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Anmerkung zu:BGH 6. Zivilsenat, Urteil vom 09.07.2024 - VI ZR 252/23
Autor:Wolfdietrich Prelinger, RA, FA für Medizinrecht, FA für Verkehrsrecht und FA für Versicherungsrecht
Erscheinungsdatum:20.12.2024
Quelle:juris Logo
Normen:§ 12 SGB 5, § 286 ZPO, § 11 SGB 5, § 27 SGB 5, § 39 SGB 5, § 47 SGB 5, § 47 SGB 7, § 2 SGB 5, § 13 SGB 5, § 17 KHG, § 8 KHEntgG, § 14 BPflV 1994, § 61 SGB 5, § 823 BGB, § 280 BGB, § 630a BGB, § 109 SGB 5, § 17b KHG, § 412 BGB, § 404 BGB, § 303 SGB 5, § 6 EntgFG, § 86 VVG, § 17c KHG, § 249 BGB, Art 103 GG, § 563 ZPO, § 275c SGB 5, § 284 SGB 5, § 29 SGB 5, § 30 SGB 5, § 287 ZPO, § 301 SGB 5, § 24 BDSG 2018, § 119 VVG, § 120 VVG, § 286 BGB, § 812 BGB, § 72 ZPO, § 275 SGB 5, § 108 SGB 5, § 116 SGB 10, § 294a SGB 5
Fundstelle:jurisPR-MedizinR 12/2024 Anm. 1
Herausgeber:Möller und Partner - Kanzlei für Medizinrecht
Zitiervorschlag:Prelinger, jurisPR-MedizinR 12/2024 Anm. 1 Zitiervorschlag

Subjektbezogene Schadensbetrachtung im Regress des Sozialversicherungsträgers



Leitsatz

Sozialrechtliche Anforderungen an das Abrechnungssystem zwischen Krankenhäusern und gesetzlichen Krankenkassen sowie sozialrechtliche Anforderungen an die Datenübermittlung, Prüfung von Rechnungen und Zahlungspflichten der Krankenkassen rechtfertigen keine Abweichung von den zivilrechtlichen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast beim Regress des gesetzlichen Krankenversicherers des Unfallgeschädigten gegen den Schädiger nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X.



A.
Problemstellung
Im Regress der gesetzlichen Krankenkasse gemäß § 116 SGB X ist hinsichtlich der Krankenhauskosten umstritten, ob auch die gesetzliche Krankenkasse die für den Geschädigten geltenden Darlegungserleichterungen der „subjektbezogenen Schadensbetrachtung“ bei der Auslegung des Begriffs „erforderlich“ in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB in Anspruch nehmen kann.
Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ist Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH, Urt. v. 16.01.2024 - VI ZR 51/23 sowie BGH, Urt. v. 16.01.2024 - VI ZR 38/22). Der BGH erkannte nunmehr, dass dies auch für Personenschäden gilt (Urt. v. 08.10.2024 - VI ZR 250/22).
Für die Krankenkasse, die gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur den übergegangenen Anspruch des Geschädigten regressieren und daher nicht schlechtergestellt werden darf als dieser (vgl. BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10), drängt sich daher die Anwendung dieser Grundsätze in Regressen auf, bei denen ihnen die Prüfung der Krankenhausabrechnung gesetzlich untersagt ist. Denn aufgrund der horrenden Menge von ca. 18 Mio. Krankenhausabrechnungen pro Jahr dürfen die Krankenhausabrechnungen von den Krankenkassen nur äußerst eingeschränkt geprüft werden, insbesondere nur innerhalb der sog. quartalsbezogenen Prüfquoten von 5-15%, §§ 275, 275c Abs. 2 SGB V. Wegen des sich aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ergebenden Gesetzesvorbehalts dürfen Krankenkassen Gesundheitsdaten nur dann verwenden, wenn ihnen dieses ausdrücklich vom Gesetzgeber gestattet wurde. Daher können auch die Krankenkassen bei nicht prüfbaren Abrechnungen nicht mehr tun, als die Rechnung ungeprüft dem Schädiger in Rechnung zu stellen – wie es auch der Geschädigte als „Laie“ täte (vgl. Prelinger, jurisPR-MedizinR 12/2019 Anm. 3; Prelinger, VersR 2022, 1337, 1344; Prelinger, NZV 2024, 233, 236, Rn. 20 ff.). Das Berufungsgericht teilte diese Auffassung (OLG Naumburg, Urt. v. 06.07.2023 - 9 U 125/22).
Der BGH hat in der hier besprochenen Entscheidung jedoch die Anwendung der subjektbezogenen Schadensbetrachtung mit der Begründung verneint, dass der Geschädigte nur der „Verletzte“ sei. Zudem wurde unzutreffenderweise unterstellt, dass Krankenkassen eine Privilegierung erstrebten, obwohl sie nur die Gleichbehandlung mit dem Geschädigten fordern, der sich aber selbst auch auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung berufen kann. Die Entscheidung ist auch in weiteren wesentlichen Punkten unzutreffend und daher insgesamt nicht haltbar. Scheinbar ist der BGH den Stimmen aus dem Lager der Haftpflichtversicherer etwas zu unkritisch gefolgt (vgl. Lang, RuS 2023, 930; Burmann/Jahnke, RuS 2023, 145; Seiler, VersR 2024, 188, 195; Burmann/Jahnke, RuS 2024, 184; Bähring/Liborius, NJW-Spezial 2024, 73; Möhlenkamp, VersR 2024, 209; Drewes, NZV 2024, 136; Bähring/Burmann/Jahnke/Liborius, NZV 2024, 158). Für die Haftpflichtversicherer ist die subjektbezogene Schadensbetrachtung ungünstig, da damit ggf. auch weitergehende Leistungen ersetzt werden müssen, die objektiv nicht erforderlich waren.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die klagende gesetzliche Krankenkasse verlangt vom beklagten Haftpflichtversicherer aus gemäß § 116 Abs. 1 SGB X übergegangenem Recht Erstattung ihrer Kosten, die sie für die Krankenhausbehandlung ihres versicherten Mitgliedes bzw. Geschädigten aufzuwenden hatte.
Der Geschädigte wurde bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach sowie die Schwere der Verletzungen des Versicherten, die eine stationäre ärztliche Behandlung notwendig machten, stehen außer Streit. Der geschädigte Versicherte befand sich nach dem Unfall zunächst in einem Universitätsklinikum und anschließend in einem Rehabilitationszentrum. Für die Behandlung im Universitätsklinikum bezahlte die Klägerin 57.524,84 Euro, für die Behandlung im Rehabilitationszentrum 35.846,51 Euro. Von den für die Behandlung im Universitätsklinikum geforderten Kosten hat die Beklagte einen Betrag von 48.664,74 Euro anerkannt. Eine weitere Zahlung wurde mangels prüffähiger Unterlagen abgelehnt. Die Klägerin meinte dagegen, die der Beklagten übersandten Abrechnungsdaten des Krankenhauses sowie die Krankenhausberichte seien zur Darlegung der Schadenshöhe ausreichend.
Das Landgericht gab der auf Zahlung des restlichen Betrags von 44.706,61 Euro sowie auf Zahlung von Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage statt. Das OLG Naumburg wies die Berufung der Beklagten mit Urt. v. 06.07.2023 (9 U 125/22) zurück.
Der BGH hat auf die Revision der Beklagten die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und wegen der noch offenen Beweisfragen die Sache zurückverwiesen.
Das angefochtene Urteil halte revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts könne die noch streitige Klageforderung als Schadensersatzanspruch der Höhe nach nicht zuerkannt werden.


C.
Kontext der Entscheidung
Um die Problematik verständlicher zu machen, sind die Besonderheiten der Gesetzeskonstruktion voranzustellen: Krankenkassen sind im Wege der sozialstaatlichen Daseinsvorsorge verpflichtet, vorab Verträge mit medizinischen und sonstigen Leistungserbringern abzuschließen, welche die durchgehende Versorgung der Versicherten bei Erkrankungen und Verletzungen sicherstellen und auch privatrechtsgestaltende Wirkung haben (BGH, Urt. v. 29.06.2004 - VI ZR 211/03; OLG Hamm, Urt. v. 23.06.2009 - 9 U 150/08; BSG, Urt. v. 03.11.1999 - B 3 KR 4/99 R - BSGE 85, 110, 112).
