Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung nach Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund einer unternehmerischen EntscheidungOrientierungssätze 1. Die Entscheidung des Arbeitgebers als solche, betriebliche Abläufe umzuorganisieren und Aufgaben an andere Beschäftigte zu übertragen, führt nicht per se dazu, dass die Beschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers unmöglich wird. 2. Im Verfahren nach § 888 ZPO kann der Einwand, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit sei aufgrund einer unternehmerischen Organisationsentscheidung entfallen, nur Berücksichtigung finden, wenn dies unstreitig oder offenkundig ist. 3. Der Schuldner kann, wenn er gegen den erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel Berufung einlegt, nach § 719 und § 707 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ArbGG die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen und sich dabei auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit berufen. Im Fall des Verzichts auf die Berufung, kann er den Wegfall auch im Wege der Vollstreckungsabwehrklage (§§ 767, 769 ZPO) geltend machen. 4. Bei einem im Prozess gestellten Auflösungsantrag handelt es sich um eine materiell-rechtliche Einwendung, die nicht im Verfahren nach § 888 ZPO, sondern nach § 719 und § 707 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ArbGG geltend zu machen ist. - A.
Problemstellung Im Mittelpunkt des Beschlusses des Achten Senats des BAG steht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in einem arbeitsgerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Einwand des Vollstreckungsschuldners (des Arbeitgebers), die Weiterbeschäftigung des Vollstreckungsgläubigers (des Arbeitnehmers), sei unmöglich geworden, nachdem dessen Arbeitsplatz aufgrund unternehmerischer Organisationsentscheidung entfallen sei, Wirksamkeit erlangen kann. Die (Weiter-)Beschäftigung eines Arbeitnehmers ist eine Handlung, die nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO „ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt“. Vollstreckungsrechtlich hat das zur Folge, dass der Schuldner allein durch Zwangsgeld oder durch Zwangshaft zur Vornahme der Handlung angehalten werden kann. Aus der ausschließlichen Abhängigkeit der vorzunehmenden Handlung vom Willen des Schuldners folgt vollstreckungs- und materiell-rechtlich auch, dass die objektive oder subjektive Unmöglichkeit der Handlung die Anordnung eines Zwangsmittels nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO ausschließt. Der Streit über die Rechtfertigung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung des Anspruchs des Gläubigers auf Weiterbeschäftigung im laufenden Kündigungsschutzverfahren, der den Gegenstand des Beschlusses bildet, wirft zwei höchstrichterlich bislang nicht eindeutig geklärte Fragen auf, die sich aus dem Nebeneinander von Zwangsvollstreckungs- und Erkenntnisverfahren im Rahmen eines Kündigungs- und Weiterbeschäftigungsstreits ergeben können und im vorliegende Fall ergeben: Inwieweit können die materiell-rechtlichen Einwendungen der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung nach dem von der Schuldnerin behaupteten Wegfall des Arbeitsplatzes des Gläubigers und die eines erneuten Auflösungsantrags nach § 9 KSchG im Zwangsvollstreckungsverfahren berücksichtigt werden? Auf den Klärungsbedarf hinsichtlich der beiden Fragen hat das LArbG Frankfurt die Zulassung der Rechtsbeschwerde gestützt.