Zur „bedingten“ Satzungsgebung im Verfahren zur Aufstellung eines BebauungsplansOrientierungssätze zur Anmerkung 1. Ob Satzungsbeschlüsse über Bebauungspläne unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung überhaupt zulässig sind, kann dahinstehen; jedenfalls darf zum einen die Inkraftsetzung einer Rechtsnorm nicht unter eine (aufschiebende) Bedingung gestellt werden und es muss zum anderen die Kompetenzabgrenzung zwischen den Gemeindeorganen gewahrt bleiben. 2. Auch § 1 Abs. 7 BauGB setzt der Delegation einer als offen angesehenen Entscheidungslage Grenzen; eine Frage darf danach keinem anderen Gemeindeorgan übertragen werden, wenn die noch zu treffende Antwort gerade eine eigene abwägende Beurteilung bedingt. - A.
Problemstellung Will die Gemeinde im Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans ihren Satzungsbeschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB oder seinen Vollzug von bestimmten Umständen oder Feststellungen abhängig machen, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht vorliegen, kann das heikel werden und zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen. In der zu besprechenden Normenkontrollentscheidung des VGH München, die die Planung eines allgemeinen Wohngebiets in der unmittelbaren Nachbarschaft einer Gärtnerei betraf, sollte der Satzungsbeschluss oder jedenfalls sein weiterer Vollzug von der grundbuchrechtlichen Eintragung eines „Immissionsduldungsrechts“ zugunsten der Gärtnerei abhängig gemacht werden; dies betraf einen zentralen Aspekt der Abwägung, nämlich die Frage, wie die zwischen der geplanten Wohnbebauung und der Bestandsgärtnerei wohl zu erwartenden Konflikte gelöst werden könnten. Der VGH arbeitet instruktiv heraus, nach welchen Maßstäben eine solchermaßen „bedingte“ Satzungsgebung zu behandeln ist.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung I. Der Antragsteller wendet sich gegen den „Bebauungs- mit Grünordnungsplan ‚Sägewerk Z...‘“ der Antragsgegnerin. Er betreibt auf zwei an das Plangebiet nordöstlich angrenzenden Grundstücken auf einer Fläche von rund 3.600 m² eine Gärtnerei. Der Bebauungsplan setzt zeichnerisch ein Allgemeines Wohngebiet auf einem rund 5.650 m² großen Grundstück – der Fläche eines früheren Gewerbebetriebs – fest, auf der 14 Doppelhäuser sowie ein Einzelhaus errichtet werden sollen. Die textliche Festsetzung Nr. 6 zum Immissionsschutz lautet: „Das Plangebiet wird als Allgemeines Wohngebiet (WA) gemäß § 4 BauNVO ausgewiesen. Die Immissionswerte werden tags auf 55 dB(A) und nachts auf 45/40 dB(A) festgesetzt (nach DIN 18005 (Teil 1) empfohlene Orientierungswerte im WA). Schallschutztechnische Maßnahmen sind nicht erforderlich.“ Im Aufstellungsverfahren wendete der Antragsteller ein, durch die heranrückende Wohnbebauung drohten Konflikte aufgrund der von seinem Betrieb ausgehenden Immissionen (insbesondere durch Lärm und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln), die durch die Planung nicht bewältigt würden. Das Landratsamt wies darauf hin, dass die Bedenken ernst zu nehmen seien, weil künftig – insbesondere aufgrund von Windverwehungen – Probleme durch Dünge- und Pflanzenschutzmittelausbringung drohen könnten. Eine gewisse räumliche Trennung sei sinnvoll, eventuell durch dichte Heckenbepflanzung oder ähnliche Maßnahmen, die direkte Immissionen auf das Wohngebiet zumindest einschränken