Kommt es zu einem Schadensereignis eines Versicherten (= Verletzten), aus dem diesem ein Schadensersatzanspruch gegen Dritte entsteht, so regelt § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Sozialversicherungsträger übergeht, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses „Sozialleistungen“ zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Der Anspruch des Geschädigten (= Verletzten) geht vorab bereits dem Grunde nach sofort im Zeitpunkt des Schadensfalls binnen einer logischen Sekunde auf die Krankenkasse über und umfasst alle künftigen Sozialleistungen, die sachlich und zeitlich mit den Schadensersatzansprüchen des Geschädigten kongruent sind. Dabei reicht selbst eine weit entfernte Möglichkeit des Eintritts solcher Tatsachen aus, aufgrund derer Versicherungsleistungen zu erbringen sein werden, soweit die Entstehung solcher Leistungspflichten nicht völlig unwahrscheinlich ist (BGH, Urt. v. 12.04.2011 - VI ZR 158/10 Rn. 8; BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10; BGH, Urt. v. 12.04.2011 - VI ZR 158/10; BGH, Urt. v. 20.09.1994 - VI ZR 285/93). Dies umfasst sogar auch solche künftigen Sozialleistungen, deren inhaltliche Ausgestaltung durch Veränderungen im Leistungsgefüge erst später erfolgt, soweit eine als Grundlage für den Forderungsübergang geeignete Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers gegenüber dem Geschädigten überhaupt in Betracht kommt (BGH, Urt. v. 12.04.2011 - VI ZR 158/10 Rn. 8 m.w.N.). Der sofortige Anspruchsübergang dem Grunde nach dient damit dem Ausgleich der vom Sozialversicherungsträger künftig zu erbringenden Sozialleistungen (BGH, Urt. v. 17.10.2017 - VI ZR 423/16 Rn. 29).
Der sofortige Übergang dient auch dem Schutz der Versichertengemeinschaft, die vor nachteiligen Verfügungen des Geschädigten geschützt werden soll (BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20; BGH, Urt. v. 17.10.2017 - VI ZR 423/16; BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10). Ein Übergang der Höhe nach kann somit nicht erfolgen, dem Verletzten können binnen der logischen Sekunde noch keine konkreten Kosten (Schadenspositionen) entstanden sein. Der Anspruch des Geschädigten wird vorab sofort dem Grunde nach zum erst künftig der Höhe nach beim Sozialversicherungsträger entstehenden Schaden in Form der von diesem dem Geschädigten zu leistenden „Sozialleistungen“ gezogen, was zugleich eine Drittschadensliquidation erübrigt.
Die künftigen Sozialleistungen der Sozialversicherungsträger sind aber nicht uferlos zu ersetzen. Bei wertender Betrachtung handelt es sich nämlich bei diesen um einen normativen Schaden des Verletzten, dem die späteren Sozialleistungen des Sozialversicherungsträgers zugerechnet werden (BGH, Urt. v. 10.11.1998 - VI ZR 354/97 Rn. 12, 19). Ohne Annahme eines normativen Schadens liefe der Regress stets ins Leere (BGH, Urt. v. 22.11.2016 - VI ZR 40/16 Rn. 15). Daher regelt § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X, dass die spätere Sozialleistung des Sozialversicherungsträgers der Behebung eines Schadens der gleichen „Art“ dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen muss (zeitliche und sachliche Kongruenz; die zeitliche Kongruenz spielt bei der Problematik hier keine Rolle). Die sachliche Kongruenz besteht, wenn sich die Ersatzpflicht des Schädigers und die Leistungsverpflichtung des Sozialversicherungsträgers ihrer Bestimmung nach decken. Hiervon ist auszugehen, wenn die Leistung des Versicherungsträgers und der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Geschädigten dienen. Es genügt, wenn der Sozialversicherungsschutz seiner Art nach den Schaden umfasst, für den der Schädiger einstehen muss. Es kommt nicht darauf an, ob auch der einzelne Schadensposten vom Versicherungsschutz gedeckt ist (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 14). Es geht somit grundsätzlich nur darum, ob die geltend gemachten Schadenspositionen überhaupt zu den vom Übergang erfassten abstrakten „Schadensarten“ gehören (Heilungskosten, Erwerbsschaden und vermehrte Bedürfnisse), die auch dem Geschädigten zustehen (BGH, Urt. v. 30.06.2015 - VI ZR 379/14).
Die hier maßgebliche Krankenbehandlung ist als Sachleistung grundsätzlich sachlich kongruent mit der Verpflichtung des Schädigers, dem Geschädigten die Heilungskosten zu ersetzen. Die Krankenhauskosten der gesetzlichen Krankenversicherung stellen Sachleistungen gemäß den §§ 2 Abs. 2, 12 Abs. 2, 13 Abs. 1 SGB V dar. Die Kosten ergeben sich aus den gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG abgeschlossenen und für alle Benutzer des Krankenhauses gültigen Versorgungsverträgen. Die Pflegesätze und die Vergütung für allgemeine Krankenhausleistungen sind nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KHG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG, § 14 Abs. 1 Satz 1 BPflV unabhängig vom Versichertenstatus für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen und für die Parteien des Krankenhausaufnahmevertrages sowie für die Abrechnung zwischen Sozialleistungsträgern und Krankenhäusern gleichermaßen bindend (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 15, 17 m.w.N.; BGH, Urt. v. 27.01.1954 - VI ZR 16/53 - BGHZ 12, 154, 155 f.; BGH, Urt. v. 09.11.1989 - IX ZR 269/87; zusf. Prelinger, NZV 2024, 233, 235).
Die Krankenkasse leistet somit dem Geschädigten die gesamte Heilbehandlung durch ihre medizinischen und therapeutischen Leistungserbringer als Sachleistung (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 10 m.w.N.; BGH, Urt. v. 29.06.2004 - VI ZR 211/03). Die Krankenkasse kann daher für diese „Sozialleistung“ vom Schädiger den Geldbetrag ersetzt verlangen, den sie an ihre jeweiligen Leistungserbringer zahlte (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 m.w.N.). Mit dem Begriff „Sozialleistung“ in § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist dieser konkret vom Schädiger zu ersetzende Schaden des Sozialversicherungsträgers gemeint, nicht etwa der nur abstrakte normative Schaden des Geschädigten. Die Kongruenz ist das Bindeglied zwischen dem nur normativen Schaden des Geschädigten und den erst nach dem Anspruchsübergang zu erbringenden konkreten „Sozialleistungen“ des Sozialversicherungsträgers.
I. Beweismaß, § 287 Abs. 1 ZPO
Der BGH stellt zunächst zutreffend voran, dass sich das für den materiellen Schaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgebliche Beweismaß nach § 287 Abs. 1 ZPO richtet (unverständlich daher OLG Jena, Urt. v. 15.05.2012 - 4 U 661/11 Rn. 61, OLG Hamm, Urt. v. 16.05.2023 - I-26 U 99/22 Rn. 41; OLG Stuttgart, Urt. v. 19.12.2023 - 12 U 17/23 Rn. 4, die hierfür den Vollbeweis gemäß § 286 Abs. 1 ZPO forderten). Allerdings habe das Berufungsgericht die an dieses Beweismaß zu stellenden Grundsätze verkannt.