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Über ein Zwangsgeld nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO streiten auf der Gläubigerseite ein Arbeitnehmer, der nach stattgebendem Urteil des ArbG Kassel Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verlangt; auf der Schuldnerseite die Arbeitgeberin, die gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt, einen weiteren Auflösungsantrag nach § 9 KSchG gestellt und die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts beantragt hat. Den letztgenannten Antrag hat das LArbG Frankfurt im Berufungsverfahren mit Beschluss vom 08.08.2022 zurückgewiesen, weil die Schuldnerin die Voraussetzung eines nicht zu ersetzenden Nachteils durch die Vollstreckung (§ 62 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 ArbGG i.V.m. den §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO) nicht glaubhaft gemacht habe. Der Gläubiger ist in der Folgezeit nicht arbeitsvertragsgemäß weiterbeschäftigt worden. Auf seinen Antrag hat das ArbG Kassel gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld i.H.v. 7.043,78 Euro (das entspricht dem Bruttomonatsentgelt des Gläubigers als kaufmännischer Leiter), ersatzweise für je 1.000 Euro einen Tag Zwangshaft, festgesetzt. Gegen die Zurückweisung ihrer sofortigen Beschwerde durch das Landesarbeitsgericht wendet sich die Schuldnerin mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde nach § 78 Satz 1 und 2 ArbGG i.V.m. § 575 Abs. 1 und 2 ZPO. Der Achte Senat des BAG sieht die Rechtsbeschwerde als zulässig und statthaft, aber unbegründet an. Das Landesarbeitsgericht habe die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zu Recht zurückgewiesen, das Arbeitsgericht das Zwangsgeld rechtsfehlerfrei festgesetzt. In seiner Begründung kommt der Senat nach Bejahung der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (ein nach § 62 Abs. 1 Satz 1 ArbGG vorläufig vollstreckbarer Titel in Gestalt des Urteils des Arbeitsgerichts, vollstreckbar ausgefertigt, zugestellt) zur Kernfrage, ob die Schuldnerin in diesem Verfahren mit Erfolg einwenden kann, die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung des Gläubigers sei aufgrund der von ihr getroffenen unternehmerischen Organisationsentscheidung entfallen. Zwar ist die materiell-rechtliche Frage einer Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen. Schnelligkeit und Formalisierung des Verfahrens stehen dem nicht entgegen. Der Prüfrahmen für den Einwand der Unmöglichkeit ist allerdings im Vergleich zum Erkenntnisverfahren deutlich enger. Zunächst bestätigt der Achte Senat des BAG in seiner Begründung des Beschlusses unter Verweis u.a. auf BGH, Beschl. v. 23.09.2021 - I ZB 20/21 Rn. 58, dass die objektive oder subjektive Unmöglichkeit einer nicht vertretbaren Handlung die Anordnung eines Zwangsmittels ausschließt, weil die zu erzwingende Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt. Unmögliches kann im Recht nicht verlangt werden. Dieser Grundsatz findet sich allerdings im Zwangsvollstreckungsverfahren in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt. Ist der Einwand der Unmöglichkeit im Erkenntnisverfahren bis zum Erlass des Titels bereits geprüft worden, so ist eine erneute Prüfung dieses Einwandes im Zwangsvollstreckungsverfahren ausgeschlossen. Mit einer weiteren Einschränkung hatte sich bereits das vorentscheidende LArbG Frankfurt und haben sich seit Jahren weitere Beschwerdeentscheidungen von Landesarbeitsgerichten im Zusammenhang mit verweigerter Weiterbeschäftigung nach betriebsbedingter Kündigung auseinandergesetzt. Berücksichtigung finden kann der Einwand, die Beschäftigungsmöglichkeit sei aufgrund einer unternehmerischen Organisationsentscheidung entfallen, im Verfahren nach § 888 ZPO nur dann, wenn der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit unstreitig oder offenkundig ist. Diese Voraussetzung liegt im hier