könnten. Der Bau- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin stellte dazu mit Beschluss vom 07.05.2019 fest, dass der Pflanzenschutz nach dem Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) nur nach guter fachlicher Praxis durchgeführt werden dürfe. Abdrift sei grundsätzlich zu vermeiden und es seien ausreichende Abstände zu Wohngebieten einzuhalten. Es bestehe die Auffassung, dass der Gartenbaubetrieb als Verursacher von Gefahren durch das Ausbringen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auch für den Schutz der Anwohner und die Gefahrenabwehr zuständig sei. Im Bebauungsplan werde bereits auf mögliche Immissionen hingewiesen. Weitere Maßnahmen seien nicht erforderlich. Darüber hinaus wurde im Beschluss über die Einwendungen des Antragstellers ausgeführt, dass sich der Bestandsschutz aus der Baugenehmigung für die Gärtnerei ergebe und nicht im Bebauungsplan festgesetzt werden könne. Da das Bebauungsplangebiet nur dem Wohnen diene, sei es nicht möglich, ein Mischgebiet auszuweisen; es werde aber lediglich ein allgemeines Wohngebiet und kein reines Wohngebiet festgesetzt. In seiner Sitzung vom 04.06.2019 befasste sich der Bau- und Umweltausschuss erneut mit dem Bebauungsplan. In der Beschlussvorlage wurde ausgeführt, dass aus Sicht der Verwaltung baurechtlich nichts Zusätzliches unternommen werden könne, um den Bestandsschutz der Gärtnerei weiter abzusichern. Darüber hinaus wurde auf die Möglichkeit einer Sicherung durch eine grundbuchrechtliche Eintragung hingewiesen. Der Ausschuss fasste folgenden Beschluss: „Vorbehaltlich der grundbuchrechtlichen Duldung zugunsten der angrenzenden Gärtnerei, wird der Bebauungsplan mit den eingearbeiteten Änderungen (…) gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen“. Mit notarieller Urkunde vom 02.10.2019 wurde zugunsten der Grundstücke, auf denen der Antragsteller die Gärtnerei betreibt, eine Grunddienstbarkeit in Form eines Immissionsduldungsrechts bewilligt und deren Eintragung beantragt. Der Eigentümer des zu überplanenden Grundstücks verpflichtete sich danach, „gegen bau- und gewerberechtlich zulässige Nutzungen des herrschenden Grundstücks, also insbesondere gegen solche gewerblichen Nutzungen, die sich im Zweckbereich des jeweils gültigen Bebauungsplanes bewegen und/oder die sich aus dem Betrieb der Gärtnerei und den damit zusammenhängenden Immissionen ergeben, keinerlei Einwendungen zu erheben und diese Nutzungen, vor allem die vom herrschenden Grundstück ggf. ausgehenden Einwirkungen, insbesondere Gase, Gerüche oder Lärm, zu dulden und insoweit auf Schadensersatzansprüche zu verzichten, die zum Inhalt des Eigentums gehören“. Das Immissionsduldungsrecht wurde am 31.08.2020 ins Grundbuch eingetragen und – nach zwischenzeitlicher Teilung des Grundstücks – am 22.09.2020 auf die Miteigentumsanteile übertragen. Der Bebauungsplan wurde am 07.10.2019 ausgefertigt und am 06.12.2019 ortsüblich bekannt gemacht. Die festgesetzten 14 Doppelhäuser sowie das Einzelhaus wurden zwischenzeitlich fertiggestellt. Der Antragsteller hat am 02.12.2020 Normenkontrollantrag gestellt. Er beruft sich in seiner Antragsbegründung im Wesentlichen auf die Verletzung des Gebots der Konfliktbewältigung. Die Wohnbebauung rücke bis auf etwa 7 m an das Betriebsgelände heran, die daraus resultierenden Konflikte seien nicht bewältigt worden. Sein Betrieb verfüge nur über ein