1. Schaden des Versicherten
Der BGH bejaht einen Verstoß gegen § 287 Abs. 1 ZPO und lehnt zugleich die Anwendung der subjektbezogenen Schadensbetrachtung für die Krankenkasse ab, da allein der „verletzte Versicherte“ und nicht die Krankenkasse Geschädigter sei (Rn. 11, 32). Die nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen zu erbringende Leistung der Krankenkasse sei „nicht zwingend deckungsgleich“ mit den im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlichen Heilbehandlungsmaßnahmen. Der Sozialversicherungsträger könne den Ersatzpflichtigen nicht auf Ersatz des eigenen Schadens in Gestalt seiner durch den Versicherungsfall ausgelösten, vom Gesetzgeber angeordneten Leistungspflichten in Anspruch nehmen, er könne eine Erstattung seiner Aufwendungen nur insoweit verlangen, als sie „auf einen Schaden des Versicherten“ zu erbringen sind.
a) Der BGH führt hierzu in Rn. 11 aus, dass Gegenstand des nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzanspruchs der Schaden des Versicherten sei, die Klägerin sei trotz des bereits im Zeitpunkt des schadensstiftenden Ereignisses stattfindenden Anspruchsübergangs nicht als Geschädigte anzusehen, der Schaden sei nicht ohne Weiteres mit der Vermögenseinbuße gleichzusetzen, die der Klägerin durch ihre eigene Leistungspflicht gegenüber ihrem Versicherten gemäß den §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 27 Abs. 1, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V entstanden ist. Als Zitat hierfür bezieht sich der BGH auf das Urteil vom 23.02.2010 (VI ZR 331/08), bei dem es allerdings um den Erwerbsschaden des Geschädigten in Form des Verletztengeldes der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) ging. Kranken- oder Verletztengeld stellen Geldleistungen dar und bemessen sich nach dem Gehalt des Geschädigten, § 47 SGB V, § 47 SGB VII. Zur Feststellung, ob die Geldleistung „auf einen Schaden des Versicherten“ erbracht wurde, ist stets dessen konkreter Erwerbsschaden festzustellen und nicht auf sozialrechtlich abstrakte Berechnungsweisen abzustellen (BGH, Urt. v. 23.02.2010 - VI ZR 331/08). Bei der weiteren zitierten Entscheidung des BGH (Urt. v. 10.07.2007 - VI ZR 192/06) ging es ebenfalls um den konkreten Erwerbsschaden in Form von Rentenversicherungsbeiträgen.
b) Es ist jedoch immer genau darauf zu achten, welche Sozialleistungen aus welchem Sozialversicherungsverhältnis geltend gemacht werden (BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20 Rn. 14). Vorliegend geht es nicht um den Erwerbsschaden, sondern um Heilbehandlungskosten. Die Krankenkasse schuldet ihren Versicherten die gesamte Heilbehandlung, insbesondere die Krankenhausbehandlung, nicht als Geldleistung, sondern als Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V, § 13 Abs. 1 SGB V). Die Sachleistungen werden nicht durch eigene Einrichtungen, sondern durch beauftragte Leistungserbringer erbracht. Daher kann die Krankenkasse im Fall des Anspruchsübergangs vom Schädiger den Wert der Sachleistung ersetzt verlangen, der sich nach dem Geldbetrag richtet, den sie an ihre Leistungserbringer entrichten muss (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 10 m.w.N.).
Bei Krankenhausleistungen gibt es dabei keine unterschiedlichen sozial- bzw. zivilrechtlichen Berechnungsarten. Die Pflegesätze und die Vergütung für allgemeine Krankenhausleistungen sind nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KHG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG, § 14 Abs. 1 Satz 1 BPflV unabhängig vom Versichertenstatus für alle Benutzer des Krankenhauses einheitlich zu berechnen und für die Parteien des Krankenhausaufnahmevertrages sowie für die Abrechnung zwischen Sozialleistungsträgern und Krankenhäusern gleichermaßen bindend. Die Krankenkasse hat die Kosten der Krankenhausbehandlung in gleicher Weise zu zahlen, wie sie auch ein selbstzahlender Patient zahlen müsste (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 15, 17; BGH, Urt. v. 27.01.1954 - VI ZR 16/53 - BGHZ 12, 154, 155 f.; BGH, Urt. v. 09.11.1989 - IX ZR 269/87; zusf. Prelinger, NZV 2024, 233, 235). Der Geschädigte bekäme daher als Selbstzahler eine inhaltsgleiche Abrechnung des Krankenhauses, § 17c Abs. 5 KHG.
Die Entscheidung des BGH vom 03.05.2011 (VI ZR 61/10) wurde vorliegend sogar vom BGH zitiert, aber deren Bedeutung verkannt. Diese Verkennung ist angesichts der Komplexität dieses Rechtsbereichs verständlich, allerdings wurde auf vorstehende Besonderheiten bereits hingewiesen (Prelinger, VersR 2022, 1337, 1339 zu 3 c). Die Ausführungen des BGH haben bereits zu Irritationen bei den Gerichten geführt, die sich jetzt fragen, was denn bei Heilbehandlungen der „eigene Schaden des Verletzten“ sei, der als gesetzlich Krankenversicherter doch gar keine Abrechnungen für die Heilbehandlung erhält und bezahlt (mit Ausnahme der Zuzahlung gemäß § 61 SGB V). Das LG Neubrandenburg hat sich davon nicht irritieren lassen und die Behandlungskosten der Krankenkasse zutreffend zuerkannt (LG Neubrandenburg, Urt. v. 20.11.2024 - 2 O 208/24).
c) Der BGH verwendet zudem in Rn. 32 zur Unterscheidung zwischen der zivilrechtlichen und der sozialrechtlichen Berechnungsart das Wort „deckungsgleich“, das auf die Kongruenz anspielt. Dies geht aber auch ins Leere, da die hier maßgebliche Krankenbehandlung grundsätzlich mit der sich u.a. aus § 823 Abs. 1 BGB oder den §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ergebenden Verpflichtung des Schädigers, dem Geschädigten die Heilungskosten zu ersetzen, stets sachlich kongruent ist (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 15 m.w.N.).
2. Konkreter Schaden der Krankenkasse
Der konkrete Schaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB entsteht durch die Sachleistungen der Krankenkasse.
a) Aus Sicht des Verletzten handelt es sich zwar bei wertender Betrachtung bei den kongruenten Leistungen der Krankenkasse um seinen normativen Schaden, nämlich um einen Teil des Aufwands, der erforderlich ist, um die Schadensfolgen auszugleichen. Dieser nur theoretisch-normative Schaden führt aber nicht dazu, dass der konkrete materielle Schaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB beim Verletzten eintritt. § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X regelt und bezweckt unbestreitbar den Ersatz der künftigen „Sozialleistungen“ des Sozialversicherungsträgers nach dem sofortigen Forderungsübergang. Binnen der logischen Sekunde, in der sich bereits der Anspruchsübergang ereignet, kann sich noch kein konkreter materieller Schaden (z.B. Krankenhauskosten) des Geschädigten gebildet haben. § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X regelt daher, dass die künftigen „Sozialleistungen“ der Krankenkasse zeitlich und sachlich kongruent mit dem nur abstrakten normativen Schaden des Geschädigten sein müssen, der normative Schaden des Geschädigten setzt sich somit in den kongruenten „Sozialleistungen“ der Krankenkasse fort (vgl. oben).
Die einzelnen konkreten Schadenspositionen, deren Ersatz im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verlangt wird, können somit denklogisch nur bei der Krankenkasse als deren „Sozialleistungen“ entstehen und bestehen in dem Geldbetrag, den die Krankenkasse an ihre Leistungserbringer entrichten muss (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 10, 17; BGH, Urt. v. 27.01.1954 - VI ZR 16/53 - BGHZ 12, 154, 156; BGH, Urt. v. 29.06.2004 - VI ZR 211/03 Rn. 7-11; BGH, Urt. v. 10.11.1998 - VI ZR 354/97 Rn. 12). Bei Arzt- und Krankenhausbehandlungen geht dies aus § 630a Abs. 1 Halbsatz 2 BGB hervor, da die Krankenkasse „Dritter“ in diesem Sinne ist (BT-Drs. 17/10488, S. 18/19; Wagner in: MünchKomm BGB, 9. Aufl. 2023, § 630a BGB Rn. 20; Katzenmeier in: BeckOK BGB, 68. Ed. 01.11.2023, § 630a BGB Rn. 47).
Weil es sich bei den „Sozialleistungen“ um einen eigenen materiellen Schaden der Krankenkasse handelt, wurden der Krankenkasse auch die Befugnisse zur Abrechnungsprüfung gemäß den §§ 275 ff. SGB V eingeräumt.