zu besprechenden Fall schon deshalb nicht vor, weil der Gläubiger das Entfallen der Beschäftigungsmöglichkeit bestritten hat. Auch davon abgesehen ist aus Sicht des Achten Senats eine Weiterbeschäftigung des Gläubigers nicht unmöglich geworden. Im Unterschied zur Fallgestaltung in dem Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Zehnten Senat vom 05.02.2020 (10 AZB 31/19) lag im vorliegenden Fall keine europaweite Umstrukturierung eines Konzerns vor, sondern eine von der Schuldnerin selbst getroffene unternehmerische Entscheidung für den Wegfall der Stelle des Gläubigers. Belege dafür, dass sie nicht in der Lage wäre, den Betrieb so zu organisieren, dass der Gläubiger weiter beschäftigt werden könnte, konnte der Senat im Vortrag der Schuldnerin nicht erkennen. Folgerichtig ging er davon aus, dass eine Weiterbeschäftigung des Gläubigers nicht unmöglich geworden ist. Die Erwägung beruht auf dem erwähnten Gedanken der Willensabhängigkeit einer nicht vertretbaren Handlung, wendet ihn aber in die entgegengesetzte Richtung. Wenn es richtig ist, dass von einem Schuldner die Vornahme einer Handlung (die Weiterbeschäftigung), die ihm oder allgemein unmöglich ist, nicht verlangt werden kann, dann ist auch richtig, dass ein Schuldner, der die Möglichkeit der Vornahme der Handlung verhindert, nicht Unmöglichkeit einwenden kann. Überprüfbar sind die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Einwandes der Unmöglichkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren nur sehr begrenzt. Für die Begrenzung der Prüfung folgt der Beschluss des BAG den Erwägungen des LArbG Frankfurt und weiterer LArbG-Rechtsprechung zu dieser Frage. Er führt im Wesentlichen drei Gründe an. Den ersten und allgemeinen Grund bilden die im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren eingeschränkten Erkenntnis- und Beweismöglichkeiten. Die Streitfrage, ob die Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund einer unternehmerischen Organisationsentscheidung entfallen ist, kann umfangreiche und schwierig zu treffende tatsächliche Feststellungen erfordern, die nicht aus dem Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden können. Im arbeitsgerichtlichen Zwangsvollstreckungsrecht kommt die besondere, durch § 62 Abs. 1 ArbGG gebotene Beschleunigung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung hinzu (vgl. Holthaus in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2022, § 62 ArbGG Rn. 1; Hamacher in: BeckOK ArbR, 67 Ed. 01.03.2023, ArbGG, § 62 Rn. 3; Schleusener in: GMP, ArbGG, 10. Aufl., § 62 Rn. 1). Würde man die Prüfung des Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit im Vollstreckungsverfahren auch dann zulassen, wenn die vom Schuldner eingewandte Unmöglichkeit streitig oder nicht offenkundig ist, dann könnte es – das ist das zweite Bedenken – im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren zu widerstreitenden Entscheidungen kommen. Schließlich und drittens würde unter dieser Voraussetzung die Durchsetzung eines Weiterbeschäftigungstitels erheblich erschwert. Der Senat knüpft hierbei an eine Überlegung an, die sich bereits in der Entscheidung des LArbG Frankfurt vom 06.07.2016 (10 Ta 266/16) und zuvor in weiteren Beschlüssen von Landesarbeitsgerichten findet. Trifft der Arbeitgeber als Schuldner des titulierten Beschäftigungsanspruchs nach dem erstinstanzlichen Urteil eine neue unternehmerische Entscheidung, die zum Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers führt, dann hätte er es in der Hand, die Vollstreckung aus dem Beschäftigungstitel (leicht) zu umgehen (LArbG Frankfurt, Beschl. v. 06.07.2016 - 10 Ta 266/16 Rn. 32). Mit dieser Überlegung ist das Kernproblem