begrenztes Emissionsminderungspotential. Der Hinweis auf die gute fachliche Praxis nach dem Pflanzenschutzgesetz sei nicht geeignet, die Konflikte zu bewältigen. Die Antragsgegnerin habe es unterlassen, die erforderliche Lärmschutzprognose zu erstellen. Die Herabstufung des Reinen Wohngebiets in ein Allgemeines Wohngebiet reiche nicht aus, um die Lärmproblematik zu lösen. Vielmehr sei es nach der Mittelwert-Rechtsprechung geboten, Grenzwerte in einer Größenordnung festzusetzen, wie sie für Mischgebiete gelten. Daran änderten auch die zugunsten des Antragstellers bestellten Grunddienstbarkeiten nichts. Sie könnten den erforderlichen planungsrechtlichen Immissionsschutz nicht ersetzen. Darüber hinaus liege ein Bekanntmachungsfehler vor, weil in den textlichen Festsetzungen auf eine DIN-Norm zur Einhaltung von Richtwerten Bezug genommen werde, ohne dass darauf hingewiesen worden sei, wo diese eingesehen werden könne. II. Der VGH München hat den angefochtenen Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Der Antrag sei zulässig, insbesondere seien Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) und Rechtsschutzbedürfnis gegeben, wie der VGH im Einzelnen näher ausgeführt hat (Rn. 16 ff., dazu noch nachfolgend unter E.). Der Normenkontrollantrag sei auch begründet. Der Bau- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin habe den Bebauungsplan als beschließender Ausschuss nur vorbehaltlich der Bestellung einer grundbuchrechtlichen Duldung zugunsten der angrenzenden, vom Antragsteller betriebenen Gärtnerei beschlossen und damit den Satzungsbeschluss nicht ordnungsgemäß gefasst. Ob Satzungsbeschlüsse über Bebauungspläne unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung überhaupt zulässig seien, könne dahinstehen. Jedenfalls dürfe zum einen die Inkraftsetzung einer Rechtsnorm nicht unter eine (aufschiebende) Bedingung gestellt werden – was hier nicht der Fall sei – und es müsse zum anderen bei einer bedingten Beschlussfassung die Kompetenzabgrenzung zwischen den Gemeindeorganen (hier: beschließender Ausschuss gemäß den Art. 32 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 2, 30 Abs. 2 GO und erster Bürgermeister gemäß Art. 29 Halbsatz 2 GO) gewahrt bleiben. Es sei nicht zulässig, die Entscheidungskompetenz über das Inkraftsetzen der Bebauungsplansatzung zu verlagern. Ein Verfahrensfehler liege daher vor, wenn der Bedingungseintritt nicht eindeutig feststellbar sei mit der Folge, dass der erste Bürgermeister im Ergebnis die allein dem Ausschuss obliegende Entscheidung treffe, der Bebauungsplan solle geltendes Recht werden. Lasse sich der Bedingungseintritt dagegen eindeutig feststellen und verbleibe dem ersten Bürgermeister oder der ihm nachgeordneten Verwaltung lediglich die Aufgabe, den mit Bedingungseintritt wirksam gewordenen Satzungsbeschluss zu vollziehen, begegne dies keinen rechtlichen Bedenken. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Urt. v. 19.09.2002 - 4 CN 1/02 Rn. 25) setze darüber hinaus auch Bundesrecht der Delegation einer als offen angesehenen Entscheidungslage durch das Beschlussorgan im Sinn des § 10 Abs. 1 BauGB Grenzen. Sie ergäben sich unter anderem aus der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen abwägenden und damit einheitlichen Satzungsentscheidung. Die Abwägung müsse in einer Hand liegen. Eine Frage dürfe danach keinem anderen Gemeindeorgan übertragen werden, wenn die noch zu treffende Antwort gerade eine eigene abwägende Beurteilung bedinge. Das BVerwG rechne daher die Einheit des Abwägungsvorganges und des darauf bezogenen Abwägungsergebnisses zum Kern der abwägenden Beschlussentscheidung. Insoweit bestehe bundesrechtlich grundsätzlich das Gebot der Einheit von instanziellem Abwägungsverfahren und sachlicher Abwägungsentscheidung, die gemäß § 10 Abs. 1 BauGB in den Satzungsbeschluss münde. Nach diesen Maßstäben sei die Fassung des Satzungsbeschlusses durch den Bau- und Umweltausschuss der Antragsgegnerin unter dem Vorbehalt „der grundbuchrechtlichen Duldung zugunsten der angrenzenden Gärtnerei“ rechtsfehlerhaft gewesen. Der Eintritt dieser Bedingung lasse sich nicht eindeutig bestimmen. Bei Auslegung des Beschlussinhalts aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts und unter Berücksichtigung des Beratungsverlaufs bleibe unklar, welchen Inhalt die Grunddienstbarkeit in Form eines Immissionsduldungsrechts hätte haben sollen. Dies gelte vor allem für die Frage, in welchem Umfang die künftigen Eigentümer der Baugrundstücke die hier konkret in Betracht kommenden Immissionen in Form von Gewerbelärm, Gerüchen sowie Einwirkungen durch Pflanzenschutz- und Düngemittel in Zukunft zu dulden hätten. Insoweit habe es zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses an einer Bestimmung gefehlt. Angesichts des Beratungsverlaufs spreche alles dafür, dass beabsichtigt gewesen sei, die Rechtsstellung des Antragstellers gegenüber der heranrückenden Wohnbebauung zu verbessern und so den Bestand seiner Gärtnerei zusätzlich abzusichern. In welcher Art und Weise dies im Einzelnen habe erfolgen sollen, lasse sich aber weder den vorgelegten Sitzungsunterlagen noch dem Beschluss selbst entnehmen. Jedenfalls könne der Vorbehalt im Satzungsbeschluss nicht so verstanden werden, dass jegliche, irgendwie geartete grundbuchrechtliche Duldung als ausreichend hätte angesehen werden können. Bei der Zumutbarkeit von Immissionen handle es sich zudem um eine wesentliche Frage des Abwägungsgebots in seiner Ausprägung als Konfliktbewältigungsgrundsatz. Angesichts der im Aufstellungsverfahren aufgeworfenen Problematik des Bestandsschutzes für den emittierenden Betrieb des Antragstellers hätte es insofern auch nach den Vorgaben des Baugesetzbuchs einer abwägenden Entscheidung des Ausschusses selbst bedurft. Diese habe hier letztlich in der Hand des ersten Bürgermeisters gelegen, der darüber zu befinden gehabt habe, ob er die Duldungspflicht für ausreichend halte und den Bebauungsplan ausfertige oder ob er bei Auslegung der Grunddienstbarkeit zum Ergebnis gelange, dass diese lediglich die ohnehin geltende Rechtslage wiedergebe oder gar hinter dieser zurückbleibe und daher der Intention, dem Antragsteller einen weiter gehenden Bestandsschutz für seinen Betrieb zu garantieren, nicht gerecht werde. Der beschließende Ausschuss habe dadurch wesentliche Teile der einheitlichen Abwägung aus der Hand gegeben. Darin liege ein beachtlicher Verfahrensfehler, der aufgrund des Verstoßes gegen die Gemeindeordnung (Art. 32 Abs. 2 Sätze 1 und Satz 2 Nr. 2, 30 Abs. 2, 29 Halbsatz 2 GO) sowie aufgrund der mangelnden Beschlussfassung über den Bebauungsplan als Satzung (§§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) zur Unwirksamkeit führe und nicht unbeachtlich werden könne.
- C.