Die zur Schadensbeseitigung erforderlichen medizinischen Behandlungen des Verletzten müssen somit durch die unfallbedingten Verletzungen verursacht worden sein. Die daraus resultierenden Kosten und damit wirtschaftlichen Schäden i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB entstehen aber unmittelbar allein der Krankenkasse durch ihre Zahlungen an ihre jeweiligen Leistungserbringer (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 10, 17).
b) Es liegt insbesondere nicht die Konstellation wie bei § 6 EntgFG vor, bei welcher der materielle Schaden zunächst in der Person des Geschädigten entsteht und erst späterhin mit der Gehaltszahlung des Arbeitgebers auf diesen übergeht. Nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X geht der gesamte Schadensersatzanspruch bereits nach einer einzigen „logischen Sekunde“ dem Grunde nach über, unter anderem um die Versichertengemeinschaft vor nachteiligen Verfügungen des Geschädigten zu schützen (vgl. BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20; BGH, Urt. v. 17.10.2017 - VI ZR 423/16; BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10). Es handelt sich damit nicht nur um einen Übergang einer einzelnen Forderung, sondern um einen (Teil-)Anspruchsübergang. Da zu diesem frühen Zeitpunkt dem Geschädigten noch keine Schadenspositionen entstanden sein konnten, brauchte der Übergang auch nicht der Höhe nach zu erfolgen. Der Übergang erfolgt nur einmal, hiernach dürfen auch keine Schadenspositionen beim Geschädigten entstehen, da dieser darüber sonst nachteilig verfügen könnte (Prelinger, NZV 2024, 233, 234, Rn. 8).
c) Der BGH führt hingegen aus, dass der frühe Zeitpunkt des Anspruchsübergangs bereits nach einer „logischen Sekunde“ nichts daran ändere, dass – zutreffend – der Anspruch des Geschädigten bestehen müsse und der Sozialversicherungsträger keinen eigenen „Anspruch“ geltend machen könne. Hierbei wurde verkannt, dass das Oberlandesgericht gar nicht von einem originär eigenen „Anspruch“ der Krankenkasse ausging, sondern richtigerweise von einem übergegangenen, originär fremden Anspruch des Geschädigten, aber von einem eigenen „Schaden“ der Krankenkasse in Gestalt der nach dem Anspruchsübergang erbrachten „Sozialleistungen“ (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 06.07.2023 - 9 U 125/22 Rn. 43; vgl. auch Prelinger, NZV 2024, 233, Rn. 4).
II. Darlegungs- und Beweislast wie beim Geschädigten
Der BGH führte weiter aus, dass das OLG Naumburg die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin hinsichtlich der Schadenshöhe rechtsfehlerhaft verkannt habe, den Sozialversicherungsträger träfen die gleichen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast, wie den Geschädigten selbst, als würde er den Schadensersatzanspruch selbst geltend machen.
Weder die Regelung des § 116 SGB X noch der Gedanke, den Belangen der Sozialversicherungsträger im Regress Rechnung zu tragen, ließen eine Abweichung von diesen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin bzw. deren „Besserstellung“ zu. Der Gesetzgeber habe für den Forderungsübergang nach § 116 SGB X keine „Änderung“ der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Schadenshöhe für die hier im Streit stehenden Krankenhauskosten und Kosten einer Rehabilitationseinrichtung zugunsten von gesetzlichen Krankenkassen vorgenommen.
1. Keine Schlechterstellung des Sozialversicherungsträgers
Diese Ausführungen gehen ebenfalls ins Leere. Hier wurde bereits das Problem verkannt. Es ging niemals darum, dass die Krankenkassen eine zivilprozessuale „Besserstellung“ verlangen oder die zivilprozessualen Darlegungs- und Beweisgrundsätze in Frage gestellt werden (vgl. Prelinger, NZV 2024, 233, 234; Prelinger, VersR 2022, 1337). Es ist vielmehr bei der Darlegung des Schadens gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Auslegung des Begriffs „erforderlich“ – wie beim Geschädigten selbst – auf die individuellen Besonderheiten der Krankenkassen Rücksicht zu nehmen, da auch diese wegen der geringen Prüfmöglichkeiten gemäß den §§ 275, 275c SGB V kaum Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten hinsichtlich der Erbringung, Erforderlichkeit und Abrechnung der Krankenhauskosten haben. Damit wird nur eine Gleichstellung mit den für den Geschädigten anerkannten Darlegungserleichterungen im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung erreicht.
a) Zur Begründung bezieht sich der BGH auf § 116 Abs. 8 SGB X, wonach die Krankenkasse bei nicht-stationären ärztlichen Behandlungen und bei der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln über ein Wahlrecht verfügt, diese konkret nach den Abrechnungen der Leistungserbringer oder pauschal zu berechnen. Dieses bisher nirgends angeführte Argument entstammt scheinbar dem Urteil vom 23.02.2010 (VI ZR 331/08 Rn. 13), in welchem der BGH erkannte, dass dies nur für Behandlungskosten gelte und nicht für eine abstrakte Berechnung des dort streitigen Erwerbsschadens. Vorliegend führte der BGH hierzu aus, dass es in der Gesetzesbegründung dazu heiße, dass die ärztliche Behandlung im Krankenhaus bisher schon „genau abgerechnet“ wurde. Vor diesem Hintergrund sei vorliegend weder ersichtlich, dass Sinn und Zweck des § 116 SGB X eine „Absenkung“ der Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Schadenshöhe im Streitfall gebieten würden, noch könne davon ausgegangen werden, dass eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliegt. Diese Ausführungen sind völlig unverständlich.
Dieses Argument passt schon historisch nicht, da die vom BGH angeführte BT-Drs. 9/1753, S. 44 f. von 1983 stammt. Das DRG-System, infolgedessen die Prüfungseinschränkungen erst zunehmend erforderlich wurden, wurde erst 2003 und somit 20 Jahre später eingeführt (zusf. Prelinger, VersR 2022, 1337, 1344 m.w.N.).
Auch wurde verkannt, dass es nur um die Auslegung des Begriffs „erforderlich“ in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB geht.
Vor allem aber geht es vorliegend auch nicht um eine pauschale Berechnung der Krankenhauskosten. Diese werden – wie der BGH selber ausführte – „genau abgerechnet“ nach den in den Versorgungsverträgen gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG vereinbarten Kosten.
b) Weiterhin führt der BGH aus, dass es den Gerichten verwehrt sei, die Rechtsanwendung „allgemein“ nach dem Schutzbedürfnis der Sozialversicherungsträger auszurichten, selbst wenn sie dieses Schutzbedürfnis höher bewerten wollten als den Schutz des Schuldners. Dies ist nicht zutreffend, das genaue Gegenteil entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung.
aa) Die Rechtsprechung des BGH ist entscheidend davon beeinflusst, den Belangen der Sozialversicherungsträger Rechnung zu tragen, der Schutz der Sozialversicherungsträger sowie deren Interesse an effektiven Rückgriffsmöglichkeiten sind anerkannt (BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10 Rn. 21). Zweck des § 116 SGB X ist es, zu vermeiden, dass der Schädiger durch die dem Geschädigten zufließenden Sozialleistungen haftungsfrei gestellt wird (BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10 Rn. 14 - VersR 2012, 924; BGH, Urt. 08.07.2003 - VI ZR 274/02 - BGHZ 155, 342, 349, Rn. 21; jeweils m.w.N.; BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20 Rn. 10). Der Wille des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 116 SGB X ist auf eine möglichst weitgehende Entlastung des öffentlichen Versicherungsträgers gerichtet, dieser und nicht der Schädiger soll durch die vom Gesetz getroffene Regelung geschützt werden. Daher verdient eine Gesetzesauslegung den Vorzug, die es ermöglicht, den verantwortlichen Schädiger heranzuziehen und nicht den Schädiger auf Kosten des Sozialversicherungsträgers entlastet (BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20 Rn. 10; BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10 Rn. 14; BGH, Urt. v. 02.12.2008 - VI ZR 312/07; BGH, Urt. v. 30.11.1955 - VI ZR 211/54).
Mit dieser Begründung hat der BGH die Anwendung des § 116 SGB X für die Kinderheilbehandlung auf nicht rentenversicherte Familienmitglieder erstreckt (BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20 Rn. 10). Der BGH erkannte daher auch, dass dem Geschädigten als Selbstzahler der Investitionskostenzuschlag zu ersetzen ist, da der Schädiger ansonsten ungerechtfertigt bessergestellt wäre, bekäme die Krankenkasse ihn nicht ebenso ersetzt (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 17). Auch hinsichtlich der Pflicht des Schädigers zum Ersatz der Rentenversicherungsbeiträge für die Pflegeperson erkannte der BGH, dass diese nicht dem Schädiger zugutekommen soll (BGH, Urt. v. 10.11.1998 - VI ZR 354/97 Rn. 19).