der Rechtsfigur der Unternehmerentscheidung benannt. Wo in dem breiten Spektrum zwischen ad hoc herbeigeführtem Wegfall des Arbeitsplatzes und objektiv begründbarer, vom konkreten Kündigungsfall unabhängiger unternehmerischer Organisationsentscheidung ist der jeweilige Weiterbeschäftigungsfall anzusiedeln? Ausführlich nachlesen lässt sich zu den hierdurch aufgeworfenen Problemen aus neuerer Zeit unter anderem bei Sabine Neumann, Die betriebsbedingte Kündigung. Die Überprüfbarkeit der „freien“ Unternehmerentscheidung, Hamburg 2022, sowie in den Festschrift-Beiträgen von Wolfgang Däubler, Die „freie Unternehmerentscheidung“ im Kündigungsschutzrecht; Franz Josef Düwell, Die Organisationsentscheidung bei der betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem schwerbehinderten Menschen; und Michael Kittner, Entwicklungslinien der Rechtsprechung zur „Unternehmerentscheidung“ – nur noch Rechtsgeschichte?, in Festschrift für Ulrich Preis zum 65. Geburtstag, München 2021, S. 159-170, S. 181-189 und S. 615-626. Der Achte Senat des BAG verweist, wie erwähnt, zur Abgrenzung des aktuellen Falles auf die Entscheidung des Zehnten Senats des BAG vom 05.02.2020 (10 AZB 31/19). In diesem Rechtsbeschwerdeverfahren war der Arbeitsplatz, auf dem die titulierte Beschäftigung hätte ausgeübt werden können, infolge einer konzernweiten Umstrukturierung unbestritten weggefallen. Die Umstrukturierung war nicht vom Willen der Vertragsarbeitgeberin abhängig. Im vorliegenden Fall der Rechtsbeschwerde vor dem Achten Senat des BAG hingegen war die Stelle des gegen seine Kündigung klagenden Arbeitnehmers, des Vollstreckungsgläubigers, nicht aufgrund konzernweiter Umstrukturierung entfallen. Vielmehr hatte die Vollstreckungsschuldnerin nach ihrem Vorbringen durch ihren Geschäftsführer nach der ersten Kündigung die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Position des kaufmännischen Leiters (des Gläubigers) künftig nicht mehr vorzuhalten. In zeitlicher Hinsicht war die Entscheidung mehr als zwei Monate nach dem stattgebenden arbeitsgerichtlichen Weiterbeschäftigungsurteil und während des laufenden Berufungsverfahrens getroffen worden. Zur Prozess- und Streitgeschichte gehört, dass die Schuldnerin im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Wege der Widerklage den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung nach § 9 Abs. 1 KSchG gestellt hatte. Dieser Auflösungsantrag war vom Arbeitsgericht abgewiesen worden. Auch ein zweiter, nunmehr im Berufungsverfahren gestellter Auflösungsantrag, der von der Schuldnerin mit der Unmöglichkeit weiterer vertrauensvoller Zusammenarbeit begründet wurde, war von der für das Berufungsverfahren zuständigen Kammer des Landesarbeitsgerichts abgewiesen worden. Zum Tragen kam hier die Erwägung, dass ein Auflösungsantrag ebenso wie eine weitere Kündigung eine neue materiell-rechtliche Einwendung bildet, die im Wege der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO oder im Rahmen des Berufungsverfahrens nach § 62 Abs. 1 Sätze 2, 3 ArbGG geltend zu machen ist (so bereits LArbG Weimar v. 05.01.2005 - 1 Ta 148/04). Deutlich wird die materiell-rechtliche Prägung des Vorbringens daraus, dass die Schuldnerin mit dem neuen Auflösungsantrag die Annahme verbunden hat, hierdurch sei auch erneute Ungewissheit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingetreten. Auch mit Blick hierauf hat das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil höchstrichterlich nicht eindeutig geklärt sei, inwieweit die materiell-rechtlichen Einwendungen eines neuen Auflösungsantrags und einer neuen Organisationsentscheidung im Rahmen des Verfahrens nach § 888 ZPO zu berücksichtigen sind.
- C.