Kontext der Entscheidung I. 1. Der VGH München hat zunächst offengelassen, ob Satzungsbeschlüsse über Bebauungspläne nach § 10 Abs. 1 BauGB unter einem Vorbehalt oder einer Bedingung überhaupt zulässig sind. Diese Frage dürfte grundsätzlich zu verneinen sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48/86 Rn. 29; BVerwG, Urt. v. 19.09.2002 - 4 CN 1/02 Rn. 21; VGH München, Urt. v. 30.07.1993 - 26 W 91.1677 Ls. 1 u. Rn. 15; OVG Münster, Urt. v. 11.12.1995 - 10a D 77/91.NE Ls. 1 u. Rn. 6; OVG Lüneburg, Urt. v. 08.02.2000 - 1 K 5513/98Rn. 28; VGH Mannheim, Urt. v. 10.11.2010 - 5 S 955/09 Ls. 1 u. Rn. 25; aus dem Schrifttum etwa Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2022, § 10 Rn. 35; anders wohl VGH München, Urt. v. 06.08.2001 - 15 N 99.463 Ls. 2 und Rn. 49 ff.). Begründen mag man dies mit der Rechtsnormqualität der Satzung, der zufolge die Vielzahl der Rechtsunterworfenen „unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zweifelsfrei feststellen können (muss), ob die Regelungen für sie verbindlich sind oder nicht und mit welchem Inhalt die Norm für sie gilt“ (so VGH Mannheim, Urt. v. 10.11.2010 - 5 S 955/09). Überzeugender dürfte es freilich sein, diesen Befund mit einer im BauGB fehlenden Ermächtigungsgrundlage für eine entsprechende Satzungsgebung unter Vorbehalt oder unter einer Bedingung zu erklären (so etwa OVG Lüneburg, Urt. v. 08.02.2000 -1 K 5513/98; vgl. auch den Hinweis des BVerwG im Urt. v. 16.12.1988 - 4 C 48/86 darauf, dass § 9a BBauG 1976, der es in einer Art „Vorratsplanung“ zugelassen habe, die Zulässigkeit von im Bebauungsplan festgesetzten Nutzungen von der Sicherung bestimmter Einrichtungen der Infrastruktur abhängig zu machen, in das BauGB 1986 nicht übernommen worden sei). Jedenfalls mit Einführung des § 9 Abs. 2 BauGB durch das EAG Bau 2004, der die Möglichkeit vorsieht, „in besonderen Fällen“ die Zulässigkeit von Festsetzungen in einem Bebauungsplan zu befristen oder mit einer Bedingung zu versehen, und der sich ausschließlich auf Festsetzungen des Bebauungsplans, nicht aber auf den Bebauungsplan als Ganzes bezieht (vgl. nur Jarass/Kment, BauGB, 3. Aufl. 2022, § 9 Rn. 11), dürfte klar sein, dass der Gesetzgeber generelle Befristungen oder Bedingungen von Bebauungsplänen hat ausschließen wollen (vgl. auch Heinrich, Befristung und Bedingung baulicher und sonstiger Nutzungsrechte nach § 9 Abs. 2 BauGB, 2009, S. 52 m.w.N.). 2. Damit hat es allerdings nicht sein Bewenden. Das BVerwG hat 2002 deutlich gemacht, dass von einer (unzulässigen) „Bedingung“ nicht gesprochen werden kann – so muss man die Entscheidung des BVerwG im Ergebnis wohl verstehen (vgl. auch Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 10 Rn. 35) –, wenn sich die fragliche Maßgabe lediglich auf das „interne“ Normsetzungsverfahren (und nicht auf den bekannt gemachten Normsetzungsbefehl, also auf die nach außen wirksam gewordene Normsetzung) bezieht (BVerwG, Urt. v. 19.09.2002 - 4 CN 1/02 Rn. 21); die frühere Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe hatte dies noch anders gesehen (vgl. VGH München, Urt. v. 30.07.1993 - 26 W 91.1677 Ls. 1 u. Rn. 15: Bedingungsfeindlichkeit gelte nicht nur für das Inkrafttreten der Norm und deren Inhalt, sondern auch für die essentiellen Schritte im Normsetzungsverfahren wie den inhaltbestimmenden Beschluss des normschaffenden Organs; ebenso noch OVG Münster, Urt. v. 11.12.1995 - 10a D 77/91.NE Ls. 1 u. Rn. 6; VGH Mannheim, Urt. v. 10.11.2010 - 5 S 955/09 Ls. 1 u. Rn. 25). Nach der Würdigung des VGH München war von einem solchen Fall, in dem sich die Maßgabe – hier der mit der Satzung gefasste Vorbehalt der „grundbuchrechtlichen Duldung“ – lediglich auf das Normsetzungsverfahren beziehen sollte, auch vorliegend auszugehen; danach habe der erste Bürgermeister den Bebauungsplan erst nach Eintragung des Immissionsduldungsrechts ausfertigen sollen (Rn. 28). II. Für das „interne“ Normsetzungsverfahren selbst hat das BVerwG im vorliegenden Zusammenhang klargestellt – und der VGH München