Das Schutzbedürfnis des Sozialversicherungsträgers wurde ausnahmsweise nur dort abgelehnt, wo bereits zum Zeitpunkt des Anspruchsübergangs konkrete Einwendungen und Einreden des Schädigers bestanden, denn diese waren in Hinblick auf die §§ 412, 404 BGB zu beachten (BGH, Urt. v. 24.04.2012 - VI ZR 329/10 Rn. 21; BGH, Urt. v. 04.10.1983 - VI ZR 194/81). Ausgerechnet diesen – insbesondere bei Krankenkassen seltenen – Ausnahmefall hat der BGH nun plötzlich zur Regel erhoben (Rn. 21), obwohl der BGH sogar bereits 2021 klargestellt hatte, dass es sich um eine Ausnahme für bereits vor Begründung des Sozialversicherungsverhältnisses bestehende Einwendungen und Einreden handelt (BGH, Urt. v. 19.01.2021 - VI ZR 125/20 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urt. v. 18.10.2022 - VI ZR 1177/20).
bb) Der Grundsatz, dass einer Gesetzesauslegung der Vorzug einzuräumen ist, die es ermöglicht, den verantwortlichen Schädiger heranzuziehen und diesen nicht auf Kosten des Sozialversicherungsträgers entlastet, gilt somit auch bei der Auslegung des Begriffs „erforderlich“ in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Eine Gleichstellung mit den aufgrund fehlender Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten abgemilderten Darlegungsanforderungen des Geschädigten drängt sich somit auf. Der bezweckten weitgehenden Entlastung des Sozialversicherungsträgers statt des Schädigers wird auch hier nur dadurch entsprochen, indem die gemäß den §§ 275, 275c SGB V massiv eingeschränkten gesetzlichen Prüfungsmöglichkeiten der Krankenkasse, dem Schädiger nicht zugutekommen. Der Schädiger hat diese Situation überhaupt erst verursacht (vgl. BGH, Urt. v. 08.10.2024 - VI ZR 250/22 Rn. 10).
Auch der Gesetzgeber stellte klar, dass eine unbillige Entlastung des Schädigers nicht erfolgen soll, es besteht ein grundsätzliches Interesse der Solidargemeinschaft, dass für die durch das schädigende Ereignis entstandenen Aufwände für Sozialleistungen, wie von der Grundregelung des § 116 Abs. 1 SGB X vorgesehen, verursachergerecht die schädigende Person aufkommt (Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Regierungsentwurf vom 13.12.2019, S. 136; vgl. Prelinger, VersR 2022, 1337, 1344). Unverständlich ist, dass der BGH auch dies übergeht.
2. Übergehung sozialrechtlicher Vorgaben
Der BGH führt weiter aus, dass sozialrechtliche Anforderungen an das Abrechnungssystem der Krankenhäuser sowie sozialrechtliche Anforderungen an die Datenübermittlung, Prüfung von Rechnungen und Zahlungspflichten der Krankenkassen keine Abweichung von den zivilrechtlichen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast nach dem Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X rechtfertigten. Die §§ 275, 275c SGB V und die §§ 284 bis 303 SGB V und das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) würden ausschließlich Rechte und Pflichten von Sozialversicherungsträgern und Leistungserbringern festlegen, aber nicht das Verhältnis zum Schädiger im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung regeln.
a) Dieses Argument greift nicht durch, denn bei Legalzessionen infolge von Personenschadensereignissen richtet sich die hier maßgebliche Schadenshöhe immer nach dem Rechtsverhältnis zwischen Zedenten und Zessionar. So richtet sich auch beim Arbeitgeberregress gemäß § 6 EntgFG die Schadenshöhe nur nach den Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag zwischen Zedenten und Zessionar (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2016 - VI ZR 40/16 Rn. 15 m.w.N.). Auch beim Regress gemäß § 86 Abs. 1 VVG richtet sich der Schaden nach dem Inhalt des zugrunde liegenden Versicherungsvertrages zwischen Zedenten und Zessionar. Das ist beim Regress der Krankenkasse gemäß § 116 Abs. 1 SGB X nicht anders (BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10, vgl. oben; Prelinger, NZV 2024, 233, 234, Rn. 10). Der BGH zeigt auch nicht auf, woraus sich denn sonst der Schaden ergeben soll.
b) Der BGH führt weiter aus, dass die im Sozialrecht für die Klägerin als gesetzliche Krankenkasse geltenden Beschränkungen für die Prüfung der Krankenhausrechnung nicht als Grundlage herangezogen werden können, um die Rechtsposition des Schädigers nach dem Forderungsübergang gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu „beschneiden“. Andernfalls würden die „Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten“. Denn der Gesetzgeber habe die Darlegungs- und Beweislast für die Kosten der stationären Behandlung im Rahmen des Forderungsübergangs nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X gerade nicht abweichend von den „allgemeinen Anforderungen“ geregelt.
Auch dies ist nicht zutreffend, es geht nicht um die Einschränkung von Rechten des Schädigers, sondern um die Rücksichtnahme auf die eingeschränkten Prüf- und Einwirkungsmöglichkeiten des schutzbedürftigen Geschädigten. Hier wird verkannt, dass der BGH diese angebliche „Grenzüberschreitung“ bzw. das „Beschneiden“ von Rechtspositionen des Schädigers selber mittels der subjektbezogenen Schadensbetrachtung zugunsten des Geschädigten in ständiger Rechtsprechung akzeptiert und daher erneut im Januar 2024 gleich mehrmals wieder bestätigte, dass der gutgläubige Geschädigte auf die Abrechnung einer Werkstatt vertrauen darf, auch wenn diese falsch war, die abgerechneten Leistungen nicht erbracht wurden oder nicht erforderlich waren (vgl. BGH, Urteile v. 16.01.2024 - VI ZR 239/22, VI ZR 253/23, VI ZR 51/23, VI ZR 38/22). Insbesondere gilt die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch für Personenschäden (zuletzt BGH, Urt. v. 08.10.2024 - VI ZR 250/22). Diese Grundsätze stellen nur eine konkrete Auslegung des Begriffs der „Erforderlichkeit“ in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, die zu Recht auf die eingeschränkten Einwirkungs- und Prüfmöglichkeiten des Geschädigten abstellt, wie sie ebenfalls für eine Krankenkasse bei nicht prüfbaren Krankenhausabrechnungen bestehen.
c) Nach Auffassung des BGH stellen die von den Behandlungseinrichtungen erstellten Abrechnungsdaten auch nur einen Anhaltspunkt, aber kein wesentliches bzw. starkes Indiz für die Erbringung und/oder Erforderlichkeit der abgerechneten Leistung dar. Hier kommt es zu einem erheblichen Wertungswiderspruch. Wie der BGH bereits erkannte, stellt selbst die privatrechtliche Rechnung eines qualifizierten Ausstellers (Werkstatt) ein wesentliches Indiz für die Erforderlichkeit der abgerechneten Leistungen dar (BGH, Urt. v. 11.02.2014 - VI ZR 225/13; BGH, Urt. v. 15.10.2013 - VI ZR 471/12). Hingegen soll vorliegend die sogar nach komplexen öffentlich-rechtlichen Vorgaben erstellten Abrechnungen eines – oftmals auch von öffentlich-rechtlichen Trägern betriebenen – Krankenhauses kein wesentliches Indiz darstellen.
