarage oder in Mehrhausanlagen. Die Entscheidung spricht ausdrücklich an, dass diese Grundsätze zur Erweiterung des Kreises der Kostenschuldner auch für sogenannte „Balkonklauseln“ gelten; das sind Regelungen, mit denen Bestandteile des gemeinschaftlichen Eigentums, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, also Sondernutzungsrechte zugewiesen sind, von den Berechtigten auf seine Kosten zu erhalten sind (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.11.2012 - V ZR 9/12 Rn. 9 - WuM 2013, 57; BGH, Urt. v. 04.05.2018 - V ZR 163/17 Rn. 13 - WuM 2018, 529). Soweit die Einräumung eines Sondernutzungsrechts also mit einer Erhaltungslast verbunden ist, dürfen folgerichtig diese Kosten nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes auch auf andere Wohnungseigentümer verteilt werden.
Für alle diese Fälle ergibt sich aus der Entscheidung ein Begründungserfordernis der beschließenden Mehrheit, wie es sich auch für den inhaltsgleichen Zweitbeschluss nach Ungültigerklärung des Erstbeschlusses ergibt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 10.02.2023 - V ZR 246/21 - WuM 2023, 501). Dieses Begründungserfordernis kann bei der Erweiterung des Kreises der Kostenschuldner zunächst durch die Angabe eines sachlichen Grundes für die Änderung erfüllt werden; dabei zeigen die Beispiele des BGH, dass dieser sachliche Grund nur für eine konkrete Maßnahme, etwa die Beseitigung der Schäden am Tiefgaragendach, die bei der Einrüstung des Gebäudes entstanden sind, bestehen kann, dann also nicht zur generellen Änderung der Kostenverteilung für die Zukunft berechtigt. Ein anderer Angriff mag durch das Argument erfolgen, die vereinbarte objektive Kostentrennung sei bei typisierender Betrachtung nicht Ausdruck des Gebrauchs bzw. der Gebrauchsmöglichkeit; ein Beispiel: Die Kosten der Tiefgarage im Vorderhaus werden vereinbarungsgemäß, aber sachwidrig nur auf die Eigentümer des Vorderhauses verteilt, obwohl auch dem einzigen Miteigentümer im „Gartenhaus“ Stellplätze zur Sondernutzung zugewiesen sind.
Weil zahlreiche weitere Fälle zur Änderung der Kostenverteilung dem BGH vorliegen, sind weitere Ausdifferenzierungen zu erwarten.



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