hat sich dem angeschlossen –, dass Bundesrecht nicht entgegenstehe, wenn ein Gemeindeorgan, das für die Beschlussfassung über einen Bebauungsplan zuständig sei, die Prüfung einer näher umschriebenen Feststellung einem anderen Gemeindeorgan übertrage und von dem Ergebnis dieser Prüfung die Bekanntmachung des beschlossenen Bebauungsplans abhängig mache. Dies gelte nicht, wenn die Prüfung und die Bewertung des Prüfungsergebnisses nur im Rahmen der planerischen Abwägung sachgerecht stattfinden könne (BVerwG, Urt. v. 19.09.2002 - 4 CN 1/02 Ls. 1 u. im Einzelnen Rn. 23 ff.); eine Frage dürfe danach nicht einem anderen Gemeindeorgan übertragen werden, wenn die noch zu treffende Antwort gerade eine eigene abwägende Beurteilung bedinge (BVerwG, Urt. v. 19.09.2002 - 4 CN 1/02 Rn. 25 u. 26: „Einheit von instanziellem Abwägungsverfahren und Abwägungsentscheidung“). So lag es freilich im vorliegenden Fall, wie der VGH München zutreffend festgestellt hat: Der Eintritt der „Bedingung“ habe sich nicht eindeutig bestimmen lassen, weil unklar geblieben sei, was letztlich Inhalt der Grunddienstbarkeit in Form eines Immissionsduldungsrechts habe sein sollen, insbesondere, in welchem Umfang die künftigen Eigentümer der Baugrundstücke die konkret in Betracht kommenden Immissionen in Form von Gewerbelärm, Gerüchen sowie Einwirkungen durch Pflanzenschutz- und Düngemittel in Zukunft hätten dulden sollen. Bei der Zumutbarkeit von Immissionen handle es sich zudem um eine wesentliche Frage des Abwägungsgebots in seiner Ausprägung als Konfliktbewältigungsgrundsatz; angesichts der im Aufstellungsverfahren aufgeworfenen Problematik des Bestandsschutzes für den emittierenden Betrieb des Antragstellers hätte es insofern einer abwägenden Entscheidung des insoweit zuständigen Ausschusses selbst bedurft. Diese habe hier letztlich in der Hand des ersten Bürgermeisters gelegen, der darüber zu befinden gehabt habe, ob er die Duldungspflicht für ausreichend halte und den Bebauungsplan ausfertige oder ob er bei Auslegung der Grunddienstbarkeit zum Ergebnis gelange, dass diese lediglich die ohnehin geltende Rechtslage wiedergebe oder gar hinter dieser zurückbleibe und daher der Intention, dem Antragsteller einen weiter gehenden Bestandsschutz für seinen Betrieb zu garantieren, nicht gerecht werde. Danach hat es aus Sicht des VGH München sowohl an der Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters gefehlt, der im Ergebnis die allein dem nach bayerischem Landesrecht für den Erlass von Bebauungsplänen zuständigen sog. beschließenden Ausschuss (Art. 32 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 2, 30 Abs. 2 GO) obliegende Entscheidung getroffen habe, der Bebauungsplan solle geltendes Recht werden, als auch an der Einheit des Abwägungsvorgangs und des darauf bezogenen Abwägungsergebnisses.
- D.
Auswirkungen für die Praxis Der vorliegende Fall sollte den Gemeinden Mahnung sein, von bedingten oder unter Vorbehalten gefassten Satzungsbeschlüssen besser abzusehen. Zum einen dürfte es trotz der oben dargestellten Rechtsprechung des BVerwG immer noch leichte Unsicherheiten geben, unter welchen Voraussetzungen die Aufnahme von Bedingungen in einem Satzungsbeschluss überhaupt zulässig ist. Zum anderen läuft die Gemeinde auch in Fällen, in denen die Maßgabe lediglich das „interne“ Normsetzungsverfahren betrifft, Gefahr, nicht nur in einen Abwägungsfehler, sondern sogar – wie der vorliegende Fall zeigt – in einen Ewigkeitsfehler hineinzulaufen (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB, dazu Rn. 29 der besprochenen Entscheidung m.w.N.). Das gilt insbesondere bei einer Delegation der Feststellung, ob bestimmte Umstände, die das für die Abwägung zuständige Gemeindeorgan seiner Satzungsgebung zugrunde legen möchte, eingetreten sind oder nicht. Zu schnell wird dabei verkannt, dass eine solche Feststellung mit einer wertenden Würdigung verbunden sein kann, die der eigentliche Normgeber bzw. das für die Abwägung zuständige Gemeindeorgan nicht aus der Hand geben darf.