Insbesondere wird die überragende Bedeutung des qualifizierten Datensatzes nach § 301 SGB V verkannt, der die für die Krankenhauskosten maßgeblichen Abrechnungsdaten enthält. § 301 Abs. 1 SGB V zählt abschließend auf, welche Angaben ein Krankenhaus der Krankenkasse übermitteln darf. Das Gesetz geht davon aus, dass die dortigen Angaben zum tatsächlichen Behandlungsgeschehen zutreffend und vollständig sind. Die Regelung gebietet nämlich, wahre Angaben zum Behandlungsgeschehen zu machen, die Fehlvorstellungen der Kassen über das konkrete abrechnungsrelevante Geschehen ausschließen (BSG, Urt. v. 19.12.2017 - B 1 KR 19/17 R). Mit der Abrechnung erfolgt die implizite Tatsachenbehauptung des Krankenhauses, es habe beim Versicherten die Befunde erhoben, die die angegebene Diagnose als rechtlich relevanten Abrechnungsbegriff rechtfertigen, und die medizinischen Behandlungen durchgeführt, die die tatbestandlichen Voraussetzungen der kodierten Operation oder Prozedur erfüllen (BSG, Urt. v. 23.05.2017 - B 1 KR 28/16 R). In dem Datensatz sind somit die für die Prüfung der Höhe des Leistungsbetrags wesentlichen Daten enthalten, die eine rechnerische Überprüfung der Krankenhausabrechnungen ermöglichen (BT-Drs. 12/3608, S. 124; BT-Drs. 14/1245, S. 106; BVerfG, Beschl. v. 26.11.2018 - 1 BvR 318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17 - NJW 2019, 351; BSG, Urt. v. 16.05.2012 - B 3 KR 14/11 R; zusf. Prelinger, NZV 2024, 233, 240 Rn. 51 m.w.N.; Prelinger, VersR 2022, 1337, 1343 m.w.N.; Prelinger, jurisPR-MedizinR 12/2019 Anm. 3 m.w.N.). Gerade weil sich die Schadenshöhe nur aus dem Rechtsverhältnis zwischen Zedenten und Zessionar ergeben kann (vgl. oben), muss auch zivilrechtlich diesen Besonderheiten Rechnung getragen werden.
3. Krankenhausrisiko
Hinsichtlich des „Werkstattrisikos“ führt der BGH aus, dass die im Fall der Beschädigung einer Sache anerkannten Grundsätze auf den von einer gesetzlichen Krankenkasse geltend gemachten Ersatz der Kosten der Heilung nicht übertragbar seien. Das „Werkstattrisiko“ sei von dem Gedanken geprägt, dass es Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB widerspreche, wenn der Geschädigte bei Ausübung der ihm durch das Gesetz eingeräumten Ersetzungsbefugnis – sei es aus materiell-rechtlichen Gründen oder aufgrund der Beweislastverteilung – im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten, wohl auch nicht vom Schädiger kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss. Unter diesen Umständen bestehe kein Sachgrund, dem Schädiger das „Werkstattrisiko“ abzunehmen, das er auch zu tragen hätte, wenn der Geschädigte ihm die Beseitigung des Schadens nach § 249 Abs. 1 BGB überlassen würde. Die dem Geschädigten durch § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gewährte Ersetzungsbefugnis sei kein Korrelat für eine Überbürdung dieses Risikos auf ihn.
Nach diesen verfänglichen Ausführungen, die für das Urteil des Berufungsgerichts sprachen, weicht der BGH aber einfach auf seine anfänglichen Ausführungen (bei Rn. 11 ff.) aus, dass die Krankenkasse nicht „Geschädigter“ sei, die sozialrechtlich zu erbringende Leistung der Krankenkasse sei nicht zwingend deckungsgleich mit den i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB „erforderlichen“ Heilbehandlungsmaßnahmen, auch bemesse sich der Schaden nach unterschiedlichen Grundsätzen und ohnehin trage der Zessionar das Werkstattrisiko.
a) Dass der Zessionar stets das Werkstattrisiko trage, begründet der BGH unter Bezugnahme auf die Entscheidungen vom 16.01.2024 (VI ZR 38/22 und VI ZR 239/22). Hier hat der BGH aber bereits die Konstellation verkannt, denn Zessionar war dort der abrechnende Leistungserbringer, dem die Schadensersatzforderung abgetreten wurde, also die Werkstatt. In hier übertragenem Sinne wäre damit also das Krankenhaus als Leistungserbringer gemeint, aber nicht die Krankenkasse.
b) Auch die weiteren Argumente des BGH greifen aus den bereits genannten Gründen nicht. Der Sozialversicherungsträger ist mit den ihm vom Schädiger zu ersetzenden „Sozialleistungen“ Geschädigter i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, die Krankenhauskosten sind auch stets sachlich kongruent mit der Schadensart „Heilungskosten des Geschädigten“ und für Krankenhauskosten gibt es auch sozial- und zivilrechtlich keinerlei unterschiedliche Berechnungsweisen (vgl. oben). Es wäre daher entsprechend der Entscheidung des BGH vom 03.05.2011 (VI ZR 61/10 Rn. 17) zu erwägen gewesen, wie sich die Situation beim Geschädigten darstellt, wenn dieser als unversicherter Selbstzahler eine Krankenhausabrechnung erhält und welche Rückschlüsse daraus für die Krankenkasse zu ziehen sind, wenn er gesetzlich krankenversichert ist.
c) Zudem geht es beim „Werkstattrisiko“ um die subjektbezogene Schadensbetrachtung im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Geschädigte kann darauf vertrauen, dass der Dritte, der zur kostenpflichtigen Schadensbeseitigung herangezogen wird, keine unangemessenen Leistungen erbracht hat. Das entsprechende Risiko verbleibt im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB beim Schädiger. Die subjektbezogene Schadensbetrachtung greift sowohl für solche Rechnungspositionen, die ohne Schuld des Geschädigten unsachgemäß oder unwirtschaftlich waren, als auch für Leistungen, die unbemerkt gar nicht erbracht wurden. Denn die Schadensbeseitigung findet in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre statt (BGH, Urt. v. 16.01.2024 - VI ZR 51/23). Es ist daher auch keine Beweisaufnahme über die objektive Erforderlichkeit der abgerechneten Leistungen durchzuführen (BGH, Urt. v. 16.01.2024 - VI ZR 253/22).
§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB stellt Personen- und Sachschäden gleich. Die subjektbezogene Schadensbetrachtung ist daher auch bei Personenschäden anerkannt (BGH, Urt. v. 08.10.2024 - VI ZR 250/22 Rn. 10; BGH, Urt. v. 18.10.1988 - VI ZR 223/87 Rn. 17; BGH, Urt. v. 11.11.1969 - VI ZR 91/68; OLG Hamm, Urt. v. 17.10.1994 - 3 U 11/94; OLG Hamm, Urt. v. 15.03.2006 - 3 U 131/05 Rn. 30; OLG Hamm, Urt. v. 24.10.2007 - I-3 U 14/07 Rn. 70; OLG Celle, Urt. v. 30.05.2007 - 14 U 189/06 Rn. 56). Die für den Geschädigten geltenden Darlegungserleichterungen müssen daher erst recht auch bei Abrechnungen wegen Krankenhauskosten des Geschädigten gelten, wenn dieser Selbstzahler ist. Denn gemäß § 17c Abs. 5 KHG erhält der Selbstzahler – wie die Krankenkasse – die Krankenhausabrechnung nach den allgemeingültigen und daher auch für Selbstzahler zwingenden sozialgesetzlich vorgesehenen Kostenregelungen und Versorgungsverträgen, was für einen Gleichlauf von Selbstzahler und Krankenkasse spricht (vgl. BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 15, 17).
Es würde eine ungerechtfertigte Besserstellung des Schädigers darstellen, wenn es zu einer Ungleichbehandlung von Selbstzahler und Krankenkasse dadurch kommt, dass die Krankenkasse nicht diejenigen Leistungen ersetzt bekommt, die auch dem Selbstzahler zu ersetzen wären (vgl. BGH, Urt. v. 03.05.2011 - VI ZR 61/10 Rn. 17). Der Krankenkasse ist verfassungsrechtlich die inhaltliche Prüfung der Krankenhausabrechnung aufgrund des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung grundsätzlich untersagt und nur in den ganz wenigen gemäß den §§ 275, 275c Abs. 2 SGB V im Rahmen der sog. quartalsbezogenen Prüfquoten zugelassenen Fällen von nur 5-15% gestattet (Gesetzesvorbehalt, zusf. Prelinger, NZV 2024, 233, 238 m.w.N.; Prelinger, VersR 2022, 1337, 1344; Prelinger, jurisPR-MedizinR 12/2019 Anm. 3 m.w.N.). Die Krankenkasse verfügt über keinerlei eigene Informationen und muss auf die Angaben des Krankenhauses gemäß § 301 SGB V vertrauen. Das Krankenhaus hat daher wahre Angaben zum Behandlungsgeschehen zu machen, die Fehlvorstellungen über das abrechnungsrelevante Geschehen ausschließen. Damit soll das bestehende Informationsgefälle zwischen dem rundum informierten Krankenhaus und der nur spärlich informierten Krankenkasse ausgeglichen werden (BSG, Urt. v. 18.12.2018 - B 1 KR 40/17 R m.w.N.).
d) Wenn der BGH vorliegend sogar davon ausgeht, dass es sich um den eigenen Schaden des Geschädigten handelt, so hätte er erst recht dessen eingeschränkte Prüfmöglichkeiten berücksichtigen müssen. Der BGH erkannte nämlich jüngst zur subjektbezogenen Schadensbetrachtung, dass der Schädiger den Geschädigten in diese schwierige Situation gebracht hat und daher auch bei Personenschäden auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen ist. Der gutgläubige Geschädigte kann daher subjektiv nur auf die Angaben des medizinischen Leistungserbringers vertrauen, so dass vom Schädiger auch solche Leistungen zu ersetzen sind, die objektiv nicht erforderlich waren (BGH, Urt. v. 08.10.2024 - VI ZR 250/22).