Kontext der Entscheidung Der Beschluss des Achten Senats des BAG, der mit Begründung und Ergebnis überzeugt, trägt zur Klärung der vielfältigen Rechtsfragen der „freien Unternehmerentscheidung“ im Zusammenhang mit betriebsbedingter Kündigung und Weiterbeschäftigung insoweit bei, als er die Einwendungen der Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung und des Auflösungsantrags im Zwangsvollstreckungsverfahren im Vergleich zum Erkenntnisverfahren beschränkt. In Anbetracht der gesetzlich angeordneten Schnelligkeit des Vollstreckungsverfahrens, der notwendigen Vermeidung divergierender Entscheidungen zwischen beiden Verfahren und des auf Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gestützten effektiven Rechtsschutzes im Verfahren nach § 888 ZPO ist der Einwand der Unmöglichkeit weiterer Beschäftigung des Gläubigers nur unter der Voraussetzung von Unstrittigkeit oder Offenkundigkeit zu berücksichtigen. Fehlt diese Voraussetzung, wird eine ggf. aufwändige Prüfung materiell-rechtlicher Voraussetzungen erforderlich, die im beschleunigten Zwangsvollstreckungsverfahren nicht zu leisten ist. Dasselbe gilt für den mit dem Auflösungsantrag nach § 9 KSchG verbundene Vortrag der Schuldnerin, hieraus folge zusätzliche Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, der der Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO entgegenstehe. Der Senat weist darauf hin, dass der Schuldner in seinem Anspruch auf wirksamen Rechtsschutz durch die über Offenkundigkeit und Unbestrittenheit hinausgehende Nichtberücksichtigung materiell-rechtlicher Einwendungen im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht verletzt wird. Geltend machen kann er die aus seiner Sicht weggefallene Möglichkeit der Weiterbeschäftigung des Gläubigers außerhalb des Verfahrens nach § 888 ZPO. Je nach Verfahrensverlauf kann er im Falle der Berufung gegen den erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitel nach den §§ 719 Abs. 1 und 707 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ArbGG die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen, andernfalls den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit durch unternehmerische Organisationsentscheidung mit der Vollstreckungsabwehrklage nach den §§ 767, 769 ZPO geltend machen. Das Feld der veröffentlichten Rechtsprechung zur „Unternehmerentscheidung“ im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen ist nach wie vor weit (von einem „weiten Feld“ in diesem Zusammenhang sprach schon vor 14 Jahren Friedhelm Rost, Beendigung von Arbeitsverhältnissen bei Umstrukturierung, NZA Beilage 2009, Nr 1, 23). Immerhin bringt der besprochene Beschluss des Achten Senats des BAG in dieses Feld deutliche und die Rechtsanwendung im Falle der Zwangsvollstreckung klärende Markierungen ein. Erkennbar wird daraus, dass im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes und im Interesse der Schnelligkeit und Widerspruchsfreiheit des Vollstreckungsverfahrens Einwendungen materiell-rechtlicher Natur, von Ausnahmen abgesehen, dem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleiben. Zu den Ausnahmen gehört die vom Vollstreckungsschuldner, typischerweise dem Arbeitgeber, eingewendete Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung des Gläubigers wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes bzw. der Beschäftigungsmöglichkeit, wenn die Unmöglichkeit nicht bestritten wird oder offenkundig ist.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Die „Unternehmerentscheidung“ als Begründungsfigur für organisatorische Veränderungen im Unternehmen und den dadurch – wirklich oder angeblich – bedingten Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten mit der Folge von Kündigung, Kündigungsschutzklage und Antrag auf (vorläufige) Weiterbeschäftigung hat beachtliche Auswirkungen für die arbeitsrechtliche Praxis. Der hier besprochene Beschluss des Achten Senats des BAG vom 28.02.2023 trägt mit der Beschränkung von Einwendungen im Zwangsvollstreckungsverfahren in Abgrenzung zum Erkenntnisverfahren zur Klärung der Rechtsanwendung bei. Die nach einer „Unternehmerentscheidung“ von dem erstinstanzlich zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verpflichteten Arbeitgeber eingewandte Unmöglichkeit kann und muss im Zwangsvollstreckungsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn sie offenkundig oder unbestritten ist. Dasselbe gilt für das mit einem erneuten Auflösungsantrag nach § 9 KSchG verbundene Vorbringen, der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses sei hierdurch zusätzlich ungewiss geworden. Die durch die Besonderheiten des Zwangsvollstreckungsverfahrens bedingte Einschränkung materiell-rechtlicher Einwendungen effektuiert den Rechtsschutz für den Vollstreckungsgläubiger, ohne den des Vollstreckungsschuldners zu verkürzen. Diesem stehen die vom BAG wie auch bereits vom Landesarbeitsgericht gewiesenen Möglichkeiten des Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach den §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 62 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ArbGG im Falle der Berufung oder ansonsten der Vollstreckungsabwehrklage nach den §§ 767, 769 ZPO zur Verfügung.
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