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung I. Zur Antragsbefugnis und zum Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO zieht der VGH München die üblichen, in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe heran, die unter Wiedergabe der wesentlichen Leitsätze des BVerwG schulmäßig dargestellt werden (Rn. 16 ff. und 19 ff.). Zutreffend verneint er nicht etwa deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil die im Bebauungsplan festgesetzte Wohnbebauung zwischenzeitlich verwirklicht worden war. Zwar kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag fehlen, wenn der angegriffene Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht ist, der Antragsteller in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr aktuell wird verbessern können (BVerwG, Beschl. v. 29.01.2019 - 4 BN 15/18 Rn. 5; dazu zuletzt BVerwG, Urt. v. 24.01.2023 - 4 CN 8/21 Rn. 12). Mit guten Gründen weist der VGH München darauf hin, dass diese Rechtsprechung hier nicht greife: Denn der Antragsteller beabsichtige gerade nicht, die Wohnbebauung umfassend zu verhindern, vielmehr wolle er lediglich seine Rechtsstellung als emittierender Gewerbebetrieb durch den Wegfall der Festsetzungen des Bebauungsplans verbessern. Insofern lasse sich nicht ausschließen, dass die begehrte Erklärung der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets als unwirksam für den Antragsteller von Nutzen sein könne, wie der VGH München weiter ausführt. Darüber hinaus erscheine es auch nicht ausgeschlossen, dass im Interesse der Konfliktbewältigung ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werde, in dem zusätzliche Maßnahmen ergriffen würden, um eine Immissionsbelastung für die Wohngebäude zu vermeiden oder zumindest zu vermindern, so etwa die nachträgliche Festsetzung der vom Landratsamt vorgeschlagenen Heckenpflanzungen. II. Ohne dass dies noch entscheidungstragend gewesen wäre, weist der VGH München schließlich auf zwei weitere – leicht vermeidbare, weil an sich bekannte – Mängel hin, an denen der Bebauungsplan schon für sich genommen gescheitert wäre: Zum einen habe der Plangeber des vorliegenden Falles in seinen textlichen Festsetzungen auf ein nicht öffentlich zugängliches technisches Regelwerk (DIN 18005 [Teil 1]) verwiesen, ohne im Text des Bebauungsplans oder in der Bekanntmachung darauf hinzuweisen, dass die in Bezug genommene DIN-Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan zur Einsicht bereitliege, eingesehen werden könne (Rn. 31 f.). In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass dies den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung eines Bebauungsplans nicht genügt (BVerwG, Beschl. v. 18.08.2016 - 4 BN 24/16 Rn. 7; BVerwG, Urt. v. 25.06.2020 - 4 CN 5/18 Rn. 38). Zum anderen habe es für die textliche Festsetzung Nr. 6 „Immissionsschutz“, wonach bestimmte Immissionswerte für tags und nachts festgesetzt wurden, an der erforderlichen Rechtsgrundlage gefehlt (Rn. 33 ff.). Der VGH München zeigt zutreffend auf, dass insbesondere § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB als etwaige Rechtsgrundlage ausscheidet, weil keine baulichen oder technischen Vorkehrungen im Sinne der Vorschrift festgesetzt wurden, wie beispielsweise eine Lärmschutzwand oder Schallschutzfenster, sondern lediglich Grenzwerte für einen bestimmten Bereich. Das BVerwG hat freilich klargestellt, dass Emissions- oder Immissionsgrenzwerte keine Vorkehrungen i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB sind (BVerwG, Beschl. v. 02.03.1994 - 4 NB 3/94 Rn. 3).
|