Selbst wenn man also dem Urteil vom 09.07.2024 folgt und auf den Geschädigten abstellt, wäre ohnehin auf dessen Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen, als wenn ihm selbst die Rechnungen des Krankenhauses erteilt worden wären. Er kann diese inhaltlich aber überhaupt nicht prüfen und ist insoweit auch „Laie“. Hiernach ergeben sich hinsichtlich der Erbringung und Erforderlichkeit der abgerechneten medizinischen Leistungen nur die Möglichkeiten, dass entweder die Krankenkasse selber Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist – dann kommt es auf ihre nach den §§ 275 ff. SGB V begrenzten Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten bei nicht prüfbaren Krankenhausabrechnungen an – oder man stellt auf den Verletzten ab und berücksichtigt dessen noch viel begrenztere Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten als „Laie“. In beiden Fällen gelangt man zum selben Ergebnis. Der Inhalt der Krankenhausabrechnung ist ohnehin bei der Krankenkasse und dem Selbstzahler immer gleich, § 17c Abs. 5 KHG. Dass die Krankenkasse nicht schlechtergestellt werden soll als der Geschädigte, gab der BGH bereits im Urteil vom 03.05.2011 (VI ZR 61/10 Rn. 17) unmissverständlich vor. In beiden Konstellationen ist daher auf die eingeschränkten Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen. Soweit eine Rechnungsprüfung gemäß den §§ 275 ff. SGB V zulässig war, wären die Prüfergebnisse der Krankenkasse gemäß den §§ 275 ff. SGB V selbstverständlich stets zu berücksichtigen.
Vorstehendes gilt auch bei sonstigen Behandlungsrechnungen, denn auch dort kann der Geschädigte regelmäßig nicht die Erforderlichkeit und zutreffende Berechnung der Leistungen prüfen.
4. Relevanz auch bei Vorschäden
Der BGH führt abschließend aus, dass der Hinweis der Revisionserwiderung auf das Urt. v. 11.03.1986 (VI ZR 64/85 Rn. 8), wonach der Grundsatz gelte, dass der Schädiger sein Opfer in der Konstellation hinnehmen müsse, in der sich das Opfer befinde, in diesem Zusammenhang unbehilflich sei. Die Klägerin sei nicht Geschädigte und dieser Grundsatz sei im Zusammenhang mit gesundheitlichen Vorschäden des Geschädigten entwickelt worden.
Das ist unzutreffend, denn einerseits ist der Sozialversicherungsträger der materiell Geschädigte (vgl. oben). Andererseits verkennt der BGH, dass Vorschäden auch bei der subjektbezogenen Schadensbetrachtung gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB beachtlich sind. Denn der Schädiger hat den Geschädigten in den persönlichen und gesundheitlichen Verhältnissen zu entschädigen, in denen er ihn angetroffen hat. Daher sind die Heilbehandlungskosten des Geschädigten auch dann erforderlich, wenn sie sich durch Vorschäden erhöht haben (BGH, Urt. v. 18.10.1988 - VI ZR 223/87 Rn. 17; OLG Hamm, Urt. v. 24.10.2007 - I-3 U 14/07 Rn. 70; OLG Celle, Urt. v. 30.05.2007 - 14 U 189/06 Rn. 56; zusf. Prelinger, NZV 2024, 233, 237, Rn. 35).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Auswirkungen des Urteils sind angesichts der vielen Unpässlichkeiten erheblich. Die Thematik bedarf dringend der erneuten höchstrichterlichen Entscheidung.
Der Krankenkasse abzusprechen, dass sie hinsichtlich der konkreten „Sozialleistungen“ materiell Geschädigte i.S.d. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sei, ist unhaltbar, zumal längst das Gegenteil entschieden und vom BGH erkannt wurde (vgl. oben). Es verstößt gegen die Effektivität des Rechtschutzes gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, wenn der Anspruchsübergang dazu dient, dem Sozialversicherungsträger den Ersatz der Kosten seiner (kausalen und kongruenten) „Sozialleistungen“ i.S.d. § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu ermöglichen und genau das nicht umsetzbar ist. Einen konkreten derartigen materiellen Schaden des Geschädigten gibt es nicht, die „Sozialleistungen“ der Krankenkasse müssen mittels der nötigen Kongruenz dem normativen Schaden des Geschädigten nur wertungsmäßig zurechenbar sein. Wenn beim Geschädigten dagegen ein konkreter materieller Schaden verbliebe, könnte dieser darüber verfügen, was § 116 Abs. 1 SGB X gerade verhindern soll (vgl. oben).
Die unkritische Hinnahme des Urteils im Lager der Haftpflichtversicherer klärt die aufgezeigten Probleme ohnehin nicht auf (vgl. Jahnke, jurisPR-VerkR 20/2024 Anm. 2; Figgener/Quaisser, NJW-Spezial 2024, 586; Fischer, FD-SozVR 2024, 820699; Lang/Nugel VersR 2025, 13 ff.). Vor allem aber überlagert die hiernach ergangene Entscheidung des BGH vom 08.10.2024 (VI ZR 250/22) die gesamte Thematik zugunsten der Krankenkassen. Denn wenn auf die nahezu gar nicht bestehenden Erkenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Verletzten abzustellen wäre, dann müsste der Schädiger erst recht die Abrechnung ungeprüft ersetzen. Dann wären aber auch die fehlenden Prüfmöglichkeiten der Krankenkasse gemäß den §§ 275 ff. SGB V zu berücksichtigen.
I. Zurückverweisung
Das OLG Naumburg ist gemäß § 563 Abs. 2 ZPO an die Rechtsauffassung des BGH gebunden, die Bindung erstreckt sich aber nicht auf den Sachverhalt, wenn es nach der Zurückverweisung andere Tatsachen feststellt oder seiner neuen Entscheidung aufgrund geänderter Verhältnisse einen abweichenden Sachverhalt zugrunde legt (OLG Stuttgart, Urt. v. 04.07.2016 - 5 U 186/12 Rn. 44 m.w.N.). Insbesondere wurde vom BGH nicht über die Frage entschieden, ob der Geschädigte selbst das „Krankenhausrisiko“ trägt und ob dies dann daran anknüpfend auch für die Krankenkasse gilt, was sich infolge des neuen Urteils vom 08.10.2024 (VI ZR 250/22) aufdrängt (vgl. oben). Auch dürfte eine Revision erneut geboten sein, da der BGH verkannte, dass das Oberlandesgericht nicht von einem eigenen Anspruch, sondern nur von einem eigenen materiellen Schaden der Krankenkasse ausging. Zudem wandte der BGH vorliegend § 275c SGB V in der seit 01.01.2020 geltenden Fassung an, obwohl sich der Unfall nebst Abrechnung bereits 2018 zutrug.
II. Erforderlichkeit der Belege
Dagegen, dass die Krankenkasse die konkreten Schadenspositionen mittels ihrer gemäß den §§ 284 Abs. 1 Nr. 11, 295, 299 bis 302 SGB V von den Leistungserbringern übermittelten EDV-Belege darlegen kann, hatte der BGH keine Einwendungen, zumal hierfür ohnehin das abgemilderte Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO gilt.
Im Rahmen der subjektbezogenen Schadensbetrachtung sind dem Geschädigten, der auf den ärztlichen Rat vertraut und vertrauen darf, die Schäden auch dann zu ersetzen, wenn sie nicht objektiv erforderlich waren. In diesem Fall wären auch hinsichtlich der Schadenshöhe von der Krankenkasse keine weiteren Belege vorzulegen. Für die Gesundheitsschäden und Kausalitäten kann anderes gelten.
Der datenschutzrechtlich zulässige Umfang der dem Schädiger zu übersendenden Behandlungsunterlagen ist nicht geklärt. Die Übersendung der gemäß Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. f DSGVO besonders geschützten Gesundheitsdaten ist nur bei entsprechender Erforderlichkeit zulässig, was außergerichtlich und gerichtlich zu berücksichtigen ist (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, vgl. VG Stuttgart, Urt. v. 20.06.2024 - 14 K 870/22; VG Hamburg, Urt. v. 28.07.2022 - 21 K 1802/21). Eine pauschale Datenanforderung ist unzulässig (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.05.2022 - 1 W 9/22). Die Übersendung der gesamten Patientenakte ist nicht erforderlich, es muss vielmehr stets der konkrete fallbezogene Zweck der einzelnen Beleganforderung vom Schädiger dargelegt werden. Für die Gesundheitsschäden und Kausalitäten dürften Entlassungsberichte grundsätzlich ausreichen. Die Abrechnungsdaten des Krankenhauses gemäß § 301 Abs. 1 SGB V genügen auch nach der Entscheidung vom 09.07.2024 für den Nachweis der Schadenshöhe (LG Neubrandenburg, Urt. v. 20.11.2024 - 2 O 208/24).
Datenschutzrechtlich ist es zudem unzulässig, dass nicht geeignete Personen die Gesundheitsdaten erhalten. In der Schadensregulierung bleibt regelmäßig im Unklaren, welche Personen genau aufseiten der Dienstleister von Haftpflichtversicherungen mit welcher Qualifikation die sensiblen Gesundheitsdaten prüfen und die Prüfberichte zu verantworten haben. Insbesondere hinsichtlich der oft von Dienstleistern in Frage gestellten Gesundheitsschäden, Kausalitäten und – soweit noch relevant – die medizinische Erforderlichkeit von Behandlungen ist dies problematisch, denn diese können sachkundig nur Fachärztinnen und Fachärzte der jeweils einschlägigen Fachrichtung beurteilen. Dabei können mehrere Fachrichtungen pro Schadensfall relevant sein. Daher muss die Haftpflichtversicherung dies gewährleisten. Entsprechend sind die darauf erstellten Prüfberichte vollständig und unter prüfbarer Benennung der dies verantwortenden Person und ihrer fachärztlichen Qualifikation der Krankenkasse zu übermitteln. Ansonsten sind Einwendungen unsubstanziiert und unbeachtlich. Zur Prüfung und Verteidigung von Ansprüchen sind diese Auskünfte den Haftpflichtversicherungen – trotz oftmals anderslautender Behauptung – auch stets rechtlich möglich, § 24 Abs. 1 Nr. 2 BDSG.
Im Zivilprozess spielen die Behandlungsunterlagen zunächst ohnehin keine Rolle, denn wie der BGH hier zutreffend ausführt, genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen anführt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als entstanden erscheinen zu lassen (vgl. auch BGH, Urt. v. 18.05.2021 - VI ZR 401/19; BGH, Beschl. v. 26.03.2019 - VI ZR 163/17; BGH, Beschl. v. 27.09.2016 - VI ZR 565/15). Unsubstanziiert ist ein Vortrag daher nur bei Fehlen jeglicher Anhaltspunkte (BVerfG, Beschl. v. 24.01.2012 - 1 BvR 1819/10; BGH, Beschl. v. 11.01.2022 - VIII ZR 33/20 m.w.N.; BGH, Urt. v. 18.05.2021 - VI ZR 401/19 m.w.N.). Zudem muss sich die Klagepartei kein medizinisches Fachwissen aneignen (BGH, Beschl. v. 28.05.2019 - VI ZR 328/18 m. Anm. Prelinger, jurisPR-VersR 1/2020 Anm. 1; BGH, Beschl. v. 12.03.2019 - VI ZR 278/18; BGH, Urt. v. 19.02.2019 - VI ZR 505/17; BGH, Urt. v. 14.03.2017 - VI ZR 605/15). Der Vortrag zur Erbringung und Erforderlichkeit der abgerechneten Leistungen mittels Darstellung der öffentlich-rechtlichen EDV-Belege, welche die sozialrechtlich geregelten nötigen und aussagekräftigen Angaben der Leistungserbringer enthalten, kann per se nicht unsubstanziiert sein. Soweit außergerichtlich nicht die erforderlichen Belege vorgelegt wurden, kann sich das allenfalls gemäß den §§ 119 Abs. 3, 120 VVG, § 286 Abs. 4 BGB auf die Zinsen und Kosten auswirken (OLG Stuttgart, Urt. v. 25.07.2024 - 2 U 26/23; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.07.2024 - 12 U 130/23).
III. Folgeverfahren
Die Entscheidung des BGH ist auch hinsichtlich etwaiger anschließender Rechtsstreitigkeiten problematisch. Denkbar ist, dass die Krankenkasse gegenüber dem Krankenhaus nunmehr zivilrechtliche Bereicherungsansprüche aus den §§ 812 ff. BGB geltend macht, wenn sich herausstellt, dass Behandlungen sozialrechtlich falsch abgerechnet wurden. Im Klageverfahren müsste gemäß den §§ 72 ff. ZPO der Streit verkündet werden. Hier besteht das Problem, ob die §§ 275 ff. SGB V eine Sperrwirkung entfalten bzw. bei nicht prüfbarer Abrechnung einen Rechtsgrund für die Zahlung bilden. Problematisch ist auch der Rechtsweg, da auch die Sozialgerichte zuständig und damit eine zivilprozessuale Streitverkündung wirkungslos sein könnte.


E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Der BGH führt zur Untermauerung seiner Auffassung, dass die sozialrechtlichen Systemanforderungen keine Abweichung von der zivilrechtlichen Darlegungs- und Beweislast nach sich ziehen, die Regelung des § 294a SGB V an. Dieser verpflichte unter anderem Krankenhäuser gemäß § 108 SGB V, „die erforderlichen Daten“, einschließlich der Angaben über Ursachen und mögliche Verursacher, den Krankenkassen mitzuteilen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Krankheit die Folge eines Unfalls ist. Der Gesetzgeber habe mit § 294a SGB V eine Norm geschaffen, mit der Krankenkassen Angaben zur Verfügung gestellt werden sollen, die sie benötigen, um nach § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche geltend machen zu können.
Diese Ausführungen sind unverständlich, denn § 294a SGB V sagt nichts über die zivilrechtliche Darlegungs- und Beweislast aus. Die Regelung setzt zudem voraus, dass die Krankenkassen diese Daten auch erhalten. Aus der Praxis ist hingegen bekannt, dass Ärzte und Krankenhäuser fast nie dieser Verpflichtung nachkommen und die Norm daher weitgehend gegenstandslos ist.
§ 294a SGB V regelt auch nur die Mitteilungspflicht der Leistungserbringer, da § 294a SGB V systematisch bei den Pflichten der Leistungserbringer eingeordnet wurde und diese von ihrer Schweige- und Datenschutzpflicht befreien sollte. Aus einer einseitigen Pflicht eines Leistungserbringers wird öffentlich-rechtlich keine Rechtsgrundlage zur aktiven Anforderung von Belegen. Ein Anfordern würde bereits eine Datenerhebung darstellen, für die es einer verfassungsgemäßen Rechtsgrundlage bedarf, die dem Grundsatz der Normenklarheit und Verhältnismäßigkeit entspricht. Bei § 294a SGB V ist diese Befugnis unklar (vgl. LSG Celle-Bremen, Urt. v. 11.11.2009 - L 1 KR 152/08; AG Magdeburg, Urt. v. 19.11.2008 - 180 C 2825/07; SG Berlin, Urt. v. 01.06.2004 - S 82 KR 2038/02; SG Potsdam, Beschl. v. 27.03.2008 - S 1 KA 191/06, zusf. Prelinger, VersR 2022, 1337, 1341; Prelinger, NZV 2024, 233, 242, Rn. 66).



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